Das Haushaltsdefizit der US-Regierung wird dieses Fiskaljahr das vierte Mal in Folge bei über USD 1 Billion liegen. Der Schuldendienst der USA hat allein im vergangenen Fiskaljahr USD 454 Milliarden verschlungen. Bereits ein geringfügiges Steigen der Zinssätze würde zu einer Kostenexplosion führen
Bob Adelmann, The New American, 13.06.2012
Am Dienstag gab das US-Finanzministerium bekannt, dass die Steuereinnahmen der Bundesregierung im Mai mit USD 180,7 Milliarden auf den zweithöchsten Stand aller Zeiten kletterten. Bedauerlicherweise gab die US-Regierung aber USD 305,3 Milliarden aus, was einem Defizit von USD 124,6 Milliarden entspricht.
Die USA haben dieses Jahr bereits ein Defizit von USD 844,5 Milliarden angehäuft und sind beim laufenden Fiskaljahr auf dem besten Wege, das vierte Mal in Folge die Marke von USD 1 Billion zu sprengen.
Wer nachrechnet, stellt fest, dass die US-Staatsverschuldung täglich um über USD 3 Milliarden zulegt. Das sind jeden Monat USD 565 pro Haushalt. Bei dieser Verschuldungsrate wird man die vom US-Kongress gesetzlich festgeschriebene Schuldenobergrenze von USD 16,4 Billionen bereits wenige Tage nach den Wahlen im November erreichen.
Laut dem Buchhaltungs-Giganten Deloitte LLP ist die US-Schuldenkrise aber noch bedeutend schlimmer, als die meisten Menschen glauben. Während die US-Regierung immer stärker in einem Meer aus Schulden versinkt, steigen nämlich nicht nur die Kosten für die Finanzierung der aktuellen Defizite, sondern auch für die Refinanzierung der bereits bestehenden Schulden.
Im Fiskaljahr 2011 musste die US-Regierung USD 454 Milliarden an Zinszahlungen für ihre Schulden aufbringen, und auch im aktuellen Fiskaljahr belaufen sich diese Zinszahlungen bis einschließlich Mai bereits auf USD 271 Milliarden. Selbst wenn es nur zu geringfügigen Anstiegen bei den Zinssätzen kommen sollte, würde dies sofort zu bedeutend höheren Kreditkosten führen. Deloitte merkt dazu an:
„Würden die Zinssätze im nächsten Jahrzehnt lediglich um 3% steigen, entsprächen die zusätzlichen Kosten für das US-Finanzministerium … den Kosten, die in der Spitze für die Kriege in Afghanistan und im Irak angefallen sind. Wenn man sich die ins Ausland gehenden Zinszahlungen anschaut, werden wir schon bald genügend Geld ausgeben, um damit im Grunde das chinesische Militär zu finanzieren.“
Bill Eggers, der führende Autor der Studie, machte diesbezüglich eine Bemerkung, die man vielleicht als Untertreibung des Jahres bezeichnen könnte: „Die Schulden werden nicht einfach so wieder verschwinden.“
Laut Eggers gibt es fünf bedeutende Risikofaktoren, mit denen die US-Regierung konfrontiert sein wird, während die Staatsverschuldung immer weiter anwächst und sich der Schuldendienst zunehmend schwieriger gestaltet:
- Die Schuldenkrise ist bedeutend größer, als die meisten Menschen annehmen.
- Die Kreditkosten für die immer stärker anwachsende Schuldenlast werden weiter steigen, wohlmöglich sogar massiv.
- Dadurch, dass der Wirtschaft aufgrund des Schuldendienstes der US-Regierung ein immer größerer Geldbetrag abgezogen wird, bleiben bedeutend weniger Gelder übrig, die ansonsten in anderen Bereichen produktiv eingesetzt würden.
- Die Halter von US-Staatsschulden könnten damit beginnen, die nationale Politik der USA zu beeinflussen, um ihre Interessen zu schützen.
- Die Käufer von US-Staatsschulden könnten sich dazu entschließen, die Käufe komplett auszusetzen, sollte sich die Finanzlage der Regierung weiterhin verschlechtern.
Die Untersuchung von Deloitte dürfte aber immer noch viel zu konservativ sein. Die Untersuchung konzentriert sich lediglich auf die Kreditkosten der Staatsverschuldung und die Auswirkungen, die steigende Zinssätze auf die Fähigkeit der Regierung hätten, den Schuldendienst weiter aufrecht zu erhalten. Wenn man hier aber noch die nichtfinanzierten Verbindlichkeiten der US-Regierung mit hinzunimmt, wird die Staatsverschuldung auf einmal relativ bedeutungslos.
Hier braucht man lediglich an die nichtfinanzierten Verbindlichkeiten der staatlichen Rentenkasse zu denken – also das Versprechen, diese Leistungen weiter aufrecht zu erhalten – die sich aktuell auf USD 15,7 Billionen belaufen. Die nichtfinanzierten Verbindlichkeiten des Arzneibezuschussungsprogramms der Bundesregierung belaufen sich auf über USD 20 Billionen und die der staatlichen Krankenkasse auf über USD 82 Billionen. Insgesamt kommt man so auf über USD 119 Billionen an nichtfinanzierten Verbindlichkeiten.
Die vielleicht realistischste Beurteilung der fragilen fiskalischen Situation der US-Bundesregierung stammt von Laurence Kotlikoff, einem Wirtschaftsprofessor vom Boston College und ehemaligen leitenden Wirtschaftsberater des Weißen Hauses. Kotlikoff schrieb:
„Es gibt einen Grund, warum wir am Ende sind. Wir haben sechs Jahrzehnte damit zugebracht, eine riesige Staatsschuld (US-Staatsanleihen) und noch bedeutend größere informelle Schulden zur Zahlung der Renten- und Krankenkassenleistungen und Arzneimittelprogramme der heutigen und künftigen über 100 Millionen Menschen zählenden Rentner anzuhäufen …
Die Gesamtverschuldung der Regierung – ihr Haushaltsloch – beläuft sich nach meinen Berechnungen gegenwärtig auf USD 211 Billionen …
Um sich das Ausmaß der Insolvenz unseres Landes zu veranschaulichen, sollten wir uns einmal vorstellen, welche Einschnitte nötig wären, um unsere Haushaltslücke zu schließen. Die Antwort ist, dass es umgehend und permanent einen 64%igen Anstieg aller Bundeseinnahmen oder eine permanente Kürzung von 40% aller Bundesausgaben geben müsste.“
Und wenn wir nun bezüglich der Staatsausgaben an all die Ausflüchte der beiden politischen Parteien denken, wird deutlich, dass mit Einsparungen dieser Größenordnung wohl eher nicht zu rechnen ist. Darüber hinaus ist klar, dass sich die Käufer der Staatsschulden eines Tages von den USA abwenden werden. Und das wird dann der Tag der Abrechnung sein.