Wolf Richter, Testosteronepit.com, 23.05.2014

Die US-Wirtschaft und die gesamte Weltwirtschaft hoffen derzeit verzweifelt darauf, dass die Frühjahrserholung endlich einsetzt. Dieses amerikanische Phänomen wurde nun bereits das sechste Jahr in Folge vorhergesagt, aber die letzten fünf Prognosen stellten sich dann eher als eine Mischung aus politischem Wunschdenken und Wall Street Propaganda heraus – was folgte, war ein Achselzucken und ein „Was soll´s – dann vielleicht nächstes Jahr.“

Und während wir immer noch auf die Frühjahrserholung warten, kam es beim Welthandel – einem der wichtigsten Indikatoren im Hinblick auf unsere globalisierte Wirtschaft – zu drastischen Rückgängen.

Das weltweite Handelsvolumen sank im März um 0,5%, nachdem es im Februar bereits um 0,7% gefallen war, so das CPB, die Forschungsabteilung des niederländischen Wirtschaftsministeriums, in seinem jetzt veröffentlichten Märzbericht zum Welthandel. Der Rückgang lag im ersten Quartal dieses Jahres bei 0,8%, nachdem der Welthandel im vierten Quartal um 1,5% gestiegen war.

Um die den monatlichen Zahlen innewohnenden Schwankungen zu beseitigen, bietet das CPB sogenannte „Momentum“-Daten an, die wie folgt definiert werden: „Die Veränderungen des 3-Monatsschnitts bis zum Berichtsmonat im Vergleich zum Schnitt der drei vorangegangenen Monate.“ Dadurch werden die Schwankungen zum Teil geglättet.

Dieser Handelsmomentum-Indikator rutschte im März um 0,8% ab, nachdem er im Februar bereits leicht mit 0,3% im Minus lag. Im Folgenden sehen Sie einen Chart, der das Handelsmomentum ab 2010 zeigt. Der starke Rückgang seit Ende letzten Jahres, der nun bereits in den negativen Bereich abgerutscht ist, ist gut zu erkennen.

World-Trade-merchandise-2010-2014_03-change

Der Handelsindex des CBP betrachtet die Entwicklung aus einer klein wenig anderen Perspektive. Der nachfolgende Chart zeigt den kontinuierlichen Anstieg des Welthandelsvolumens von 2005 bis zur Finanzkrise, als die Entwicklung zu einem abrupten Halt kam und das Momentum komplett in sich zusammenbrach. Dem folgte eine rasche Erholung und seit Ende letzten Jahres ist der Index wieder rückläufig.World-Trade-merchandise-Index-2005-2014_03

Aber es ist noch schlimmer. Während sich die rückläufigen Importvolumen vornehmlich auf die Schwellenmärkte konzentrierten, war bei japanischen Importen ein „bemerkenswerter Anstieg“ zu verzeichnen. Und dafür gab es einen Grund, und zwar einen sehr vergänglichen.

Die japanischen Haushalte und Unternehmen haben bedeutende Ausgaben wie den Kauf von Baumaterialien, Maschinen, Autos, Schmuck, Elektronik usw. vorgezogen, weil in Japan am 01.04.2014 eine Mehrwertsteuererhöhung in Kraft trat. Diese Steuer betrifft sehr viele Produkte und die Japaner konnten mit den vorgezogenen Käufen 3% Steuern sparen – und das in einem Land, wo die 10-jährige Staatsanleihe seit Jahren mit weniger als 1% rentiert. Die vorgezogenen Käufe waren eine Riesensache. Alle haben mitgemacht und die Importe sind in die Höhe geschossen.

Dieser vorübergehende Anstieg bei den Importen der drittgrößten Wirtschaft auf dem Planeten hat einige Handelsschwächen in anderen Teilen der Welt übertüncht. Ohne den japanischen Kaufrausch, wäre das Handelsmomentum im ersten Quartal noch stärker zurückgegangen.

Und das waren die guten Nachrichten.

„Auf der Exportseite war das Bild negativer“, heißt es im CPB-Bericht. Praktisch alle Industrieländer hatten mit rückläufigen Exportvolumen zu kämpfen – Japan und die Eurozone waren besonders stark betroffen, während es in Mittel- und Osteuropa zu einer Erholung kam. Und in den Schwellenmärkten waren die Ausfuhren den vierten Monat in Folge rückläufig. Hier stach China besonders stark hervor.

Das Momentum ging in den Industrie- und den Schwellenländern zurück. In den USA, wo die mittlerweile bereits berüchtigte Frühjahrserholung wieder einmal unmittelbar bevorsteht, „blieben das Importmomentum und das Exportmomentum negativ.“

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner