Mainstream-Analysten behaupten, dass ein Euro-Crash positiv für den US-Dollar sei, während Gold darunter zu leiden hätte. In Wirklichkeit dürfte es jedoch so sein, dass die EU-Schuldenkrise zuerst die Banken, dann die Eurozone als solches und am Ende den Dollar in den Abgrund reißt. Gold und Silber bleiben unterdessen das, was sie seit Jahrtausenden sind: Wertspeicher für langfristig orientierte Sparer und Investoren

John Browne, Euro Pacific Capital, 10.11.2011

Bei dem G20-Treffen vergangene Woche kam kein erweiterter EU-Rettungsschirm zustande. Und obwohl man durchaus der Meinung sein könnte, dass dieses Ergebnis für die Solvenz der Eurozonenländer langfristig sogar von Vorteil ist, hatte der G20-Gipfel eine Marktreaktion zur Folge, die meines Erachtens zur Destabilisierung der europäischen Einheitswährung führen wird.

Die jüngsten Marktreaktionen legen laut Auffassung der überwiegenden Mehrheit der Analysten nahe, dass der US-Dollar von dieser Entwicklung profitieren wird, während Gold darunter zu leiden hat. Wir werden uns im Folgenden anschauen, ob diese Einschätzung richtig ist.

Die Behauptung, die Ereignisse in der Eurozone seien vorteilhaft für den US-Dollar und nachteilig für Gold, ist im Grunde nichts weiter als eine sehr starke Vereinfachung. Ich gehe hingegen davon aus, dass es zu einem vierstufigen Zusammenbruch der westlichen Währungen kommen wird.

Die Mainstream-Analysten behaupten, Gold sei lediglich ein Inflationsschutz. Hierfür legen sie die aktuellen Inflationsstatistiken zu Grunde und kommen dann zu dem Schluss, dass Gold gegenwärtig massiv überbewertet und in Wirklichkeit die jüngste unter den Spekulationsblasen sei. Die Frage, warum Gold aber überhaupt ein Inflationsschutz ist, wird von diesen Analysten garnicht erst gestellt.

Gold ist die ultimative Versicherung gegen einen außer Kontrolle geratenen Währungs-Crash. Mit anderen Worten: Goldkäufe dienen dem langfristig ausgerichteten Vermögenserhalt.

Natürlich gibt es Händler, die versuchen, mit kurzlaufenden Goldspekulationen leichtes Geld zu machen, indem sie Gold shorten und auf einen steigenden US-Dollar setzen, doch für den Privatanleger dürfte eine solche Strategie angesichts der uns bevorstehenden Dinge recht gefährlich sein.

Wir haben es hier mit einer Destabilisierung des Euros zu tun, die am Ende zu einem möglichen Zusammenbruch des US-Dollars führen konnte. Und in einem derartigen Umfeld sind Gold und Silber ungeachtet ihrer gegenwärtig sehr ausgeprägten Schwankungsfreudigkeit immer noch hochattraktiv. Wie eingangs erwähnt, wird der Fiatgeld-Crash meins Erachtens in vier Phasen verlaufen:

Phase 1: Die EU-Staatsschuldenkrise eskaliert

Phase 1 ist die drohende Katastrophe bei der Staatsschuldenkrise, bei der es sich im Grunde um eine verdeckte Währungskrise handelt. Die Staatspleite Griechenlands ist deshalb von Bedeutung, da sie in der Tat mit den ersten Rissen im Damm verglichen werden kann. Griechenland an sich ist jedoch nur ein relativ geringes Problem. Das größere Problem ist Italien mit seinen USD 2,4 Billionen an Staatsschulden und einer Rendite für 10-jährige Staatsanleihen, die jüngst erst die bedeutende 7%-Marke geknackt hat.

Das ist ein ruinöser Meilenstein, wo die Kosten für neue Schulden die Summe aus Wachstumsrate und Inflation übersteigen. Italien steht vor gigantischen Finanzierungs- und Refinanzierungsnotwendigkeiten, während es nun zu einem ausbleibenden Käuferinteresse kommen könnte, ohne dass Hoffnung darauf bestünde, ein Rettungspaket zu erhalten.

Sollte Italien in die Zahlungsunfähigkeit abrutschen, könnte die Krise in Windeseile auf Portugal, Irland, Spanien und andere größere Eurozonenländer überspringen. Vielleicht würde die Krise dann sogar Frankreich erfassen. Bei einem solchen Ereignis würden die meisten internationalen Banken und institutionellen Investoren, darunter auch jene in den USA, bei bestimmten Staatsanleihe-Beständen bedeutende Verluste einfahren, wenn nicht gar Totalverslust erleiden.

MF Global ist in diesem Zusammenhang nur ein kleines Beispiel eines viel bedeutenderen säkularen Trends. Ebenfalls gravierend wären die Auswirkungen für die Halter und Emittenten von Kreditausfallversicherungen (CDSs). Die deutschen Landesbanken und die US-amerikanischen Großbanken könnten aufgrund dieser Finanzderivate lähmende Verluste einfahren, womit wir dann auch endgültig bei Phase 2 des Währungszusammenbruchs angelangt wären.

