Warum ausgerechnet der drittgrößte Ölproduzent der Welt von unberechenbaren Aggressoren bewohnt wird, die an ultragefährlichen Massenvernichtungswaffen bauen, und die Probleme nur zu lösen sind, wenn alle ihr Öl wieder auf Dollarbasis handeln und auspreisen
Julian D. W. Phillips, GoldForecaster.com, 22.05.2012
Bei den jüngsten Besuchen der US-Außenministerin Hillary Clinton in China und Indien ging es um viel mehr, als auf den ersten Blick ersichtlich ist. Es war eine Feuerprobe, ob die USA über die Macht verfügen, der Welt ihren politischen Willen aufzuzwingen.
Die USA haben versucht, die weltweiten iranischen Ölexporte zum Erliegen zu bringen und dafür zu sorgen, dass die Inder ihre Ölimporte aus anderen Quellen beziehen. Die Ölversorgung aus Saudi-Arabien, mit der die iranische Ölproduktion eigentlich ersetzt werden sollte, ist aber bereits auf dem Markt erhältlich.
Kämen die iranischen Ölexporte zum Erliegen, würden dem Weltmarkt täglich 3 Millionen Barrel Öl fehlen. Gegenwärtig scheint es aber so zu sein, dass die weltweite Ölversorgung durch die Ausweitung der saudischen Ölproduktion genau um diesen Betrag erhöht wurde! In der ersten Maiwoche stieg die tägliche Ölproduktion um 1,9 Millionen Barrel. Das ist der stärkste Zuwachs seit über 21 Jahren! Wir sind zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die Ölversorgung auf hohem Niveau verharren wird.
Die vergangenen zwei Wochen hatte der Ölmarkt bedeutenden Einfluss auf den Goldmarkt. Der Ölpreis fiel in gerade einmal 5 Handelstagen um 10%. Es scheint, als würde die ausgeweitete saudische Ölversorgung die iranische Ölproduktion nicht ersetzen, sondern zusätzlich auf den Markt gelangen, was dazu führen könnte, dass der Preis sogar unter die Gewinnschwelle der Produzenten absinkt.
Wenn Saudi-Arabien diese zusätzliche Ölversorgung nicht wieder zurückfährt oder China und Indien sich nicht den Forderungen der US-Außenministerin beugen, dürfte der Ölpreis auf diesen Niveaus verharren oder gar weiter absinken.
Der Dollar-Ölpreis ist von „vitalem Interesse“
Es macht den Anschein, als hätten Indien und China die Einfuhren iranischen Öls als symbolische Geste tatsächlich ein wenig zurückgefahren – aber nicht stark genug, um den Ölpreis über der Marke von USD 100 pro Barrel zu halten. Noch wichtiger ist die Tatsache, dass die iranischen Ölimporte von Indien mit Rupien und von China mit Yuan bezahlt werden.
Aus amerikanischer Sicht stellt das eine Verletzung der essentiellen Interessen der USA dar. Bei diesen „vitalen Interessen“ geht es nicht nur darum, den Iran von der Entwicklung von Atomwaffen abzuhalten – Erinnern wir uns an die Gefahr, die von den irakischen Massenvernichtungswaffen ausging! – sondern auch um die Rolle des US-Dollars als einzige Währung, in der Öl gehandelt und ausgepreist wird.
Und genau dieser Zusammenhang zwischen Dollar und Öl ist für die USA von so hoher Wichtigkeit. Der Wert des Dollars und seine Verwendung im internationalen Handel stehen und fallen mit dieser Verbindung. Sollte es zu einer Schädigung des Status des Petrodollars kommen, würde dadurch auch das Mächteverhältnis – bei dem die USA und ihr Dollar zurzeit die dominierende Finanzmacht der Welt sind – untergraben. Das Iran-Problem ist also ein Vorspiel der Zersplitterung des US-amerikanischen Machtgefüges.
