Wolf Richter, Testosteronepit.com, 20.10.2014

Die Gewinnerwartungen für die Firmen des S&P 500 Index für das dritte Quartal sind innerhalb der letzten zwölf Monate komplett in sich zusammengebrochen. Am 01.10.2012 erklärten unsere brillanten Analysten an Wall Street noch, dass sie die Gewinne für das dritte Quartal dieses Jahres mit 15,9% veranschlagen. Am Freitag haben dieselben brillanten Analysten ihre Gewinnerwartungen für dasselbe Quartal auf armeselige 2,1% abgesenkt, so Thompson Reuters IBES.

Jetzt wird davon ausgegangen, dass die Gewinne parallel zur Inflationsrate steigen würden, mehr nicht. Der nächste Schritt wäre ein negativer Gewinnausblick – also schrumpfende Gewinne. Unsere brillanten Analysten haben den Gewinnausblick also bis auf null abgesenkt.

Also: Wie viel Hype und Schwachsinn wird von Wall Street eigentlich verbreitet? Endlose Mengen – im niemals enden wollenden Prozess sich aufblähender Aktienpreise und des Hin- und Herschiebens von Papierwerten in den Portfolien von Privatanlegern. Und so werden die entsetzlichen Gewinnmeldungen von Thompson Reuters glorifiziert:

„Bei den 85 Unternehmen des S&P 500, die ihre Gewinnzahlen für das dritte Quartal 2013 bis zum jetzigen Zeitpunkt gemeldet haben, lagen 64% der Gewinnmeldungen über den Erwartungen der Analysten. Das ist höher als der langfristige Durchschnitt von 63% und liegt unter dem Durchschnitt der letzten vier Quartale von 66%.“

Und jetzt zeige ich Ihnen, was mit den „Erwartungen der Analysten“ geschehen ist – gemeint ist die abstürzende rote Linie, die 64% der Unternehmen derzeit schlagen:

US-Earnings-Growth-forecasts-crash-Q3-Q4-2013

Unterdessen ist der S&P 500 Index dieses Jahr um 20% in die Höhe geschossen und hat am Freitag ein neues Hoch ausgebildet? Auf welcher Grundlage? Hätte die Realität noch irgendeinen Einfluss, wären die Aktien gemeinsam mit den Gewinnaussichten gefallen. Aber nicht, wenn sich die US-Notenbank in einer berauschten Gelddruckorgie befindet. Wann ist die Party vorbei? Wenn die Gelddruckorgie der US-Notenbank vorbei ist.

Wir haben ja bereits einen ersten Vorgeschmack bekommen. Als die Fed in der Zimmerecke einfach nur etwas über eine mögliche künftige geldpolitische Straffung murmelte, setzte der Zusammenbruch in den Schwellenmärkten, im Hypothekenmarkt und in anderen Märkten umgehend ein. Das hat ihnen einen richtigen Schrecken eingejagt.

Jetzt haben sie sich davon wieder ein wenig distanziert. Aber sofern sie nicht vorhaben, dass ganze System zur Explosion zu bringen, werden sie das Gelddrucken irgendwann aussetzen müssen. Sie sollten daher Vorsicht walten lassen.

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