Die Welt steht Kopf: Noch nie waren die Anleiherenditen der Euroländer so niedrig wie heute – und das bei weiter explodierenden Schuldenständen. Eine trügerische Ruhe, die wohl bald wieder der Realität weichen wird

Zerohedge.com, 09.06.2014

Wir hatten die Große Depression, das Große Maßhalten und die Große Rezession – und nun haben wir dank der weltweiten Zentralbanken auch den Großen Wahnsinn. Nirgends ist die Kluft zwischen den Marktzinsen und den fundamentalen Realitäten so offenkundig wie bei den Anleiherenditen der Euroländer.

Und während wir auf die letzten zehn Jahre zurückblicken und uns fragen, wie es bei den Anleiherenditen derart massiv verschuldeter Länder (deren Verschuldung zurzeit immer weiter zunimmt) zum Kollaps kommen konnte … erklärt uns Jim Reid von der Deutschen Bank, dass bereits ein flüchtiger Blick auf die französischen, italienischen und spanischen Anleiherenditen der letzten 200 Jahre ausreicht, um zu begreifen, dass wir es hier tatsächlich mit einem einzigartigen Augenblick der Geschichte zu tun haben.

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Jim Reid merkt dazu an:

„Draghi hat mit Sicherheit einen riesigen Einfluss auf die Finanzmärkte gehabt, da am Freitag bei verschiedenen Vermögensklassen einige bedeutenden Niveaus erreicht wurden.

Viele europäische Anleihemärkte fielen auf Renditetiefs – einige von ihnen fielen sogar auf neue, mehrere Jahrhunderte zurückreichende Allzeittiefs, und einige von ihnen notieren nahe dieser Allzeittiefs.

Die Rendite für die 10-jährige französische Staatsanleihe fiel im Tageshandel auf 1,654%, das ist ein Allzeittief, das bis zur erstmaligen Erfassung dieser Daten im Jahr 1746 zurückreicht. Die Rendite für die 10-jährige spanische Staatsanleihe fiel ebenfalls auf ein Allzeittief, wobei unsere Daten hier bis 1789 zurückgehen. In Italien war die Rendite nur Anfang 1945 ein paar Monate lang niedriger als heute (hier reichen die Daten bis 1808 zurück).“

Und wir hatten ja bereits übers Wochenende darauf hingewiesen, was Mark Gilbert von Bloomberg dazu zu sagen hatte:

„Die europäischen Anleiherenditen sagen uns, dass die Anleihehalter darauf vertrauen, dass Mario Draghi, der Präsident der Europäischen Zentralbank, sein Versprechen einhalten und ´alles Notwendige` tun wird, um das Einheitswährungsprojekt zu verteidigen. Das ist wohl das Einzige, was uns die Renditen verraten.

Billiges Geld ist für die europäischen Länder, die ihre Schuldenlasten refinanzieren müssen, eine Wohltat; in Spanien werden dieses Jahr weitere Staatsanleihen in Höhe von EUR 102 Milliarden endfällig und im nächsten Jahr laufen dann noch einmal Anleihen im Wert von EUR 132 Milliarden aus, während in Italien dieses Jahr EUR 217 Milliarden und in 2015 weitere EUR 248 Milliarden refinanziert werden müssen. Mit einem Zinssatz von 2,72% ist die Rendite für italienische Staatsanleihen zurzeit halb so hoch wie vor zwei Jahren.

Die unbeabsichtigte Folge von Draghis Versprechen ist aber, dass dadurch jedweder darwinistische Druck eliminiert wird, den die Investoren auf die Staaten der Eurozone ausüben könnten, damit sie ihre Wirtschaften reformieren.“

Man sollte vorsichtig sein, mit dem, was man sich wünscht … es könnte in Erfüllung gehen.

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