Es ist fraglich, ob es zu einer Teilung der Ukraine entlang ihrer Sprachgrenze kommen wird. Die USA und die EU werden jetzt die Rebellen finanzieren, genauso wie Russland Janukowytsch finanzieren wird. Janukowytsch ist ein Diktator, der nie von der Macht ablassen wird. So einfach ist das. Es wird in der Ukraine keine echten Wahlen mehr geben. Das Ganze scheint sich in eine Konfrontation zu entwickeln, die von der Welt nicht ignoriert werden kann

Martin Armstrong, Armstrongeconomics.com, 20.02.2014

Monate vor der vorgeschlagenen Annäherung an die EU sah man überall in der Ukraine Werbung, die sich dafür oder dagegen aussprach. Und die Pro-Kampagne wurde zum Teil von der EU finanziert, um den Ukrainern diese Idee näherzubringen. Das ist nun aber mit der Finanzierung der sich derzeit an der Revolution beteiligenden „Rebellen“ durcheinandergebracht worden – eine Revolution, die Putin als Putsch bezeichnet.

Es gibt jedoch einen riesigen Unterschied zwischen der Finanzierung durch Deutschland und die EU, die darauf abzielte, der Ukraine einen Beitritt zur EU nahezulegen, und der Finanzierung einer Revolution, wie es beispielsweise die Saudis derzeit in Syrien tun.

Was dabei auch übersehen wird, ist das Ressentiment gegen die Korruption. Die Orangene Revolution, die in 2004 stattfand und mit der die Regierung gestürzt wurde, fand statt, ohne dass ein Schuss fiel. Da ging es auch um Korruption …

Es wird weithin angenommen, dass Janukowytsch seine jetzige Machtposition [durch die letzte Präsidentschaftswahl] gestohlen hat, und bei seiner Entscheidung, sich gegen ein Assoziierungsabkommen mit der EU auszusprechen, geht es im Grunde um die Forderung der EU, dass er die frühere Ministerpräsidentin und politische Widersacherin, die er eingesperrt hat, wieder freilässt. Jetzt dürften Sie langsam einen Eindruck davon bekommen, wie tiefgreifend die Korruption in der Ukraine ist.

Die Veränderungen, die nach der Orangenen Revolution einsetzten, waren einfach nicht tiefgreifend genug, und Janukowytsch ist darüber hinaus immer eher pro-russisch gewesen. Die Westukrainer sahen die Möglichkeit, einen anderen Kurs einzuschlagen, und sie haben nicht damit gerechnet, dass das Ganze in Gewalt umschlagen würde, da es diese Widerstände während der Orangenen Revolution nicht gegeben hat. Diesbezüglich lagen sie daneben.

Die Ressentiments gegenüber der Korruption sind nun abermals drastisch gestiegen. Täuschen Sie sich nicht: Im Kern geht es immer um die Wirtschaft. Die Ukraine benötigt dringend eine Geldspritze, weil ihre Regierung so korrupt ist. Janukowytsch, der seit 2010 an der Macht ist, erklärte, dass er es sich nicht leisten könne, ein Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen. In Wirklichkeit ging es nur darum, wer ihm mehr Geld zuschanzt.

Deutschland und die USA beginnen jetzt mit der Finanzierung der „Rebellen“. Russland finanziert die Söldner und übermittelte der Ukraine USD 2 Milliarden und die Forderung, die Rebellion zu zerschlagen.

Russland stellt das Ganze als einen von den USA finanzierten Putsch dar. Und ironischerweise geht die Finanzierung jetzt tatsächlich los. Die „Rebellen“ wurden anfangs von niemandem finanziert, denn wäre das der Fall gewesen, wären sie bewaffnet gewesen. Die Orangene Revolution lief ohne Blutvergießen ab und die Demonstranten rechneten auch dieses Mal mit denselben Ergebnissen, waren also für diesen Zweck auch gar nicht auf Finanzierung aus.

Natürlich stellten Deutschland und die EU Gelder bereit, um das Assoziierungsabkommen mit der EU bei der ukrainischen Bevölkerung zu bewerben – aber das war für eine Marketing-Kampagne, bei der in den Städten mit Werbeplakaten und Schildern für die Idee geworben wurde. Diese Gelder gingen nicht mit der Erwartung eines Bürgerkriegs einher. Und das ist ein riesiger Unterschied. Nichtsdestotrotz veranschaulichen die gewaltsamen Angriffe durch Janukowytschs Söldner, warum der Westen die Rebellen jetzt finanzieren muss.

