Die Goldmarktexperten sind sich uneins darüber, ob die Goldpreiskorrektur schon vorbei ist oder der Goldbulle erst noch ein wenig in den Tälern grast, bevor er wieder auf neue Rekordhochs jagt

Propagandafront.de, 30.04.2013

Gold hatte im April dieses Jahres einen phänomenalen Preissturz erlebt und ist innerhalb von gut zwei Wochen von über USD 1.600 auf USD 1.320 pro Unze eingebrochen. In den letzten zehn Handelstagen konnte das Metall wieder um rund USD 150 pro Unze zulegen, doch die ernstzunehmenden Goldpreisanalysten und Marktbeobachter sind sich immer noch uneins darüber, ob die aktuelle Korrekturphase bereits vorüber ist oder es sich bei den Anstiegen der letzten Tage lediglich um eine sogenannte „Sucker-Rally“ handelt.

„Ein vorübergehender Anstieg einer bestimmten Aktie oder eines Marktes insgesamt. Eine Sucker-Rally findet statt, wenn es nur wenige Fundamentaldaten gibt, die die Preisbewegung stützen würden. Diese Rally hält lediglich lange genug an, um genügend ´Sucker` [Lutscher] an Bord gehen zu lassen, und danach setzt der Rückgang des Marktes oder der speziellen Aktie ein,“ schreibt Investopedia.com über die Sucker-Rally.

Es ist derzeit recht schwierig, die Fundamentaldaten abzuwägen. Auf der einen Seite haben wir bei den physischen Goldkäufen eine massive Zunahme gesehen – überall auf der Welt sind Privatanleger in bedeutendem Umfang in Goldschmuck, Goldmünzen und Goldbarren gegangen, gerade in Asien, aber auch in Europa und Nordamerika –, auf der anderen Seite kam es aber auch zu extremen Abverkäufen bei den börsennotierten Goldfonds. So hat allein der größte börsennotierte Goldfonds der Welt, SPDR Gold Trust, innerhalb weniger Monate fast 300 Tonnen Gold auf den Markt geworfen.

Die Frage ist also, ob die weltweite Nachfrage der Sparer, Privatanleger und Schmuckkäufer die von den Fonds auf den Markt geworfene Goldversorgung kompensieren kann.

Hierbei ist auch zu beachten, dass die Goldanleger nicht einfach aus den börsennotierten Goldfonds aussteigen und stattdessen in physisches Gold gehen. In Wirklichkeit handelt es sich bei den Käufern von Münzen, Barren und Schmuck – nennen wir sie Goldbugs – um eine völlig andere Käufer- und Investorengruppe als bei den Anlegern, die in börsennotierte Goldfonds investieren.

Anleger, die in börsennotierte Goldfonds investieren, sind in der Regel eher kurzfristig orientiert. Sicher, es gibt eine Vielzahl an Gründen, warum diese Anleger in einen physisch gedeckten börsennotierten Goldfonds gehen, doch in der Regel sind die Käufe kurzfristig ausgerichtet. Einige dieser Anleger wollen ihre Portfolios absichern und diversifizieren, doch der überwiegende Teil dürfte schlicht darauf aus sein, an trendstarken Aufstiegen des Goldbullenmarkts zu partizipieren.

Dieser Goldbullenmarkt wurde nun von den Mainstream-Medien und Großbanken für tot erklärt, während die weltweiten Aktienmärkte steigen – und da die Anlegergruppe, die in Gold-ETFs geht, dem Aktienmarkt ohnehin zugetan ist, sind es auch die ersten, die sich von Gold abwenden.

Auf der anderen Seite des Spektrums finden wir die indische Braut und den westlichen, sicherheitsorientierten Goldbug. Sie sind aber nicht darauf aus, goldgedeckte Anteilsscheine eines Börsenfonds zu halten. Die indische Braut möchte so viel Goldschmuck als möglich in die Ehe einbringen, um die Solvenz der Familie abzusichern, und der westliche Goldbug hofft derweil aufs Beste, rechnet aber mit dem Schlimmsten – was ihm dank der Regierungen auch außerordentlich leicht fällt –, und bunkert das physische Gold daher irgendwo, wo er es vor dem Zugriff der Staatskrake in Sicherheit wähnt.

