Eric Sprott im Interview mit The Gold Report

JT Long, The Gold Report, 04.03.2013

The Gold Report: Der Goldpreis ist unter die Marke von USD 1.600 pro Unze gefallen; Silber notiert unter USD 30 pro Unze. Ist das hier ein Fall von „wer das Schwert ergreift, soll durchs Schwert umkommen“, wo die Edelmetallpreise nur dann steigen, wenn die Wirtschaft schlecht läuft, und dazu verdammt sind, vor sich hinzudümpeln, wenn es gut läuft?

Eric Sprott: Das ist eine interessante Frage, weil ich nämlich nicht weiß, was das heißen soll, dass es heutzutage gut läuft. Was ich sehe, ist, dass die wirtschaftliche Lage nur noch schlimmer wird. Man kann spüren, wie sich zurzeit eine rezessionsartige Malaise breitmacht.

Schwäche zieht Schwäche an, und es gibt nur zwei Möglichkeiten, die Schwäche zu stoppen: Finanzpolitik und Geldpolitik.

Für eine aggressive Finanzpolitik gibt es keinen Spielraum mehr. Die USA sind mit automatisch einsetzenden Haushaltseinsparungen konfrontiert. Und es gab ja erst eine 2%ige Steuererhöhung. Für finanzpolitische Belebungsmaßnahmen gibt es einfach keinen Spielraum mehr. Und auf der geldpolitischen Seite haben wir Zinssätze von 0%, während nonstop gedruckt wird.

Wir treten nun in eine Phase des permanenten wirtschaftlichen Rückgangs ein, wenn man einmal von den Beteuerungen der Zentralplaner absieht, dass die zweite Jahreshälfte großartig ausfallen wird. Sie erklären immer, dass die zweite Jahreshälfte großartig ausfallen wird, weil sie wissen, dass es in der ersten Jahreshälfte nicht der Fall sein wird.

TGR: Was sind Ihres Erachtens die allerwichtigsten Indikatoren, die Aufschlüsse über die wahre Lage der Wirtschaft geben?

Sprott: Es gibt zahlreiche Indikatoren: Die Auslastung bei den Güterwaggons, die Autoverkäufe, das Einkommen, die Verbraucherstimmung, um hier mal ein paar zu nennen.

Ja sicher, die meisten Zahlen zur Verbraucherstimmung sind in Ordnung gewesen, aber eine Vielzahl dieser Zahlen folgt einfach dem Aktienmarkt. Jeder, der glaubt, dass 70% der Bevölkerung aktuell besser dran ist, liegt falsch.

Die 2%ige Steuererhöhung, die man bei einer Person von ihrem Gehalt abzieht, hat einen wesentlich größeren Einfluss auf ihre diskretionären Ausgaben, da ein Großteil der Ausgaben für Dinge aufgewendet wird, die sich nicht ändern: Hypothekenzahlungen, Versicherungskosten, die Rechnung fürs Kabelfernsehen. Und wenn man jetzt noch zusätzlich 2% wegnimmt, kann das bei den diskretionären Ausgaben einen Rückgang von 4% bis 5% bedeuten.

Der eine Indikator, den Sie außer Acht lassen können, ist der Aktienmarkt, da der Aktienmarkt ein Bestandteil des Finanznetzwerks ist, das die Zentralplaner zurzeit händeringend zusammenzuhalten versuchen. Nicht eine Woche vergeht, ohne dass eine Krise stattfindet. Vor vier Wochen war es die Banco Monte dei Paschi. Vor drei Wochen war es die drittgrößte Bank in den Niederlanden, die gerettet werden musste. Jetzt hat das größte Wohnungsbauunternehmen Spaniens Insolvenz angemeldet.

TGR: Womit wir wieder bei der ersten Frage wären: Wenn es keine Erholung gibt und die Wirtschaft immer noch vor sich hindümpelt, warum sind dann Gold und Silber letzte Woche zurückgegangen?

Sprott: Das wird sich jetzt wie eine Verschwörungstheorie anhören, aber im Gold- und Silbermarkt spielen sich aktuell ungewöhnliche Dinge ab.

Beispielsweise wurde an der Comex am 19.02.2013, also an einem einzigen Tag, fast die ganze Goldversorgung eines Jahres gehandelt. Und bei Silber war an der Rohstoffbörse dasselbe Handelsvolumen zu verzeichnen. Sie und ich wissen ja, dass die Leute, die derart große Mengen verkaufen, das Metall nicht liefern können, da so viel gar nicht da ist. Trotzdem muss es da draußen Leute geben, die diese Kontrakte raushauen und die Preise drücken.