Phase 2: Eine erneute und wesentlich größere Bankenkrise als in 2008

Es würde eine erneute, nun jedoch wesentlich größere Bankenkrise einsetzen. Die Aktienmärkte gerieten infolgedessen ins Straucheln, was Großinvestoren wie die politisch heiklen Pensionsfonds und Versicherungskonzerne bedrohen würde. Darüber hinaus würden die Banken, was Interbankenkredite anbelangt, extrem zurückhaltend werden.

Der Interbankenmarkt würde zum Erliegen kommen, und zwar aller Vorausschau nach bedeutend massiver als im Jahre 2008. Das würde nicht nur zu einem Rückgang bei der allgemeinen Kreditvergabe führen, sondern könnte sogar darin gipfeln, dass kurzlaufende Unternehmenskredite und Darlehn fällig gestellt werden. Eine massive Zunahme von US-Bankenpleiten wäre wahrscheinlich.

Unaufmerksame Investoren, die es versäumten, ihre eigene Bank genau unter die Lupe zu nehmen, könnten eines Tages von der Tatsache überrascht werden, dass ihre Konten gesperrt wurden. Wohlmöglich haben sie dann monatelang keinen Zugriff auf ihre Gelder, da der US-Einlagensicherungsfonds, FDIC, vollauf mit der Bankenrestrukturierung beschäftig sein dürfte bzw. selber auf eine Rettung [durch den US-Kongresses] warten müsste. Das hätte natürlich weitreichende negative Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum.

Unterdessen würde die sich beschleunigende europäische Bankenkrise wahrscheinlich eine massive Rezession, wenn nicht gar eine Depression zur Folge haben. Und da die Länder der Europäischen Union 22% des gesamten Welthandels stellen, würden die USA durch eine europäische Wirtschaftsdepression zweifelsohne noch stärker nach unten gezogen werden.

Da in dieser Phase Liquidität für viele das Wichtigste sein dürfte, könnten die Edelmetalle mit einem erheblichen Abverkaufsdruck konfrontiert werden, was langfristig orientierten Gold- und Silberinvestoren natürlich gute Kaufgelegenheiten böte.

Phase 3: Restrukturierung oder Auflösung der Eurozone

Phase 3 bestünde in der Restrukturierung oder Auflösung des Euros, was wohlmöglich zu einem Ansturm auf den US-Dollar führen würde, mit der Folge, dass der Wert des US-Dollars sowie der Wert von US-Staatsanleihen kurzfristig in die Höhe schießt. Ein massiv aufwertender US-Dollar dürfte bei den meisten Rohstoffen, auch bei den Edelmetallen, zu vorübergehenden Preisrückgängen führen. Einen Vorgeschmack auf diese Dynamik haben wir mit den heutigen Meldungen über Italien ja bereits erhalten.

Ein Investor, der sein Portfolio auf ein Erstarken des US-Dollars ausrichtet, würde sich jedoch ebenfalls in Gefahr begeben, was logischerweise mit Phase 4, der gefährlichsten Phase des Fiatgeld-Crashs zusammenhängt.

Phase 4: Panikartige Flucht aus dem US-Dollar

In Phase 4 realisieren die Investoren, dass der US-Dollar im Zentrum des internationalen Währungszusammenbruchs steht und selbst stark gefährdet ist. Das hätte wahrscheinlich eine sich plötzlich entwickelnde panikartige Flucht aus dem US-Dollar zur Folge, vielleicht sogar in einem Ausmaß, das zuvor niemand für möglich gehalten hat.

Es steht außer Frage, dass zahlreiche Investoren von der Geschwindigkeit und dem Umfang der Flucht aus den Papierwährungen in Richtung Edelmetalle völlig überrascht sein werden, genauso wie sie der Kreditkrise des Jahres 2008 völlig ahnungslos gegenüberstanden. Und während sich unter ihnen sukzessive die Erkenntnis breit macht, dass wir es hier in Wirklichkeit mit einer vollumfänglichen Währungs-Katastrophe zu tun haben, dürfte der Silberpreis letztendlich sogar noch stärker steigen als der Goldpreis.

Es gibt ja das alte Sprichwort: Je höher der Aufstieg, desto tiefer der Fall. Die US-Regierung ist, egal welchen Maßstab man auch anlegt, die Regierung gewesen, die über Jahrhunderte hinweg mit dem meisten Glück gesegnet wurde. Die USA sind in beispiellose Höhen geldpolitischer Exzesse aufgestiegen – und wurden dafür sogar noch belohnt.

Doch nun scheinen die Vereinigten Staaten zusehends ins Wanken zu geraten und man kann sich angesichts der Höhen, die die USA erklommen haben, kaum vorstellen, wie schnell und tief der Absturz verlaufen könnte. Mein Ratschlag ist, nicht zu versuchen, die Krise zu timen, sondern den goldenen Rettungsschirm stattdessen zu nutzen, solange noch Zeit dazu bleibt.

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