Steve Saville, The Speculative Investor, 01.05.2014

1. Jedes Investment muss den „Schlaf-Test“ bestehen.

Ein Investment sollte nicht so groß sein, dass Sie nachts wach im Bett liegen und sich Sorgen darüber machen. Um ein erfolgreicher Spekulant oder Anleger zu sein, müssen Sie entspannt und objektiv bleiben. Ein unangenehm hohes Investment oder ein zu hoher Trade können – obschon damit ein potenziell hoher Gewinn eingefahren werden kann – Ihre Fähigkeit, objektiv zu bleiben, gefährden und somit zu Fehlern führen.

2. Vermeiden Sie die Gefühle Hoffnung, Gier und Angst.

Hoffnung geht oftmals mit unrealistischen Erwartungen einher und sorgt bei Anlegern dafür, sich an eine Verlustposition zu klammern, wodurch die Verluste unnötig ausgeweitet werden. Gier sorgt bei einem Anleger dafür, zur falschen Zeit zu kaufen (wie nahe dem Hoch einer Rally) und zu große Geldbeträge zu riskieren. Angst hält einen Investor davon ab, zu einer Zeit zu kaufen, wo der Markt die besten Kaufgelegenheiten bietet, und veranlasst ihn dazu, zum schlechtmöglichsten Zeitpunkt (auf dem Tief einer Korrektur oder eines Bärenmarkts) zu verkaufen.

3. Sehen Sie Ihr Investment/Trading als ein Geschäft an, nicht als Zockerei.

Hierzu gehört:

a) Überprüfen Sie Ihre Emotionen, bevor Sie sich mit einem Investment auseinandersetzen. Sie werden nicht in der Lage sein, objektive Entscheidungen zu treffen, wenn Sie sich über Gewinne zu sehr freuen und/oder sich von Verlusten zu sehr deprimieren lassen.

b) Folgen Sie bei jedem Wert, den Sie kaufen, einem Einstiegs- und Ausstiegsplan.

c) Scheren Sie sich nicht darum, wie sich der Preis einer Aktie entwickelt, nachdem Sie sie verkauft haben. Wenn Sie sich fortwährend Sorgen darüber machen, dass eine Aktie durch die Decke schießen wird, nachdem Sie sie verkauft haben, werden Sie nie in der Lage sein, zum richtigen Zeitpunkt auszusteigen.

d) Ignorieren Sie die Claqueure und Cheerleader. Die Cheerleader – also die Kommentatoren, die umso bullischer werden, desto stärker der Preis steigt, und sich ausschließlich auf die möglichen riesigen Zugewinne konzentrieren, so als sei der Einkauf in den Markt zum jetzigen Zeitpunkt ein sicherer Weg, um ein Vermögen zu machen – neigen dazu, bei ihren Anhängern die Ader zum Zocken zu befördern.

4. Arbeiten Sie immer mit einem disziplinierten Risikomanagement.

Es ist schwer, sich Fehler einzugestehen. Und es besteht gewöhnlich auch die Angst, dass, wenn ich jetzt mit einem kleinen Verlust verkaufe, sich der Preis umgehend wieder erholen wird und ich dadurch die Möglichkeit verliere, vom Anstieg zu profitieren. Schließlich „stirbt die Hoffnung als letztes“, und die Aktie, die wie ein Stein zu Boden kracht, wird sich eines Tages gleich einem Adler in die Lüfte schwingen; das Einzige, was ich tun muss, ist abzuwarten.

Sie müssen einen systemischen Risikomanagement-Ansatz nutzen – zu dem „Stopp-Loss“-Orders gehören können oder auch nicht –, um Ihr Investmentkapital zu schützen. Diese Lektion ist schwer zu lernen und kann gewöhnlich nur über Erfahrung auf die harte Tour gelernt werden.

