John Browne, Euro Pacific Capital, 06.03.2012
Vergangene Woche mussten Gold und Silber einen der stärkeren Preisrückgänge der letzten Monate verkraften. Nachdem Gold kurzzeitig an einem 4-Monatshoch kratzte und Silber fast bis zur Marke eines neuen 6-Monatshochs geschossen war, brachen die Preise nach unten weg.
Bis Freitag musste Gold letztlich mehr als 5% und Silber fast 10% (davon alleine 6,5% am 29.02.2012) abgeben. Derart heftige Preisrücksetzer sorgen oftmals für eine gewisse Abwärtsdynamik, und es könnte durchaus sein, dass sich das diese Woche bewahrheiten wird.
Basierend auf diesen heftigen Preisrücksetzern wäre es eigentlich logisch, davon auszugehen, dass irgendwelche Wirtschaftsmeldungen Hoffnungen auf eine starke und anhaltende Wirtschaftserholung in den USA oder in Europa entfacht hätten.
Wäre dem so gewesen, hätte man von den Investoren durchaus erwarten können, dass sie ihr Geld aus den „defensiven“ Metallen abziehen und in „aggressive“ Aktien gehen. Aber die Nachrichtenfront bot nichts dergleichen. Alternativ könnte man noch annehmen, dass ein Goldabverkauf einsetzt, weil die Zentralbanker eine straffere Geldpolitik planen. Auch das war nicht zu beobachten.
In Wirklichkeit wurden die Kursrücksetzer bei Gold und Silber nicht durch irgendein Ereignis verursacht, sondern vielmehr durch ein Nicht-Ereignis. In seiner jüngsten Stellungnahme vor dem US-Kongress ließ der Chef der US-Notenbank Federal Reserve, Ben Bernanke, bezüglich einer weiteren Runde quantitativer Lockerungsmaßnahmen nämlich rein Garnichts durchblicken. Ungeachtet all des neugierigen Nachfragens der US-Kongressmitglieder hielt sich Bernanke bezüglich dieser hochsensiblen Thematik bedeckt.
Die Märkte fassten das als ein Signal auf, dass der ganze geldpolitische Irrsinn nun wohl zu einem Ende gelangen könnte, was für die Edelmetalle natürlich nichts Gutes verheißen würde. Gold und Silber werden ja zunehmend als Ersatz für das kontinuierlich entwertende Fiatgeld wahrgenommen und neigen in der Tat dazu, eine gute Preisentwicklung aufzuweisen, wenn Liquiditätsinjektionen bekanntgegeben werden.
Bernankes ausbleibende Hinweise auf weitere Gelddruckmaßnahmen haben in Wirklichkeit aber überhaupt nichts zu bedeuten. Die Investoren sehnen sich ja danach, dass man wieder zur alten Normalität zurückkehrt und eine besonnenere, verantwortungsvollere Geldpolitik ins Auge fasst. Ich gehe jedoch davon aus, dass ihre Hoffnungen verfrüht sind und Gold noch eine ganze Weile durch die Politik des leichten Geldes angeheizt werden wird.
Ferner wird Gold wahrscheinlich zum bevorzugten Mittel der größten Finanzschlacht der kommenden zehn Jahre werden: China plant, die USA als vorherrschende Wirtschaftsmacht zu verdrängen. Und US-Präsident Ronald Reagan hatte ja eindringlich drauf hingewiesen, dass ein großes Land auch eine starke Währung bracht. Es ist völlig offenkundig, dass China ebenfalls diese Auffassung vertritt.
Basierend auf der Geschichte der Chinesen, ihrer fiskalischen Disziplin und ihrer Aversion gegenüber einigen der Exzesse der westlichen Wirtschaften gehe ich davon aus, dass China plant, den Yuan mit einer Goldbindung zu versehen. Sollte China tatsächlich derartige Ambitionen haben, würde der Kaufdruck bei Gold so oder so unvermindert anhalten, völlig losgelöst von der Frage, welche Absichten der Fed-Chef nun hegt oder nicht.
China hat sich in 2011 in den weltgrößten Goldproduzenten verwandelt und die chinesische Regierung hat angeordnet, dass die gesamte Goldproduktion im Inland verbleibt. Die Chinesen haben sich überdies die Aktienmehrheit in einer Reihe von weltweiten Goldminenfirmen gesichert und werden dieses Jahr aller Vorausschau nach zum weltgrößten internationalen Goldkäufer avancieren. Vor kurzem erst hat China es seinen Bürgern erlaubt, Gold zu besitzen, was seitens der Regierung mittlerweile sogar aktiv gefördert wird. Und auch bei der Goldschmucknachfrage haben die Chinesen die Inder bereits überflügelt.
Der Westen weiß natürlich auch, dass die Tage uneingeschränkter Geldmengenausweitung irgendwann gezählt sind. Der von der Angloamerikanern dominierte Internationale Währungsfonds wird letztlich wohl die Schaffung einer neuen Reservewährung favorisieren – eine Währung, die nur mit einer Gold-Teildeckung versehen werden dürfte, vom IWF kontrolliert wird und ausschließlich den Zentralbanken vorbehalten bleibt.
China, so scheint es, bereitet sich unterdessen auf einen vollständig goldgedeckten und vollumfänglich konvertiblen Yuan vor. Um auf die 8.400 Tonnen Gold zu kommen, die angeblich von den Vereinigten Staaten gehalten werden, müsste China seine Goldkäufe noch einige Jahre weiter fortsetzen. Sollte China diesen Weg weiter gehen, dürfte beim Goldpreis dadurch in den nächsten Jahren eine gewichtige Preisdecke eingezogen werden.
Der Goldumtauschpreis wird aber dennoch ein bedeutendes Problem bleiben, ganz egal, wer auch immer das Rennen um die Weltwährung für sich entscheiden wird. Will man die Weltwirtschaft stützen, anstatt zu behindern, müsste der Goldpreis, so die Meinung vieler Analysten, bedeutend höher sein, als dies heute der Fall ist.
Wie dem auch sei, sollte China seinen Weg in Richtung eines voll konvertiblen Yuan weiter fortsetzen, dürfte sich die Strategie, das Metall einfach zu kaufen zu halten, für Investoren als ein sehr weiser Schritt herausstellen – vorausgesetzt natürlich, dass die Goldinvestments nicht von verschuldeten Regierungen mit einbrechenden Fiatwährungen konfisziert werden.