China und Indien sind seit jeher verrückt nach Gold, und das gelbe Metall wird auch künftig der bevorzugte Vermögensspeicher dieser beiden Länder bleiben, so Don Coxe, Strategieberater der BMO Financial Group. In einem Exklusivinterview mit The Gold Report erklärt Coxe, wie die demografische Entwicklung den Goldpreis beeinflusst, und die Logik, die hinter Gold als langfristigem Investment steht …
The Gold Report: Warum ist Gold in Ihren Augen so attraktiv?
Don Coxe: Es gibt verschiedene gewichtige Gründe, warum ich Gold mag, aber einer der wichtigsten Gründe hat damit zu tun, dass ein zunehmend größerer Teil des Weltbruttosozialprodukts von den hochindustrialisierten Ländern in Richtung der asiatischen Schwellenmärkte geht. Bei den Menschen in Indien und China erfährt Gold bereits seit Jahrtausenden eine hohe Wertschätzung.
Im Gegensatz dazu befinden sich die westlichen Länder seit ein paar Jahrzehnten in der Hand einiger Ökonomen, die behaupten, dass Gold als Geld völlig irrelevant geworden sei. Aber die Chinesen und Inder horten Gold als Vermögensspeicher und handeln es als begehrten Rohstoff.
TGR: Verlagern sich die Preisfindungsmechanismen des gelben Metalls ebenfalls nach Asien?
DC: Stellen Sie sich eine Kunstauktion vor. Wenn ein Käufer, der vor zehn Jahren nur ein Gemälde gekauft hat, plötzlich 50 Gemälde kauft, dann gewinnt dieser Bieter bei den nachfolgenden Auktionen massiv an Einfluss. In China und Indien gibt es mittlerweile so viele vermögende Menschen wie noch nie. Und in einer Kultur, wo Gold eine solch hohe Wertschätzung genießt, werden die Menschen der neureichen Mittelklasse nicht nur aus persönlichen Gründen Gold kaufen, sondern es auch als eine Form des Sparens nutzen, die sicherer ist als Papiergeld.
Vor ein paar Jahren war ich in Indien im Urlaub und ich war fasziniert, als ich sah, wie arme Bäuerinnen Goldarmbänder trugen, während sie die Felder bestellten. Ich fragte meinen Reiseführer: „Tragen die da gerade Gold am Handgelenk?“, und er entgegnete: „Oh ja, das ist Gold.“ Ich sagte: „Ist das nicht riskant? Ich meine, das sind doch wirklich arme Bauern und die behängen sich mit all dem Gold!“ Er schaute mich nur entsetzt an und sagte: „Kein Verbrecher wäre so grausam, als dass er das Gold einer armen Frau stehlen würde, denn es ist ihre Mitgift.“ Im Hinduismus gibt es also ganz offenkundig ein paar ziemlich heftige Tabus.
Davon fasziniert, fand ich später heraus, dass der gesamte persönliche Besitz einer Frau, ob nun Immobilien oder Investments, nach indischem Recht bei einer hinduistischen Hochzeit in das Eigentum des Ehemannes übergeht – bis auf ihr Gold. Das Gold bleibt ihr Eigentum. Wenn man also seine geliebte Tochter verheiratet, stellt man sicher, dass sie auch einiges an Gold besitzt, denn sollte sich der Ehemann als Tunichtgut und Verschwender herausstellen, könnte sie die Mitgift vor dem Verhungern bewahren.
Im Ergebnis sind die Inder die größten Goldkonsumenten der Welt. Die Chinesen holen aber immer schneller auf. Und es gibt mittlerweile ganz einfach mehr vermögende Menschen auf dem Planeten. Heutzutage gibt es hunderte Millionen von Menschen, die irgendeine Form von Ersparnissen besitzen. Seit dem Jahr 2000 war Gold das beste Einzelinvestment, wenn man mal von der Apple-Aktie absieht. Gold hat sich von USD 300 pro Unze auf USD 1.650 pro Unze verteuert. Es ist jedes Jahr gestiegen, auch dieses Jahr. Seit dem Beginn des 21. Jahrhunderts ist Gold also jedes Jahr im Preis gestiegen.