Ich würde mal theoretisieren, dass die Zentralbanker ganz genau wissen, dass ihre Gelddruckpolitik die verantwortungsloseste Sache ist, die man sich vorstellen kann, und sie den Goldpreis und den Silberpreis drücken, um ihre Verantwortungslosigkeit zu verschleiern.

Wenn jemand so viel Geld druckt, wären Gold und Silber eigentlich die ersten Dinge, wo man mit Preissteigerungen rechnen würde. Als Gold in Richtung USD 2.000 pro Unze marschierte, wäre das Metall wahrscheinlich auf neue Hochs geklettert, während die Agrarrohstoffe ebenfalls gestiegen wären. Und dann hätte es auf einmal eine riesige Inflation gegeben.

Basierend auf meinen Nachforschungen gehe ich davon aus, dass die westlichen Zentralbanken den Goldmarkt heimlich mit Gold versorgt haben. Ich sage das, weil die Nachfrage nach physischem Gold meines Erachtens weit über der Goldversorgung liegt.

Die jährliche Goldversorgung hat sich in den letzten zwölf Jahren nicht geändert, aber die Nachfrage aus China, Indien und der US-Prägeanstalt und die Verkäufe von Gold- und Silbermünzen steigen unaufhörlich. Ja selbst die nichtwestlichen Zentralbanken kaufen Gold.

Und wo kommt das Gold her? Ich glaube, dass die westlichen Zentralbanken das Gold verkaufen, um den Preis unten zu halten, damit jeder denkt, ihre geldpolitischen Maßnahmen seien harmlos. Aber nichts könnte der Wahrheit ferner sein.

TGR: Aber wurde das hohe Handelsvolumen vom 15.02.2013 in den Meldungen nicht zum Teil damit erklärt, dass einige große Fondsmanager ihre bei den börsennotierten Fonds (ETFs) gehaltenen Bestände verkauft haben?

Sprott: Sicher, das kann durchaus so gewesen sein. Eine Menge dieses Papierzeugs wird gemeinsam gehandelt, und das Gold in den ETFs ist bestenfalls Papiergold. Für mich ist es außerordentlich fraglich, ob die Gold-ETFs tatsächlich physisches Gold besitzen.

Wenn ich sehe, dass China innerhalb eines Monats 95 Tonnen Gold kauft, und weiß, dass die weltweite monatliche Goldproduktion bei 180 Tonnen liegt, dann stellt das 50% der Goldversorgung dar. Indien hat im Januar 100 Tonnen Gold gekauft, das sind über 50% der Goldversorgung. Zwischen China und Indien haben sie 100% der erhältlichen Goldversorgung gekauft. Also, wo kam das Gold her, das vom Rest der Welt gekauft wurde? Von den westlichen Zentralbanken, wenn Sie mich fragen.

TGR: Gilt diese Preisdrückungspolitik auch für Silber, Platin und Palladium, und wie beeinflusst das Angebot und Nachfrage bei diesen Metallen?

Sprott: Die geldpolitischen Behörden haben sich nie wirklich auf Platin und Palladium konzentriert, weil sie eher Industriemetalle sind und ihr Preis nur von sehr wenigen Menschen im Auge behalten wird. Wir behalten die Preise im Auge, weil wir einen öffentlichen Platin- und Palladium-Fonds haben.

Der Platinpreis ist gestiegen und schon kam der Papiermarkt in Gang. Ich gehe mal davon aus, dass dies mit den Angebotsverknappungen von Platin und Palladium in Zusammenhang steht. Wenn die Preise dieser Metalle explodieren, könnte das auch auf Silber und Gold überspringen.

Es gibt Leute, die bereit sind, Kontrakte für Platin und Palladium zu verkaufen, obwohl es dieses Jahr bei beiden Metallen zu Verknappungen kommen wird. Es scheint einfach nur lächerlich, Platin und Palladium zu shorten, aber diese fehlplatzierten Wetten sind wahrscheinlich aus einem Grund platziert worden: Sie wollen nicht, dass es bei den Metallen so aussieht, als würden sie durch die Decke schießen, weil dadurch zutage treten würde, was die Gelddruckmaßnahmen wirklich angerichtet haben.

