Peter Schiff, Europacmetals, 08.06.2012
Auszug aus dem Buch “The Real Crash”
Wir haben uns heutzutage daran gewöhnt, dass die kleinen grünen rechteckigen Papierfetzen die Verkörperung von Geld sind. Und wir glauben, dass die US-Regierung die einzige Geldquelle ist. Wollen wir jedoch ernsthaft über solides Geld sprechen, müssen wir uns erst einmal darüber im Klaren sein, wo die Gewohnheiten des jetzigen Geldsystems eigentlich herkommen.
Am Anfang arbeitete jeder Mensch für sich allein. Man aß oder trug, was man fangen oder sammeln konnte.
Der nächste Schritt war dann der Tauschhandel. Hatte man etwas Fleisch übrig und einen Nachbarn, der Fell übrig hatte, konnte man mit ihm vielleicht ein direktes Tauschgeschäft abschließen. Wenn Nahrungsmittel, Wasser, Bekleidung und andere einfache Werkzeuge die einzigen Dinge sind, die auf dem Markt angeboten werden, ist der direkte Tauschhandel völlig ausreichend, da sich immer jemand findet, der das hat, was man selbst möchte, und das will, was man selbst anzubieten hat.
Sobald es aber komplexere Herstellungsprozesse gibt und der Wohlstand zunimmt, ist der direkte Tauschhandel nicht mehr ausreichend.
Sagen wir, Sie sind ein Jäger und wollen ein Bett kaufen, aber der einzige Bettenmacher der Stadt ist Vegetarier. Ja was dann? Sie müssten erst einmal herausfinden, was der Bettenmacher will (Tofu vielleicht), und dann müssten Sie jemanden finden, der Tofu besitzt und Fleisch haben möchte. Wenn Sie eine solche Person nicht finden können, müssten Sie halt eine vierte Person finden – also jemanden, der Fleisch will und dafür Hüte hergibt, die der Tofu-Hersteller haben möchte – oder den vegetarischen Bettenmacher davon überzeugen, dass er das Fleisch nimmt und gegen etwas anderes eintauscht.
Bei Fleisch handelt es sich aber um eine verderbliche Ware, weshalb der Bettenmacher gezwungen wäre, es ziemlich schnell wieder loszuwerden. Und da Sie sich nicht in der Lage sehen, an irgendwelche Waren zu kommen, die der Bettenmacher konsumieren will, tauschen Sie Ihr Fleisch gegen Salz ein und treten noch einmal an den Bettmacher heran:
„Schauen Sie, ich weiß, dass Sie kein Salz wollen, aber denken Sie doch an all die Menschen, die Salz wollen. Sie nutzen es, um ihr Fleisch haltbar zu machen und ihre Suppe zu würzen. Salz verdirbt nicht, Sie können es also solange behalten, wie Sie wollen. Und sollte der Tofu-Händler, wenn er vorbei kommt, doch kein Salz wollen, dann erklären Sie ihm einfach, was ich Ihnen gerade gesagt habe. Er kann es dann einfach nutzen, um sich das zu kaufen, was er haben will.“
Wenn Sie mit dem Bettenmacher ins Geschäft kommen, haben Sie dadurch Geld geschaffen. Auf ganz natürliche Art werden in Ihrer Gemeinde immer mehr Menschen damit anfangen, Salz als Zahlungsmittel zu akzeptieren. Selbst wenn die Verkäufer überhaupt nicht die Absicht hegen, es selbst zu nutzen, werden sie es akzeptieren, weil sie wissen, dass die anderen es ebenfalls akzeptieren werden.
Aber – und das ist das Entscheidende – der Wert des Salzgeldes ist ja nicht ausschließlich davon abhängig, ob es die anderen als Zahlungsmittel akzeptieren. Sollten die Leute aus irgendeinem Grund auf einmal aufhören, Salz als Zahlungsmittel zu akzeptieren, kann man es genauso gut auch selbst nutzen.
Salz war tatsächlich eine ziemlich gute Währung, weil es noch keine Kühlschränke gab, eine große Nachfrage danach bestand, es bis auf einzelne Kristalle heruntergebrochen werden konnte, leicht zu wiegen war und ohne Weiteres auf seine Echtheit getestet werden konnte. Die Römer verwendeten Salz als Geld.
Aber nur weil Salz als Geld Verwendung fand, heißt das ja nun noch lange nicht, dass es nicht auch andere Formen von Geld gab, die in Umlauf gelangt sind. Tabakblätter wurden ebenfalls als Währung akzeptiert. Dasselbe trifft auf Gold und Silber zu.
Die größte Erfindung aller Zeiten?
Der entscheidende Punkt ist, dass Geld in einer Gesellschaft von ganz alleine entsteht, um freiwillig wirtschaftliche Transaktionen abzuwickeln. Geld ist eine der größten Erfindungen aller Zeiten. Geld machte es den Menschen nicht nur möglich, an Dinge zu gelangen, die sie nachfragten, sondern begünstigte auch das Sparen. Man konnte einfach überschüssiges Geld anhäufen, um es dann zu einem späteren Zeitpunkt auszugeben.
