Im Grunde stehen dem Staat nur drei finanzpolitische Mittel zur Verfügung, um die Bevölkerung auszurauben. Die staatliche Geldkontrolle dürfte jedoch, vom direkten Sozialismus einmal abgesehen, die gefährlichste und schädlichste Form von staatlicher Gewalt sein
The Daily Bell, 08.07.2012
Interview mit Wirtschaftsprofessor Richard Ebeling (in Auszügen)
Daily Bell: Ist das staatliche Monopol des Zentralbankwesens überhaupt gerechtfertigt? Handelt es sich bei der US-Notenbank Federal Reserve um ein privates Unternehmen, das sich hinter dem Staat versteckt, und könnte es daher als privat/öffentliche merkantilistische Einrichtung erachtet werden?
Richard Ebeling: Die grundlegende Tatsache, die wir immer im Hinterkopf behalten sollten, ist, dass es sich beim Zentralbankwesen um eine Form geldpolitischer Zentralplanung handelt. Dazu gehört auch, dass die Regierung oder eine von ihr ernannte Regierungsbehörde eine monopolistische Kontrolle über die Ausgabe des gesetzlichen Zahlungsmittels hat.
Mithilfe dieser Befugnis können die Regierung und die von ihr ernannte Behörde (in den Vereinigten Staaten ist das das Federal Reserve System) die Geldmenge in der Gesellschaft sowie den Wert des Geldes in unseren Brieftaschen beeinflussen und die Zinssätze an den Finanzmärkten manipulieren, was potenziell verzerrende Auswirkungen auf Menge und Art der Investments hat, die von privaten Kreditnehmern mit ihren von der Zentralbank geschaffenen und dem Bankensystem bereitgestellten Geldern getätigt werden.
Das ist der Ursprung der Preisinflation, des Boom-Bust-Wirtschaftszyklus und all der verschiedenen gesellschaftlichen Instabilitäten und Verzerrungen. Die staatliche Geldkontrolle ist wohlmöglich die gefährlichste und schädlichste Form von staatlicher Gewalt, wenn man hier mal von dem direkten Sozialismus absieht.
Der deutsche Freimarkt-Ökonom Gustav Stolper, der vom kriegszerstörten Europa nach Amerika auswanderte, hat dies wohl am eindringlichsten beschrieben, als er in seinem 1942 veröffentlichten Buch „This Age of Fables“ dazu anmerkte:
„Die Verfechter des freien Kapitalismus können sich kaum ausmalen, wie verheerend ihr Ideal in dem Moment durchkreuzt wurde, als der Staat die Kontrolle über das Geldsystem an sich riss … Ein ´freier` Kapitalismus, bei dem der Staat die Verantwortung für Geld und Kredit innehat, hat seine Unschuld verloren. Von diesem Zeitpunkt an handelt es sich bezüglich der Frage, wie weit die staatliche Einmischung reichen soll oder darf, nicht mehr länger um eine Frage des Prinzips, sondern um eine der Opportunität. Abgesehen von der Enteignung ist die Geldkontrolle ist die oberste und allumfassendste aller staatlichen Kontrollen.“
Und ungeachtet all des Hokuspokus darum ist es eine Tatsache, dass es sich bei der US-Notenbank Federal Reserve um eine staatliche Behörde handelt. Die Fed feiert nächstes Jahr ihr 100-jähriges Bestehen, da das Federal Reserve System am 23.12.1913 per Kongressbeschluss ins Leben gerufen wurde
Die Angestellten der US-Notenbank sind Staatsdiener. Der Vorstand der Federal Reserve wird vom US-Präsidenten ernannt und durch den US-Senat bestätigt, genauso wie dies bei einem Botschafter der Fall ist, der ernannt wird, um der US-Regierung im Ausland zu dienen. Der Kongress hat die Befugnis, die Ziele, Regeln und politischen Werkzeuge zu verändern, mit denen die Federal Reserve ihren manipulativen „Verantwortlichkeiten“ gegenüber der US-Wirtschaft nachkommen kann, und hat von diesem Recht in der Vergangenheit bereits Gebrauch gemacht.
Zentralbanken sind Geschöpfe der Regierungen, die sie ins Leben rufen und letztlich auch kontrollieren.
Daily Bell: Aber wenn die Zentralbanken all das vom Staat benötigte Geld drucken können, warum gibt es dann Steuern?
Richard Ebeling: Wie heißt es so schön: „Viele Wege führen nach Rom.“ Nun ja, der Regierung steht mehr als nur eine Methode zur Verfügung, die Bevölkerung, über die sie herrscht, auszubeuten.
