Steve Saville, The Speculative Investor, 20.05.2013
Gewöhnlich räumt die US-Regierung eine „Preisinflation“ von rund 2% pro Jahr ein. Unserer Einschätzung nach liegt die tatsächliche Inflationsrate in den USA aktuell bei mindestens 5% pro Jahr, dürfte aber nicht über 7% pro Jahr hinausgehen. Sagen wir, um des Arguments willen, dass die Inflation derzeit bei 5% pro Jahr liegt.
Wenn man bedenkt, was die US-Notenbank an der geldpolitischen Front bisher alles getan hat, scheinen diese 5% aber immer noch niedrig. Und mit Sicherheit ist es von diesen 5% bis zu der Hyperinflation, mit der von einigen Gold- und Rohstoffbullen aufgrund der Geldgeschenke der Fed gerechnet wird, noch ein sehr weiter Weg. Aber warum?
Wie hatten uns bereits in früheren Kommentaren mit der offenkundigen Diskrepanz zwischen der Entwicklung der Geldmenge und der Entwicklung der „Preisinflation“ auseinandergesetzt. Wir wollen dieses Thema nicht noch einmal neu aufrollen, trotzdem noch eine kleine Anmerkung dazu: Zunächst einmal gibt es jede Menge „Preisinflation“, wenn man weiß, wo man danach zu suchen hat. Die neuen nominellen Allzeit-Preishochs beim US-Aktienmarkt und die massiven Preisanstiege bei den Ramschanleihen sind zwei Beispiele dafür.
Und hier kommt noch hinzu, dass die Auswirkungen der Geldmengenausweitung auf die Preise immer ungleichmäßig zum Tragen kommen und auch mit sehr großen und unterschiedlichen Zeitverzögerungen aufschlagen können, was es unmöglich macht, Preisreaktionen genau vorherzusagen oder auch nur zu interpretieren.
Heute wollen wir jedoch auf einen weiteren Punkt hinweisen, der verdeutlicht, dass die historischen Auswirkungen der Geldpolitik der Zentralbank auf das „allgemeine Preisniveau“ viel größter sind, als den meisten Menschen bewusst ist, und zwar aus einem Grund, der den meisten nie in den Sinn kommt: In einer Marktwirtschaft weisen die Preise im Laufe der Zeit die natürliche Tendenz auf, zu fallen.
Die meisten Menschen sind an die Vorstellung gewöhnt worden, dass steigende Preise der natürliche Lauf der Dinge sind und Wirtschaftswachstum zu höheren Preisen führt. Das Gegenteil ist wahr. Bei realem Wirtschaftswachstum wird aufgrund einer höheren Produktivität oder einer größeren Bevölkerungszahl mehr produziert. Und wenn in einer Wirtschaft mehr produziert wird, während die Geldmenge gleich bleibt, weist das sogenannte „allgemeine Preisniveau“ eine Abwärtstendenz auf.
Mit anderen Worten: Bleibt die Geldmenge stabil, führt eine erhöhte Produktion bei den meisten Waren und Dienstleistungen zu niedrigeren Preisen. Die Kaufkraft des Geldes nimmt im Laufe der Zeit zu.
Eine Folge dieser Tatsache ist, dass, will die Zentralbank einen Aufwärtstrend bei den Verbraucher- und Produzentenpreisen herbeiführen, sie zunächst einmal genügend Geldinflation schaffen muss, um den natürlichen Abwärtstrend bei den Preisen außer Kraft zu setzen.
In den USA würde das „allgemeine Preisniveau“ beispielsweise aufgrund der Produktivitätssteigerungen und des Bevölkerungswachstums jährlich im Schnitt um rund 3% sinken. Bei einer Preisinflation von 5% im Jahr bedeutet das, dass die Waren und Dienstleistungen mittels der Geldinflation um rund 8% verteuert werden. Nun, ganz so einfach ist es nicht, aber vom Prinzip her ist es so.
Wer Probleme dabei hat, sich die Kombination aus fallenden Preisen und starkem Wirtschaftswachstum vorzustellen, braucht bloß auf die Computerbranche zu blicken. Die reale Wachstumsrate dieser Branche ist bisher so gewaltig gewesen, dass es nicht einmal Ben Bernanke gelungen ist, die Preise vor dem Fallen zu bewahren.