5. Verringern Sie den Glücksfaktor bei Ihren Investments und spielen Sie das Prozent-Spiel.

Zu dem Spielen eines Prozent-Spiels gehören die Folgenden Verhaltensregeln:

a) Versuchen Sie nicht, in irgendeinem Jahr ein Vermögen zu machen, sondern folgen Sie stattdessen einem Investmentansatz, der darauf abzielt, über mehrere Jahre hinweg überdurchschnittliche Renditen zu erzielen. Auf diese Art könnten Sie am Ende tatsächlich ein Vermögen machen – aber seien Sie gewarnt, denn die überwiegende Mehrheit der Menschen, die versuchen, am Aktienmarkt schnell reich zu werden, ist am Ende bedeutend ärmer.

b) Planen Sie nie, auf dem Tief zu kaufen oder auf dem Hoch zu verkaufen. Stattdessen sollten Sie planen, bei den Gelegenheiten zu kaufen, wo das Gewinn-Risiko-Verhältnis hoch ist, und nicht zu kaufen oder zu verkaufen, wenn das Gewinn-Risiko-Verhältnis gering ist.

c) Nehmen Sie in Phasen extremer Stärke etwas Geld vom Tisch, sodass Sie während periodischer Korrekturen nicht den Druck verspüren, verkaufen zu müssen.

d) Kaufen Sie während heftiger Korrekturen, die in einem langfristigen Bullenmarkt immer mal wieder vorkommen, ein wenig nach. Berücksichtigen Sie jedoch, dass das aus finanzieller und/oder emotionaler Sicht gewöhnlich nur dann möglich ist, wenn Sie zuvor in Phasen der Stärke einige Gewinne mitgenommen haben.

e) Treffen Sie nie Kauf oder Verkaufsentscheidungen, bei denen Sie mit all Ihren Positionen gleichzeitig in den Markt hinein- bzw. hinausgehen. Stattdessen sollten Sie in Schwächephasen sukzessive in den Markt einsteigen und in Phasen der Stärke sukzessive wieder aussteigen, während Sie die ganze Zeit über im jeweiligen langfristigen Bullenmarkt bleiben.

f) Verwetten Sie nicht „Haus und Hof“ aufgrund einer einzelnen Prognose. Prognosen – egal wie gut und durchdacht sie einem auch erscheinen mögen – sind bloß Meinungen, und Meinungen können falsch sein.

g) Setzen Sie nicht einen Großteil ihres Kapitals bei irgendeinem einzelnen Wert aufs Spiel. Ganz gleich, wie attraktiv eine Aktie auch erscheinen mag, Sie sollten sich über die Tatsache im Klaren sein, dass selbst den besten Firmen einfach irgendwelche „Dinge“ widerfahren können.

6. Kaufen Sie in den Phasen, wo die Fundamentaldaten und die Preisentwicklung günstig sind.

Die Fundamentaldaten sind günstig, wenn der Preis einer Aktie im Vergleich zum Wert, der der Aktie zu Grunde liegt, günstig ist, also dort, wo der Wert des zu Grunde liegenden Unternehmens durch die Vermögenswerte des Unternehmens und die Wachstumsaussichten bestimmt wird.

Beispiele für eine vorteilhafte Preisentwicklung sind unter anderem Konsolidierungsphasen oder die Ausbildung einer Basis im Rahmen eines längerfristigen Aufwärtstrends.

7. Konzentrieren Sie sich nicht auf Gewinne/Verluste eines Trades, während dieser Trade immer noch im Gang ist.

Wenn Sie darüber nachdenken, wie viel Geld Sie bei einem Trade machen oder verlieren werden, während dieser Trade immer noch im Gang ist, kann das Gefühle der Angst und/oder der Gier hervorrufen und Ihre Entscheidungen beeinflussen. Sie brauchen für jede Aktie einen Ausstiegsplan und sollten die Fundamentaldaten und die Preisentwicklung weiter im Auge behalten, um zu ermitteln, ob der Wert gehalten oder verkauft werden sollte.

8. Stellen Sie sicher, dass Ihr Ausstiegsplan mit Ihrem Einstiegsplan in Einklang steht.

Wenn Sie beispielsweise eine Aktie gekauft haben, weil die Preisentwicklung günstig verlief, dann sollten Sie aussteigen, wenn sich der Preis ungünstig entwickelt. In diesem Fall könnte es ein sinnvoller Ansatz sein, knapp unter einer technischen Stützungslinie einen Stopp zu setzen. Wenn Ihre Entscheidung, eine Aktie zu kaufen, aber vornehmlich auf wertorientierte Erwägungen zurückgeht, würde es keinen Sinn machen, zu verkaufen, nur weil der Preis gefallen ist.