Im Grunde verfügt die Regierung über drei Mittel, um sich das Einkommen und das Vermögen ihrer Bürger anzueignen: Besteuerung, Kreditaufnahme und das Gelddrucken.
Fakt ist, dass die Regierung Gefahr läuft, massiven „Widerstand“ zu erzeugen, wenn sie eine dieser Methoden zu weit in eine Richtung treibt. Werden die Steuern immer weiter erhöht, beginnen die Anreize, arbeiten zu gehen, zu sparen und zu investieren, immer schwächer zu werden – und zwar so stark, dass die Regierung vielleicht sogar weniger anstatt mehr vom nationalen „wirtschaftlichen Kuchen“ abschöpfen kann.
Ferner könnte es sein, dass die Steuereinnahmen aufgrund von Steuerhinterziehung und Steuervermeidung zurückgehen, da die Kosten, Mittel und Wege zu finden, seinen Reichtum zu verbergen, bedeutend geringer sind als das, was man verliert, wenn man im Fadenkreuz staatlicher Besteuerung allzu sichtbar bleibt. Und letztlich hat die Steuer-Repression sogar zu Umstürzen von Regierungen und Machthabern geführt.
Die Kreditaufnahme zur Finanzierung von Staatsausgaben ist für die Politiker ein nützliches Mittel, um gewählt und wiedergewählt zu werden. Sie können den Lobby-Netzwerken einen anscheinend niemals enden wollenden Strom an „Annehmlichkeiten“ in Form von Staatsausgaben zur Verfügung stellen, ohne dass jemand explizit die Steuerkosten dafür zu tragen hätte.
Die Wählergruppen erhalten staatliche Gelder als Bezahlung für ihre Stimmabgabe, aber die Kosten, um sie zu bezahlen, bleiben inmitten irgendeines unbestimmten „später“ verborgen, wo dann angeblich all die geliehenen Milliarden und Billionen (inklusive Zinsen) zurückgezahlt werden müssen, und die Steuerlast, um diese Kosten zu tragen, trifft ebenfalls „irgendjemand“ in der Zukunft, der nicht näher spezifiziert wird.
Am Ende ist es dann aber so – und das sehen wir zurzeit in Europa und in vielleicht nicht allzu ferner Zukunft auch in den Vereinigten Staaten – dass die Kreditfähigkeit immer stärker zurückgeht. Die Kreditkosten steigen und die finanzielle Kreditwürdigkeit der Regierung kracht zu Boden.
Die Regierungen wanken und fallen dann auf einmal bei all den Gruppen im Ansehen, die sich zwar am Staatstrog bedient haben, aber nicht wollen, dass man ihre Steuern erhöht, um für ihre eigenen Umverteilungsgelder zu zahlen, und die auch nicht wollen, dass irgendwelche Einschnitte bei den Programmen und Transferzahlungen vorgenommen werden, die sie mittlerweile als unwiderrufliche „Ansprüche“ erachten.
Daher haben sich die Regierungen in der Geschichte immer wieder der Gelddruckpresse zugewandt, um die Ausgaben zu finanzieren, die nicht über Steuern oder Kredite getragen werden können. Aber auch das hat seine Grenzen. Durch das Gelddrucken kommt es in der Wirtschaft ganz unvermeidlich zu einem generellen Anstieg des Preisniveaus. Und umso schlimmer die Preisinflation ausfällt, desto schädlicher sind ihre Auswirkungen im Bezug auf die Vernichtung des Realwerts der Ersparnisse und des Vermögens der Bürger, da man sich aufgrund der stetig steigenden Preise mit jedem Dollar zunehmend weniger kaufen kann.
Hier kommt noch hinzu, dass Anstiege bei der Geldmenge keine uniformen und gleichzeitigen Preisanstiege in der Wirtschaft zur Folge haben. Stattdessen wird die Struktur der relativen Preise und Gehälter in mehreren Phasen beeinflusst, die damit zusammenhängen, wie das frisch gedruckte Geld in die Wirtschaft injiziert wird (zumeist über das Bankensystem); wer die Erstempfänger sind (oftmals durch Unternehmensinvestments und damit in Zusammenhang stehende Kredite); und für welche Waren und Dienstleistungen diese Empfänger das neu geschaffene Geld ausgeben (ganz eindeutig sind Rohstoffe, Kapitalgüter und Arbeitskraft die Bereiche, wo sie die geliehenen Gelder vornehmlich einsetzen wollen).
Von dort aus macht sich das neu geschaffene Geld dann auf und wird von Hand zu Hand, von Marktsegment zu Marktsegment weitergereicht, wodurch ein Preis- und Gehaltssegment nach dem anderen angehoben wird, bis schließlich alle Preise und Gehälter betroffen sind und es über einen längeren Zeitraum hinweg zu einem mehr oder weniger allgemeinen Anstieg der Preise und Gehälter gekommen ist.
Diese ungleichen Auswirkungen des inflationären Prozesses auf die Preise und Gehälter der Wirtschaft führen gleichzeitig zu verzerrten Gewinnmargen, Fehlallokationen von Ressourcen und Arbeitskraft und verschiedenen Fehlinvestments des eingesetzten Kapitals. Hier wird auch die Saat für die künstlichen und nicht tragfähigen „Booms“ gelegt, die dann beim Platzen der Blase unvermeidlich in sich zusammenkrachen, nachdem die Geldmengenausweitung, die das Ganze ja erst in Gang setzte, gestoppt oder abgeschwächt wurde.
Eine Inflation kann nicht auf immer und ewig anhalten, da – wie wir ja bei den berühmten Beispielen der Weimarer Hyperinflation zu Beginn der 20er Jahre oder der großen chinesischen Inflation in den 40er Jahren oder der jüngeren Zeit in Ländern wie Zimbabwe gesehen haben – man mit derart geldpolitischem Irrsinn Gefahr läuft, den sozialen und wirtschaftlichen Zusammenhalt der Gesellschaft zu untergraben und zu vernichten.
Die Regierungsvertreter versuchen also, einen Balanceakt aus Steuererhöhungen, der Ausweitung der Kreditaufnahme und der Inflationsschaffung zu vollführen, um ihre Plünderungen weiter aufrecht zu halten. Gleichzeitig versuchen sie, keine dieser drei Methoden zur Ausplünderung der Öffentlichkeit so weit zu treiben, dass es für ihre Macht oder Ämter zur Gefahr wird.
Daily Bell: Was ist eigentlich Geld? Sind Gold und Silber Geld?
Richard Ebeling: Geld ist das am stärksten verbreitete und allgemein akzeptierte Tauschmedium. Es überwindet die Schwierigkeiten, mit denen die Menschen konfrontiert wären, wenn sie ihre entsprechenden Waren und Dienstleistungen direkt miteinander tauschen müssten.
Es ist traurig, das hier sagen zu müssen, aber wenn ich zu meinem örtlichen Supermarkt gehe, um dort Lebensmittel zu kaufen, und dem Chef des Markts als Bezahlung der Lebensmittel anbieten würde, ihm und seinen Angestellten eine Vorlesung über Freimarkt-Ökonomie zu geben, würde ich wohl mit leeren Händen und ziemlich hungrig wieder nach Hause gehen.
In einer Wirtschaft, die Geld verwendet, kann ich meine Vorlesungen und Lehrdienste jedoch für einen Geldbetrag an die Northwood University verkaufen und im Anschluss den Markt als Verbraucher betreten und für die Dinge, die ich möchte, mit dem Geld bezahlen, das ich als Lieferant von ökonomischen Wissen für meine Studenten verdient habe.
Diejenigen, die mein Geld im Tausch gegen Dinge, die ich haben will, akzeptieren, tun das, weil sie sich ebenfalls wieder umdrehen und das verdiente Geld für Waren und Dienstleistungen ausgeben können, die sie wollen.
Aber entgegen der Auffassungen, die in der Vergangenheit vertreten wurden, ist Geld keine Erfindung, die ursprünglich auf den Staat zurückgeht. Geld entstand aus einem Prozess der Marktteilnehmer heraus, die feststellten, dass einige Rohstoffe eine weitreichendere Akzeptanz finden, um damit Waren zu kaufen, die man wirklich auch besitzen und nutzen will.
Bei Geld handelt es sich also um eine dieser vielen gesellschaftlichen Einrichtungen (wie Sprache, Gewohnheit, Traditionen, Gesetze, Verhaltensweisen, Anstandsregeln, Rechtsauffassungen und „richtige“ Lebensführung), die aus dem menschlichen Handeln resultieren, und nicht etwa, weil hier irgendeine menschliche Absicht oder Planung dahinterstehen würde.
Historisch gesehen waren Gold und Silber die Rohstoffe, die mithilfe von Markt-Interaktionen von Unmengen von Menschen im Hinblick auf ihre Qualitäten und Charakteristika als die nützlichsten Objekte erachtet wurden, um als Tauschmedium zu dienen.
In den vergangenen 100 Jahren hat die Regierung alles in ihrer Macht stehende getan, um Gold und Silber als Geld zunächst einmal zu schwächen und im Nachgang auszumerzen, damit sie über die unbeschränkte und willkürliche Macht verfügt, Geld zu schaffen und seinen Wert bei den Markttransaktionen zu manipulieren.