Die Käufe von US-Staatsanleihen durch ausländische Gläubiger sind in den vergangenen Jahren dramatisch eingebrochen. Der Mythos, die Schulden der US-Regierung würden auf eine bedeutsame Nachfrage treffen, wird einzig durch die Monetisierungsmaßnahmen der US-Notenbank aufrecht erhalten. Auf den US-Kongress, die Investoren und den Steuerzahler wartet eine böse Überraschung

Bob Adelmann, The New American, 29.03.2012

In seinem Versuch dem Mythos ein Ende zu bereiten, dass es eine unbegrenzte Nachfrage nach US-Staatsschulden gäbe, erklärte der ehemalige Beamte des US-Finanzministeriums Lawrence Goodman, dass es nur deshalb eine hohe wahrgenommene Nachfrage nach diesen Schuldentiteln gibt, weil der überwiegende Teil dieser Papiere von der US-Notenbank Federal Reserve aufgekauft wird. Goodman schreibt:

„Vergangenes Jahr kaufte die Fed atemberaubende 61% aller netto neu ausgegebenen Schuldentitel des US-Finanzministeriums auf, während dieser Prozentsatz vor der Finanzkrise des Jahres 2008 noch verschwindend gering war. Dadurch wird nicht nur der falsche Eindruck erweckt, dass es eine unbegrenzte Nachfrage nach US-Schulden geben würde, sondern überdies auch jedweder Sinn für die Dringlichkeit, die überdimensionierten Haushaltsdefizite zu reduzieren, zunichte gemacht.“

Und was ist mit Japan und China? Sind diese beiden Länder nicht die wichtigsten Käufer von US-Schulden? Das ist Geschichte, so Goodman. Die ausländischen Käufe von US-Schulden sind mittlerweile auf weniger als 2% des US-Bruttosozialprodukts eingebrochen, während sie vor gerade einmal drei Jahren noch bei rund 6% des BSP lagen.

Die Maßnahmen der US-Notenbank zielen darauf ab, die Tatsache zu verschleiern, dass die US-Regierung für ihre Schulden keine ausländischen Käufer mehr findet, die angesichts der prekären Finanzsituation der Regierung noch bereit dazu wären, unter der Inflation liegende Renditen (negative Realzinsen) zu akzeptieren.

Ferner werden dadurch die Auswirkungen des USD 1,3 Billionen Haushaltsdefizits vor der Öffentlichkeit verheimlicht, die sich über die aktuelle Situation mit Sicherheit bedeutend mehr Sorgen machen würde, wenn die Märkte für die Käufe von US-Schulden reale Marktzinsen verlangten, da derart hohe Zinsen das Defizit noch stärker anschwellen ließen.

Und es kommt noch ein weiterer Punkt hinzu: Vom US-Kongress wird jedweder Druck genommen, irgendetwas gegen diese Entwicklung zu tun, da es bezüglich dieses Problems keinen öffentlichen Aufschrei gibt – zumindest fürs Erste.

Einer derjenigen, die den Mythos verbreiten, dass Käufer von US-Schulden existieren müssen, weil die Zinssätze ja so niedrig sind, ist niemand anders als der jüngst in den Offenmarktausschuss der Federal Reserve beförderte Alan Blinder. Blinder ist zurzeit Wirtschaftsprofessor an der Princeton University und war Mitte der 90er Jahre Vizepräsident der Fed. Und obschon ihm hinsichtlich der Manipulationen und Machenschaften der Fed in den Geldmärkten eigentlich nichts unbekannt sein dürfte, scheint er offenkundig keine Ahnung zu haben. Am 19.01.2012 schrieb Blinder im Wall Street Journal:

„So komisch sich das angesichts der Billionen US-Dollars an Defiziten auch anhören mag – die US-Regierung hat bei der Aufnahme kurzlaufender Schulden überhaupt keine Probleme. Ganz im Gegenteil, die weltweiten Investoren reißen sich darum, uns Geld zu negativen Realzinsen zu leihen. Im Hinblick auf die Kaufkraft bezahlen sie die US-Regierung, um sich von ihr Geld zu leihen!“

Dieser Fehler wurde von Blinder eine Woche später nochmals vor dem Bankenausschuss des US-Senats wiederholt, als er ausführte:

„Die weltweiten Finanzmärkte sind in Wirklichkeit völlig versessen darauf, der Regierung der Vereinigten Staaten zu negativen Realzinsen riesige Mengen an Geld zu leihen. Aus der Kaufkraftperspektive heraus bedeutet das, dass sie uns dafür bezahlen, uns ihr Geld zu leihen!“

Nur weil ein Mythos aggressiv beworben wird, heißt das noch lange nicht, dass es sich bei ihm auch um eine Tatsache handeln würde. Alles, was damit erreicht wird, ist, für einen gewissen Zeitraum die Realität zu verheimlichen, dass die Welt nicht mehr länger bereit ist, den Vereinigten Staaten zu negativen Realzinsen Geld zu leihen. Die Bürde des Ganzen wird einfach bei der Fed abgeladen, die dafür sorgen muss, dass der Mythos real erscheint, indem sie ihre Bilanz immer weiter ausdehnt und Unmengen an US-Schulden aufsaugt.

Und das geht mit erheblichen Konsequenzen einher. Goodman schreibt dazu:

„Durch das Versagen der Regierungsvertreter, die Bedingungen im US-Staatsanleihemarkt zu normalisieren und die sich aufblähenden Defizite einzudämmen, wird die US-Wirtschaft der Gefahr einer scharfen Korrektur ausgesetzt … Mit anderen Worten: Es braucht oft Jahre, um die Haushaltsdefizite aufzubauen oder zu reduzieren, während die Finanzmärkte auf defizitäre Ausgaben und Schulden schnell und oftmals völlig unerwartet reagieren.“

Die jüngst von der Haushaltsbehörde des US-Kongresses (CBO) veröffentlichten Daten zu den Inflationserwartungen bieten kaum Sicherheit, da man auch dort die grundlegende Auffassung vertritt, dass die Inflation auf absehbare Zeit auf niedrigen Niveaus verharren wird: „In der CBO-Prognose steigt der Verbraucherpreisindex in 2012 gerade einmal um 1,2% und in 2013 um 1,3%.“

Und während die US-Notenbank ihre Käufe von US-Staatsschulden weiter fortsetzt und dadurch die Zinssätze auf künstlich niedrigen Niveaus hält, stellt sich die Frage, wann sich die Realität einstellen wird. Amity Shlaes hat die Antwort darauf. Vergangene Woche schrieb er für Bloomberg:

„Die Sache mit der [Preis-]Inflation ist, dass sie aus dem Nichts kommt und ganz plötzlich zuschlägt … Das ist schon einmal passiert. Im Ersten Weltkrieg … stieg der der VPI von 1% in 1915 auf 7% in 1916 und 17% in 1917 … 1945 schien alles bestens zu laufen. Die Inflation lag bei 2%, zumindest offiziell. Innerhalb von zwei Jahren kletterte sie auf 14%. 1972 schien ebenfalls alles ruhig – bevor die Inflation bis 1974 auf 11% schoss und den Rest des Jahrzehnts auf diesem Niveau verharrte … Eins ist völlig klar: Wir werden schon bald allesamt in der Klemme stecken.“

Doug Casey pflichtet dem bei:

„Glauben Sie besser nicht, dass unsere unkluge Fiskal- und Geldpolitik keine Konsequenzen haben würde. Das irgendwann eine potenziell hässliche Trendwende einsetzt, ist wahrscheinlicher, als dass sie ausbleibt.“

All das verdeutlicht nur, dass die Versuche der Fed, den Geldpreis unter der Marktrate zu fixieren, wahrscheinlich noch ganz andere und wohlmöglich wesentlich bedeutendere Auswirkungen zeitigen werden. Durch diese Maßnahmen verheimlicht man vor den Investoren lediglich die Wahrheit über die realen Marktraten und sorgt dafür, dass die gesamte Diskussion über die Haushaltsdefizite der US-Regierung in den Hintergrund rückt, was es dem US-Kongress ermöglicht, das Thema auch weiterhin einfach zu ignorieren und weiter zu machen wie bisher.

Irgendwann wird sich aber die Realität einstellen – und wenn das passiert, werden die Investoren, der Kongress und die Steuerzahler auf einmal feststellen, dass sie direkt vorm Abgrund stehen.

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