Gold befindet sich immer noch in einem säkularen Bullenmarkt und das gelbe Metall wird künftig auch noch viel stärker steigen. Es könnte bis Ende dieses Jahrzehnts auf die Marke von USD 5.000 oder gar USD 10.000 pro Unze steigen. Aktuell befindet sich Gold jedoch in einem zyklischen Bärenmarkt – und dieser Bärenmarkt verfügt immer noch über erhebliche Abwärtsrisiken

David Hunter, Casey Research, 15.10.2014

Gold befand sich seit 2001 – als es von seinem Tief von USD 250 pro Unze aus immer weiter in die Höhe stieg – in einem spektakulären Bullenmarkt. Zuvor war das gelbe Metall zwei Jahrzehnte lang in einem Bärenmarkt, nachdem es 1980 mit USD 880 pro Unze seinen Höhepunkt erreichte. Die Disinflation und das Ende des Kalten Kriegs ließen Gold in den 80er und 90er Jahren verblassen, und auch die hohen Renditen, die mit Aktien und Anleihen generiert wurden, leisteten ihren Beitrag dazu.

Dann kamen die Anschläge vom 11. September 2001, denen der Irakkrieg und der Afghanistankrieg folgten. Die Anleger fingen wieder damit an, Gold als potenziellen Begünstigten der weltweit zunehmenden Unruhen auszumachen. Gleichzeitig kam es zu einer Ausweitung der Geld- und Kreditmenge, und die Anleger begannen, darüber zu sinnieren, welche Auswirkungen dies auf die künftige Inflationsentwicklung haben könnte. Gold schoss 2011 auf USD 1.900 pro Unze, und ein Analyst nach dem anderen prognostizierte noch höhere Goldpreise – USD 2.500, USD 3.000, USD 5.000 pro Unze und noch höher.

Das war dann auch die Höchstmarke von Gold. Seitdem ist der Preis fortwährend gefallen. In den letzten drei Jahren ist Gold von USD 1.900 pro Unze auf seinen aktuellen Preis von rund USD 1.200 pro Unze um rund 37% gefallen. Der Abverkauf hat bei den Goldbullen für Frustration gesorgt, da sie glaubten, dass die USD 3 Billionen schweren quantitativen Lockerungsmaßnahmen der US-Notenbank die Inflation und den Goldpreis bis zum jetzigen Zeitpunkt bereits viel stärker in die Höhe getrieben haben müssten.

Gold hatte eine großartige 10-jährige Rally hingelegt und war reif für eine Korrektur. Viele Anleger hatten jedoch an das Inflationsszenario geglaubt, und als es sich nicht bewahrheitete, begannen sie damit, ihre Goldbestände zu liquidieren. Nachdem der Aufwärtstrend dann erst einmal gebrochen war und das Momentum unzweideutig nach unten wies, stiegen immer mehr Goldanleger aus. Ich glaube, der entscheidende Faktor, der Gold die letzten zwei Jahre immer weiter in die Tiefe getrieben hat, war, dass die Anleger immer stärker aus diesem Inflations-Trade ausgestiegen sind.

Gold befindet sich immer noch in einem säkularen Bullenmarkt und das gelbe Metall wird künftig auch noch viel stärker steigen. Es könnte bis Ende dieses Jahrzehnts auf die Marke von USD 5.000 oder gar USD 10.000 pro Unze steigen. Aktuell befindet sich Gold jedoch in einem zyklischen Bärenmarkt – und dieser Bärenmarkt verfügt immer noch über erhebliche Abwärtsrisiken.

Deflation

Während des aktuellen Erholungszyklus war es Konsens an Wall Street gewesen, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis die Inflation wieder ihre hässliche Fratze zeigt. Die Meisten gingen davon aus, dass es nach drei Jahrzehnten an Disinflation – wo die Inflation von fast 20% auf 1% fiel – zu einer Trendumkehr kommen würde. Die vorherrschende Auffassung war, dass die US-Notenbank alles in ihrer Macht stehende tun würde, um die Wirtschaft vor einem Abgleiten in die Deflation zu bewahren. Die Ausweitung der Bilanz der US-Notenbank um über USD 3 Billionen führte die Analysten zu der Annahme, dass ein neuer Inflationszyklus unvermeidlich sei und dieser eher früher als später einsetzen würde.

