Jeff Clark, Casey Research, 19.12.2011

Vergangene Woche war für Gold nicht besonders spaßig. Am Freitag ging das gelbe Metall mit Verlusten in Höhe von 6,7% aus dem Handel (Londoner PM Preis-Fixing) – das war der stärkste Wocheneinbruch seit September.

Richtig irritierend wurde das Ganze, als die Massenmedien den Rückgang des Goldpreises anscheinend auch noch zu feiern begannen. Der Ökonom Nouriel Roubini machte sich auf Twitter über Goldinvestoren lustig, während der Über-Investor Dennis Gartman erklärte, all seine Goldbestände veräußert zu haben. CNBC veröffentlichte einen Artikel, in dem behauptet wurde, dass es sich bei Gold nicht mehr länger um einen sicheren Hafen handelt (das nenne ich mal eine Überreaktion).

Und während eine Vielzahl der Sorgen in der Tat real gewesen sein dürfte, sollten wir uns besser den Fakten zuwenden.

Haben sich die den Goldbullenmarkt treibenden Faktoren maßgeblich verändert, so dass man tatsächlich darüber nachdenken sollte, sein Gold zu veräußern? Doch anstatt, dass ich diese Frage beantworte, fragen Sie sich doch einmal selbst das Folgende:

  • Ist die aktuelle Dollarstärke ein ernstlicher Hinweis darauf, dass sich Weltreservewährung nun wieder bester Gesundheit erfreut?
  • Wurden die europäischen Schuldenprobleme gelöst?
  • Wie wollen die USA ihren USD 15 Billionen schweren Schuldenberg zurückzahlen, ohne dabei irgendwie ihre Währung zu entwerten?
  • Wird in Zukunft wahrscheinlich mehr Geld gedruckt werden oder eher weniger?
  • Sind die Realzinsen bereits im positiven Bereich?
  • Hat Gold aufgrund der Ereignisse einer schlechten Woche tatsächlich seinen Status als sicherem Hafen verloren?

Ach ja, noch eine Frage: Wie sieht eigentlich die Erfolgsbilanz der Massenmedien im Hinblick auf ihre Gold- und Silberpreisprognosen aus?

Unsere Einschätzung wird Sie nicht überraschen: Beim Goldtrend hat sich seit letzter Woche überhaupt nichts getan, weshalb wir bezüglich der Entwicklungsaussichten des gelben Metalls auch weiterhin außerordentlich positiv gestimmt.

Aber warum kam es bei Gold, Silber und den entsprechenden Minenaktien dann zu so starken Kurseinbrüchen?

Die Gründe, die wir in der aktuellen Ausgabe von Big Gold aufführen, sind gegenwärtig immer noch von Bedeutung: Die desaströsen Folgen der Pleite von MF Global, der steigende US-Dollar, die steuerlich und bilanziell bedingten Jahresendverkäufe und der Liquiditätsbedarf bei den Investoren aufgrund von Nachschussaufforderungen oder Rückzahlungsvereinbarungen.

Sollte man jetzt kaufen? Ist der Tiefststand der Korrektur bereits erreicht?

Nun ja, werfen wir einen erneuten Blick auf die Korrekturen, die Gold in der Vergangenheit durchlaufen hat, und vergleichen diese mit der jüngsten Entwicklung. Die unten stehende Grafik wurde von mir aktualisiert und enthält nun auch den jüngsten Abverkauf von vergangener Woche. In der Grafik finden Sie alle Korrekturen von über 5%.

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Der jüngste Rückgang beim Goldpreis beläuft sich auf 12,5%. Damit soll nun nicht gesagt werden, dass die Korrektur vorbei ist, aber es zeigt zumindest, dass wir den durchschnittlichen Rückgang der oben aufgeführten Goldkorrekturen, der ebenfalls bei 12,5% liegt, bereits erreicht haben. Und die aktuelle Korrektur folgt auf eine 15,6%ige Korrektur im September.

Darüber hinaus lässt sich noch etwas anderes feststellen: In 2011 gab es beim Goldpreis nun bereits drei bedeutende Korrekturen, die starker als 5% ausfielen – das ist das erste Mal, dass dies im aktuellen Edelmetallbullenmarkt beobachtet werden konnte.

