Die politischen Entscheidungsträger in Europa glauben allen Ernstes, die aktuelle Schuldenkrise in der Eurozone könnte mit denselben Methoden behoben werden, mit denen die USA in 2008 ihre Banken vor dem Untergang bewahrten. Europa ist aber nicht die USA und der Euro ist auch nicht der US-Dollar. Die Euphorie über das spanische Rettungspaket wird schnell verfliegen. Am Ende wird sich die EZB des Problems mithilfe der Druckerpresse annehmen müssen
Michael Pento, King World News, 10.06.2012
Letztes Wochenende wurde bekanntgegeben, dass Spanien bei der Europäischen Union ein Rettungspaket angefordert hat und aller Vorausschau nach EUR 100 Milliarden erhalten wird, um das spanische Bankensystem zu refinanzieren. Die Rettungsgelder sollen über den spanischen Banken-Restrukturierungsfonds FROB in die Banken fließen.
In Wirklichkeit kann aber niemand sagen, wo die Gelder eigentlich herkommen sollen und welche Konsequenzen der mit dieser Bankenrettung einhergehende Anstieg der Staatsverschuldung der europäischen Länder haben wird.
An den weltweiten Finanzmärkten ist man gegenwärtig der Auffassung, dass Europa seine Probleme lösen kann, indem es dieselben Heilmethoden anwendet, die in den USA während der Kreditkrise des Jahres 2008 zum Einsatz kamen.
Die Europäische Union behauptet jetzt also, dass die europäische Schuldenkrise wieder verschwinden wird, wenn man das europäische Bankensystem, beginnend mit Spanien, mit einer Brandmauer versieht. Doch die Tatsache, dass sich die politischen Entscheidungsträger diese Strategie überhaupt zu eigen machen, zeigt bereits, dass sie von der wirklichen Ursache des Problems nicht die leiseste Ahnung haben.
Es ist völlig unerheblich, wie erfolgreich die spanische Bankenrettung werden wird. Die Unterschiede zwischen der US-amerikanischen Bankenkrise des Jahres 2008 und der aktuellen Schuldenkrise in Europa werden im Rahmen dieser Rettungsmaßnahmen vollständig übergangen. Die US-Eigenheimkrise und die Kreditkrise des Jahres 2008 waren vornehmlich ein Bankenproblem, wo die Banken durch die einbrechenden Immobilienwerte an den Rand der Zahlungsunfähigkeit getrieben wurden.
Daher musste lediglich das Folgende getan werden: Die Regierung musste Kredite aufnehmen, um den Banken Kapital zur Verfügung zu stellen, während die US-Notenbank Federal Reserve das Finanzsystem liquide hielt. Der US-Einlagensicherungsfonds wurde aufgestockt, die Bankschulden garantiert und der Interbankenmarkt über Wasser gehalten. Und dann musste noch die Bankengesetzgebung geändert werden, die bis dahin vorschrieb, dass die Banken ihre Vermögenswerte im Rahmen eines kontinuierlichen Neubewertungsprozesses zu aktuellen Marktpreisen bewerten.
So, Problem gelöst – also wenn wir hier einmal davon absehen, dass die USA dadurch dem vollständigen Währungs- und Anleihemarkt-Kollaps ein paar Jahre näher gerückt sind, aber das ist ein Thema, dem wir uns ein anderes Mal annehmen können.
Im Grunde herrscht jetzt auf beiden Seiten des Atlantiks die Auffassung vor, dass, wenn man die Banken retten kann, dadurch auch alle anderen Probleme gelöst werden. Zu Beginn der Kreditkrise hatten die USA jedoch ein Schulden/BSP-Verhältnis von gerade einmal 60% – ein Niveau, mit dem sie sogar noch die Kriterien des Maastricht-Vertrags erfüllt hätten. Überdies stellten die USA die Weltreservewährung.