Das Problem, mit dem Gold zu kämpfen hat, ist nicht nur, dass die Inflation während dieses Zyklus nicht in die Höhe geschossen ist, sondern dass sie in den letzten 5 Jahren in Wahrheit sogar rückläufig war. Aus weltweiter Perspektive heraus sind wir einem Deflationszyklus gegenwärtig so nahe wie die letzten 80 Jahre nicht mehr. Und der jüngste drastische Anstieg des US-Dollars sorgt in den USA zusätzlich für einen Abwärtsdruck bei den Preisen.

Es gibt aktuell immer noch zahlreiche Inflationisten, die an ihren Goldpositionen festhalten. Sie glauben, dass die Inflation bald wieder in Gang kommt und der US-Dollar in nächster Zeit seine Funktion als Weltreservewährung verliert. Ich gehe davon aus, dass selbst die Überzeugungen dieser eingefleischten „starken Hände“ in den kommenden paar Monaten getestet werden, wenn der Dollar weiter in die Höhe schießt und Gold deutlich unter USD 1.000 pro Unze notiert. Ich rechne damit, dass viele Goldhalter am Ende das Handtuch werfen werden, wenn sie der Deflation ins Auge blicken. Die Kapitulation dieser standhaftesten Gruppe von Goldanlegern dürfte das Tief etablieren und den nächsten großen Bullenmarktzyklus einleiten.

Ja da sitzen wir nun mit Gold bei rund USD 1.200 pro Unze – weit unter seinem Hoch von USD 1.900 pro Unze und dennoch weit über dem Tief von 2001 von USD 250 pro Unze. Ich bin in gewisser Weise schon recht überrascht, dass sich Gold auf diesen Niveaus halten konnte, wenn man sich vor Augen hält, wie falsch die Inflationsthese gewesen ist. Hätte mir jemand im Jahr 2001 gesagt, dass die Inflation in 13 Jahren bei 1% bis 2% liegen und weiter fallen würde und der Goldpreis dann beim Fünffachen des damaligen Preises liegen würde, hätte ich dieses Szenario für äußerst unwahrscheinlich gehalten.

Erstaunlicherweise schoss Gold vornehmlich aufgrund einer Inflations-Prämisse von USD 250 auf USD 1.900 pro Unze, die sich bisher erst noch bewahrheiten muss. Der US-Dollar musste im Verlauf dieser Phase tatsächlich einen bedeutenden Rückgang verkraften, was sicherlich eine wichtige Rolle gespielt hat, doch im Rückblick war eine Gold-Korrektur überfällig. Seit dem Zeitpunkt, als ich bei Gold im Jahr 2012 bei USD 1.800 pro Unze bärisch wurde, habe ich das Preisziel von USD 800 bis USD 1.000 pro Unze als potenzielles Tief vor Augen. Da ich mit einem Deflations-Crash und einer Dollar-Rally rechne, bei der der US-Dollar-Index auf 100 Punkte steigt, wäre es auch durchaus vorstellbar, dass das gelbe Metall für einen ganz kurzen Zeitraum unter die Marke von USD 800 pro Unze fällt.

Beim finalen Goldpreisrückgang wird sich alles um die Deflation drehen, und die meisten Anleger sind darauf nicht vorbereitet. Die meisten Goldinvestoren konzentrieren sich nach wie vor auf die Inflation. Diejenigen, die die Deflation erwähnen, gehen eher davon aus, dass sie harmlos ausfallen und sich von einer Disinflation im Grunde nur marginal unterscheiden wird. Ihre Einschätzung basiert auf dem, was in Japan und jüngst in Europa stattfand. Dort fiel die Deflation in beiden Fällen mild aus und verlief schrittweise, und bisher hatten die dortigen Deflationen auch keine bedeutenden Auswirkungen. Einige haben nahegelegt, dass eine Deflation auch gut sein könnte, weil die Verbraucher so in der Lage seien, Güter billiger zu kaufen.

