Die Ausplünderung zypriotischer Kleinsparer dürfte erst der Anfang sein, mit einem massiven Vertrauensverlust einhergehen und zu einer europaweiten Kapitalflucht führen. Die langfristigen Auswirkungen dieser beispiellosen Plünderung werden verheerend sein. Das Euro-Experiment dürfte bald vorbei sein

Lars Seiers Christensen, Tradingfloor.com, 16.03.2013

Schockierend!

Anders lässt sich das Rettungspaket für Zypern, das dieses Wochenende beschlossen wurde, kaum beschreiben. Die Beschlagnahmung von 6,75% der Einlagen von Kleinsparern und 9,9% bei den größeren Einlagen ist beispiellos – zumindest in einer angeblich zivilisierten und demokratischen Gesellschaft. Aber vielleicht ist die Europäische Union (EU) ja nicht mehr länger eine zivilisierte Demokratie …

Als ich letzte Woche in Limassol [zweitgrößte Stadt Zyperns] war, hatte ich bereits Gerüchte darüber gehört, sie aber als völlig haarsträubend beiseite gewischt. Und trotzdem ist jetzt genau das passiert. Die Auswirkungen sind unvorhersehbar, aber wir können heute bereits sagen, dass es sich hierbei um einen bedeutenden Paradigmenwechsel handelt.

Das ist eine Verletzung grundlegender Eigentumsrechte, die dem kleinen Land von ausländischen Mächten aufdiktiert wird – und jeder europäische Bankkunde müsste es angesichts dieser Entscheidung mit der Angst zu tun bekommen. Obwohl die politischen Vertreter auf der Rettungs-Pressekonferenz versuchten, es als eine einmalige Maßnahme hinzustellen, waren sie nicht bereit, ähnliche Maßnahmen für andere Länder auszuschließen.

Aber es ist ja nun nicht so, als wäre das von sonderlich großer Bedeutung gewesen, da das Vertrauen ohnehin bereits verschwunden ist. Es ist jetzt kaum noch damit zu rechnen, dass es bei den Maßnahmen der Troika und der EU noch irgendein Halten geben wird, wenn die Krise richtig zu wüten beginnt.

Wer so etwas ein Mal abziehen kann, kann es auch ein weiteres Mal tun. Wenn man 10% der Gelder der Bankkunden beschlagnahmen kann, kann man auch 25%, 50% oder sogar 100% beschlagnahmen. Ich gehe jetzt davon aus, dass wir noch viel Schlimmeres sehen werden, da die Panik zunehmen wird und die Politiker verzweifelt versuchen werden, den Euro am Leben zu halten.

Bankkunden in den entsprechenden Rettungs-Ländern müssen es doch jetzt mit der Angst zu tun bekommen. Ist es noch sicher, sein Geld in italienischen, spanischen oder griechischen Banken zu halten? Ich weiß nicht, muss die Antwort lauten. Ist es überhaupt noch verantwortungsvoll, dieses Risiko einzugehen? Das ist Ihre Entscheidung.

Ich befürchte, dass es zu einer massiven Kapitalflucht aus den schwachen Euroländern führen wird – und das ist das Letzte, was wir zurzeit brauchen. Ja ich vermute, es könnte sogar die gesamte EU erfassen, obwohl die Bankenunion in den meisten Ländern heute bereits Realität ist.

Eine weitere offene Frage ist, was mit der riesigen Zahl an Brokerhäusern geschehen wird, die ihren Sitz in Zypern haben? In Zypern gibt es 100 oder noch mehr Devisenhändler und Brokerhäuser, die zurzeit unter relativ leichten zypriotischen Regulierungen operieren. Wie wird das die Vertrauenswürdigkeit dieser kleinen Finanzinstitute beeinflussen? Wie sind die exakten Auswirkungen im Hinblick auf die Einlagen ihrer Kunden, die sie zurzeit in Zypern halten? Wird sich künftig überhaupt noch jemand trauen, mit ihnen Geschäfte zu machen?

Durch die Konfiskation wird alles auf den Kopf gestellt und die negativen Auswirkungen werden uns noch sehr lange Zeit begleiten. Ich glaube, dass es der Anfang des Endes der Eurozone sein könnte, da dem noch verbliebenen und ohnehin bereits in Mitleidenschaft gezogenen Vertrauen der Anleger dadurch ein unglaublicher Schlag versetzt wurde. Ja, wir sprechen hier von einem möglichen Eigentor.

Die Markt-Reaktion? Für Gold und Länder wie die Schweiz und Singapore, die als sichere Häfen erachtet werden, und die wirtschaftlich gesünderen Nicht-Euro-Länder wie beispielswiese die skandinavischen Länder dürfte es sehr gut sein. Ich würde davon ausgehen, dass der Euro und die mit ihm in Zusammenhang stehenden Märkte durch einen zunehmenden Mangel an Vertrauen ausgehöhlt werden, wenn den Anlegern die vollständigen Implikationen dieser Maßnahme klar werden.

Das ist totaler Sozialismus, und ich kann immer noch nicht glauben, dass es wirklich passiert ist.

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