Seit 100 Jahren ist bekannt, dass die Manipulation der Zinssätze und das Gelddrucken stets zu massiven wirtschaftlichen Krisen führen. Vor diesem Hintergrund ist es erstaunlich, dass sich viele Ökonomen und Wirtschaftskommentatoren auch heutzutage noch regelmäßig dafür aussprechen, die Gelddruck-Orgie weiter anzuheizen und die private Geldschöpfung auszuweiten
James E. Miller, Mises.ca, 06.07.2012
Der gewöhnliche Leser stößt ja heutzutage überall auf die Behauptung, dass es der Welt an Geld mangelt. Nein, damit meine ich nicht die Dritte-Welt-Länder, die in elender Armut leben, anstatt in den Genuss des materiellen Wohlstands zu kommen, den der Kapitalismus dem Westen beschert hat. Ich spreche hier von der zunehmenden Zahl an Ökonomen und Kommentatoren, die die Zurückhaltung der weltweiten Zentralbanken beklagen und fordern, die Druckerpressen erneut auf Hochtouren laufen zu lassen.
Der Wirtschaftsprofessor Steve Hanke erklärte jüngst in der Financial Post, dass er sich im Hinblick auf den Mangel an privater Geldschöpfung in den USA große Sorgen machen würde. Hanke behauptet, dass die ausbleibende Kreditausweitung eine bedeutende Hürde für das Wachstum Amerikas und der Eurozone sei. Die von ihm offerierte Lösung ist, die gesetzlichen Vorgaben für das Bankenwesens abzubauen, um die politischen Unsicherheiten zu minimieren und die Grundlage eines neuen Kreditvergabebooms zu schaffen.
Nun spricht ja in der Tat einiges dafür, die Gesetze für das Bankenwesens zu entschärfen, da sie die kleinen Mitbewerber extrem benachteiligen. Indem der Staat die Kosten des Marktzutritts durch die verschiedenen gesetzlichen Vorschriften und Anforderungen in die Höhe treibt, sorgt er dafür, dass die gesamte Branche von Großkonzernen dominiert wird. Das ist die Situation im jetzigen modernen Finanzsystem – das von den Zentralbanken gesteuert wird, denen von den Regierungen das Monopol über die jeweilige Währungsversorgung eingeräumt wurde.
Kommen wir jedoch zur Kernfrage zurück: Würde eine Ausweitung der Privatkredite die „animalischen Kräfte“ tatsächlich beflügeln und die Ausgaben erneut anheizen? Die historischen Beweise legen das nahe, obschon das menschliche Handeln natürlich nicht vorhersagbar ist. Doch sollten die Zentralbanken ihre Lieblingsbanken tatsächlich mit Unmengen an Liquidität überschütten?
Um diese Frage beantworten zu können, müssen wir zunächst einmal definieren, was Geld ist und welche Funktion es in einer Marktwirtschaft erfüllt. Genau genommen dient Geld als Tauschmedium.
Geld ist wichtig, aber Geld ist kein Vermögen. In seiner vorherrschenden Papierform besteht seine einzige Funktion darin, Transaktionen zu erleichtern. Durch einen Anstieg der Geldmenge, ganz egal, wie massiv er auch ausfallen möge, werden für den Verbraucher keine Waren oder Dienstleistungen geschaffen.
Der berühmte Ökonom David Hume stellte die Theorie auf, dass, würden alle Menschen eines Tages aufwachen und feststellen, dass sich in ihrer Geldbörse ein dickes Bündel frisch gedruckter Geldscheine befindet, dies zwar ein Glücksgefühl zur Folge hätte, ein Anstieg des materiellen Reichtums jedoch ausbliebe. Sobald die Gelder ausgegeben werden, kommt es zu Preisanstiegen. Die Auffassung, man sei reicher, würde sich rasch in Luft auflösen.
Noch wichtiger ist aber die Tatsache, dass die von den Zentralbanken geschaffene Geldinflation zwangsläufig einen Boom-Bust-Zyklus in Gang setzt. Der Ökonom Ludwig von Mises entwickelte vor 100 Jahren die bahnbrechende Theorie, dass die Zentralbankmanipulation der Zinssätze und der Geldversorgung die relativen Preise zerstört, zu Fehlinvestitionen führt und nicht tragfähige Produktionszweige hervorbringt. Und zu unserem Leidwesen durften wir die Funktionsmechanismen der Theorie von Mises die letzten 10 Jahre mit eigenen Augen mitverfolgen.
