Michael Snyder, The Economic Collapse, 06.01.2012

Der Euro ist eine im Sterben liegende Währung. Am Donnerstag fiel der Wert des Euros erstmals seit September 2010 unter USD 1,28. Während ich diese Zeilen schreibe, notiert der Euro bei USD 1,2791. Im Juli 2011 lag der Euro noch bei über USD 1,45.

Aber das ist erst der Anfang. Der Wertverfall des Euros wird sich weiter fortsetzen. Gegenwärtig stehen eine ganze Reihe bedeutender europäischer Länder am Rande des Staatsbankrotts, während das europäische Finanzsystems vor Schulden und toxischen Papieren zu bersten droht und die meisten europäischen Großbanken ein Verschuldungsniveau erreicht haben, dass dem von Lehman Brothers zum Zeitpunkt seiner Pleite gleich kommt.

Die meisten Amerikaner haben schlichtweg keine Ahnung, welche Bedeutung die sich hier gegenwärtig abspielenden Ereignisse haben. Nur weil der Dow Jones bei über 12.000 Punkten steht und sich ein paar wenige US-Wirtschaftsdaten leicht verbessert haben, heißt das noch lange nicht, dass auf einmal alles in Ordnung ist.

Der Wirtschaftsraum und das Bankensystem der Europäischen Union sind größer als die Wirtschaft und das Bankensystem in den USA. Und die US-amerikanischen Banken sind massiv in europäische Staats- und Bankenschulden investiert.

Sollte das europäische Finanzsystem in sich zusammenbrechen und der Euro auseinanderfallen, wird das Beben auf der ganzen Welt zu vernehmen sein. Sie sollten die Entwicklungen daher besser aufmerksam verfolgen – der Euro stürzt ab und er wird ziemlich hart aufschlagen. Ist der Euro erst einmal implodiert, wird nichts mehr so sein, wie es einmal war.

Doch wie stark könnte der Wertverlust des Euros am Ende ausfallen? Julian Jessop von Capital Economics geht davon aus, dass der Euro noch bedeutend an Wert einbüßen wird:

„Die relative Stärke der jüngsten Wirtschaftsdaten aus den USA stützt den US-Dollar grundlegend, und wir gehen davon aus, dass diese Divergenz weiter anhalten wird, da die Eurozone gerade in eine tiefe und verlängerte Rezession abtaucht. Überdies ist es wahrscheinlich, dass die Währung aufgrund der Zweifel, ob der Euro überhaupt überlebt, künftig weiter nach unten gezogen wird. Wir gehen daher davon aus, dass der Euro bis zum Jahresende auf USD 1,10 fallen wird.“

Andere sind sogar noch pessimistischer. Ich hatte bereits in einem früheren Artikel darauf hingewiesen, dass Scott Mather, der Chef der Anleiheabteilung von Pimco, damit rechnet, dass der Euro sogar noch unter die Marke von USD 1,10 absinkt. Im Dezember 2011 sagte Mather: „Nächstes Jahr ist eine Dollar-Parität durchaus möglich.“

Ja man stelle sich vor 1 US-Dollar = 1 Euro! Solche Warnungen sollte man besser ernst nehmen.

Aber der Wertverfall des Euros ist ja nur ein Teil der Geschichte. Die Wahrheit ist doch, dass Europa zurzeit am Rande eines Finanzzusammenbruchs steht, welcher die Folgen der Finanzkrise des Jahres 2008 am Ende noch in den Schatten stellen könnte. Bedauerlicherweise haben die meisten Amerikaner nicht die leiseste Ahnung, was sich die letzten paar Tage in Europa abgespielt hat:

  • Die Aktie der größten italienischen Bank, UniCredit, bricht zurzeit komplett in sich zusammen. Die Titel rauschten am Mittwoch um 14% und am Donnerstag um 17% in den Keller.
  • Die Aktie einer weiteren italienischen Großbank, Intesa Sanpaolo, fiel am Donnerstag um 7,3%.
  • Die Aktien der drei größten französischen Banken fielen am Donnerstag um mindestens 5%.
  • Selbst die Aktien deutscher Banken krachten zu Boden. Die Aktie der Commerzbank gab am Donnerstag um 4,5% nach, während die der Deutschen Bank um 5,6% fiel.
  • Die Rendite für italienische Staatsanleihen mit 5-jähriger Laufzeit liegt wieder bei über 6% und die Rendite für italienische Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit schoss erneut auf über 7%. In ganz Europa beharren Analysten auf der Feststellung, dass die Schuldenlast Italiens untragbar ist, sollten die Zinssätze weiter auf derart hohen Niveaus verharren.
  • Die italienische Jugendarbeitslosigkeit ist gegenwärtig so hoch wie noch nie.