In unserem Worst-Case-Szenario würde Gold die jetzige Korrektur auf 27,7%, also die Höhe seines Rekordeinbruchs ausweiten. Ausgehend von USD 1.795 pro Unze – dem jüngsten Zwischenhoch – kämen wir somit auf einen Goldpreis in Höhe von USD 1.295 pro Unze.

Das wäre bestimmt nicht lustig. Aber selbst ein Absturz auf dieses Preisniveau würde weder das Ende des Bullenmarkts anzeigen, noch darauf hindeuten, dass die Goldproduzenten auf einmal nicht mehr Lage sind, profitabel zu operieren, schließlich ist genau diese Entwicklung ja auch in 2006 und dann noch einmal in 2008 eingetreten, und in beiden Fällen konnte Gold im Nachgang substantielle Zugewinne verbuchen. Die Gold-Pessimisten lagen damals falsch und sie werden auch diesmal daneben liegen, selbst wenn das Worst-Case-Szenario eintreten sollte.

Schauen wir uns nun die aktualisierte Grafik für Silber an:

Zum Vergrößern anklicken.

Die Schwankungsfreudigkeit von Silber kommt durch diese Daten erst richtig zur Geltung. In der Grafik werden nur Korrekturen erfasst, die über 10% lagen. Der jüngste Preisrückgang liegt bei 18,4%. Und auch hier folgt die aktuelle Korrektur auf einen 35,2%igen Kursrutsch im September dieses Jahres.

Der Durchschnitt der hier erfassten Korrekturen beläuft sich auf 20,3%, womit wir auf einen Silberpreis in Höhe von USD 28,22 pro Unze kämen, also nahe dem Preis, mit dem Silber am Donnerstag aus dem Handel ging. Und genauso wie bei Gold haben wir auch bei Silber dieses Jahr so viele große Korrekturen (vier Stück) gesehen wie noch nie seit Beginn des Bullenmarkts.

Das schlimmste plausible Silber-Szenario wäre, dass die gegenwärtige Korrektur an den Kurseinbruch des Jahres 2008 in Höhe von 53,9% heranreicht, wodurch das weiße Metall kurzfristig auf USD 16,32 pro Unze fiele – aber man muss schon extrem negativ eingestellt sein, um zu glauben, dass Silber derart tief in den Keller rauschen würde.

Eigentlich müssten Ihnen diese Daten etwas Ruhe verschaffen. Es ist alles schon einmal da gewesen. Ja in Wirklichkeit haben wir sogar schon schlimmeres erlebt, und trotzdem konnten sich Gold und Silber jedes Mal wieder erholen und am Ende sogar neue Höchststände erzielen.

Wenn wir mal die Annahme außer Acht lassen, dass Obama und Merkel die Weltwirtschaft gerettet haben und jetzt tatsächlich alles wieder gut ist, dürfte es so sein, dass die Edelmetalle ihren Aufstieg auch in Zukunft weiter fortsetzen werden, wahrscheinlich sogar eher früher als später. Und wenn sie das tun, werden Sie nie wieder in der Lage dazu sein, zu diesen Preisen zu kaufen.

Diejenigen, die im Jahre 2006 bei einem Goldpreis von USD 560 pro Unze und in 2008 bei USD 700 pro Unze zu viel Angst hatten, verpassten zwei der großartigsten Kaufgelegenheiten des aktuellen Edelmetallbullenmarkts.

Ob ich jetzt kaufen würde? Angesichts der Tatsache, dass beide Metalle bereits ihre durchschnittliche Korrektur durchlaufen haben und beide Metalle dieses Jahr schon mehr Korrekturen durchmachen mussten als in irgendeinem anderen Jahr des aktuellen Bullenmarkts, befinden wir uns zurzeit wahrscheinlich in der Nähe eines Preistiefs. Also ich habe bei meinem festen Edelmetallsparplan vergangene Woche noch einen Extrabetrag obendrauf gepackt.

Wie dem auch sei, mein Ratschlag ist jedenfalls, dass man sich etwas mehr mit den grundlegenden den Goldpreis treibenden Faktoren auseinandersetzen und sich dafür weniger über den Preis ärgern sollte. Bevor sich diese den Edelmetallbullenmarkt anheizenden Faktoren nicht ändern, sollte man eher nach Einstiegs- als nach Ausstiegsmöglichkeiten Ausschau halten.

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