Martin Armstrong, Armstrongeconomics.com, 23.02.2014
Als ich geschrieben habe, dass es in den USA keine tiefgreifenden Ressentiments gibt, dann waren damit Ressentiments gegenüber Deutschland und Japan gemeint. Innerhalb der USA gibt es nach wie vor tief verwurzelte Ressentiments zwischen dem Süden und dem Norden des Landes und zwischen dem Bible Belt und den Demokraten. Das ist aber ein internes Problem, das sich von jahrhundertealten Ressentiments unter den Nationen unterscheidet.
Darüber hinaus ist es so, dass sich zurzeit ein neuer Kalter Krieg entwickelt. Hierbei handelt es sich um ein Machtspiel, bei dem sich die USA und Russland gegenüberstehen. Die USA haben nun wieder Panzer nach Europa gesandt und damit begonnen, Europa Rohöl zu verkaufen. Diese US-amerikanische Eindämmungspolitik zielt ganz eindeutig darauf ab, Russland in Schach zu halten, da sich beide Seiten misstrauen.
Dieser Machtkampf zwischen den USA und Russland hat aber nichts mit den Graswurzelbewegungen zu tun, die nun überall in der Welt auftauchen und in der Ukraine besonders sichtbar geworden sind. Die Spannungen zwischen den USA und Russland sind real und nehmen weiter zu, und die Ereignisse in der Ukraine waren für beide Seiten schockierend. In Wirklichkeit haben wir es hier aber mit zwei klar voneinander abgegrenzten Trends zu tun, die derzeit im Gang sind:
1. Die echte Graswurzelbewegung, wo die Menschen von der Korruption die Nase voll haben. Hierunter fällt auch der Schutz der Wall Street Banker durch die USA.
2. Die Zunahme geopolitischer Spannungen, die wahrscheinlich einen Krieg hervorrufen werden.
Wer glaubt, dass die Revolution in der Ukraine einfach nur von den USA angestachelt wurde, übertüncht dadurch die Tatsache, dass wir es gegenwärtig mit einer weltweiten Graswurzelbewegung zu tun haben, ungefähr so wie in dem alten Film „Network“: „Ich bin fuchsteufelswütend und werde mir das nicht mehr länger gefallen lassen!“ Das ist der Trend, wo die Menschen von Wall Street und Obamas Rückendeckung für Leute, die man für „Gangster-Banker“ hält – wie Jon Corzine, der einstige Goldman Sachs Chef, der M.F. Global zum Einsturz brachte –, die Nase voll haben.
Das ist die Korruption, die zu weltweiten Ressentiments gegenüber den USA führt und die Graswurzelbewegung weltweit weiter anheizt: Die Menschen haben zunehmend weniger Verständnis gegenüber allen Politikern, die mit Korruption zu tun haben. Sie werden alle über einen Kamm geschert, ganz gleich, aus welchem Land sie sind.
Dieser Trend ist aber ein für sich alleine stehender und ganz spezieller Trend, der sich von den geopolitischen Spannungen, die es gibt und die mit jedem weiteren Tag schlimmer werden, deutlich unterscheidet. So haben wir in Asien China gegen Japan und in Europa USA/EU gegen Russland.
Täuschen Sie sich nicht: Wenn man den USA für die Ukraine die Schuld gibt, übersieht man dabei die Tatsache, dass wir es hier in Wirklichkeit mit einem viel tiefgreifenderem Problem zu tun haben, das von den Graswurzeln herrührt und mit der Wirtschaft und der allesdurchdringenden weltweiten Korruption in Zusammenhang steht.
Diese Korruption kommt von den „repräsentativen“ Staatsformen, die genauso korrupt sind wie die alte Römische Republik. Und das hat nichts mit den typischen geopolitischen Konflikten zu tun, die einst zwischen Königen ausgetragen wurden und heutzutage zwischen den vermeintlichen „Repräsentanten“ der verschiedenen Länder ausgetragen werden.
Sie sollten meine Verteidigung der Ukraine – wo ich sage, dass es sich bei der Bewegung in der Ukraine um eine Graswurzelbewegung handelt – also nicht als irgendeine Form der Unterstützung für Obama oder seine Agenda auffassen.
Obama hat versucht, den US-Bürgern ihre Waffen zu verbieten. Er hat die gesamte Munition aufgekauft und versucht gegenwärtig, jedem US-Bürger, der der US-Regierung noch Geld schuldet, den Reisepass zu entziehen, während alle Handlungen aller US-Bürger und alle Orte, wo sie sich aufhalten, aufgezeichnet werden. Dass Obama die Amerikaner im Inland mithilfe der NSA ausspioniert, zeigt die Angst, die sie vor dem bevorstehenden Aufstieg der Graswurzelbewegung haben, wenn die Menschen erst einmal herausfinden, dass der Staat auf die Renten die Zahlungsunfähigkeit erklären wird.
Und das sind nur einige der Probleme, die zu dieser ersten Kategorie gehören – und das ist gegenwärtig auch die Hauptsorge aller Regierungen und der Stoff, mit dem der von unserem Modell prognostizierte Anstieg der Bürgerunruhen angeheizt wird.
Die Staaten wollen es natürlich nicht zugeben, aber sie sind zu Tode erschrocken. Das ist auch der Grund, warum Europa die Freizügigkeit von Demonstranten innerhalb der EU einschränken kann. Es ist der Grund, warum die USA Obama den Internet-Notausschalter gegeben haben – um zu verhindern, dass sich die Jugend organisiert, nicht etwa aus Angst vor Russland.
Diesen Trend sollten Sie nicht mit dem traditionellen Kalten Krieg USA gegen Russland durcheinanderbringen, der sich derzeit ebenfalls immer stärker zuspitzt. Diese beiden Trends unterscheiden sich substantiell voneinander!
Die Zunahme weltweiter Bürgerunruhen – der Zusammenbruch des Marxismus und der Republiken
In vielen Hauptstädten der Schwellenländer wie der Türkei, Ukraine, Thailand, Venezuela, Malaysia und Kambodscha finden nun schon seit Monaten Demonstrationen statt. Diese Demonstrationen sind Teil der steigenden Spannungen, vor deren Ausbreitung unser Modell warnt.
Ich habe diese Entwicklung auch als den „Zusammenbruch des Sozialismus“ bezeichnet, da wir es hier mit einem fallenden Lebensstandard und einem durch die steigenden Staatskosten verursachten bedeutend geringeren Wirtschaftswachstum zu tun haben. Die „sozialistischen“ Konzepte, dass den Menschen geholfen würde, sind nichts weiter als Propaganda. Die Politiker haben sich überall ihre Taschen vollgestopft und die Korruption ist zu einer neuen institutionalisierten Form aufgestiegen.
Es gibt Kritiker, die gerne behaupten, dass es der Kapitalismus sei, der gegenwärtig zusammenbricht – aber Kapitalismus ist einfach nur die Freiheit, das zu sein und das mit seinem Geld zu machen, was man selbst möchte. Selbst in Russland, wo der „offizielle“ kommunistische Staat zusammenbrach, gibt es heute Privateigentümerschaft. Trotzdem befinden sich die neuen Firmen alle im Besitz verschiedener oligarchischer Organisationen.
Es gibt ein gemeinsames Band, das all diese Bewegungen miteinander vereint. In nahezu all diesen Orten drängen die Demonstranten darauf, dass die Präsidenten oder Premierminister aus ihren Ämtern geworfen werden. Die Demonstranten behaupten, sie seien käuflich, autoritär und würden sich für die Meinung der Öffentlichkeit nicht im Geringsten interessieren. Einige haben versucht, zu behaupten, dass hier in Wirklichkeit die Elite am Werk sei, die darauf aus ist, die Demokratie zu stürzen.
Um das noch einmal ganz deutlich zu sagen: In Wirklichkeit herrscht in keinem Land auf der Welt Demokratie. Die Schweiz ist das Land, das noch am ehesten daran heranreicht. Wir leben in Republiken mit Repräsentanten – aber nicht in Gesellschaften, wo das Volk bei wichtigen Themen tatsächlich abstimmen dürfte.
Wer hier versucht, der USA für die Entwicklungen in der Ukraine die Schuld zu geben, vernebelt diesen sehr bedeutenden Trend. Gibt man den USA für die Geschehnisse in der Ukraine die Schuld, begibt man sich nämlich auf einen Pfad, der es einem unmöglich macht, den vollständigen weltweiten Trend zu erfassen. In Thailand oder Kambodscha kann man nicht behaupten, dass es sich dabei um einen Konflikt von Russland gegen die USA handeln würde.
Schaut man sich den Trend losgelöst von aller politischen Rhetorik an, entdeckt man plötzlich, dass es der wirtschaftliche Trend ist, der unsere Zukunft diktiert. Man sollte die Fakten also nicht durcheinanderwirbeln und das Ganze einzig aus der Warte Russland gegen die USA betrachten. Hier geht es um viel mehr als um diesen Nonsens.
Und wir haben es hier nicht nur mit dem Niedergang des Sozialismus – des letzten Überbleibsels des Marxismus – zu tun, sondern auch mit dem Niedergang des Republikanismus, wo die Berufspolitiker vorgeben, die besten Interessen der Menschen zu „repräsentieren“. Der Republikanismus befindet sich auf derselben Stufe wie der Kommunismus – in beiden Systemen ist das Volk überhaupt nicht von Belang.
Von Europa über Amerika bis hin nach Asien leiten die Staaten derzeit rasch Schritte ein, um die Menschen immer stärker ihrer Mitspracherechte zu berauben. Dieser Trend bringt die Menschen um ihren Lebensstandard, da die Steuern immer stärker steigen, und das ist auch genau der Trend, der zum Zusammenbruch republikanischer Staatsformen führen wird – eine Entwicklung, die in Rom ihren Anfang nahm und dann auch bei den Aufständen gegen die Monarchien Ende des 18. Jahrhunderts zu beobachten war.
Das ist Wirtschaft in Reinform. Es ist immer und ausnahmslos der wirtschaftliche Druck, der das Endspiel diktiert. Wenn es nicht fair und praktisch ist, lassen sich die Menschen nur eine bestimmte Zeit lang unterdrücken, bevor es zu diesen Graswurzel-Aufständen kommt, bei denen eine Revolution gefordert wird.