Die Parallelen zwischen dem römischen Imperium und dem US-Imperiums sind unverkennbar. Die USA befinden sich bereits im Verfall, aber wie lange wird es brauchen, bis das „neue Rom“ untergegangen ist?

Robert Fitzwilson, King World News, 04.03.2012

In der Vergangenheit sind ja bereits jede Menge Analogien zwischen dem Römischen Reich und den Vereinigten Staaten gezogen worden. Das moderne Äquivalent von Rom setzt sich aus einer Landfläche an der Ostküste Nordamerikas zusammen, die sich ungefähr von Charlotte im US-Bundesstaat North Carolina über Washington D.C. bis nach New York City erstreckt.

Zu Zeiten der Republik war Rom ein Stadtstaat, kein Imperium. Die römische Armee setzte sich aus Bürgern zusammen, die in Zeiten der Not zu den Waffen gerufen wurden. Weite Teile ihres Regierungssystems wurden dann in den Gründungsdokumenten der Vereinigten Staaten wie der US-Verfassung festgehalten. Speziell die Gewaltenteilung geht auf die Römische Republik zurück.

Und obschon die größte Angst der Römer darin bestand, von einem Diktator beherrscht zu werden, ließen sie in Zeiten, wo sich ihre Republik in höchster Not befand, selbst einen zu.

Die Geschichte ist weithin bekannt: Geld und Eroberungen untergruben das ursprüngliche Regierungssystem und den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Es war der „Mos Maiorium“, also die „Sitte der Vorfahren“, der die beispiellose Erfolgsgeschichte von Rom überhaupt erst möglich machte.

Der feste Glaube der Römer an ihre bürgerlichen Pflichten, der über Jahrhunderte hinweg so wertvolle Dienste geleistet hatte, brach zunehmend in sich zusammen, als durch die unzähligen Eroberungen im Osten unglaublicher Reichtum nach Rom strömte.

In den frühen Tagen des römischen Imperiums schuf Kaiser Nero eine besonders niederträchtige Erbschaftssteuer. Es gingen Gerüchte um, dass er das aus Holzhäusern bestehende Rom niedergebrannt hat, um es nach seinen eigenen Vorstellungen aus Marmor wiederzuerrichten.

Am Ende ging ihm das Geld aus, weshalb er die Tempel plünderte. Er brauchte aber noch mehr Geld, weshalb er eine Art standardisiertes Testament schuf und von jedem römischen Bürger verlangte, eine einfache Erklärung zu unterzeichnen, mit der das Vermögen nach dem Tod an ihn abgetreten wird. In der Folge kam es zu einer Epidemie „vorzeitiger“ Tode, speziell unter jenen Bürger, die über riesige Vermögen verfügten.

Derartige „Vorschriften“ dürften den Steuerzahlern heutiger Zeit wohl bekannt vorkommen.

Rom verwandelte sich in ein politisches und finanzielles Zentrum. Die Römer selbst machten nur wenig. Ein Großteil der Fertigwaren wurde aus Gallien importiert, während man die Nahrungsmittelproduktion nach Nordafrika „auslagerte“. Die politischen Aktivitäten konzentrierten sich vornehmlich auf die Verwaltung ihres Imperiums.

Die Armee, mittlerweile ein Söldnerheer, führte Eroberungen durch, sicherte die Kontrolle und verteidigte schließlich die Grenzen des Reiches gegen die Einfälle der Barbaren.

All das kostete jede Menge Geld. Das Geld strömte aus den Provinzen nach Rom. Und als der Reichtum, der sich aus den anhaltenden Eroberungen speiste, zurückging und die Kosten für die Armee immer stärker anwuchsen, bedurfte es immer höherer Steuern, um die Kontrolle, die Aristokratie und die Bürokratien aufrechtzuerhalten.

