Wenn der Euro nun gerettet wurde, ja warum müssen die Interventionisten dann in den Märkten herumfingern, während die Konzerne ihre Gelder bei der Europäischen Zentralbank parken oder gleich komplett abziehen? Die Realität ist: Europa bricht gerade in sich zusammen

Graham Summers, Gains Pains & Capital, 04.10.2011

Während sich die Finanzwelt an unbestätigten Gerüchten eines weiteren Euro-Rettungspakets berauscht – Gerüchte, bei denen man sich auf eine namentlich nicht genannte Quelle beruft und die dann noch aus dem Munde des Finanzkommentatoren kommen, der weltweit den geringsten Durchblick hat – bleibt die Realität nach wie vor dieselbe: Europa bricht gerade in sich zusammen.

Ja es ist gerade einmal zwei Wochen her, da mussten fünf Zentralbanken intervenieren, um das europäische Bankensystem zu retten. Im Folgenden werden wir kurz einen Blick auf die Errungenschaften dieser Marktintervention werfen:

Wall Street Journal: „Dollar-Finanzierungskosten steigen, da Maßnahmen der Zentralbanken als unzureichend erachtet werden“

„Für europäische Banken wird der Dollar wieder zu einem teuren Gut, nachdem das Nachglühen der koordinierten Zentralbankmaßnahme zur Liquiditätsverbesserung nun abklingt. Dollar-Euro-Swapgeschäfte kosten nun ungefähr wieder soviel, wie vor dem Zeitpunkt, als die Europäische Zentralbank am Donnerstag erklärte, sie würde mit anderen Zentralbanken in den USA, Europa und Japan den Banken Dollars bereitstellen, die damit zu kämpfen hätten, Zugang zur US-Währung zu erhalten.“

Die Situation hat sich in Europa mittlerweile derart zugespitzt, dass die Konzerne nun damit anfangen, ihr Geld aus den Privatbanken abzuziehen und es direkt bei der EZB zu parken.

Financial Times: „Siemens bringt bis zu EUR 6 Milliarden bei der EZB in Sicherheit“

„Siemens hat vor zwei Wochen Bargeldeinlagen in Höhe von mehr als einer halben Milliarde Euro von einer großen französischen Bank abgezogen und an die Europäische Zentralbank transferiert – ein Hinweis darauf, dass die Firmen gegenwärtig inmitten der europäischen Staatsschuldenkrise nach Häfen suchen. Der deutsche Industriekonzern zog sein Geld…aus Sorgen über die künftige finanzielle Gesundheit der Bank ab und…wegen der höheren Zinsen, die von der EZB gezahlt werden…“

Bloomberg: „Lloyd´s of London zieht europäische Bankeinlagen ab“

„Lloyd´s of London hat in Sorge darüber, dass die europäischen Regierungen in einer sich verschlimmernden Schuldenkrise nicht in der Lage sein könnten, die Kreditgeber zu stützen, aus einigen peripheren Wirtschaften Einlagen abgezogen…´Wenn man sich darüber Sorgen macht, dass die Regierung selbst gefährdet sein könnte, dann sollte man sich mit Sicherheit auch darüber sorgen, dass sie die Banken mit umreißen könnte [so Luke Savage, Finanzdirektor].“

Das deutet ja wohl kaum darauf hin, dass die Konzerne Vertrauen ins europäische Bankensystem haben. Und warum sollten sie auch? Eine der bedeutendsten Stützen des Euros, China, zieht sich ebenfalls zurück.

Reuters: „Quellen: Chinesische Bank setzt Devisen-Swap- und Termingeschäfte mit einigen europäischen Banken aus“

„Eine große marktmachende Staatsbank in Chinas inländischem Devisenmarkt hat aufgrund der sich weiterentwickelnden Schuldenkrise in Europa ihre Devisentermin- und Swapgeschäfte mit verschiedenen europäischen Banken ausgesetzt…Zu den Banken gehören die französische…Société Générale, Credit Agricole und BNP Paribas.“

Reuters: „Bericht: China kauft weiterhin US-Staatsanleihen“

„China, der größte ausländische Halter von US-Staatsanleihen, wird auch weiterhin US-Staatsanleihen kaufen, so die amtliche People´s Daily, das Sprachrohr der herrschenden kommunistischen Partei am Dienstag…die Zeitung beruft sich auf Yan Xiaona…, der sagte, dass der Dollar aufgrund der sich entwickelnden Staatsschuldenkrise in Europa ´verhältnismäßig sicherer ist als der Euro`…Wang Chaocai, ein Minister der Finanzwissenschaftler…´Was sollen wir sonst kaufen, wenn nicht US-Staatsanleihen? Aktien sind riskanter.´“

Ich sage es hier ganz offen: Solange kein echter, namentlich genannter deutscher Regierungsvertreter an die Öffentlichkeit geht und erklärt, dass eine Erweiterung des Euro-Rettungsschirms EFSF in Arbeit ist, sind all die Gerüchte darüber kompletter Schwachsinn. Alles, was Sie seitens griechischer Beamter, italienischer Beamter oder namentlich nicht genannter Quellen hören, ist einfach nur Müll und hat keinerlei Bedeutung.

Keine Unterstützung Deutschlands = keine weiteren Rettungspakete = keine EU in der heutigen Form. Ende der Geschichte.

Und während die Lemminge sich in der Tat in Aktien stürzen und all diesen Unsinn für bare Münze nehmen, bereiten sich die cleveren Investoren derweil auf den nächsten Markteinbruch vor. Der Grund dafür ist einfach: Die Abverkäufe von letzter Woche sind gerade erst der Anfang.

Was wir hier erleben, ist weder nur eine Korrektur, noch handelt es sich um ein vorübergehendes Problemchen der Finanzmärkte. Es ist der ´Große Zusammenbruch`, was auch der Grund dafür ist, warum die Aktienmärkte in den kommenden Monaten unter ihre jüngsten Tiefststände des Jahres 2009 fallen werden.

Darüberhinaus werden wir erleben, wie Großbanken untergehen und Märkte zusammenbrechen werden. Es wird zu Nahrungsmittelknappheiten, Regierungsstillständen sowie systemischem Versagen kommen. Ja, ich gehe in der Tat davon aus, dass, bevor dieses Chaos vorbei ist, das Finanzsystem als solches zusammengebrochen sein wird. Was uns hier bevorsteht, wird das Jahr 2008 wie einen Sonntagsspaziergang erscheinen lassen.

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