Zu jener Zeit waren die USA in der Lage, sich das für die Rekapitalisierung der Banken notwendige Geld am Markt zu leihen. Auf diese Art haben die USA ein paar Jahre Zeit gewonnen, bis sie sich schließlich ihres nicht tragfähigen Schuldenniveaus werden annehmen müssen. Im Grunde war es ein Bilanz-Hütchenspiel, bei dem die Schulden des Privatsektors einfach in den Staatssektor verschoben wurden, weshalb die USA nun auch ein Schulden/BSP-Verhältnis von über 100% aufweisen. Ich gehe davon aus, dass die US-Regierung diesen Trick nicht noch einmal probieren wird.
Und wenn wir unseren Blick nun nach Europa wenden, stellen wir fest, dass die Bruttoverschuldung dort bei rund 90% des BSP liegt und der Euro auch nicht als Weltreservewährung genutzt wird. Das belastende Verschuldungsniveau des Staatssektors ist bereits hoch genug, um die Anleihemärkte in der Peripherie Europas in kompletten Aufruhr zu versetzen.
Der maßgebliche Unterschied besteht also darin, dass die US-Finanzinstitutionen in 2008 aufgrund der schnell einbrechenden Immobilienwerte insolvent waren, während die europäischen Banken insolvent sind, weil sie die faulen Kredite der europäischen Pleiteländer halten. Und wenn die europäischen Länder bereits insolvent sind, weil sie zu viele Schulden angehäuft haben, ja wie sollen sie sich dann noch weiter verschulden, um ihr Bankensystem zu retten?
Selbst wenn die europäischen Regierungen bereit und fähig wären, weitere Kredite aufzunehmen, würde ihr Schulden/BSP-Verhältnis dadurch nur noch stärker explodieren. Es käme dann zu weiteren Herabstufungen ihrer Schulden. Die Preise für die Staatsanleihen würden dann noch stärker zurückgehen, was die europäischen Banken nur noch stärker in die Insolvenz triebe.
In Wahrheit ist die Europäische Zentralbank – abgesehen von China – die einzige Institution, die in der Lage ist, Europa zu retten. Und das ist meines Erachtens auch die „Lösung“, die bei dem ganzen Chaos in Europa letztlich zum Einsatz kommen wird. Logischerweise wird dieser inflationäre Zahlungsausfall auf europäische Schulden in den europäischen Wirtschaften, den Anleihemärkten und bei der europäischen Einheitswährung jede Menge Chaos anrichten.
Es gibt also keine einfache Wunderwaffe oder ein Wunderheilmittel, mit dem Europa vor einer unglaublich schmerzhaften Entwicklung bewahrt werden könnte – was übrigens für Japan und die USA gilt.
Die Märkte legten letzte Woche eine Rally hin, weil man mit irgendeiner Art von Bankenlösung oder zumindest einer Neuauflage massiver Zentralbankinterventionen rechnete. Alles, was zurzeit vorliegt, ist ein unzureichendes Rettungspaket für einige spanische Banken, während uns noch nicht einmal gesagt worden ist, wo die Gelder eigentlich konkret herkommen sollen.
Das ist auch der Grund, warum es sinnvoll sein könnte, beim jetzigen Preisniveau noch ein paar Goldminenaktien zu erwerben. Die Goldminen haben nämlich eingepreist, dass es in Europa ohne eine weitere Zentralbankintervention zu irgendeiner Lösung kommen wird. Ist diese „Lösung“ aber erst einmal gescheitert, werden plötzlich wieder alle in Richtung Mario Draghi und seiner Druckerpresse blicken, in der Hoffnung, dass die EZB versucht, die Schulden wegzuinflationieren.
Wenn sich die Euphorie über die spanische Bankenrettung erst einmal gelegt hat, dürften die Zinsen für die Staatsschulden und die Kreditausfallversicherungen wieder steigen. Der US-Dollar dürfte seinen Anstieg gegenüber dem Euro wieder fortsetzen, während die weltweiten Märkte ihre Rückgänge ausbauen. Edelmetallminenaktien könnten hiervon vielleicht ausgenommen sein.