Das sind alles ziemlich erstaunliche Meldungen. Und was ist die Hauptmeldung der Tageszeitung USA Today? „Arbeitgeber setzen Verbote gegen Raucher um“ Hier ein paar Schlagzeilen, worüber USA Today zurzeit berichtet:

  • „Autohersteller bieten Apps für Ihr Auto an“
  • „Schnäppchensaison bei Taco Bell, Pizza Hut und Wendy´s“
  • „Versteht Sie Ihr Hund? Studie sagt vielleicht“

Derartige Schlagzeilen gehen in den USA als Nachrichten durch! In Europa findet gerade eine Finanzkernschmelze historischen Ausmaßes statt, während sich auf der Titelseite von USA Today darüber überhaupt nichts finden lässt. Erstaunlich.

Wir sollten jetzt alle besser langsam aus unserem Fernseh-induzierten Koma aufwachen. Es scheint, als würde sich die Situation rund um das weltweite Finanzsystem zusehends eintrüben.

Ja, mittlerweile ist soviel Vertrauen gegenüber dem Euro verloren gegangen, dass sogar schon der Council on Foreign Relations einräumt, dass es sich beim Euro um einen Reinfall handelt:

„Den Euro sollte man als ein gescheitertes Experiment ansehen. Dieses Scheitern, das gerade einmal rund zwölf Jahre nach seiner Einführung 1999 zum Tragen kommt, ist weder ein Missgeschick noch das Ergebnis bürokratischen Missmanagements – vielmehr ist es die unvermeidliche Folge der Einführung einer Einheitswährung in einer sehr heterogenen Gruppe von Ländern.

Zu den nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen des Euros gehören die Staatsschuldenkrise in verschiedenen europäischen Ländern, die instabilen Verhältnisse bei den europäischen Großbanken, die hohen Arbeitslosenraten in der gesamten Eurozone und die riesigen Handelsdefizite, unter denen heute die meisten Eurozonenländer zu leiden haben.“

Bezüglich der dem Euro noch bevorstehenden Entwicklung spricht es natürlich Bände, wenn selbst der CFR das Handtuch wirft. Es besteht die sehr reale Möglichkeit, dass wir innerhalb der nächsten paar Jahre das Auseinanderbrechen des Euros miterleben könnten. Es sieht ganz danach aus, als wäre der Bericht, der von der Fixed Income Research Abteilung von Credit Suisse vor geraumer Zeit erstellt wurde, doch nicht ganz so abwegig:

„Es scheint, dass wir nun die letzten Tage des Euros, so wie wir ihn aktuell kennen, erreicht haben. Das macht ein Auseinanderbrechen nicht sehr wahrscheinlich, aber es bedeutet, dass aller Vorausschau nach bis Mitte Januar außerordentliche Dinge geschehen müssen, um die sich ausbreitende Stilllegung aller Staatsanleihemärkte der Eurozone – die wohlmöglich mit einem eskalierenden Ansturm selbst auf die stärksten Banken einhergehen dürfte – zu verhindern.“

Die europäische Schuldenkrise verschlimmert sich zusehends. Keine der bisherigen Lösungsansätze der EU-Führer hat funktioniert. Wir nähern uns nun immer schneller der Zusammenbruchs-Phase dieser Krise. Man muss kein Genie sein, um zu begreifen, was sich in Europa gerade abspielt. Die Gleichung ist simpel:

Brutale Austeritätsmaßnahmen + fatal hohe Staatsverschuldungsniveaus + steigende Anleiherenditen + mangelndes Vertrauen ins Finanzsystem + völlig überschuldete Banken + riesige Kreditkrise = Finanz-Crash historischen Ausmaßes

Und bedauerlicherweise wird das, was gerade in Europa geschieht, am Ende auch in den Vereinigten Staaten passieren. Ich schrieb erst gestern darüber, dass die US-Schulden eine tickende Zeitbombe sind und die gesamte Weltwirtschaft irgendwann verheeren werden. Keiner kann sagen, wann diese Bombe hoch geht, aber jeder ist sich im Klaren darüber, dass dieses Ereignis unvermeidlich eintreten wird.

Wenn Europa finanziell auseinanderbricht, wird dies dazu führen, dass auch das US-amerikanische Finanzsystem bedeutend instabiler wird. Die Ereignisse in Europa könnten die „begrenzte Wirtschaftserholung“ in den USA praktisch über Nacht in eine „große Rezession“ verwandeln. Sie sollten den Euro daher besser im Auge behalten.

Sollte der Wert des Euros weiter einbrechen, wäre dies für die Weltwirtschaft eine richtig schlechte Meldung – doch bedauerlicherweise ist es eine Tatsache, dass der Niedergang des Euros gerade erst begonnen hat. Halten Sie sich gut fest, die vor uns liegende Strecke wird noch ziemlich holprig werden.

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