Als die Steuereinnahmen sanken, zogen sich die Kaiser auf die Entwertung des Geldes zurück. Und als die Entwertung des Geldes scheiterte, wurde die Saat mittelalterlicher Leibeigenschaft gelegt, da man von den Menschen auf einmal verlangte, an den Orten zu bleiben, wo sie geboren wurden, und nur die Arbeiten auszuführen, mit denen bereits ihren Väter und Mütter beschäftigt gewesen sind. Die Menschen mussten also an Ort und Stelle bleiben, um sicherzustellen, dass die Steuern eingetrieben werden können.

Die Versuche, den Verfall Roms aufzuhalten, scheiterten. Ihr Geld wurde buchstäblich wertlos. Gold und Silber verschwanden. Auch heute finden wir noch regelmäßig römische Münzschätze, welche von den Menschen vergraben wurden – Vermögenserhalt römischen Stils sozusagen.

„Die Geschichte seines Untergangs ist einfach und augenfällig; anstatt uns zu fragen, warum das römische Imperium zerstört wurde, sollten wir vielmehr darüber erstaunt sein, dass es so lange bestanden hat.“ – Edward Gibbon, 1788

Wenn wir auf die Gegenwart blicken und uns das heutige „Rom“ anschauen, dann sehen wir, dass es Wirklichkeit aus Washington und Wall Street besteht. Die einzelnen US-Bundesstaaten stellen die „Provinzen“ des neuen Imperiums dar. Die Provinzen sind die Quelle der Fertigwaren, Rohstoffe, Nahrungsmittel, Armeerekruten und Steuern, mit denen das neue Imperium aufrechterhalten wird.

Der Machtsitz ist Washington und New York, Statthalter kontrollieren die einzelnen Bundesstaaten.

Das Römische Reich hielt sein Volk bei Laune, indem es kostenlose Nahrungsmittel und Unterhaltung zur Verfügung stellte. Das neue Rom versorgt das Volk ebenfalls mit kostenlosen Nahrungsmitteln – eine Maßnahme, die sich bei Imperien stets äußerster Beliebtheit erfreut – und mit Unterhaltung. Was einst die beliebten Gladiatoren-Kämpfe gewesen sind, ist heute die National Football League.

Und während die Vereinigten Staaten in der Fertigungsindustrie im weltweiten Vergleich immer noch ein Schwergewicht sind, haben sie bereits essentielle Fertigungsbereiche und Fertigungsanlagen ins Ausland verlagert und damit begonnen, ihre eigenen Rohstoffkapazitäten zurückzubauen. Und auch im römischen Imperium war es verboten, auf italienischem Boden Minenarbeiten durchzuführen.

Überdies haben die Vereinigen Staaten damit begonnen, den über einen langen Zeitraum hinweg angehäuften Reichtum gegen billige Importgüter und billige Energie einzutauschen, wobei letzteres innerhalb der US-amerikanischen Grenzen in Hülle und Fülle vorhanden ist.

Aber wenn Washington und New York das neue römische Imperium sind und die USA bereits denselben Weg eingeschlagen haben wie die antiken Römer, wie lange kann das Ganze dann noch gut gehen? Nur die Zukunft kennt die Frage auf diese Antwort. Das römische Imperium brauchte für seinen Verfall und Untergang mehrere Jahrhunderte.

Die Welt ist heute aber nicht mehr dieselbe wie vor 2.000 Jahren. Heute könnten Verfall und Untergang bedeutend schneller vonstatten gehen – wir wissen es nicht.

Die Analogien zwischen dem antiken Rom und dem neuen Rom sind jedenfalls atemberaubend. Die Geschichte wiederholt sich. Das Besondere bei der jetzigen Neuaufführung ist, dass heute alle Zivilisationen daran beteiligt sind, nicht nur Westeuropa und der Mittelmeerraum. Vielleicht sollten wir uns einfach mit der Tatsache abfinden, dass die Menschheit alle 1.000 oder 2.000 Jahre einen „Neustart“ braucht. Wir werden ja sehen.

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