Während die Investoren noch darüber philosophieren, ob eine Rückkehr zum Goldstandard überhaupt möglich sei, bereiten sich die Zentralbanken der Schwellenländer bereits auf den Neustart des Papiergeldsystems vor und kaufen so viel physisches Gold, wie sie kriegen können

Peter Schiff, Europacmetals.com, 05.07.2012

In meinem jüngsten Buch „The Real Crash: America´s Coming Bankruptcy“ habe ich den Vorzügen des klassischen Goldstandards und den Gründen, warum er wieder etabliert werden sollte, ein eigenes Kapitel gewidmet. Was ich jedoch nicht erwähnte und nur wenige Investoren wissen, ist, dass sich die Zentralbanken dem gelben Metall bereits wieder als dem ultimativen sicheren Hafen zuwenden.

Ich glaube, dass beim Goldpreis aufgrund dieses geldpolitischen Wandels und der anhaltenden Inflation bei den westlichen Währungen gegenwärtig eine stabile Preisdecke eingezogen wird, die dem Metall eine noch glanzvollere Zukunft beschert.

Die strategische Neuausrichtung der Zentralbanken

Bei der Rückkehr zu Gold handelt es sich unzweifelhaft um eine strategische Neuausrichtung der Politik der Zentralbanken und nicht bloß um taktisches Geplänkel. Alle Zentralbanken der Industrieländer haben ihre Goldverkäufe eingestellt. Dieser Entwicklung ging voraus, dass sie bereits im letzten Jahrzehnt weniger physisches Gold auf den Markt warfen, als ihnen unter der Zentralbank-Goldvereinbarung eigentlich erlaubt gewesen ist.

Es ist völlig offenkundig, dass sie bei der Zentralbank-Goldvereinbarung den Trend komplett falsch eingeschätzt hatten. Noch wichtiger ist aber, dass auch die Zentralbanken der Schwellenländer damit begonnen haben, physisches Gold zu kaufen – und zwar gleich lastwagenweise.

Seit der Finanzkrise des Jahres 2008 haben sich verschiedene Länder wie Mexiko, die Philippinen, Thailand, Kasachstan, die Türkei, Ukraine, Russland, Saudi-Arabien und Indien auf Gold die als wichtigste Devisenreserve zurückbesonnen.

Allein Russland hat seine Goldreserven um imposante 400 Tonnen aufgestockt, wobei das Meiste aus inländischer Produktion stammt. Mexiko hat seinen Goldreserven über 120 Tonnen hinzugefügt, davon allein 78 Tonnen im Rahmen eines Mega-Kaufs im März 2011. Die Philippinen haben über 60 Tonnen Gold gekauft, 32 Tonnen davon im März dieses Jahres. Thailand hat rund 60 Tonnen Gold gekauft und Kasachstan fast 30 Tonnen.

Die Türkei hat neue Gesetze erlassen, so dass es türkischen Geschäftsbanken nun erlaubt ist, Gold zum Eigenkapital hinzuzurechnen. Überdies hat die Türkei ihre offiziellen Goldreserven um 120 Tonnen aufgestockt. Die chinesischen Goldimporte über Hongkong sind ebenfalls auf Allzeithochs geklettert.

Ja selbst die treuen US-Verbündeten Saudi-Arabien und Indien haben ihre Goldreserven um hunderte Tonnen erhöht, was in Washington sicherlich keine Jubelstürme auslösen wird.

Kurzum: Die Regierungen der Schwellenländer haben mitbekommen, dass sich das weltweite Geldsystem am Rande des Neustarts befindet. Bei diesen Schwellenmärkten handelt es sich um die Wirtschaftsmaschinen des 21. Jahrhunderts – und sie sind fest entschlossen zu verhindern, durch das westliche Fiatgeld zu Fall gebracht zu werden.

Die Dinge langfristig sehen

Die Folgen, die mit dieser neuen Strategie einhergehen, traten bereits bei den Edelmetallpreiskorrekturen der vergangen Monate offen zutage. Die Zentralbanken der Schwellenmärkte traten weiterhin als aggressive Käufer in Erscheinung. Das ist extrem bullisch.

Als staatliche Agenten sind diese Zentralbanken auf Stabilität und Vorhersagbarkeit aus. Wenn sie ihren Kurs ändern, dann tun sie dies nur absichtsvoll und schrittweise – das ließe sich vielleicht mit einem Flugzeugträger vergleichen. Und während sich die westlichen Zentralbanken ganz klar für den Weg der Inflation entschieden haben, bewegen sich die Banken der Schwellenmärkte immer stärker in Richtung einer soliden Währungspolitik.

Die Folgen für den Privatinvestor sind enorm. Es lässt sich beobachten, dass die größten Marktteilnehmer immer dann, wenn der Preis nach unten korrigiert, massive Käufe tätigen. Hier kommt noch hinzu, dass die Zentralbanken aufgrund ihres bedeutenden Anteils am Goldmarkt mit ihren Kaufentscheidungen natürlich auch überproportional großen Einfluss auf die Preisfindung haben.

Die institutionellen Investoren erachten Edelmetalle jetzt wieder als eine „legitime“ Investmentform. Und es ist genau diese positive Rückkopplungsschleife, die zur Stabilisierung des Goldpreises beitragen wird, während sich Gold wieder in einen Reservevermögenswert verwandelt.

Gold: Immer noch das A und O

Gold ist nach wie vor der zentrale Bestandteil der Zentralbankreserven, selbst in der heutigen von Fiatwährungen dominierten Welt. Was das globale auf Papiergeld basierende Währungssystem anbelangt, scheint es offenkundig bedeutend einfacher zu sein, irgendwelche Erklärungen abzugeben, als tatsächlich danach zu handeln.

Überall auf dem Planeten, aber speziell in den westlichen Industrieländern sind die Regierungsvertreter immer schnell dabei, Gold als Anachronismus niederzumachen und zu behaupten, das Metall sei für eine moderne und globalisierte Wirtschaft völlig ungeeignet.

Komischerweise handelt es sich hierbei aber um genau dieselben Regierungen, die bisher nie die Kraft fanden, sich von ihren Goldreserven loszusagen oder auch nur einen nennenswerten Teil davon zu verkaufen. Alle jene, die immer am lautesten geschrien haben, verhielten sich in Wirklichkeit am konservativsten.

Die USA, die atemberaubende 75% ihrer Devisenreserven in Gold halten, und die westeuropäischen Länder, die im Schnitt 64% ihrer Devisenreserven in Gold halten, scheinen zu glauben, dass überhaupt niemand Gold besitzen sollte – außer ihnen!

Es sollte daher niemanden überraschen, dass auch den Schwellenmärkten diese Doppelmoral aufgefallen ist. Und da sich die Wirtschaften der Schwellenländer immer weiter fortentwickeln, ist es wahrscheinlich, dass sie immer weniger auf die Ratschläge Washingtons hören und sich stattdessen eher ihre eigenen Gedanken machen werden. Und da diese Länder zurzeit weniger als 20% ihrer Devisenreserven in Gold halten, sind sie sich mit Sicherheit auch im Klaren darüber, dass sie noch einiges aufzuholen haben.

Hinter all den Nebelkerzen verbirgt sich also die Tatsache, dass die Zentralbanken der Industrieländer in Wirklichkeit Gold horten, während die Zentralbanken der Schwellenmärkte als Gold-Sammler auftreten. Und, und das ist wichtig: Niemand verkauft, es finden nur Käufe statt.

Die Fiatgeld-Fantasie macht mit der Realität Bekanntschaft

Aber was ist die Ursache für diesen erneuten Ansturm auf Gold? In zwei Worten: Überschüssige Schulden. Das unabhängige Zentralbankwesen war immer schon mehr ein Traum, als dass es etwas mit der Realität zu tun hatte. Die Politiker wussten von Anfang an, dass sie die Rechnungen anhäufen und die Zentralbank im Anschluss daran zwingen können, die Kosten über die Inflation auszugleichen. Das ist nichts weiter als ein verschleierter Zahlungsausfall.

Und bedauerlicherweise haben die Zentralbanker auch noch pflichtbewusst gehorcht – zumindest ist bisher noch niemand aus Protest zurückgetreten. Nur wenige haben sich gegen ihre Regierungen ausgesprochen – und wenn überhaupt, dann auch nur vorübergehend.

In der Menschheitsgeschichte haben die Regierungen immer wieder die Rahmenbedingungen für ihren eigenen Zusammenbruch geschaffen, indem sie an der Geldversorgung herumfingerten, um ihre Schulden zu zahlen. Wenn man aber die Währung aushöhlt, bedeutet das, dass die gesamte Wirtschaft ausgehöhlt wird, wodurch die Steuereinnahmen sinken und noch mehr Schulden geschaffen werden.

Die unbeabsichtigten Folgen dieser Politik werden die beabsichtigten Folgen schon bald überwältigen – und das ist dann der Zeitpunkt, wo der Staat zusammenbricht und auch die Arbeitsplätze der Zentralbanker verschwinden, so engagiert sie auch sein mögen.

Gold: Die beste Versicherung

Vor dem Hintergrund dieses historischen Zyklus ist Gold die beste Versicherung. Diejenigen, die das meiste Gold besitzen, werden die kommenden Runden des Abwärtswettlaufs der Währungen am besten überstehen. Es ist daher völlig verständlich, dass die Zentralbanken der Schwellenmärkte zurzeit alles Gold zusammenkratzen, um gegenüber den westlichen Zentralbanken aufzuholen.

Wie viel Gold werden die Zentralbanken einsammeln? Mit Sicherheit kann das niemand sagen. Was sich hingegen mit Sicherheit sagen lässt, ist, dass sie sich völlig richtig entschieden haben, diesen strategischen Wandel bei ihrer Geldpolitik einzuleiten. Dadurch wird dem Goldpreis eine Preisdecke eingezogen, und es beschert all jenen, die auf die Rückkehr soliden Geldes vorbereitet sind, eine noch glänzendere Zukunft.

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