TGR: Aber würden Sie nicht davon ausgehen, dass Platin und Palladium die Entwicklung der Wirtschaft widerspiegeln und bei einer Erholung steigen, während sich Gold in diesem Fall nicht so gut entwickeln würde?

Sprott: Gold ist eher ein Investment-Vehikel. Rund 90% des jährlich geförderten Goldes wird für Investments genutzt. Und ja, ein Großteil des Platins und Palladiums wird in der Industrie verwendet. Dasselbe gilt für Silber. Und wenn es davon nicht sonderlich viel für Investmentzwecke gibt, dann ist es die Investmentnachfrage bei Silber, Platin und Palladium, die den Unterschied ausmachen wird.

Meines Erachtens könnte es sein, dass die industrielle Nachfrage zurückgeht. Doch sollte es dazu kommen, wären wir wieder direkt bei dem ungelösten Problem all der ausstehenden Schulden. In einer schwachen Wirtschaft fangen die Menschen an, den Wert der ausstehenden Schulden zu hinterfragen. Wir wären dann wieder in derselben Bankenkrise, die wir 2008 erlebten, wo die Banken pleite gegangen wären, wären die Regierungen nicht eingesprungen. Heutzutage sind Regierungsinterventionen zur Normalität geworden.

TGR: Sie investieren über verschiedene Fonds in Aktien und physische Metalle. Wie sieht in der heutigen Welt ein ausgewogenes Portfolio Ihrer Meinung nach aus?

Sprott: Man muss mindestens 10% Gold und Silber halten. Ich habe vielleicht 80% meines Geldes in Gold und Silber. Was meine Fonds anbelangt, halte ich 80% in Gold, Silber und Edelmetallminenaktien.

Wussten Sie, dass Gold und Goldminenaktien heutzutage 1% aller Finanzvermögenswerte ausmachen? Selbst einige absolute Mainstream-Leute haben sich in jüngster Zeit positiv zu Gold geäußert.

TGR: Wie passen Sie ihr Portfolio an die aktuellen Ereignisse in der Welt an?

Sprott: Ich passe mein Portfolio nicht an. Im Hinblick auf Gold und Silber habe ich eine langfristige Perspektive. Als ich damit begann, mich mit den Gold- und Silbermärkten auseinanderzusetzen, konnte ich bereits sehen, dass es zu einer Angebotsverknappung kommen dürfte. Ich hätte nie zu träumen gewagt, welchen Rückenwind das Gelddrucken und die Bank-Runs bescheren würden.

Ihre Leser sollten sich fragen, ob sie in einer schwachen Wirtschaft lieber US-Staatsanleihen halten würden, die mit 2% rentieren, eine Aktie mit einem Multiplikator von 15 oder Gold und Silber, die sich bereits in Bullenmärkten befinden und Ende des Jahres zweifellos gestiegen sein dürften? Die Antwort dürfte eigentlich offensichtlich sein.

TGR: Welche Gewichtung haben Sie zwischen den physischen Metallen, den Junior-Minenfirmen und den produzierenden Gold- und Silberfirmen vorgenommen?

Sprott: Unsere Fonds halten vielleicht ein Drittel ihre Edelmetallwerte in physischer Form. Und wir haben natürlich USD 5 Milliarden zu 100% in physische Vermögenswerte gesteckt.

Bei den Fonds, die ich verwalte, bin ich mit rund einem Drittel in physischen Metallen, einem Drittel in Goldminenaktien und einem Drittel in Silberminenaktien. Silberminenaktien sind bei unseren Fonds stark übergewichtet, da die Zahl der erhältlichen Silberminenaktien sehr gering ist.

Ich glaube, dass Silber Gold dieses Jahr und auch die kommenden zehn Jahre ausstechen wird. Ich bin der Auffassung, dass Silber mit einem Gold/Silber-Verhältnis von 1:16 gehandelt werden müsste. Mit anderen Worten: Wenn Gold bei USD 1.600 pro Unze liegt, müsste Silber bei USD 100 pro Unze liegen. Wenn Gold auf USD 3.200 pro Unze steigt, müsste Silber auf USD 200 pro Unze steigen.

Ich neige viel stärker dazu, mich im Silbersektor zu engagieren als im Goldsektor, aber ich bin in beiden Bereichen engagiert, und das würde ich grundsätzlich auch empfehlen.

