Für die Politiker gibt es nichts schöneres, als das Geld anderer Leute zu verprassen. Und wenn das eigene Land pleite ist, finden sich im Ausland immer noch genügend Vollidioten, die mit Krediten einspringen. Die Rechnung bezahlt der Bürger, dessen Ersparnisse sich in Luft auflösen. Sparer sollten sich besser von verlustbringenden Dingen wie Papierwährungen verabschieden und stattdessen Edelmetall- und Rohstoffwährungen zuwenden

Axel Merk, Merk Investments, 19.04.2012

Es ist ja bereits schlimm genug, wenn einem das eigene Geld ausgeht, doch die politischen Entscheidungsträger ziehen sich nun zunehmend darauf zurück, das Geld fremder Leute zur Rettung ihrer Länder einzusetzen. Auf dem anstehenden G20-Treffen werden die Finanzminister aus aller Welt darüber nachdenken, die Gelder des Internationalen Währungsfonds aufzustocken. Für die Politiker steht dabei auf dem Spiel, ob sie auch weiterhin das tun können, was ihnen am besten liegt – politische Spielchen zu treiben. Im Gegensatz dazu steht für die Investoren auf dem Spiel, ob ihre Währungen auch in Zukunft ihre Funktion als Wertspeicher bewahren werden.

 

Nehmen wir Spanien, ein Paradebeispiel, um zu begreifen, mit was für einer Art von Dynamik wir es hier eigentlich zu tun haben. Vergangenen November entschieden sich die spanischen Wähler für einen politischen Wandel, was dem konservativen Premierminister Rajoy die absolute Mehrheit im Parlament bescherte, während die sozialistische Vorgängerregierung entthront wurde.

Die Wahl in Spanien könnte in der Tat dazu führen, dass die frühere britische Premierministerin Thatcher, die einst erklärte, dass der Sozialismus zum Scheitern verdammt sei, weil ihm am Ende das Geld anderer Leute ausgehen würde, ihre Meinung noch einmal ändert, denn schließlich braucht es keine sozialistische Regierung, um pleite zu sein. Und im Falle Spaniens ist es so, dass, wenn einem das Geld der eigenen Leute ausgeht, ja auch noch bei anderen Leuten Geld zu holen sein könnte.

Eines der größten Probleme Spaniens sind seine Lokalregierungen. Spanien besteht aus 17 autonomen Regionen, deren Gesamtverschuldung sich innerhalb der vergangenen 36 Monate aufgrund der Wirtschaftsrezession und des Zusammenbruchs des Eigenheimmarkts verdoppelt hat. In Vielerlei Hinsicht ist Spanien ein Mikrokosmos, der veranschaulicht, wie die gesamte Eurozone aufgebaut ist:

Die spanischen Regionen haben das Recht, ihre eigenen öffentlichen Schulden auszugeben. Die spanische Zentralregierung verfügt hingegen kaum über Möglichkeiten, bei den Ausgaben der Lokalregierungen einzuschreiten, während es durch die spanische Gesetzgebung untersagt ist, die Regionen zu retten.
Und obwohl die Regionen bezüglich ihrer Ausgaben in der Tat eine sehr hohe Autonomie genießen, liegt die Kontrolle über die Einnahmen der Regionen im Grunde in der Hand der Zentralregierung.
Spanien hat mit seinen eigenen peripheren Problemen zu kämpfen: Die am stärksten verschuldete spanische Region, Katalonien, weist ein Schulden/BSP-Verhältnis von 20,7% aus, während das Haushaltsdefizit in 2011 bei 3,6% lag. Die Rendite für zehnjährige katalonische Anleihen durchbrach jüngst die Marke von 10% und ist somit viel höher als die Rendite für gleichlaufende spanische Staatsschulden, die zurzeit bei rund 6% liegt. In 2011 ist die Gesamtverschuldung der 17 Regionalregierungen auf EUR 140 Milliarden angestiegen, was 13,1% des spanischen BSP entspricht. Im Jahr 2008 lag diese Zahl noch bei 6,7%.
Die spanische Gesetzgebung verbietet es der Zentralregierung, die einzelnen Regionalregierungen zu retten. Das ist ungefähr die gleiche Regelung wie im Maastricht-Vertrag, wo die Rettung anderer EU-Länder untersagt wird. Die Realität sieht jedoch anders aus. So hat die spanische Zentralregierung der am zweitstärksten verschuldeten Region, Valencia, bereits mit einer Kreditrückzahlung an die Deutsche Bank in Höhe von EUR 123 Millionen geholfen.

