Frank Suess, The Daily Bell, 05.06.2013

„Einige Schulden machen Spaß, wenn man sie aufnimmt, aber keine machen Spaß, wenn man sich daranmacht, sie wieder loszuwerden.“ – Frederic Ogden Nash

Wir dürften jetzt an das Ende der Phase gelangen, die gemeinhin als „Rückkehr zur Normalität“ wahrgenommen wurde. Hoffnungen auf eine Erholung wurden hochgehalten, was vornehmlich auf Zentralbanker und Wall Street Analysten zurückzuführen ist. Pflichtbewusst hat man wohltuende Wirtschaftsdaten verbreitet. Eine trügerische Ruhe war das Ergebnis. Doch jetzt steigen die Zinssätze wieder überall, was für uns ein Warnhinweis ist, dass es mit dieser „Ruhe“ schon bald vorbei sein könnte.

Die Welt hat sich in etwas hineinmanövriert, das ohne Weiteres als „Schuldenfalle“ bezeichnet werden kann – mit Schuldenständen auf Rekordniveaus und nach oben tendierenden Finanzierungskosten. Natürlich sind die Finanzierungskosten angesichts der niedrigen Zinssätze derzeit noch bei Weitem erträglicher, als wenn dem nicht so wäre. Doch was passiert eigentlich mit einem Staat, wenn sich die Finanzierungskosten aufgrund steigender Zinssätze plötzlich um ein Vielfaches erhöhen?

Wir betreten Schuldenfallen-Territorium

Diese Frage stellt man sich aktuell ganz sicher im Hinblick auf Japan. Die japanische Notenbank hat unter der Führung des japanischen Premierministers Shinzō Abe mit zunehmender Rate Geld „gedruckt“, um die Deflation im Zaum zu halten. Und zu Abes Leidwesen, steigen die Zinssätze gleich mit.

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Zinssatz für 10-jährige japanische Staatsanleihen.

Seit März dieses Jahres haben sich die Renditen für 10-jährige japanische Staatsanleihen verdoppelt. Und da Japan für seine Anleihen jetzt viel höhere Zinsen zahlen muss – die Zinsen sind über alle Laufzeiten hinweg substantiell gestiegen –, um seine Schulden und die Haushaltsdefizite zu finanzieren, dürfte sich Abe bald in einer Situation wiederfinden, wo er die Druckerpresse sogar noch schneller laufen lassen muss. Und an welchem Punkt wird er gegen die Wand krachen? Schwer zu sagen, aber ich würde empfehlen, dass Sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht zwischen Abe und der Wand aufhalten!

Unterdessen sind auch in Amerika die Zinssätze gestiegen. Und genau in diesem Kontext sollte man auch die Protokolle betrachten, die nach dem jüngsten Treffen des Beratungsgremiums und des Gouverneursrats der US-Notenbank veröffentlicht wurden.

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Zinssatz für 10-jährige US-amerikanische Staatsanleihen.

Dort fanden sich eine ganze Reihe überraschend vorsichtiger und freimütiger Kommentare bezüglich des Zustands der amerikanischen Wirtschaft und möglicher Rückschnitte bei den quantitativen Lockerungsmaßnahmen. So hat die Fed eingeräumt, dass ein „Ausbruch der Inflation“ eine Risiko sei und, sollten die Zinssätze zu steigen beginnen, die Bankeinlagen der Amerikaner in Gefahr geraten könnten. Darüber hinaus gab die US-Notenbank zu, dass es im Hinblick auf die aktuellen quantitativen Lockerungsmaßnahmen wohlmöglich keine einfache Rückzugsstrategie geben wird: „Es wird wahrscheinlich schwierig werden, die geldpolitischen Stützungsmaßnahmen zurückzufahren, und das Ende der geldpolitischen Lockerung könnte für Verbraucher und Unternehmen leidvoll sein.“

Ein ähnliches Muster lässt sich auch bei deutschen Staatsanleihen beobachten. Auch dort steigen die Zinsen. Und was ist mit den anderen europäischen Ländern wie Spanien, Italien oder Frankreich? Ja, diese Länder verfügen mit Sicherheit über Schulden- und Finanzierungsprobleme, mit denen sie klarkommen müssen. Und all ihre Zinssätze fangen jetzt wieder zu steigen an – wenn auch nicht mit der Rate japanischer oder US-amerikanischer Zinssätze, aber sie steigen immerhin stark genug, um unsere Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Stehen wir jetzt kurz vor einem erneuten Ausbruch der europäischen Schuldenkrise?

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Zinssatz für 10-jährige französische Staatsanleihen.

Bernanke, Draghi & Co. haben es zweifelsohne darauf abgesehen, die gute Stimmung an den Märkten aufrecht zu halten; schließlich fallen derzeit die meisten Menschen auf die Auffassung herein, dass die Erholung nicht lange auf sich warten lassen kann, wo doch die Aktien steigen. Das ist aber bedauerlicherweise eine Fehleinschätzung.

Die fundamentalen Probleme, namentlich die Fehler eines Fiat-Währungssystems, Jahrzehnte der lockeren Geldpolitik und die daraus resultierenden Folgen einer massiven Verschuldung und Fehlallokation von Kapital, sind nach wie vor die bedeutendsten aktuellen Triebkräfte.

Ich empfehle, dass Sie die Zinssätze und die Reaktionen der Zentralbanken in den kommenden Wochen genau im Auge behalten. Obschon sich die Finanzmärkte relativ gut entwickeln, deuten die realen weltweiten Wirtschaftsdaten eher in Richtung Niedrigwachstum und schwierige Zeiten. Und höhere Zinssätze werden im Hinblick auf eine Erholung mit Sicherheit nichts Gutes verheißen.

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