Es ist also unschwer zu erkennen, dass diese zwei im Goldmarkt aktiven Investorengruppen – die Käufer von Gold ETFs auf der einen Seite und die Anleger, die direkt in physisches Gold gehen, auf der anderen Seite – im Grunde nur sehr wenig gemein haben.

Diese ambivalente Situation am Goldmarkt sorgt dafür, dass die Auffassungen bezüglich der kurz- und mittelfristigen Goldpreisentwicklung weit auseinandergehen. Während die einen aufgrund der Geldpolitik der Zentralbanken und Regierungen, der anhaltenden Finanzkrise und der hohen Einzelhandels-Nachfrage nach Anlagegold und Goldschmuck die Möglichkeit eines schnell steigenden Goldpreises herausstreichen, warnen andere aufgrund technischer Chart-Signale, drohender Goldabverkäufe der westlichen Zentralbanken und einer weiteren möglichen Liquidierung bei den Gold-ETFs davor, dass die Korrektur noch nicht vorbei ist.

Der Goldmarktanalyst Jeff Nichols schrieb gestern, dass die Aussicht auf einen kurzfristigen und substantiellen Goldpreisanstieg nicht einfach vom Tisch gewischt werden sollte:

„Eine bedeutende Aufwärtsreaktion beim Goldpreis diese Woche aufgrund von Meldungen seitens der US-Notenbank [Treffen des Offenmarktausschusses am 30.04. und 01.05] und der EZB [Treffen am 02.05.] könnte bereits ausreichend sein, um einen Preisanstieg zu befeuern und die Aufwärtsdynamik wiederherzustellen.

Das durch Dynamik und Charttechnik getriebene Trading an den Futures- und außerbörslichen Derivatemärkten war für die Schnelligkeit und das Ausmaß des Abverkaufs verantwortlich. Und obschon Gold gegenüber erneuten technisch inspirierten Verkäufen mit Sicherheit weiter anfällig bleibt – speziell, wenn die Preise unter die jüngsten Hochs sinken –, darf das Potenzial für starke Aufwärtsbewegung nicht einfach übersehen werden.

Wenn es dem Goldpreis in den kommenden Tagen gelingt, durch die wichtigen Widerstandspunkte nach oben hin auszubrechen und weitere bedeutende Zugewinne zu verbuchen, werden die Maschinen wieder bullischer werden – und sie haben die Kaufkraft, um die Preise in Windeseile viel höher zu treiben.“

Der Goldmarktanalyst Clive Maund merkt zur aktuellen Preisentwicklung an:

„Am interessantesten ist der 20-jährige langfristige Goldpreischart, da dieser offenbart, dass der Preiseinbruch genau an einer wichtigen langfristigen Trendlinie zum Halten kam. Sollte diese Trendlinie gehalten werden, könnte Gold eine Umkehr vollführen um vom jetzigen Preisniveau aus erneut aufsteigen.

Das Problem ist, dass das riesige Handelsvolumen während des Preissturzes und der zuvor einsetzende Abbau der physischen Bestände durch das Big Money nahelegen, dass die Trendlinie durchbrochen werden wird – und wenn das geschieht, werden wir leider keine andere Wahl haben, als zu sagen, dass sich Gold in einem Bärenmarkt befindet, obwohl, so schlimm ist das alles eigentlich gar nicht, wenn man ein Bär ist.

Wir sollten hier jedoch im Hinterkopf behalten, dass einem Rückgang auf USD 1.000 bis USD 1.050 pro Unze eine Kursumkehr und ein neuer bedeutender Bullenmarkt folgen könnten, bei dem Gold auf neue Hochs steigt und dann parabolisch in die Höhe schießt, was bedeuten würde, dass die aktuelle Erschütterung ähnlich der Ereignisse Mitte der 70er Jahre ist, wo es ebenfalls hieß, Gold sei in einem Bärenmarkt …“

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Eine genauere Abgrenzung zwischen Goldbärenmarkt und Goldbullenmarkt hat der Goldmarktexperte Martin Armstrong zu bieten. Laut Armstrong würde erst ein Jahresschlusskurs von USD 638 pro Unze nahelegen, dass sich Gold in einem säkularen Bärenmarkt befindet, was er für wenig wahrscheinlich hält. Für wahrscheinlicher hält er hingegen, dass Gold in einer zweiten Korrekturphase in Bereich von USD 1.150 bis USD 900 pro Unze absinkt, bevor es auf neue Hochs schießt.

Armstrong – der jahrzehntelang zahlreiche Zentralbanken und Regierungen beraten hat – schrieb am 27.04.2013, dass die westeuropäischen Staaten derzeit hinter den Kulissen darüber diskutieren, ihre Goldreserven zu verkaufen, um den Status Quo aufrecht zu halten und den Machtverlust der Europathen zu verhindern, der mit einer weiteren Verschärfung des EU-Staatsschuldendebakels als zunehmend realere Gefahr am Horizont aufzieht:

„Diejenigen, die über den Verkauf nachdenken, sind die, die in finanziellen Schwierigkeiten stecken. Das wird zurzeit unter den Euroländern diskutiert. Bei Deutschland ist das unwahrscheinlich, und die Schweiz gehört nicht zu dieser Gruppe. Es geht vornehmlich um Südeuropa, da der Norden jetzt keines dieser Länder mehr retten möchte …

Die Länder, die in jüngster Zeit als Käufer aufgetreten sind, sind typischerweise die Länder, die zuvor den Kommunismus aufgegeben haben und heute über die niedrigsten Steuersätze verfügen, und die potenziellen Verkäufer befinden sich im westlichen Block und haben die höchsten Steuersätze, mit denen sie ihren Wirtschaften gerade den Garaus machen.

Hinter den Kulissen diskutieren sie über Verkäufe, weil sie immer noch glauben, dass sie die Anleihehalter bedienen müssen, und händeringend versuchen, den Euro zu retten. Einige verkaufen auch Münzen aus ihren Reservebeständen, die dann nicht mehr ersetzt werden. Wenn die traditionellen westlichen Länder ihr Gold verkaufen, um die Staatspleiten zu verhindern, wird das, langfristig gesehen, bullisch sein, da dadurch die Gefahr der Verkäufe eliminiert wird – kurzfristig gesehen, könnte es die Korrektur abschließen …

Also ja, ´einige` Länder denken aktuell über Goldverkäufe nach, ganz einfach weil es Politiker sind, die alles dafür tun werden, dass die Dinge so bleiben, wie sie sind. Sollte der Euro scheitern, wären alle Politiker in Brüssel ihren Job los. Sie werden die Goldreserven verkaufen, um ihre Jobs zu erhalten.

Sie scheren sich nicht im Geringsten um ihre Länder – es geht ausschließlich um die Föderalisierung Europas. Sie werden die Goldreserven verkaufen, wenn sie müssen. Machen Sie sich diesbezüglich nichts vor. Nigel Farage hat am 17.04. [in einer Rede vor dem EU-Parlament] klargestellt, dass es diesen Leuten nur darum geht, an der Macht zu bleiben. Zu ihrem eigenen Wohl werden sie alles tun, was sie für notwendig halten, um den Euro zu bewahren. Das sind halt vornehmlich Rechtsanwälte – keine Finanzgurus.“

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Edelmetalle auf Dollarbasis in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln werden. Sollte die Korrektur tatsächlich noch nicht abgeschlossen sein, wäre das für den säkularen Goldbullenmarkt aber keineswegs tragisch, denn umso stärker der Markt jetzt korrigiert, desto robuster dürfte die Ausgangsbasis für die kommenden Anstiege ausfallen.

Und in der Haut der westlichen Politiker möchte sicherlich auch keiner stecken, sollten sich die Horrorszenarien bewahrheiten und die Brüsseler Bürokraten und ihre devoten Diener in den nationalen Parlamenten tatsächlich versuchen, die Goldreserven der Pleiteländer zu verkaufen, um ihren eigenen Untergang abzuwenden. Das dürfte im Nachgang selbst bei Otto Normalverbraucher zahlreiche Fragen aufwerfen, und die Eurokraten sollten dann besser mit stichhaltigen Antworten aufwarten …

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