Wir weisen ja nun bereits seit Jahren darauf hin, dass die Dollar-Auspreisung von Öl von entscheidender Bedeutung für den Wert des Dollars und seine Verwendung als Weltreservewährung ist. Diese Verbindung zwischen Dollar und Öl machte die Veränderung von Greenspans Kriterien von werthaltigem Geld und den Übergang von Gold zum Dollar überhaupt erst möglich. Ferner war man dadurch der Lage, den Welthandel in den Schwitzkasten zu nehmen – und die USA können es sich nicht leisten dabei zuzusehen, wie das in die Brüche geht.
Und da der Dollar, ein bloßes Stück Papier, seinen Wert einzig durch seine Verbindung zum Öl erfährt, wurde er bezüglich der grundlegenden weltweiten Energieversorgung auch so bedeutend. Öl wird nicht verschwinden, solange es weltweit als Hauptenergiequelle Verwendung findet. Würde man jedoch anderen Währungen erlauben, eine Rohöl-Auspreisung vorzunehmen, würde diese Verbindung aufbrechen.
Daraus folgt aber auch, dass die Verwendung des US-Dollar für die Rohöl-Auspreisung im Laufe der Zeit (die es braucht, bis andere Währungen einen substantiellen Marktanteil erlangt haben) sukzessive zurückgehen wird.
Die Abhängigkeit der Ölproduzenten von den USA
Die USA werden alle notwendigen Maßnahmen einleiten, um die Verbindung zwischen dem US-Dollar und Rohöl aufrecht zu erhalten, selbst wenn diese Verbindung zusammenbricht. Ihr Erfolg hängt davon ab, wie stark sie auf die Ölproduzenten Einfluss nehmen können. Die Kunden der Ölproduzenten werden für ihre Ölimporte auch weiterhin US-Dollars verwenden.
Es könnte durchaus sein, dass es in nicht allzu ferner Zukunft eine erbitterte Schlacht um die Ölproduzenten geben wird, um sie davon abzuhalten, die Geschäfte in der Währung der Käufer abzuwickeln. Im Folgenden finden Sie eine Liste der wichtigsten Ölproduzenten der Welt:
Alle „dollarabhängigen“ Ölproduzenten wurden schwarz dargestellt, während die „nicht dollarabhängigen“ Ölexporteure, die ihren Handel von Dollar auf andere Währungen umstellen könnten, rot dargestellt wurden.
Wie Sie sehen, kann praktisch die Hälfte der oben aufgeführten Produzenten den Ölhandel von Dollar auf andere Währungen umstellen, sofern sie dies wünschen. Die anderen Länder sind auf die Sicherheitsdienstleistungen der USA angewiesen und werden vom US-Dollar daher auch nicht ablassen – außer schiitische Regierungen folgen der Strategie des Iran und preisen ihre Ölproduktion nicht mehr in US-Dollars, sondern anderen Währungen aus.
Jetzt, wo das Iran-Problem auf dem Tisch liegt, wird der Ölpreis automatisch zum Gradmesser des Einflusses der USA, die Verlagerung des Ölhandels in Richtung Yuan und anderer Währungen aufzuhalten. Der aktuelle Ölpreis von USD 92 pro Barrel ist ein Hinweis darauf, dass der Erfolg der USA nicht gerade als durschlagend bezeichnet werden kann.
Doch angesichts der bevorstehenden Veränderungen der Rolle des Yuan im weltweiten Währungssystem wird dieses Problem zunehmend an Bedeutung gewinnen. Obwohl China mit den USA nicht auf Konfrontationskurs geht, nimmt seine Macht stetig zu – und die Chinesen werden sich dem politischen Willen eines anderen Landes nicht beugen, außer es liegt im Interesse Chinas.
Wir nähern uns gegenwärtig immer schneller einem Punkt, wo diese Dynamik zu einem Machtverlust der USA führt, und dieser Punkt könnte bedeutend näher sein, als wir glauben. Wenn wir hier einmal die Annahme zu Grunde legen, dass die von den Ölproduzenten akzeptierten Währungen weltweit auch genutzt werden können, dann dürften die rot dargestellten Länder keine Probleme damit haben, auch andere Währungen als den US-Dollar zu akzeptieren. Zunächst einmal muss der Yuan aber zu einer weltweit genutzten Reservewährung werden. Das könnte bereits in 2013 oder kurz danach passieren.