TGR: Lassen Sie uns über die Probleme der Eurozone sprechen. Hat die Euro-Krise Auswirkungen auf den Rohstoffsektor?
DC: Gold ist wahrscheinlich der einzige Rohstoff, der vom Euro-Zusammenbruch profitieren kann, da der Euro die erste Währung in der Geschichte der Menschheit ist, die durch keine Regierung, kein Steuersystem, keine Armee und keine Marine gedeckt wird. Der Euro wird lediglich durch eine Theorie und ein Regelwerk gedeckt, und die Leute, die dahinter stehen, haben die Theorie und die Regeln bereits gebrochen. Ich bezweifle, dass dem Euro irgendein inhärenter Wert innewohnt. So, und nun stellen Sie dem mal Gold gegenüber, dem genau entgegengesetzten Extrem des Euros, das bereits so lange, wie es Zivilisationen gibt, als Wertspeicher dient.
TGR: Glauben Sie, dass sich Nordamerika gerade in einer Triple-Dip-Rezession befindet?
DC: Nein, das glaube ich nicht. Die Zinssätze liegen bei null. Jeder Rezession, die wir erlebt haben, ging immer eine Situation voraus, wo die Geldpolitik gestrafft wurde, weil die Ausgaben einfach zu hoch waren, was dazu führte, dass die Renditekurve sich verkehrte und Kreditprobleme entstanden. Dieses Mal lagen die Zinsen aber die ganze Zeit bei 0%, das hält mittlerweile schon seit über vier Jahren an. Wir haben eine gewisse Ermattung, aber ich glaube nicht, dass es eine Rezession werden wird.
Dies vorausgeschickt, sei hier angemerkt, dass es künftig oftmals den Anschein einer echten Rezession haben wird, da die Demokraten, die sich gegen den Ausbau der Kraftwerke, gegen die Ölindustrie und gegen die Minenbranche aussprechen, der Meinung sein werden, dass sie bei diesen Kreuzzügen über noch größere Handlungsspielräume verfügen. Das könnte sich für die Wirtschaft als nachteilig erweisen. Aber im Allgemeinen werden wir uns weiter durchwurschteln. Auf alle Fälle werden wir besser dran sein als die Eurozone.
TGR: Haben Sie eine Idee, warum die Unternehmen zurzeit so viel Bargeld ungenutzt herumliegen lassen, und was könnte dazu führen, dass sich das wieder ändert?
DC: Eines der Hauptargumente, das immer wieder gegen Gold angeführt wird, ist, dass es keine Zinsen zahlt. Die Monetaristen sagen einem immer, dass man sein Geld genauso gut auf der Bank lassen könnte. So, und nun haben wir praktisch 0% Zinsen bei kurzlaufenden Einlagen und das stärkste Argument gegen den Goldbesitz hat sich auf einmal in Luft aufgelöst. Als Vermögensklasse ist Gold seit Beginn des 21. Jahrhunderts jedes Jahr im Preis gestiegen, und nach meinem Dafürhalten machen Goldinvestments bedeutend mehr Sinn, als Unmengen an Bargeld sinnlos herumliegen zu lassen.
TGR: Was glauben Sie ist besser, physisches Gold oder Goldminenaktien?
