Martin Armstrong, Armstrongeconomics.com, 08.06.2014

Frage: „Ich finde es schon interessant, dass [das US-Finanzmagazin] Barrons 2011 darüber berichtete, dass Sie für den Aktienmarkt neue Hochs prognostizierten, und Sie scheinen auch die einzige Person zu sein, die diesbezüglich richtig lag, und trotzdem wenden sich die Medien fortwährend Leuten zu, die nie richtig lagen, um mit ihnen irgendwelches bärisches Zeug über den Aktienmarkt zu besprechen.

Sie hatten mal geschrieben, dass sich das Wall Street Journal weigerte, Jessie Livermore zu zitieren, und das obwohl er ebenfalls richtig lag und sagte, dass der Aktienmarkt steigen würde, und das Wall Street Journal falsch lag, genauso wie es heute der Fall ist. Warum sind die Finanz-Mogule immer so erpicht darauf, bärische Meinungen zu veröffentlichen, und warum veröffentlichen sie nicht einmal eine ausgewogene Gegenmeinung zu dieser Auffassung? Ich spreche ja nur ungerne von einer Verschwörung, aber es scheint, als sei die Mehrheit der Presse immer bärisch, selbst die Internetmedien, die von sich behaupten, real zu sein. Sehr merkwürdig.

Was halten Sie von den Aktienrückkäufen der Konzerne? Sie scheinen die jüngste Ausrede zu sein, warum diese Permabären falsch liegen. Also auf mich macht das den Eindruck, als seien sie genauso schlimm wie die Goldbugs, die auch immer gleich ´Manipulation` schreien, wenn sie falsch liegen.“

Antwort: Ja es ist in der Tat merkwürdig. Und ja, Barrons hatte darüber berichtet, dass das Economic Confidence Modell im Juni 2011 eine Trendwende einleiten würde, aber das dürfte lediglich Nachrichtenwert gehabt haben.

Ich glaube nicht, dass es eine absichtsvolle Verschwörung gibt, bei der man sich weigert, über die andere Seite zu berichten, vielmehr dürfte der überwiegende Teil der Presse einfach nur das nachplappern, was die Masse hören will. Die Presse ist nicht dafür da, die Menschen zu beraten. Und selbst die Internetmedien verkaufen ja Werbeflächen auf ihren Seiten. Sie müssen also auch so schreiben, dass die Leserschaft groß bleibt, um Werbeeinnahmen zu generieren. Sie machen also dasselbe wie die Printmedien. Sie veröffentlichen Nachrichten und Kommentare, das ist keine Beratung. Das ist ganz einfach so – es ist die unsichtbare Hand, wo jeder versucht, in seinem eigenen Interesse zu handeln.

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Der Aktienmarkt schraubt sich unterdessen ironischerweise immer weiter in die Höhe, weil die Menschen den Markt nach wie vor shorten und auf diesen Unsinn hören. Diese fortwährenden Short-Positionen sind genau der Treibstoff, der für den sukzessiven Marktanstieg sorgt.

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Und wir dürfen nicht vergessen, dass es auch Menschen gibt, die zurzeit in 10-jährige US-Staatsanleihen stürmen (die derzeit mit 2,6% rentieren), weil sie Angst haben, dass weitere Zinsrückgänge bevorstehen. Das ist noch einmal ein ganz anderer Schlag von Anlegern. Viele investieren überhaupt nicht in Aktien und wenn, dann haben sie die Märkte immer ganz ängstlich im Blick. Das ist genau die Einstellung, die durch Andrew Melons berühmten Ausspruch zu Beginn des Crashs von 1929 versinnbildlicht wird: „Gentleman kaufen Anleihen.“

In Wirklichkeit kam es zu Beginn der Großen Depression aber lediglich zu einem völlig normalen Aktienmarkt-Crash. Der Aktienmarkt hatte seine Erholung bereits wieder eingeleitet und dann kam 1931 der zweite Knall, der mit der Staatspleite Österreichs seinen Anfang nahm. Das verwandelte sich dann in einen Vertrauenszusammenbruch. Die Menschen flüchteten aus europäischen und anderen weltweiten Staatsschulden und stürmten in die USA, was die US-amerikanischen Zinssätze auf 1% fallen ließ. Das war der Beweis, dass Gentleman auch mit Anleihen Geld verlieren.

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Zu diesem Trend gehörten auch die Aktienrückkäufe der Konzerne. Und das wiederholt sich heute – aber mit dem Unterschied, dass sie die Aktien dieses Mal in die Rally hineinkaufen. Das erste Ziel für das Hoch dieses Trends steht in Einklang mit der Trendwende des Economic Confidence Models im Herbst 2015. Das werden dann 26 Quartale nach dem Tief von 2009 sein.

Dieser Aktienrückkaufstrend dürfte in Verbindung mit den sinkenden Zinssätzen – mit denen versucht wird, die Verbraucherausgaben anzuheizen – wohl eher für eine Investmentrally sorgen, und die Massenmedien (und die Internetmedien), die fortwährend das Ende der Welt predigen, werden dann dumm dastehen.

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Bei der Großen Depression war es so, dass das Wall Street Journal Jesse Livermore beschuldigte, die Präsidentschaftswahlen zu beeinflussen, und das stellte sich als falsch heraus. Und selbst als der Aktienmarkt im Sommer 1926 eine Rally hinlegte, berichteten das Time Magazine, die New York Times, das Wall Street Journal und alle anderen skeptisch über die Rally. Sie bezweifelten, dass die Aktienpreise tatsächlich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen widerspiegeln würden – es war damals also genau dasselbe wie heute. Die Presse war während der Rally überwiegend bärisch, genauso wie es heute der Fall ist.

In der Time Magazine Ausgabe vom 25.02.1924 wurde über die Vorurteile des Wall Street Journal berichtet. Nachdem das Wall Street Journal Livermore fälschlich beschuldigt hatte, weigerte sich die Zeitung, ihn jemals wieder zu zitieren:

„Und an diesem Punkt kommt der bekannte Unternehmer Herr Livermore ins Spiel. Seine letzten zwei Prophezeiungen bezüglich des Aktienmarkts waren erfolgreich genug gewesen, um ihm eine beträchtliche spekulative Anhängerschaft zu bescheren. Von Miami aus übermittelte er der Presse eine Erklärung, die weithin Verbreitung fand, obwohl sich das Wall Street Journal weigerte, ihn in die Kolumnen mit aufzunehmen.“

Bedauerlicherweise ist das die Realität. Die Presse wird nie zitieren, was ich prognostiziert habe, weil es nicht in ihre Agenda passt. Es ist ein Leichtes, herauszufinden, wer unvoreingenommen berichtet und wer nicht. Wenn man Ihnen nur die eine Seite der Geschichte präsentiert, sollten Sie vorsichtig sein, denn dann ist etwas faul. Sich zu weigern, ausgewogen zu berichten, hat nichts mit Journalismus zu tun, sondern ist schlicht Propaganda.

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Im oben stehenden Chart sehen Sie die Aktienmarktrally, die das Wall Street Journal damals nicht wahrhaben wollte. Schauen Sie sich bitte den Oszillator (langsame Stochastik) an – er hielt sich bis 1929 auf hohem Niveau.

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