Sind die Sexismus-Vorwürfe gegen den Spitzenkandidaten der FDP, Rainer Brüderle, nur eine Retourkutsche von ihm enttäuschter Kreise?
Norman Hanert, Preußische Allgemeine, 09.02.2013
Hervorgeholt wurde die Anschuldigung gegen Brüderle allerdings erst jetzt, als er Spitzenkandidat seiner Partei geworden ist und auch der Abwärtstrend der FDP gebrochen scheint. Zu Recht hat der Publizist Gerhard Wisnewski auf eine erstaunliche Parallele zu den aktuellen Vorgängen aufmerksam gemacht. Bereits im Jahr 2009 waren liberale Wahlerfolge schlagartig beendet, nachdem eine breite Front etablierter Medien kein gutes Haar mehr an der FDP gelassen hatte. Als Ursache sieht Wisnewski die damalige Enthaltung Deutschlands, als es um einen Militäreinsatz in Libyen ging. Die treibende Kraft, dass Deutschland gegen den Wunsch der USA, Großbritanniens und Frankreichs einen Militäreinsatz ablehnte, war Guido Westerwelle, damaliger FDP-Parteichef und Bundesaußenminister.
Der Medientenor, der nach Westerwelles Enthaltung bei der Uno einsetzte, war eindeutig: „Deutschlands feige Außenpolitik“ titelte die „Zeit“; „Die deutsche Enthaltung ist unverantwortlich“, so der Kommentar der „Welt“. Bei nüchterner Analyse kann man durchaus vermuten, dass aktuell nach ähnlichem Muster Rainer Brüderle per Medienkampagne wie Westerwelle in der Versenkung verschwinden soll.
Anlass für interessierte Kreise, Brüderle als „unsicheren Kantonisten“ einzustufen, gäbe es genug, etwa seine Rede im Deutschen Bundestag im Jahre 2012 zu den Aktivitäten Jürgen Trittins (Grüne). Brüderle hatte es gewagt, ein politisches „Un-Thema“ zu erwähnen: die „Bilderberger“-Konferenzen der Hochfinanz, die sich jährlich unter konspirativen Bedingungen treffen und sich Politiker und Medienvertreter dazuladen. Einer der geladenen Gäste des Jahres 2012 war Jürgen Trittin (Grüne) gewesen. Zwar ohne größeres Medien-echo, aber immerhin in der Öffentlichkeit warnte Brüderle vor einer „unheiligen Allianz der Inflation“, welche die „angelsächsische Finanzlobby und ihre Verbündeten bei den Linken in Europa und in Deutschland“ umfasse. Auch zur europaweiten Bankenunion fand Brüderle klare Worte: „Herr Trittin will: die deutsche Oma haftet mit ihrem Sparbuch für ausländische Investmentbanken.“ Obendrein wagte der Liberale es auch noch, an die linksextremistische Vergangenheit des Grünen-Spitzenpolitikers Trittin zu erinnern: „Es ist offenbar ein langer Weg vom Kommunistischen Bund Westdeutschlands zur Bilderberg-Konferenz der Hochfinanz“, so Brüderle.
Aussagen wie diese, zusammen mit dem jüngsten Wahlerfolg der Liberalen in Niedersachsen könnten durchaus Anlass gewesen sein, per Medienkampagne die Notbremse zu ziehen. Denn schließlich ist ja nicht völlig auszuschließen, dass Reden Brüderles irgendwann sogar mal Taten folgen und die FDP sich querstellt, wenn es darum geht, neue Milliarden für die Euro-Rettung locker zu machen. Zumindest bei der Stammwählerschaft der Liberalen könnte die Kampagne gegen Brüderle sogar einen Mobilisierungseffekt auslösen. Zu offensichtlich war die Zielrichtung der Vorwürfe.
Der „Stern“ selbst unternahm nicht einmal den Versuch, zu verbergen, dass die Sexismus-Vorwürfe eine politische Stoßrichtung gegen die gesamte FDP haben. „Wir müssen es konstatieren: Die Partei der Chauvis, Grapscher und Herrenreiter kommt immer noch locker über fünf Prozent“, hieß es ganz unumwunden vom „Stern“ per Internetdienst Twitter.
Im Gegensatz zu der dankenswerten Offenheit der Illustrierten kommt die anschließend ausgebrochene Sexismus-Diskussion in den Medien nicht ohne ein gehöriges Maß an Verlogenheit aus. Wenn es beim Thema Frauenfeindlichkeit einen dringenden Handlungsbedarf gibt, dann in den muslimisch geprägten Einwanderervierteln deutscher Großstädte. Südländisches Machogehabe im Alltag, Zwangsverheiratungen oder die sogenannten „Ehrenmorde“ an Frauen und Mädchen war den Talkshowrunden und Feuilletonbeiträgen, die sich am „Fall“ Brüderle abgearbeitet haben, allerdings kaum eine Erwähnung wert.