Martin Armstrong, Armstrongeconomics.com, 08.02.2014
Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat einen verblüffenden Angriff auf die Europäische Zentralbank gefahren und behauptet, dass der Euro-Rettungsplan gegen EU-Recht verstößt und über das politische Mandat der EZB hinausgeht. Jeder, der auch nur ein Semester Jura studiert hat, weiß, dass diese Entscheidung völlig richtig gewesen ist.
Einer der Hauptgründe, warum ich nicht an Verschwörungen glaube, die auf die Erlangung der Weltherrschaft abzielen – so als gäbe es tatsächlich Leute, die in Kontrolle wären –, ist die Tatsache, dass ich seit den 1980er Jahren selbst hinter den Kulissen gewesen bin. Es gibt keine allmächtige Gruppe, die sich im Klaren darüber ist, was zum Teufel sie eigentlich treibt. Absolut alles wird ad hoc entschieden, und die Wirklichkeit ist viel schlimmer, als sich irgendjemand vorstellen kann.
Natürlich gibt es Verschwörungen, um irgendeinen bestimmten Markt zu manipulieren und dort kurzfristig Geld zu machen; danach wendet man sich der nächsten Manipulation zu. Wer glaubt, dass tatsächlich jemand hinter diesem Chaos steht und die Zukunft für die Gesellschaft ausarbeitet, so als wäre es Teil eines gigantischen Plans, schreibt den Menschen göttliche Fähigkeiten zu. Sorry – diese Einschätzung ist so verkehrt, dass es nicht mal mehr lustig ist.
Das ist das totale Chaos, und die Politiker reagieren lediglich auf das, was sich gerade vor ihren Augen auftut, ohne dass sie dabei irgendein langfristiges Konzept verfolgen. Sie arbeiten die Dinge Fall für Fall ab, ohne dabei auch nur die geringste Ahnung zu haben, in welche Richtung sie eigentlich voranschreiten.
Als die Europäische Kommission den Euro schuf, kamen sie zu unserem Londoner Seminar und besetzten die ganze hintere Sitzreihe. Ich sprach mit den Leuten hinter den Kulissen, und die Deutsche Bundesbank ließ uns Details zum bevorstehenden Euro zukommen, weil sie ebenfalls verstanden, dass er scheitern würde.
Ich weiß, was da stattfand – das hat nichts mit Spekulationen oder Theorien zu tun –, ich war dort. Ich erklärte ihnen, dass die Einheitswährung scheitern würde und sie zunächst einmal die Staatsschulden der einzelnen Euroländer zu einer gemeinsamen einheitlichen Staatsschuld konsolidieren müssten, damit der Euro eine Reservewährung werden könnte.
Der Hype, dass der Euro den US-Dollar ersetzen würde, war totaler Schwachsinn, und diejenigen, die derlei Vorstellungen verbreiteten, waren ahnungslose Dollar-Hasser – keine Analysten, die die Fakten für sich selbst sprechen lassen.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat nun eine sehr deutliche Stellungnahme abgegeben, nach der es fraglich ist, ob der EZB-Rettungsplan für spanische und italienische Staatsanleihen überhaupt implementiert werden kann, wenn die Schuldenkrise das nächste Mal hochkocht.
Das Design des Euros ist eine einzige Katastrophe, da es nichts weiter als Flickschusterei ist, um die Macht an sich zu reißen und sie dann ohne irgendeine langfristige Strategie (von der Föderalisierung Europas einmal abgesehen) zu halten .
Die Planer des Euros hatten von Anfang an von einer Vereinheitlichung der Staatsschulden der Euroländer abgesehen, weil sie der Auffassung waren, dass die Menschen gegen die Union stimmen würden, wenn klar würde, dass sie dann auch irgendwelche anderen Länder retten müssten.
