In Wirklichkeit brauchen die USA eine tiefe Rezession, um die Wirtschaft zu restrukturieren und die Fehlallokationen des Kapitals zu bereinigen. Stattdessen hält die US-Notenbank mit ihrer Druckerpresse ein völlig krankes Wirtschaftssystem am Leben und verschlimmert den letztlich unvermeidlichen Bereinigungsprozess nur unnötig

Peter Schiff, Europac.net, 04.09.2012

Es gibt eine anhaltende Debatte zwischen denjenigen, die der Meinung sind, dass die Federal Reserve mehr tun sollte, um die Wirtschaftserholung zu stärken, denen, die glauben, dass die Erholung bereits stark genug ist, um auf eigenen Füßen zu stehen, und denjenigen, die der Auffassung sind, dass die Wirtschaft aufgrund der Rezession bereits so grundlegende Veränderungen erfahren hat, dass keine geldpolitische Belebungsmaßnahme mehr in der Lage ist, die Arbeitslosigkeit auf das Niveau vor dem Crash abzusenken. Und wie üblich, liegen alle drei Gruppen wieder einmal daneben – obwohl einige stärker im Dunkeln tappen als andere.

Zu den Leuten, die zu den falschen Schlussfolgerungen gelangen, gehört beispielsweise der „Anleihe-König“ Bill Gross, der erklärte, dass sich die wirtschaftlichen Fundamentaldaten grundlegend verändert haben. Diese Gruppe behauptet, dass die US-Wirtschaft eine „neue Normalität“ ausgebildet hätte, bei der die Arbeitslosenquote nie wieder unter 8%, die neue Basis, absinken würde.

Das ist einfach nur absurd. Natürlich könnte Amerika wirtschaftlich wieder erfolgreich sein, würden die Amerikaner wieder an ihre Prinzipien festhalten und die freien Märkte ihre Arbeit machen lassen. Bedauerlicherweise ist das aber nicht der Fall. Die US-Regierung spielt eine zunehmend bedeutendere Rolle in der amerikanischen Wirtschaft, und ihre Maßnahmen werden auch künftig das Wirtschaftswachstum behindern.

Fast genauso ahnungslos sind all jene, die glauben, dass sich die USA gerade auf dem Weg in eine echte Wirtschaftserholung befinden. Ich bin mir nicht ganz sicher, welche Wirtschaft diese Leute eigentlich meinen, wenn sie derlei Ausführungen machen, denn egal welchen maßgeblichen Wirtschaftsindikator man sich auch anschaut, die Daten deuten im Grunde alle darauf hin, dass sich die US-Wirtschaft in einem Komazustand befindet.

Schon richtiger liegen die Leute, die glauben, dass die aktuelle quasi-Erholung der US-Wirtschaft ohne weitere bedeutende Interventionen der US-Notenbank – was ja nur eine weitere Runde quantitativer Lockerungsmaßnahmen (QE3) bedeuten kann – schnell wieder vorbei wäre und die Rezession einsetzen würde. Ja, damit liegen sie richtig.

Und obwohl es dieses Mal eine härtere und tiefere Rezession werden würde als vor vier Jahren, bedeutet das noch lange nicht, dass die Fed der Wirtschaft irgendetwas Gutes tut, wenn sie wieder mal ihre schweren Geschütze auffährt.

Die weithin erwartete Rede des Fed-Vorsitzenden Bernanke in Jackson Hole von vergangener Woche war im Grunde eine überoptimistische Lageeinschätzung:

„Basierend auf diesen Erfahrungen scheint klar zu sein, dass eine derartige [geldpolitische Lockerungs-]Politik effektiv sein kann und dass die Rezession von 2007 bis 2009 ohne sie tiefer und die aktuelle Erholung langsamer ausgefallen wäre, als es dann tatsächlich der Fall gewesen ist.“

In Wirklichkeit ist es aber ganz einfach so, dass die US-Wirtschaft an einer Krankheit leidet, die mit allen quantitativen Lockerungsmaßnahmen der Welt nicht zu heilen ist. Und obwohl die falsche Medizin tatsächlich dazu führen kann, dass die US-Wirtschaft kurzfristig gesünder erscheint, bricht sie unter der Oberfläche weiter zusammen.

Die Fed sollte es nicht nur unterlassen, weitere QE-Maßnahmen einzuleiten, sondern auch die geldpolitischen Stützungsmaßnahmen, die aktuell bereits in Kraft sind, wieder aussetzen. Obwohl derartige Schritte aller Vorausschau nach dafür sorgen würden, dass die US-Wirtschaft wieder in eine Rezession abrutscht, würden sie zur selben Zeit die notwendige Kurskorrektur darstellen, um die USA wieder auf den Weg einer langfristigen Wirtschaftserholung zu führen.