Die Menschen können aber ihre eigene Risikoabwägung vornehmen. Das Risiko bei Goldminenaktien ist, dass sie gegenüber dem Goldpreis mindestens 2:1, wenn nicht gar 3:1 gehebelt sind. Wenn Gold um 10% steigt, steigen die Aktien um 30% und umgekehrt. Goldminenaktien sind eine riskantere Wette, aber wenn man an die These glaubt, dass Gold steigt, ist es eine Wette, die im Laufe der Zeit einfach aufgehen muss.

Edelmetallanleger werden das Spiel aber mit Sicherheit nicht in den Papiermärkten gewinnen. Wir müssen es im physischen Markt gewinnen. Und immer mehr Menschen verlangen jetzt auch die Auslieferung ihres physischen Goldes.

TGR: Das sollte ja eigentlich das Jahrzehnt von Silber werden. Warum notiert es immer noch unter USD 30 pro Unze?

Sprott: Silber hatte einen guten Lauf. Ich glaube, dass es zu Beginn dieses Jahrzehnts bei USD 20 pro Unze lag, dann auf USD 50 pro Unze kletterte und aktuell bei USD 29 pro Unze notiert. In den kommenden sieben Jahren kann und wird noch jede Menge Geld gedruckt werden. Es werden sich für Silber noch zahlreiche Gelegenheiten bieten, wo es unter Beweis stellen kann, dass es das Investment dieses Jahrzehnts ist.

TGR: Warum ist es so wichtig, wo das physische Edelmetall gelagert wird?

Sprott: Es gibt Beispiele von Leuten, die glauben, dass sie Gold besitzen, obwohl sie es gar nicht besitzen. Wenn ein Fonds physische Vermögenswerte bei einer finanziellen Gegenpartei lagert, die pleitegeht, sind die Edelmetalle dann nicht mehr zugänglich. Die Menschen sollten ihr Risiko minimieren und die Edelmetalle von einem Edelmetallhändler kaufen und entweder auf die Auslieferung bestehen oder sich genau darüber im Klaren sein, wo es gelagert wird.

Man sollte seine physischen Metalle selbst besitzen und lagern oder sich sicher sein, dass man jederzeit darüber verfügen kann. Unsere Fonds kann man sich beispielsweise allesamt in Gold, Silber, Platin oder Palladium auszahlen lassen. Dafür muss man aber in größeren Mengen investieren. Ich glaube, man muss dafür einen 400-Unzen-Barren kaufen, was den meisten Menschen aber nicht möglich ist. Aber man kann sich sicher sein, dass das Gold da ist.

TGR: Was ist der abschließende Rat, den Sie unseren Lesern mitgeben möchten?

Sprott: Sie sollten bezüglich der Dinge, die ihnen über die Wirtschaftserholung erzählt werden, sehr vorsichtig sein. Uns wurde gesagt, dass es in 2012 eine bedeutende Wirtschaftserholung geben würde. Es gab aber keine. Heute erzählen sie uns, dass es in der zweiten Jahreshälfte eine hübsche Wirtschaftserholung geben würde, weil es in der ersten Jahreshälfte keine gegeben hat. Wahrscheinlich wird es in der zweiten Jahreshälfte aber auch keine Wirtschaftserholung geben.

Am 17.01.2013 veröffentlichte das US-Finanzministerium das Haushaltsbudget für 2013 und erklärte, dass das Defizit bei USD 1,2 Billionen liegen würde. Nach GAAP-Buchhaltungsstandards, wo der aktuelle Wert künftiger Verbindlichkeiten, die die Regierung zu zahlen hat – wie Rentenzahlungen, Krankenkassenleistungen und Arzneibezuschussungsprogramme –, mit einbezogen wird, lag das Defizit in 2011 bei insgesamt USD 5 Billionen. In 2012 lag es bei USD 6,9 Billionen. Und trotzdem streitet sich der US-Kongress um Einsparungen in Höhe von USD 100 Milliarden. Und wir sprechen hier von einer USD 16 Billionen Wirtschaft.

Anleihen kann man einfach nicht mögen. Und es ist schwer, in diesem Wirtschaftsumfeld Aktien zu mögen. Stattdessen sollte man an Edelmetallen weiter festhalten; früher oder später werden wir den physischen Krieg gewinnen und die Preise entsprechend reagieren.

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