Das spanische Bankenrettungspaket soll sich auf EUR 100 Milliarden belaufen, während die annualisierte Kapitalflucht aktuell bereits bei 50% des spanischen BSP liegt. Die Schätzungen für den Kapitalbedarf spanischer Banken reichen bis zu EUR 1 Billion

Marshall Auerback, New Economic Perspectives, 13.07.2012

Immer wenn man glaubt, dass sich die Situation in Spanien nicht weiter verschärfen könnte, kommt der nächste Hammer.

Yiagos Alexopoulos von Credit Suisse geht davon aus, dass die Kapitalabflüsse aus Spanien aufs Jahr gerechnet zurzeit bei 50% des spanischen BSP liegen. Es steht außer Frage, dass sich der Bank-Run zurzeit weiter beschleunigt, und es ist ein Leichtes, die Gründe dafür nachzuvollziehen.

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Das Land verwandelt sich gegenwärtig in ein wirtschaftliches Spukschloss. Die angebliche „Rettung“ des spanischen Bankensektors ist leicht zu durchschauen. Legt man irgendeinen ehrlichen „Bankenstresstest“ zugrunde, lässt sich das Problem mit EUR 100 Milliarden noch nicht einmal ansatzweise lösen – und das bevor Spanien in die nächste Phase der angekündigten Austeritätsmaßnahmen eintritt.

Chuck Davidson von Wexford Capital hat den Kapitalbedarf spanischer Banken ermittelt, wofür er die fünf größten spanischen Finanzinstitute unter die Lupe nahm und die Daten dann extrapolierte. Er setzte bei ihren Vermögenswerten einen Verlust von 25% an – was ja nun nicht als übertrieben gelten kann.

Der Kapitalbedarf der spanischen Banken beläuft sich laut seinen Berechnungen auf EUR 990 Milliarden. Soviel Geld wäre nötig, damit die Institute den Eigenkapitalanforderungen von Basel III genügen. Die Spanier haben also ein riesiges Problem!

Und dabei haben die spanischen Banken bereits zigtausende ihrer Einlagenkunden übers Ohr gehauen. Die Bankkunden wurden massiv bedrängt, Vorzugsaktien und nachrangige Bankschulden zu kaufen. Die Papiere wurden als hochverzinste und risikoarme Anlagealternative zu ihren niedrigverzinsten Einlagen beworben.

Ed Harrison von Creditwritedowns.com merkte dazu jüngst an:

„Als die [spanischen] Banken versuchten, an Privatgelder zu gelangen, mussten sie allesamt feststellen, dass sie nicht in der Lage waren, institutionelle und ausländische Investoren mit ins Boot zu holen.

Beispielsweise war sich die Bank Bankia nicht sicher, ob sie tatsächlich einen Börsengang wagen sollte, da man von den institutionellen Investoren kaum positive Rückmeldungen erhalten hatte. Trotzdem führte die Bank den Börsengang durch und bekam die Gelder letztlich von spanischen Privatinvestoren.

Andere Banken beschafften sich das Geld auf unethische und wohlmöglich gar illegale Art, indem sie ihre eigenen Bankkunden dazu drängten, Vorzugsaktien und nachrangige Schuldeninstrumente zu kaufen, die ihre Kunden überhaupt nicht richtig verstanden. Reuters meldete beispielsweise, dass 62% aller nachrangigen Schuldenhalter Spaniens gleichzeitig auch Kunden bei den entsprechenden Banken sind.“

Um diese Rettungen zu finanzieren, fährt der spanische Premierminister Mariano Rajoy damit fort, das Land mithilfe weiterer ruinöser Austeritätsmaßnahmen in den wirtschaftlichen Selbstmord zu treiben. So hat er die Umsatzsteuer gerade erst von 18% auf 21% angehoben. Also wir sprechen hier von einem Land mit einer Arbeitslosenrate von 25% und einer Jugendarbeitslosigkeit von 50%, und das bei gleichzeitig einbrechenden Einzelhandelsverkäufen.

Logisch, dass so mit Sicherheit keine bedeutenden Steuereinnahmen erzielt werden!

Und wer braucht eine Troika, die einem Austeritätsmaßnahmen aufzwingt, wenn man seine eigenen Quislinge hat, die absolut vernarrt darauf sind, die Arbeit selber zu machen!

Und da sich die Marktteilnehmer sukzessive des Ausmaßes und der Schwere des europäischen Bank-Runs bewusst werden – wobei Spanien sicherlich das schwächste wie auch gefährlichste Glied in der Kette ist – und die für die Europäische Zentralbank damit einhergehenden trostlosen Implikationen immer deutlicher zu Tage treten, dürfte sich die Kapitalflucht aus Europa in Zukunft sogar noch stärker beschleunigen.

Diese Kapitalflucht dürfte auch durch die armseligen Ergebnisse des jüngsten EU-Gipfels zur „Rettung des Euros“, die rechtlichen Herausforderungen in Deutschland und die Widerstände gegenüber eines wie auch immer gearteten europäischen Einlagensicherungsfonds befeuert werden.

Und was die rechtlichen Herausforderungen in Deutschland anbelangt, so ist es durchaus denkbar, dass das Bundesverfassungsgericht zu dem Schluss kommt, dass der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) verfassungswidrig ist, wodurch jedweder Lösungsvorschlag zur Eindämmung des Bank-Runs zunichte machen würde.

Sollte es so kommen, dürfte der Euro jäh abstürzen. Die schwache Wertentwicklung des Euros, die in jüngster Zeit beobachtet werden konnte, deutet bereits darauf hin, dass sich die Kapitalabflüsse aus Europa weiter intensivieren könnten, da die Marktteilnehmer langsam begreifen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Euroaustritts eines oder mehrerer Länder steigt und die politischen Hindernisse wohl verhindern werden, dass es eine effektive politische Reaktion wie die Schaffung eines europaweiten Einlagensicherungsfonds gibt, der die europäischen Bank-Runs und den Kapitalabfluss eindämmen würde.

Da nun die Aussicht darauf besteht, dass es zu einem politischen Stillstand kommt, sollten wir besser damit rechnen, dass die Kapitalabflüsse aus Europa – so wie sie sich zurzeit in Spanien manifestieren – weiter anhalten werden. Diese Kapitalabflüsse dürften dafür sorgen, dass die jüngsten Anstrengungen der EZB, die Entwertung des Euros hinauszuzögern, unter Druck geraten werden und noch mehr Marktteilnehmer zu der Auffassung gelangen, dass der Euro auf wahrhaft wackligen Grundfesten ruht.

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