Bekannter ist die Tatsache, dass die spanischen Banken ebenfalls mit Problemen zu kämpfen haben. Im Gegensatz zum überwiegenden Teil Europas wurde das jüngste Wirtschaftswachstum in Spanien in bedeutendem Umfang durch einen Eigenheim-Boom angeheizt, was dafür sorgte, dass gerade die spanischen Regionalbanken viel zu stark in das Hypothekengeschäft involviert sind.

Die spanischen Banken sind in hohem Maße auf die seitens der Europäischen Zentralbank bereitgestellte Liquidität angewiesen. Die jüngste Refinanzierungsoperation, bei der die EZB dreijährige Kredite bereitstellte (LTRO), hat zunächst einmal etwas Druck vom spanischen Bankensystem genommen. Die Maßnahme wird jedoch zunehmend hinterfragt, da die spanischen Banken die neue Liquidität dafür nutzen dürften, spanische Staatsanleihen zu kaufen, wodurch die Interdependenz und die Wahrscheinlichkeit einer Verstaatlichung der spanischen Banken (also die Übernahme der Verbindlichkeiten der Banken durch die spanische Regierung) natürlich eher zu- als abnehmen.

Die Spannungen zwischen den spanischen Regionen und ihrer Nationalregierung sind ja nichts Neues. Und das ist im Grunde auch die entscheidende Lektion, die sich aus dem Ganzen ziehen lässt: In Spanien bleibt alles beim Alten!

In jüngster Zeit schien es ja so zu sein, als würde die Regierung unter Rajoy tatsächlich versuchen, die Haushaltshoheit der Regionen zu beschneiden. Fakt ist aber, dass die Spanier an die ewigen Debatten, woher die Subventionen kommen und wie die Regionen ihre Ausgaben einschränken sollen und vor allem, wie dies Beschränkungen umgangen werden können, gewöhnt sind. Kurz gesagt: Die Spanier sind in diesem Bereich absolute Vollprofis.

Daher ist es auch keineswegs überraschend, dass, wenn auf einmal Gegenwind von den Märkten kommt, Rajoy öffentlich Reformen verspricht. In dem Moment aber, wo der Druck wieder nachlässt, scheinen alle Versprechen vergessen zu sein. Spanien ist der Beweis dafür, dass die einzige Sprache, die die Politiker verstehen, die des Anleihemarkts ist.

Und so schmerzlich dies auch sein mag, so sind volatile Märkte doch notwendig, um die Politiker dazu zu bewegen, sich auf die Probleme zu konzentrieren. Immer wenn die spanischen Anleihen unter Druck geraten, bewegt sich Spanien bezüglich der Implementierung von Austeritätsmaßnahmen und der Umsetzung von Strukturreformen ein Stück mehr von bloßem Gerede hin in Richtung tatsächlicher Maßnahmen.

Spanien ist, genauso wie das bei einer Vielzahl anderer Industrieländer der Fall ist, durch steife Bürokratien gekennzeichnet, die allesamt darauf abzielen, das Alte (Unternehmen und Beschäftige) auf Kosten des Neuen zu schützen, was Innovationen abwürgt und zu einer enormen Jugendarbeitslosigkeit führt.

Strukturreformen sind politisch äußerst schmerzlich, doch was in Spanien so bemerkenswert ist, ist die Tatsache, dass derartige Reformen aufgrund der absoluten Mehrheit der Regierung im Grunde durchführbar wären. Und trotz dieser vermeintlich starken Regierung scheinen die Entscheidungen über wichtige Reformen in die Länge gezogen zu werden. Im Verlauf dieses Prozesses bricht die politische Unterstützung der Wählerschaft weg, wodurch es zunehmend schwerer wird, an den Reformvorhaben festzuhalten, während sich die Wirtschaft weiter verschlechtert.