Dass die Demonstranten eine Verfassungsreform fordern, veranschaulicht, dass es im Kern um die Korruption geht und nicht darum, ob man sich nun der EU oder Russland anschließt, so wie es von den Medien dargestellt wird. Und bei den Reformen geht es nicht allein ums Geld. Es geht einzig um politische Macht. Es geht um Janukowytsch, der im Grunde eine Diktatur errichtet hat.

Die Opposition hat den Sturz von Janukowytsch und die Ausrufung von Neuwahlen gefordert, da er die Wahl gestohlen und die frühere Ministerpräsidentin, die ihn aus dem Amt warf, ins Gefängnis gesteckt hat. Die allgemeine Auffassung ist, dass die Regierung eine Diktatur ist, da viel zu viel Macht in den Händen von Janukowytsch ruht und das Parlament zu wenig Macht hat. Da gibt es keine Gewaltenteilung.

Es ist die Korruption, die für die Kernforderungen sorgte – doch Janukowytsch würde eher die gesamte Westukraine umbringen, als von der Macht abzulassen. Das ist das Kernthema und es ist auch der Grund dafür, warum sich tausende Demonstranten unter Lebensgefahr für ihren Wunsch nach politischen Veränderungen engagieren. Es geht hier nicht um die EU gegen Russland – die Ukrainer wollen eine ehrliche Regierung.

Nachdem die Demonstranten vor dem Anwesen von Janukowytsch aufgetaucht waren, erließ er am darauffolgenden Tag ein Gesetz, das es illegal machte, dass mehr als fünf Autos gemeinsam auf der Straße unterwegs sind. Seine Söldner „töteten“ die Menschen zwar noch nicht, aber sie wurden eingesperrt und als Geiseln gehalten, während andere nackt im Wald zurückgelassen worden, um dort zu sterben. Es wurde beobachtet, dass ein Mädchen, das den Demonstranten einfach nur als Krankenschwester half, von Janukowytschs Schlägern an einem Bahnhof abgeführt und dann im Wald zurückgelassen wurde, um zu sterben.

Die USA und die EU werden jetzt die Rebellen finanzieren, genauso wie Russland Janukowytsch finanzieren wird. Auf politischer Ebene ist die Ukraine der Bauer auf dem Schachbrett. Der Propagandakrieg ist Ost gegen West. Diese Machtspielchen übertünchen jedoch den Kern des Problems, um den es bei der Orangenen Revolution ging: Korruption.

Janukowytsch ist ein Diktator, der nie von der Macht ablassen wird. So einfach ist das. Es wird in der Ukraine keine echten Wahlen mehr geben. Das Ganze scheint sich in eine Konfrontation zu entwickeln, die von der Welt nicht ignoriert werden kann.

Fazit

Wenn wir hier einmal die ganze politische Rhetorik von beiden Seiten außen vorlassen und uns nur auf die grundlegenden Fragen der Ukraine konzentrieren, dann erkennen wir, wie sich ein gemeinsamer Nenner mit der Türkei, Südeuropa und Asien herausbildet.

In all diesen Regionen haben Russland und die Vereinigten Staaten keinen Konflikt miteinander. All jene, die im Hinblick auf die Ukraine der jeweils anderen Seite die Schuld geben, begreifen nicht, worum es geht: Es geht ausschließlich um die Wirtschaft.

Man sollte die Ukraine entlang ihrer historischen Sprachgrenze teilen und gut ist. Die USA wollen nicht, dass die Ukraine wieder an Russland angeschlossen wird, da dies ein Signal wäre, dass die alte Sowjetmacht wieder aufsteigt, und aus russischer Sicht darf ein Territorialverlust niemals wieder zugelassen werden.

Dieser Machtkampf ist aber keinesfalls das Hauptproblem – denn wenn dem so wäre, würden derzeit nicht an all den anderen Orten auf dem Planten Bürgerunruhen ausbrechen. Was derzeit in der Ukraine stattfindet, ist nicht auf die Ukraine beschränkt. Die Ansteckung lässt sich bereits beobachten, beispielsweise in Moldawien, wo die Studenten an Solidaritätsbekundungen für die Demonstranten in Kiew teilnehmen.

Ja, die Teilung des Landes wäre eine gute Idee – doch wird das auch passieren? Es ist zweifelhaft, ob eine solche Teilung freiwillig stattfindet. Schauen Sie nur auf Israel und Palästina. Die Wunden dort werden vielleicht nie heilen. Der Westen wird den Osten hassen und der Osten wird den Westen hassen. Es kann keine Lösung geben, wenn die eine Seite die andere unterdrückt. Das funktioniert nie.

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