Die einbrechenden Verkäufe von Luxusgütern in China stoßen in der Branche schwer auf

Wolf Richter, Testosteronepit.com, 01.10.2013

Die Luxusautohersteller Lamborghini, Ferrari und Rolls-Royce reagieren gegenwärtig auf drei Entwicklungen, die die weltweiten Märkte für Luxusgüter beeinflussen: Das harte Durchgreifen gegen Korruption in China, Abenomics in Japan und die Gelddruckorgie der Federal Reserve in den USA.

Letztes Jahr implementierte Chinas Präsident Xi Jinping einen neuen Plan, um bei den Ausgaben von Regierungsbehörden und Staatsvertretern für Luxusgüter, Banques, bestimmte Dienstleistungen und großzügige Geschenke hart durchzugreifen. Diese Maßnahmen waren Teil eines größeren Aktionsplans gegen Korruption. Er warnte, dass es aufgrund solcher Praktiken hochrangiger staatlicher Vertreter und ihrer Familien zu öffentlicher Empörung kommen und die Kommunistische Partei in Gefahr geraten würde.

Und so wurde dann auch bei der absichtlichen Zurschaustellung solcher Güter hart durchgegriffen – und das hatte zur Folge, dass die Verkäufe von Luxusartikeln in China, dem mittlerweile größten Markt für solche Güter, ins Stocken geraten sind.

Im letzten Jahr wurden in China 25% aller weltweiten Luxusartikel verkauft, nachdem die Verkäufe seit 2008 jährlich im Schnitt um 27% zulegen konnten, so ein Bericht von McKinsey. Und obwohl harte Durchgriffe gewöhnlich die Eigenschaft haben, sich einfach wieder in Luft aufzulösen, waren die ersten Reaktionen ziemlich heftig.

Der Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie beschwerte sich darüber, dass die Exporte nach China, die in 2012 auf ein Rekordniveau gestiegen waren, im ersten Quartal dieses Jahres um 26% einbrachen. Die chinesischen Läden litten unter viel zu großen Beständen. „Der Goldrausch in China ist vorbei“, sagte François-Henry Bennahmias, der Geschäftsführer des schweizerischen Uhrenherstellers Audemars Piguet, zu jener Zeit. Das Unternehmen machte in China sechs seiner 22 Läden dicht.

Edle Spitzenrestaurants, überteuerte Importweine und Spirituosen, vollendet ausgewählte und handverlesene Tees, Lamborghinis, Ferraris, Rolls-Royces … es erwischte alle. Für sie ist China jetzt nicht mehr das gelobte Land.

„In der Vergangenheit gab es viele Super-Magnaten, die ihren Reichtum zeigen wollten“, so Yale Zhang, der Direktor des Beratungshauses Autoforesight Shanghai. Aber heute würden sie ihre Ausgaben einschränken. Ihre Kinder waren die großen Käufer von Luxusautos, sagte Zhang, aber „deren Budget kann von Daddy leicht kontrolliert werden.“

Die Verkäufe von Luxusautos, die über 2 Millionen Yuan (USD 327.000) pro Stück kosten, waren 2009 während der Finanzkrise auf 2.500 Stück eingebrochen, explodierten dann bis 2011 aber auf 9.000 Stück – und selbst in den ersten Monaten des Jahres 2012 schossen die Verkaufszahlen weiter in die Höhe. Aber dann wurde im Verlauf des letzten Jahres bei der Korruption hart durchgegriffen und die Gesamtverkäufe sanken wieder auf 8.000 Einheiten. Und auch 2013 setzt sich der Rückgang fort, anstatt dass es zu erneuten Anstiegen kommt.

Ferrari (im Besitz von Fiat) musste im bisherigen Jahresverlauf einen Verkaufsrückgang von 12,5% hinnehmen. Lamborghini (im Besitz von Volkswagen) verkaufte letztes Jahr phänomenale 230 Stück – OK, das ist jetzt vielleicht keine riesige Zahl, aber diese Autos sind absolute Elitekarossen und der Preis ist auch richtig heftig.

Der Geschäftsführer von Lamborghini, Stephan Winkelmann, geht davon aus, dass die Verkäufe 2013 um 13% zurückgehen werden. Die Vorstellung, dass die Verkäufe von Luxusautos in China – wo ständig neue Milliardäre hinzukommen – einbrechen könnten, ist ein Konzept, dass bei der Branche schwer aufstößt.

