Das Mindestreserve-Bankensystem hat Jahrhunderte überdauert, und nach dem kommenden Papiergeld-Crash werden die Strippenzieher versuchen, es in der ein oder anderen Form wiederzubeleben. Wir bezweifeln jedoch, dass dies im Internetzeitalter ohne weiteres möglich sein wird. Ein epochaler Kampf um das Geldsystem scheint so gut wie sicher, und Sparer und Anleger sind gut beraten, sich darauf einzustellen
Robert Fitzwilson, King World News, 20.07.2012
Skylla und Charybdis sind mythische Meeresungeheuer, die an der Küste Italiens, der Straße von Messina, hausen. Skylla lebt an der kalabrischen Küste und Charybdis auf sizilischer Seite. Der Legende nach hat Skylla den Oberkörper einer jungen Frau und einen aus sechs Hunden bestehenden Unterleib. Charybdis ist ein Meeresungeheuer, das das Meerwasser einsaugt, um es danach wieder brüllend auszustoßen.
Laut Homer versuchte Odysseus, durch die Straße von Messina zu segeln, und traf dort auf Skylla. Daher stammt auch die Redewendung „zwischen Skylla und Charybdis“ – was auch der Redewendung „zwischen Hammer und Amboss“ oder „in der Klemme sitzen“ entspricht.
Die italienische Regierung fand sich diese Woche in einer solchen Situation wieder, da das heutige Sizilien anscheinend am Rande der Pleite steht. Und da Italien mit der realen Gefahr konfrontiert ist, vom Finanzungeheuer Charybdis verschlungen zu werden, gab die italienische Regierung in aller Eile bekannt, dass sie EUR 400 Millionen Soforthilfe nach Sizilien transferiert, um die Krise etwas abzumildern. In der Ankündigung dazu hieß es, dass der Transfer ohnehin „bereits geplant gewesen“ sei.
Die Tatsache, dass Siziliens aktuelle Probleme darauf zurückzuführen sind, dass die Lokalregierungen damit begannen, Geschäfte mit Finanzderivaten zu machen, obschon sie von den mit derartigen Finanzinstrumenten einhergehenden Risiken nicht die leiseste Ahnung hatten, streicht nur heraus, wie krank das gegenwärtige Finanzsystem wirklich ist. Ob Italien die Gelder nun hat oder nicht, ist ein anderes Thema, aber dank der angekündigten Rettung Siziliens konnte die Lage erst einmal etwas beruhigt werden.
Und während die eingangs erwähnten Meeresungeheuer lediglich Figuren der griechischen Mythologie sind, müssen die heutigen Regierungen auf fast allen Ebenen und in fast allen Ländern der Welt gegen sehr reale Feinde kämpfen: Den Fremdkapitalabbau und Jahrzehnte an gemachten, aber nichtfinanzierten Versprechungen.
Das weltweite Finanzsystem geht gerade zu Bruch. Die Notbehelfsmaßnahmen werden immer unglaubwürdiger, da die Menschen überall auf der Welt damit anfangen, hinter die Kulissen zu blicken, und auf einmal feststellen, dass der Kaiser ja nackt ist.
Die Lösungsansätze wie quantitative Lockerungsmaßnahmen werden immer wirkungsloser. Die jüngsten Enthüllungen bezüglich des Interbankenzinses Libor und der sich daraus entwickelnde Skandal sind nur ein Beispiel dafür, wie die Märkte und der in seiner Bedeutung alles überragende Preisfindungsmechanismus zerstört worden sind.
Die jüngsten auf KWN veröffentlichten Analysen von Michael Pento haben gezeigt, dass ein neues geldpolitisches Belebungsprogramm der Fed denkbar ist, mit dem in nächster Zeit atemberaubende USD 15 Billionen geschaffen werden könnten. Und was dann?
Selbst diese USD 15 Billionen wären nur ein Tropfen auf den heißen Stein, wenn man sie den nichtfinanzierten Verbindlichkeiten gegenüberstellt, mit denen es die Welt gegenwärtig zu tun hat. Sicher, dadurch lassen sich vielleicht die Vermögenspreise anpassen, aber an den grundlegenden Problemen ändert das rein Garnichts.