Und obwohl das Sparen von den heutigen Eliten verabscheut wird, ist es eine essentielle Komponente der wirtschaftlichen Entwicklung. Indem den Menschen das Sparen einfacher gemacht wurde, erreichte Geld zwei sehr wichtige Dinge.
Zunächst einmal wurde der Fleiß beflügelt: Jetzt gab es auf einmal einen Anreiz dafür, härter zu arbeiten und mehr Geld zu verdienen, als man innerhalb eines Tages ausgeben konnte. Und zweitens versetzten die Ersparnisse aufstrebende Unternehmer in die Lage, größere Kapitalinvestitionen zu tätigen: Arbeitssparende Maschinen, Läger und Transportmittel.
Und wenn der Sparer mit seinem Geld nichts Besonderes anfangen will, kann er es immer noch für sich arbeiten lassen, indem er es weiterverleiht. Ohne Geld ist ein Finanzwesen praktisch nicht vorstellbar. Sicher, man könnte seinem Nachbarn dieses Jahr ein Schwein geben, wenn man dafür im nächsten Jahr ein Schwein und ein Huhn erhält, aber es gäbe auch bedeutend mehr Potenzial für Zank und Streit („Das Schwein ist nicht so gesund, wie das, das ich Ihnen letztes Jahr gab!“).
Bei einem Rohstoffgeld – wo die qualitativen Unterschiede nur gering oder garnicht vorhanden sind und das mithilfe universeller, objektiv messbarer Eigenschaften wie dem Gewicht unterteilt werden kann – kann man sich sicher sein, dass das, was man wieder zurückbekommt, von derselben Qualität sein wird wie das, was man verliehen hat.
Ferner führte die Verwendung von Geld dazu, dass die Arbeitsteilung einfacher wurde. Wenn man in einer Sache richtig gut ist, sagen wir in der Herstellung von Nägeln – um Adam Smith’s berühmtes Beispiel aufzugreifen – kann man seinen Lebensunterhalt bestreiten, indem man ausschließlich Nägel produziert.
Gäbe es kein Geld, hätte der Hersteller der Nägel den ganzen Tag damit zu tun, jemanden zu finden, der (a) überschüssige Nahrungsmittel hat und Nägel will, (b) eine überschüssige Bleibe hat und Nägel will und (c) überschüssige Bekleidung hat und ebenfalls Nägel haben will usw.
Hat sich aber erst einmal Geld etabliert, braucht der Nagelverkäufer nur jemanden zu finden, der (a) Geld besitzt und Nägel kaufen will, und jemanden, der (b) andere Dinge besitzt, die der Nagelhersteller haben will, und diese für Geld veräußert. Durch die Erleichterung der Arbeitsteilung wird die Arbeit produktiver, da die Arbeit unter den Menschen nach Fähigkeiten und Interessen aufgeteilt wird.
Geld verbessert die Gesellschaft also in vielerlei Hinsicht.
Miteinander in Wettbewerb stehende Währungen
In der Vergangenheit gab es verschiedene Formen von Geld, die miteinander in Wettbewerb standen. Salz hatte seine Vorteile, aber es hatte auch Nachteile – man musste es trocken halten und es konnte leicht verschüttet werden. In Rom wurde es durch die steigenden Wasserstände über die Jahre immer schwerer, Salz jahrelang aufzubewahren.
Unterdessen spricht vieles für Gold. Man kann es sehr leicht lagern und genauso wie Salz ist es leicht teilbar, kann aber auch leicht wieder zusammengefügt werden: Man kann Barren oder Münzen mit unterschiedlichen, standardisierten Gewichten oder Nennwerten herstellen. Es rostet nicht, läuft nicht an und geht auch keine unschönen chemische Reaktionen ein.
Und wie viele andere Arten von Geld, verfügt auch Gold über einen ihm innewohnenden Wert. Meistens denken wir bei Gold nur an seinem dekorativen Wert – in fast allen Kulturen wird Gold als schön erachtet. Frauen lieben Gold, und eine Frau mit Gold zu beschenken, wird fast überall als schöne Sache aufgefasst. Gold verfügt über industrielle Verwendungsmöglichkeiten, da es nicht rostet und sehr dünn gewalzt werden kann.
Gold ist selten genug, um über Wert zu verfügen, kommt aber immer noch häufig genug vor, um zirkulieren zu können. Die Goldversorgung wächst, aber nie besonders schnell.
Keine staatliche Behörde musste Gold erst offiziell zu Geld erklären. Gold entwickelte sich von ganz alleine zu einem Tauschmittel und schlug in vielen Fällen seine Mitkonkurrenten im Geldmarkt. Und obwohl sich das gelbe Metall nicht immer gegen andere Währungen durchsetzen konnte, war es wahrscheinlich das erfolgreichste Geld aller Zeiten – und zwar nicht aufgrund irgendwelcher Dekrete von oben, sondern wegen den dem Gold innewohnenden Eigenschaften.
Und das ist auch von entscheidender Bedeutung: Geld kommt nicht von der Regierung; Geld kommt von der Zivilgesellschaft.