9. Nicht vergessen: Es gibt keine absoluten Hochs oder Tiefs.

Oftmals sind es die billigsten Aktien, die am stärksten fallen, und die teuersten Aktien, die die größten Zugewinne verbuchen. Darüber hinaus kann ein Preisniveau, das niedrig oder hoch erscheint, in zwölf Monaten den gegenteiligen Eindruck erwecken.

10. Halten Sie stets einen nennenswerten Bargeldbestand.

Sie müssen immer in der Lage sein, aus sich bietenden Möglichkeiten Vorteil zu schlagen, und die einzige Möglichkeit, das zu tun, ist, stets bedeutende Geldreserven zu halten.

11. Beenden Sie einen ereignisbasierten Trade, sobald das erwartete Ereignis eintritt.

Sagen wir beispielsweise, dass ein von Ihnen beobachtetes Unternehmen seine jüngsten Gewinnzahlen veröffentlicht. Sie rechnen damit, dass die vom Unternehmen veröffentlichten Gewinne positiv überraschen werden, und kaufen die Aktie mit dem Ziel, in den auf die Veröffentlichung folgenden Tagen Gewinn daraus zu schlagen. Wenn das Unternehmen dann ein Ergebnis veröffentlicht, das die Erwartungen nicht übertrifft, müssen Sie umgehend verkaufen, weil sich die Grundlage Ihres Trades als falsch herausgestellt hat. Sollte das Unternehmen jedoch Gewinne veröffentlichen, die über den Erwartungen liegen, müssen Sie ebenfalls innerhalb weniger Tage nach der Veröffentlichung der Gewinnzahlen verkaufen, ganz gleich, wie die Preisentwicklung auch aussehen mag, weil das Ihr Plan gewesen ist, mit dem Sie den Trade eingingen. Ein disziplinierter Ansatz verhindert, dass sich kurzfristige Trades in ungerechtfertigt langfristige Investments verwandeln.

12. Seien Sie nicht knausrig, was Marktinformationen und Kauf-/Verkaufs-Preisziele anbelangt.

Der spekulative Investor beteiligt sich nicht am Day-Trading und steigt nicht mit dem Ziel in den Markt ein, einen kleinen Profit einzustreichen. Das Zeitfenster für einen Trade wird in der Regel zwischen 1 Monat und 24 Monaten liegen und das Ziel wird sein, eine überdurchschnittliche Rendite zu generieren (beispielsweise würde man bei einem 12-Monatsinvestment im Allgemeinen auf eine Rendite von wenigstens 30% abzielen). Daher macht es auch keinen Sinn, die letzten paar Cents herauskitzeln zu wollen, wenn man einen Kauf oder Verkauf durchführt.

Es lohnt sich, für Markt- oder Aktieninformationen, die Ihre Investment-/Trading-Chancen verbessern, Geld auszugeben.

13. Seien Sie sich im Klaren darüber, dass das Risiko einer Trendumkehr hoch ist, wenn die Öffentlichkeit extrem bullisch oder extrem bärisch ist.

Wenn die überwiegende Mehrheit extrem bullisch ist, dann hat jeder, der kaufen würde, bereits gekauft, und dem Markt bleibt nur noch eine Richtung, in die er gehen kann, nach unten. Genauso verhält es sich, wenn die überwiegende Mehrheit extrem bärisch ist, denn dann hat jeder, der verkaufen würde, bereits verkauft, und der Markt hat nur noch eine Richtung, in die er gehen kann, nach oben. Aber Vorsicht: Das, was ein bullisches oder bärisches Extrem ausmacht, hängt von dem langfristigen Trend ab (beispielsweise kann die Stimmung während eines Bullenmarkts noch bullischer werden und länger bullisch bleiben als während eines Bärenmarkts).

14. Seien Sie geduldig.

Gewöhnlich sollten Sie realistischerweise nicht davon ausgehen, dass Sie mehr als zwei großartige Gelegenheiten pro Jahr finden werden, um vom Markttiming profitieren zu können (manchmal wird sich auch nur eine Gelegenheit bieten und selten sind es mehr als drei). Daher zahlt es sich aus, geduldig zu sein und auf die großen Trendumkehren an den Märkten zu warten, die gewöhnlich mit Extremen bei der Massenpsychologie einhergehen. Wenn sich diese Gelegenheiten bieten, muss der spekulative Investor finanziell darauf vorbereitet sein (siehe Regel Nr. 10) und psychologisch darauf vorbereitet sein (siehe Regel Nr. 2), um vollumfänglich profitieren zu können.