Daher haben sie sich auch ausschließlich auf die Schaffung der europäischen Einheitswährung konzentriert – in der Annahme, dass die Einheitswährung in den USA der Grund dafür sei, dass die US-Wirtschaft das ist, was sie ist. Die EU erlaubt es den Menschen heutzutage noch nicht einmal abzustimmen – die Europäische Union hat die Demokratie zugunsten des „Gemeinwohls“ vernichtet, wobei es sich bei dem „Gemeinwohl“ natürlich immer nur um die Eigeninteressen der Politiker handelt.
Ich hatte verzweifelt versucht, ihnen zu erklären, dass sie keine Einheitswährung schaffen können, um mit dem US-Dollar in Konkurrenz zu treten, solange das Großkapital nicht in der Lage ist, in Anleihen eines großen vereinigten Staats „zu parken“. Die Planer des Euros glaubten aber, es würde funktionieren, dass jedes einzelne Euroland weiterhin seine eigenen Staatsschulden ausgibt, weil sie ja auch in der neuen Währung denominiert sein würden. Die individuellen Kreditrisiken der Euroländer wurden dabei völlig ignoriert. Als das war die Angst, dass die Menschen gegen ihre Pläne stimmen würden, wenn es zu einer Vereinheitlichung der Staatsschulden des Euroraums käme.
Die Schaffer des Euros versuchten, den freien Markt zu schlagen, indem sie davon ausgingen, dass der Zinssatz der europäischen Zentralbank ausreichen würde, um die Kreditrisiken einfach ignorieren zu können. Das war aber der absolute Reinfall – sie sind vollumfänglich dabei gescheitert, zu begreifen, wie die Märkte überhaupt funktionieren, und heute ist Europa ein hoffnungsloser Fall, wo sie versuchen, die Wunden mit Pflaster zu behandeln, obwohl eigentlich eine Operation nötig wäre.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat völlig Recht. Die Politiker versuchen einfach nur, die Fehler wettzumachen, die sie selbst begangen haben, und weigern sich, den gesamten Prozess zu reformieren, wodurch es in der Folge zu illegalen Handlungen kommt, die darauf abzielen, diesen ganzen Schlamassel am Laufen zu halten.
Das Bundesverfassungsgericht ist hier für seine Ehrlichkeit zu loben, denn der Oberste Gerichtshof in den USA würde nie im Leben eine solche Entscheidung gegen amtierende Politiker treffen. Diese Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wird zur Folge haben, dass es von nun an viel komplizierter werden wird, sich auf quantitative Lockerungsmaßnahmen zurückzuziehen, sollten diese notwendig werden, um eine Deflation im Stile Japans zu vermeiden.
Das Bundesverfassungsgericht hat davon abgesehen, ein finales Urteil über die Rechtmäßigkeit des unter dem Namen „Outright Monetary Transaction“ (OMT) bekannten EZB-Rettungsplans zu fällen. Stattdessen haben sie die Entscheidung an Europäischen Gerichtshof abgegeben und zu dem Thema eine Voreinschätzung präsentiert, die es für den Europäischen Gerichtshof nun schwieriger machen wird, die Maßnahmen der Politiker einfach abzusegnen, so wie es beim Obersten Gerichtshof in den USA der Fall wäre.
Die Europäische Zentralbank wird aber auf dem Höhepunkt der nächsten Krise trotzdem handeln – und der Europäische Gerichtshof wird die Maßnahmen der EZB dann auch absegnen, da man davon ausgehen wird, dass derlei Maßnahmen alternativlos sind, um Europa zu retten. Nichtsdestotrotz hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt, dass „der OMT-Beschluss mit dem Primärrecht der Europäischen Union vereinbar ist.“
In Europa können die Lichter jetzt ausgemacht werden … Das Design wird nicht funktionieren, und die Vorstellung, dass ein föderalisiertes Europa die Gefahren eines Kriegs verringern würde, ist unhaltbar, da die Saat des Kriegs durch die von den Politikern verursachte Wirtschaftskatastrophe überhaupt erst gelegt wird und es nun zu Schuldzuweisungen und dem Aufreißen alter Wunden kommt.