Es scheint so, als würden die Politiker stets die Kosten des Handelns gegen die Kosten des Nichthandels abwägen. Solange immer neue Gelder bereitgestellt werden – sei es nun seitens der spanischen Zentralregierung für die Regionen oder vom Europäischen Stabilitätsfonds oder dem IWF für die spanische Regierung – gibt es überhaupt keine Anreize zu handeln. Normalerweise müsste Katalonien eigentlich die Botschaft erhalten, dass sein Haushalt überhaupt nicht tragfähig ist, aber Dank der Hilfe aus Madrid, dürfte die Region weitermachen wie bisher.

Und nun, nachdem sich die Europäer eingeredet haben, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht und jede Menge Schwerstarbeit geleistet haben, ist der IWF der nächste Halt, wo von den Mitgliedsländern erwartet wird, dass sie weitere Milliarden bereitstellen. Man möge den Kritikern verzeihen, die darauf hinweisen, dass die europäischen Länder weit mehr tun könnten, bevor sie in die Tasche der anderen und weniger wohlhabenden Länder greifen. Bedauerlicherweise wird das Ganze von den Politikern aber nicht als ernsthafte Debatte über Geld, sondern vielmehr als ein politisches Spielchen verstanden.

Die gute Nachricht dürfte sein, dass es sich hierbei nicht nur um ein europäisches Problem handelt. Die schlechte Nachricht ist, dass es ein globales Problem ist. Spanien ist kein Einzelfall. Die USA haben mit einer Vielzahl ähnlicher Probleme zu kämpfen, verfügen aber über einen Anleihemarkt, der es den Politkern bisher erlaubt hat, mit immer größeren Staatsausgaben ungeschoren davonzukommen. Doch im Gegensatz zur Eurozone haben die USA ein enormes Außenhandelsbilanzdefizit. Sollte der Anleihemarkt den US-amerikanischen Politikern Austerität verordnen, hätte das für den US-Dollar bei Weitem negativere Auswirkungen als gegenwärtig für den Euro.

Unterdessen – während die Politiker auf der ganzen Welt das Beste hoffen und sich auf das Schlimmste gefasst machen – sollten Sie besser davon ausgehen, dass es weiterhin eine extrem lockere Geldpolitik geben wird: Die USA, die Eurozone, Großbritannien und Japan haben in den vergangenen Monate allesamt in der ein oder anderen Form geldpolitische Lockerungsmaßnahmen durchgeführt. Mittelfristig dürften davon Edelmetall- und Rohstoffwährungen profitieren. Bisher sind diese Währungen noch durch eine allgemein trübe Stimmung im Hinblick auf das weltweite Wirtschaftswachstum im Zaum gehalten worden.

Was sich gut entwickelt hat und sich auch in Zukunft weiter gut entwickeln wird, sind die Währungen der Länder, die begriffen haben, dass eine solche Lockerungspolitik lediglich zu einem erhöhten Inflationsdruck führt. In diesem Zusammenhang ist beispielsweise Singapur positiv hervorzuheben, dessen Geldbehörde erst vergangene Woche geldpolitische Straffungsmaßnahmen eingeleitet hat und eine Aufwertung des Singapur-Dollars zulässt.

Die Länder, die es sich leisten können, gelangen zu der Feststellung, dass all das leichte Geld mit bedeutenden Nebenwirkungen einhergeht und haben daher Maßnahmen eingeleitet, um dagegen anzukämpfen. Von diesen Ländern gibt es jedoch nicht allzu viele. Und wir sagen ja bereits seit langem, dass es so etwas wie eine sichere Währung nicht mehr gibt und die Investoren gut beraten sein dürften, wenn sie diversifizieren und aus derlei banalen Dingen wie Bargeld raus gehen.

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