Zu Beginn des letzten Jahrzehnts senkte die US-Notenbank Federal Reserve unter ihrem Vorsitzenden Alan Greenspan die Zinsen auf historisch niedrige Niveaus, wodurch die Kreditkosten und Hypothekenzinsen abgesenkt wurden. Von Dezember 2000 bis Juni 2003 senkte die Fed ihre Federal Funds Rate (das ist der Zinssatz, zu dem sich die Banken untereinander Geld leihen, um ihren Mindestreserveverpflichtungen nachzukommen) von 6,5% auf 1%. Bis Juni 2004 verharrte dieser Zinssatz dann bei 1%.
Laut dem Ökonomen Joseph Salerno, hatte dies zur Folge, dass der Zinssatz für 30-jährige Hypotheken von über 7% in 2002 auf 5,25% in 2003 absank und der Zinssatz für variabelverzinsliche Hypotheken mit einjähriger Laufzeit von 7% in 2000 auf 3,74% in 2003 fiel.
Der Eigenheimmarkt boomte, während die Kreditanforderungen für Hypothekennehmer immer weiter verwässert wurden. Die Banker und Politiker ritten auf einer Welle der Euphorie, bis der unvermeidliche Kollaps einsetzte, als Greenspan die Zinssätze wieder anhob, um zu verhindern, dass die Preissteigerungen auf weite Teile der Wirtschaft übergreifen.
Die Verbraucher trugen ebenfalls ihren Teil dazu bei, indem sie die manipulierten Wertanstiege bei ihren Eigenheimen dafür nutzten, ihre Häuser zu beleihen und sich für Dinge wie hochwertige Elektronik, teures Essen oder Urlaub in malerischen Gegenden zu verschulden. Als das Geldmengenwachstum wieder abnahm, brach Greenspan’s Kartenhaus, das auf dem unrealistischen Gefühl des Wohlstands errichtet worden war, in sich zusammen und die Eigenheimpreise krachten zu Boden.
Das Platzen der US-Eigenheimblase ist aber nur ein Beispiel für den durch staatlich sanktionierte Inflationspolitik ausgelösten Boom-Bust-Zyklus. Die Beweise sind eindeutig: Das Zentralbankwesen ist für mehr schwerwiegende Wirtschaftskrisen verantwortlich gewesen als die Hartwährungssysteme, die nur geringer staatlicher Kontrolle unterliegen. Das Geldmonopol und der leichte Zugang zur Druckpresse sind für die politische Klasse einfach zu verführerisch, als dass sie ihre Hände davon lassen könnten.
Hanke hat Recht, wenn er darauf hinweist, dass Ben Bernanke die letzten drei Jahre eine Gelddruck-Orgie entfachte, bei der die private Geldschöpfung nicht mithalten konnte. Aber sollte die Kreditvergabe an Private tatsächlich an Fahrt aufnehmen, würde das Ganze letztlich dennoch ein Ende finden, von der vollständigen Zerstörung der Währung mal ganz abgesehen. Deutschland versteht das nur allzu gut, da die Weimarer Hyperinflation am Ende zum Aufstieg der Nazis führte.
Was Hanke und die Ökonomen in seinem Lager nicht begreifen, ist, dass es sich bei einem Rückgang des Geldmengenwachstums in Wirklichkeit um nichts weiter als die kollektive Reaktion des Marktes auf die vorausgegangene inflationäre Politik handelt. Die Abschwächung des Wachstums ist nicht etwa ein Versagen des Marktes, sondern eine Anpassung an die vorausgegangene Manipulation der Fed. Die Inflation trägt immer auch die Saat ihrer eigenen Zerstörung in sich.
Nur durch die Produktion von Waren und Dienstleistungen kann letztlich Vermögen geschaffen werden. Wäre die Druckerpresse tatsächlich ein so tolles Allheilmittel, wie es von vielen prominenten Wirtschaftskommentatoren behauptet wird, hätte sich Zimbabwe bereits in eine Industrienation verwandelt. Stattdessen erlag das Land ebenfalls der Hybris der Zentralbanker, die zu wissen glaubten, wie die richtige Geldmenge für Millionen von Menschen auszusehen hat.