„Es ist immer noch ein großer Markt, es ist unser zweitgrößter Markt“, sagte Winkelmann, während er in Neu-Delhi an der der Eröffnung des zweiten Lamborghini-Autohauses in Indien teilnahm. Im Hinblick auf China jammerte er aber:

„Also vor dem Hintergrund dessen, was ich über die dortige Politik weiß und darüber, was die Regierung dort gerade macht, dürfte es bis auf Weiteres ein klein wenig schwierig sein, diese Art von Gütern zu kaufen.“

Aber wie ersetzt man einen sehr wachstumsstarken Markt wie China, wenn er plötzlich eine Bauchlandung hinlegt? „Bedauerlicherweise gibt es nicht so viele andere Chinas um die Ecke“, sagte Winkelmann.

Das neue gelobte Land sind (wieder einmal) die USA, wo die Gelddruckorgie der US-Notenbank und ihre Nullzinspolitik wahre Wunder vollbrachten. 2012 stiegen die USA wieder zum größten Markt für Rolls-Royce (im Besitz von BMW) auf. Der Rolls-Royce Phantom wird für über USD 400.000 pro Stück verkauft. Der September lief spitzenmäßig, gegenüber 2012 hatten sich die Verkäufe fast verdreifacht – genau genommen wurden 56 Autos verkauft, so dass im bisherigen Jahresverlauf 285 Einheiten verkauft worden sind, was einen Anstieg von 29% darstellt (Motor Intelligence).

Für Ferrari lief der September hingegen nicht so gut, die Verkäufe sind um 20% zurückgegangen, und auch im bisherigen Jahresverlauf sind die Verkäufe eher schleppend ausgefallen. So konnte Ferrari die US-Verkaufszahlen dieses Jahr nur um 7% auf 1.539 Einheiten steigern, und dass obwohl die Autobranche insgesamt um 8,1% gewachsen ist. Aber die Lamborghini-Verkäufe konnten im September um 19,1% auf atemberaubende 56 Stück zulegen. Im bisherigen Jahresverlauf sind die Verkäufe um 27,6% auf 490 verkaufte Einheiten in die Höhe geschossen.

„Die USA sind wirklich wieder auf der Spur und werden nun wichtiger für uns“, so der Lamborghini-Chef Winkelmann in einem Interview in Tokio – ja er kommt ganz schön rum.

Das andere neue gelobte Land ist (wieder einmal) Japan – wo zu Beginn dieses Jahres Abenomics einsetzte und wo die Bank von Japan derzeit jeden Monat Billionen an Yens druckt. Diese Politik der Vermögensumverteilung hat dazu geführt, dass die Vermögenspreise und die Staatsverschuldung gleichsam in die Höhe getrieben worden sind – und die Verkäufe von Luxusgütern wie Kunst, Juwelen, Luxusuhren und Edelmetalle sind im August ebenfalls um 18,3% gestiegen. Im Juli lag der Zuwachs bei 14,2%, nachdem die Verkäufe bereits das ganze Jahr über Aufwind hatten – und während der japanische Normalbürger mit stagnierenden Gehältern und einer Preisinflation von 1,8% zu kämpfen hat.

In Japan konnten die Ferrari-Verkäufe im August um 28% zulegen. Und die Verkäufe von Lamborghinis stiegen um 14% – nur aufgrund von Lieferengpässen fielen die Verkaufszahlen nicht noch höher aus. Die fleißigen Käufer, die Nutznießer von Abenomics, müssen unterdessen bis zu ein Jahr warten, um einen USD 400.000 teuren Lamborghini Aventador zu bekommen. „Wir sind sehr zufrieden mit Japan“, freut sich Winkelmann. „Das kommt jetzt wieder ganz groß zurück.“

Und so haben sich Luxuskarossen zu einem Lackmus-Test für das verwandelt, was funktioniert und was nicht. Was funktioniert: Im Falle von Japan und den USA ist es das Drucken von Geld, das dann an die größten Banken und Wertpapierhändler weitergereicht wird, die es so verteilen können, wie sie es für richtig halten. Das Drücken der Zinssätze unter die Inflationsrate – also bis zu dem Punkt, wo die Sparer, Pensionsfonds und Systeme wie staatliche Rentenkassen usw. ausgeblutet werden – ist ebenfalls von Vorteil.

Doch das harte Durchgreifen bei großzügigen Geschenken, um einen Geschäftsabschluss zu erzielen oder etwas erledigt zu bekommen, oder das harte Durchgreifen bei Korruption ganz allgemein, ist eine wirklich, wirklich schlechte Idee; die Verkäufe von ultra-luxuriösen Produkten stürzen dann direkt in die Tiefe.

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