DC: Goldminenaktien sind das beste Investment, doch wer seine Ersparnisse in physisches Gold stecken will, kann dies am leichtesten tun, indem er sich beim SPDR Gold Trust (GLD) einkauft, der an der Börse gelistet ist und vom World Gold Council gedeckt wird. Das ist sehr bequem. Man kann sein Metall jederzeit verkaufen, da der Fonds tagtäglich gehandelt wird. Physisches Gold ist ein guter Ersatz für Bargeld, aber was Investments anbelangt, gehe ich davon aus, dass man mit den Aktien von gut geführten Goldfirmen, die über keine politischen Risiken verfügen, besser fährt. Es bedarf jeder Menge an Untersuchungen, um die besten Titel zu finden, aber das ist eines der Dinge, mit denen wir uns befassen …
TGR: China verfügt über seine eigenen Rohstoffquellen und Buntmetallressourcen und seine Nachfrage steigt stetig. Glauben Sie, dass sich China mehr auf die eigenen Rohstoffquellen konzentrieren wird, um seinen Metallbedarf zu decken, oder wird es sich nach außen wenden?
DC: Die Chinesen haben über Jahrtausende hinweg auf ihrer eigenen Landmasse gelebt und kennen die Grenzen ihrer eigenen Rohstoffvorkommen. China wird sich dem Ausland zuwenden, um alle erdenklichen weltweiten Rohstoffquellen, an die es gelangen kann, zu erschließen. Der Aufkauf von Nexen in Kanada ist ein jüngstes Beispiel.
TGR: Das hört sich ein wenig wie Imperialismus an.
DC: Ja wo wir gerade davon sprechen – ich kann allen Investoren, die an Rohstoffen und Bodenschätzen interessiert sind, nur wärmstens eines der bedeutendsten Bücher des 20. Jahrhunderts empfehlen, und zwar V. I. Lenins Buch „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, das er 1915 geschrieben hat. Laut der Analyse des Buchs wurde der Erste Weltkrieg durch die Kartelle in den kapitalistischen Ländern ausgelöst. Es ist eine brillante Analyse, wie die Welt vor dem Ersten Weltkrieg in Imperien aufgeteilt wurde.
Und es ist das Lehrbuch des [chinesischen] Politbüros, da es die chinesische Strategie zur wirtschaftlichen Vorherrschaft beschreibt – eine Strategie, bei der man nicht auf große kapitalistische Konzerne angewiesen ist, sondern stattdessen in Länder geht, wo diese großen Konzerne nicht operieren können.
Beispielsweise hatten BHP Billiton und Rio Tinto versucht, ihre Eisenerzoperationen in Australien zusammenzuführen. Das hätte bedeutet, dass zwei Drittel aller chinesischen Eisenerzimporte von ein und derselben Organisation gekommen wären, was genau das ist, was Lenin vorausgesagt hat. Die Chinesen waren angesichts dieser Aussichten einfach nur entsetzt und fanden dann auch einen Weg, diese Unternehmensverschmelzung zu verhindern. Sie sind darauf vorbereitet, die Kartellisierung zu bekämpfen.
Laut Lenin ist der Imperialismus das finale Stadium des Kapitalismus. Also sagen sich die Chinesen, na gut wir treten an und betreiben den Kapitalismus in seiner finalen Stufe besser als je zuvor. Wir gehen in den Schwellenländern an Orte, wo amerikanische Firmen nicht hingehen können. Wenn die Chinesen im Kongo Kupfer aus dem Boden holen, dann tritt dieses Kupfer mit dem Kupfer in Wettstreit, das amerikanische Firmen in Arizona aus dem Boden holen. Und es ist billiger.
TGR: Sie gehören zu den Rednern des kommenden Casey Seminars und werden dort darüber sprechen, wie man sich in einer politisierten Wirtschaft zurechtfindet. Könnten Sie uns einen Vorgeschmack geben, worauf Sie sich in Ihrer Präsentation, speziell im Hinblick auf Gold, konzentrieren werden?
DC: Ich erkläre den Menschen, dass die wichtigste Regel bei Rohstoffinvestments die ist, nicht in Firmen zu investieren, die das produzieren, was China produziert oder wahrscheinlich produzieren wird. Regel Nummer 2: Investieren Sie in Firmen, die das produzieren, was sich China zukaufen muss. Ich sage das bereits seit 14 Jahren und daran hat sich nichts geändert. China braucht Gold.