Der Rezession, die die US-Notenbank so verzweifelt zu verhindern sucht, muss es erlaubt werden, ihren Verlauf zu nehmen, damit sich die Wirtschaft, die sich im vergangenen Jahrzehnt entwickelt hat – also die Wirtschaft, die viel zu stark auf Nullzinspolitik, Kreditaufnahme und Verbraucherausgaben angewiesen ist –, endlich wieder in etwas Gesünderes restrukturieren kann.

Die quantitativen Lockerungsmaßnahmen schaden mehr, als dass sie nützen, da diese kranke Wirtschaft dadurch unnötig lange aufrecht erhalten wird. Soll sich die US-Wirtschaft langfristig erholen, muss es dem Markt erlaubt werden, die aus den vorangegangenen Belebungsmaßnahmen resultierenden Fehlallokation der Ressourcen zu korrigieren. Weitere geldpolitische Belebungsmaßnahmen behindern diesen Prozess nur und verschlimmern das Ausmaß der Fehlallokationen, die die Märkte letzten Endes ohnehin wieder bereinigen müssen.

Und in der Zwischenzeit machen all die aus diesen Belebungsmaßnahmen resultierenden Zuwächse beim BSP und der Beschäftigungsquote die Restrukturierung der Wirtschaft nur noch schwieriger. Jeder durch das billige Geld geschaffene Arbeitsplatz, ist ein Arbeitsplatz, der ohne diese Stützungsmaßnahmen überhaupt nicht überlebensfähig wäre.

Derartige Arbeitsplätze bedürfen der anhaltenden Fehlallokation von Ressourcen, um überhaupt existieren zu können. Und bedauerlicherweise müssen diese Arbeitsplätze letztlich wieder verloren gehen, noch bevor eine echte Erholung auch nur einsetzen kann.

Dadurch, dass man die Zinsen weit unter dem Marktniveau hält – was ja das Ziel der gelpolitischen Belebungsmaßnahmen ist –, verändert man das Konsum-, Spar- und Investmentverhalten der Menschen. Durch die Interventionen der US-Notenbank wird der marktgesteuerte Prozess, der die Fehlallokationen bereinigt, einfach ausgehebelt.

Umso mehr Lockerungsprogramme aufgelegt werden, desto schwerer müssen die Marktkräfte arbeiten, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Und da die Fehlallokationen im Laufe der Zeit immer umfänglicher werden, nimmt natürlich auch die Effizienz der geldpolitischen Maßnahmen ab. Am Ende wird der Markt die Fed einfach überwältigen. Die einzige Frage ist, wann es soweit sein wird.

Die Fed versucht hier nichts anderes, als auf einem wackeligen Fundament Wolkenkratzer zu errichten. Jede neue Etage, die sie baut, wird nicht nur zusammenbrechen, sondern auch zu einer immer stärkeren Schwächung der Grundpfeiler führen. Das Resultat des Ganzen ist, dass immer mehr niedriger liegende Strukturen zusammenbrechen, was dann immer größerer Bauanstrengungen nötig macht.

Doch anstatt sich mit irgendwelchen Baumaßnahmen zu beschäftigen, sollte sich die US-Notenbank vielmehr auf die Sanierung des zugrunde liegenden Fundaments konzentrieren. Sicher, das könnte den ganzen Bau verzögen, aber am Ende wird das Gebäude bedeutend kräftiger und widerstandsfähiger sein.

Da die Fed die Zinssätze über einen viel zu langen Zeitraum viel zu niedrig gehalten hat, haben die US-Bürger zu wenig gespart und zu viel ausgegeben: Sie haben zu viel konsumiert und zu wenig produziert; sie haben zu viel importiert und zu wenig exportiert.

Zu viele Arbeitnehmer sind zurzeit im Dienstleistungssektor beschäftigt und zu wenige in der Güterproduktion. Zu viel Kapital geht in Richtung der Wall Street Spekulanten und zu wenig zu gewöhnlichen Unternehmern. In den USA wurden zu viele Eigenheime errichtet und zu wenig Fabriken. Es wurden zu viele Einkaufscenter gebaut und zu wenige Bodenschätze erschlossen. Die Liste der durch die US-Notenbank verursachten Fehlallokationen ließe sich beliebig verlängern.

Und dadurch, dass die Fed versucht, die mit dieser Wirtschaft in Zusammenhang stehenden Arbeitsplätze zu schützen, hält sie die Märkte davon ab, Arbeitsplätze zu schaffen, die wirklich gebraucht werden. Bedauerlicherweise scheint das aber niemand zu begreifen, weshalb man auch weiterhin blind an den gescheiterten Wirtschaftsmodellen festhält. Dieses Missverständnis im Hinblick auf die Funktionsweise der Wirtschaft wurde diese Woche auf dem Treffen der Demokraten in Charlotte wieder besonders deutlich, wo noch stärkere staatliche Interventionen gefordert wurden, um dieses gescheiterte Wirtschaftsmodell am Leben zu halten.

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