15. Erinnern und lernen: Keine Reue oder Schuldzuweisungen.

Übernehmen Sie für Ihre Investmententscheidungen die volle Verantwortung und fallen Sie nie darauf herein, anderen die Schuld zu geben, wenn die Dinge nicht laufen. Verluste sind oftmals Lernerfahrungen und können in Wahrheit sogar gut ausgegebenes Geld sein, wenn es Sie davon abhält, denselben Fehler noch einmal zu machen. Wenn Ihre Reaktion auf einen Verlust jedoch darin besteht, dass Sie den Fehler nicht bei sich selbst suchen, sondern jemand oder etwas anderes dafür verantwortlich machen, haben Sie aus der Erfahrung nichts gelernt und das Geld wurde verschwendet.

16. Bleiben Sie mit beiden Füßen auf dem Boden.

Dazu gehört:

a) Beschweren Sie sich nie über Verluste und prahlen Sie nie mit Ihrem Gewinn.

b) Wenn der Markt einen massiven Aufwärtstrend aufweist und Ihre Aktien jeden Tag steigen, vergessen Sie nicht, dass Sie nicht im Ansatz so schlau sind, wie Sie glauben; und wenn es bei heftigen Korrekturen so scheint, als würde jede von Ihnen gehaltene Aktie auf null fallen, vergessen Sie nicht, dass Sie nicht so dumm sind, wie Sie sich fühlen.

c) Seien Sie darauf vorbereitet, Ihre Meinung zu ändern, wenn sich die Faktenlage ändert. Mit anderen Worten: Verheiraten Sie sich nicht mit irgendeiner Aktie oder irgendeiner Marktauffassung.

d) Agieren Sie nicht so, als sei die aktuelle Rally die letzte großartige Gelegenheit, um Geld zu machen. Dem ist nicht so.

e) Seien Sie stets aufgeschlossen gegenüber neuen Ideen und Analysen/Beweisen, die Ihrer aktuellen Sicht auf die Finanzwelt widersprechen. Die meisten Menschen sind schnell dabei, alles zu feiern, was ihre bereits bestehenden Meinungsbilder bestätigt, und alles zu verwerfen, was diesen Auffassungen widerspricht, was auch der Grund dafür ist, warum die meisten Menschen Hinweise auf eine Trendumkehr erst dann erkennen, wenn es bereits zu spät ist.

17. Sie sollten die Geschichte von jeder Aktie kennen, die Sie kaufen.

Es reicht nicht, einfach bloß den Empfehlungen von Newsletter-Autoren zu folgen, denn selbst wenn diese Empfehlungen absolut korrekt sind, werden Sie im Rahmen einer Abverkaufs-Panik nicht in der Lage sein, nachzukaufen oder zu halten, sofern Sie nicht über die Zuversicht verfügen, die sich aus dem tiefgreifenden Verständnis der hinter dem Titel stehenden Geschichte ergibt.

18. Sie müssen sich selbst kennen.

Wenn Sie beispielsweise jemand sind, der nervös wird und schlecht schlafen kann, wenn Ihre Aktien große Kursbewegungen hinlegen, sollten Sie keine volatilen Aktien kaufen. Oder wenn Sie wissen, dass Sie zu beschäftigt sein werden, um die Geschichten der einzelnen Aktien vollständig zu verstehen, sollten Sie den überwiegenden Teil Ihres Aktienmarktkapitals in Aktienfonds stecken.

19. Kaufen Sie nie mit Kredit.

Sie dürfen Aktien niemals mit Schulden kaufen, außer Sie sind ein Vollzeit-Profi-Investor/Trader mit einer langen Historie erfolgreichen Risikomanagements. Denn sobald Sie anfangen, mit kreditfinanzierten Trades/Investment zu arbeiten, werden Sie zu einer „schwachen Hand“ (Sie werden zu jemand, der als Reaktion auf einen drastischen Preiseinbruch wahrscheinlich verkaufen muss, also jemand, der wahrscheinlich gezwungen wäre, zu einem Zeitpunkt zu verkaufen, wo man wohlmöglich einige Zukäufe tätigen sollte).

20. Nehmen Sie das Ganze nicht allzu ernst. Haben Sie Spaß!

Schließlich geht es nur um Geld.

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