Am Ende werden wir ein neues Geldsystem haben. Und was sich dann entwickeln wird, dürfte mit dem gegenwärtigen System wahrscheinlich nur wenig gemein haben. Statt einer globalen Reservewährung und einer einzigen mächtigen Zentralbank wird das Geldsystem wohl auf nationale Ebene oder auf Handelsblöcke zurückgeführt werden.
Die jüngsten Währungsswaps, an denen China, Australien und Brasilien beteiligt gewesen sind, sind Beispiele dafür. Und auch die Goldimporte des Iran über die Türkei sind ein weiteres Beispiel für die neuen Formen von Finanztransfers.
Die Vermögens-Abschöpfer, über die wir vor wenigen Tagen berichtet haben, werden es unglaublich schwer haben. Jetzt, wo immer mehr Menschen ihre Machenschaften durchschauen und verstehen, wie unglaublich profitabel das Mindestreserve-Bankensystem sein kann, ist es durchaus wahrscheinlich, dass jedes Land oder jeder Handelsblock aus Eigeninteresse seine eigene Version ins Leben rufen will.
Das könnte auch der Grund dafür sein, warum die Zentralbanken zurzeit Gold kaufen. Wer sein eigenes Mindestreserve-Bankensystem etablieren will, benötigt zu Beginn einen unzweifelhaften Realwert wie Gold, um den Grundstein für das System zu legen – genauso wie es bereits vor Jahrhunderten praktiziert wurde.
Nun sind wir hier nicht darauf aus, die Vermögens-Abschöpfer zu unterschätzen. Sie haben über Jahrhunderte hinweg unzählige Könige, Regierungen und Länder überdauert. Doch angesichts der Tatsache, dass wir mittlerweile im Internetzeitalter angekommen sind, fragen wir uns schon, ob sie ihre übliche Praxis in Zukunft aufrechterhalten können oder nicht. Wir werden sehen. Auf alle Fälle dürfte es ein monumentaler Kampf werden.
Unseres Erachtens darf man in diesem Zusammenhang nicht vergessen, dass die Ausweitung des Handels immer des Glaubens bedarf, dass das genutzte Geld solide ist. Nur solides Geld ermöglicht die Arbeitsteilung und die Nutzbarmachung des Komparativen Kostenvorteils, die die Grundvoraussetzungen für nachhaltiges wirtschaftliches Wohlergehen sind.
Die Welt hat sich bereits seit langem vom direkten Gütertausch unsere Ahnen abgewandt. Würde die Welt wieder in die Tauschwirtschafts absinken, käme es zu einem dramatischen Einbruch des Lebensstandards aller Menschen. Wir brauchen also ein System, das den Handel begünstigt und nicht behindert. Gegen Papiergeld und elektronisches Geld ist per se nichts einzuwenden. Diese Formen von Geld sind nicht inhärent böse, sondern nur ihr Missbrauch ist es.
Die Geschichte sagt uns, dass die aktuelle Korruption, Gier, die unrealistischen Erwartungen und der geldpolitische Missbrauch gegenwärtig an ihr Ende gelangen. Es ist nicht möglich vorherzusagen, welche Art von Lösung uns erwartet. Wir wissen nicht, ob wir eine säkulare Inflation, eine Hyperinflation oder gar eine Deflation sehen werden. Das hängt allein von den Entscheidungen ab, die unsere politischen Führer und unsere Gesellschaften treffen.
Was wir jedoch mit Sicherheit sagen können, ist, dass Realwerte im Gegensatz zu Papiergeld und elektronischem Geld überleben werden. Für Investoren besteht die einzige Möglichkeit, sich zu schützen, darin, die Vermögenswerte in etwas umwandeln, das wie Unternehmen, Energierohstoffe, Sammlerstücke und Edelmetalle nicht weginflationiert werden kann.