Es ist 80 Jahre, als die USA das letzte Mal eine weitflächige und tiefgreifende Deflation erlebt haben, daher ist es auch völlig verständlich, dass die meisten Anleger nur wenig Ahnung bezüglich der Auswirkungen einer Deflation haben. Selbst Wall Street begreift es nicht. Deflation ist mehr als eine kleine Preisschwäche – speziell wenn die Deflation in Form eines richtigen Crashs daherkommt, wovon ich ausgehe. Es kommt dann nicht nur zu einem drastischen Einbruch bei den Verbraucherpreisen, sondern auch zu einem Einbruch bei den Einkommen, Gewinnen und Vermögenspreisen.

Ich rechne damit, dass der globale Deflations-Crash kurz und heftig sein wird. Ich glaube, dass diese Entwicklung zu unfreiwilligen Liquidierungen und einigen großen Bankenpleiten führen wird. Die weltweiten Aktienmärkte werden um über 50% fallen und die Rohstoffpreise werden drastisch zurückgehen. Die Anleihe-Spreads werden dramatisch auseinandergehen und der Ramschanleihemarkt wird implodieren.

Ich rechne nicht mit einer Wirtschaftsdepression, obwohl es sich mit Sicherheit so anfühlen wird, als befänden wir uns in einer. Der beste Vergleich dürfte der mit den Jahren 2008 und 2009 sein, nur dass der kommende Abschwung dieses Mal schlimmer ausfallen wird. Es wird so sein, wie es in den Jahren 2008 und 2009 ohne die staatlichen Rettungsmaßnahmen gewesen wäre.

Ich gehe aber trotzdem davon aus, dass der Crash in 2015 eingedämmt werden wird, weil wir ja ganz genau wissen, wie die Zentralbanker reagieren werden.

Die unvermeidliche Reaktion

Die politischen Entscheidungsträger haben nur ein Werkzeug, das sie jederzeit einsetzen können, um den freien Fall des globalen Finanzsystems aufzuhalten: Massive quantitative Lockerungsmaßnahmen.

Die kommende weltweite Finanzkrise wird mit nichts in der Geschichte vergleichbar sein. Die Kreditkrise von 2008 war lediglich das Vorspiel; die kommende Krise wird schlimmer sein, und das weltweite Finanzsystem wird Gefahr laufen, außer Kontrolle zu geraten. Die Fed-Vorsitzende Janet Yellen und ihre Zentralbankkollegen werden panisch reagieren und das System mit Geld überschütten, und zwar in einem Ausmaß, das weit über das hinausgeht, was wir bis zum jetzigen Punkt im Zyklus gesehen haben.

Ich rechne mit weiteren USD 10 Billionen bis USD 15 Billionen an Lockerungsmaßnahmen seitens der US-Notenbank, und die anderen weltweiten Zentralbanken dürften proportional dazu dasselbe tun. Sie werden alles Notwendige tun, um sich gegen den freien Fall zu stemmen. Die Fiskalpolitik der Länder wird auch eine Rolle spielen, aber diese Reaktion wird langsamer erfolgen und erst später einsetzen.

Einfach gesagt haben die politischen Entscheidungsträger die letzten 5 Jahre versucht, den Schuldenabbau einer völlig überschuldeten Weltwirtschaft unter Kontrolle zu halten. Sie sind dabei an die Grenzen ihrer Fähigkeiten gestoßen. Es war unrealistisch, zu glauben, dass sie das System erfolgreich um seine Schulden bereinigen könnten, ohne dass es dabei nicht auch zu ernsten Verwerfungen kommen würde. Sie hatten keine andere Wahl, als es zu versuchen.

Die jüngste Volatilität an den Währungs- und Rohstoffmärkten legte nahe, dass die politischen Entscheidungsträger nun keinen Handlungsspielraum mehr haben. Sie haben den Punkt erreicht, wo politische Lösungen die Probleme an anderer Stelle nur noch verschlimmern. Und ungeachtet all ihrer Bemühungen ist das weltweite Finanzsystem heute so schuldenüberfrachtet wie nie zuvor, während die Weltwirtschaft an Fahrt verliert. Die Regierungsvertreter haben einige bedeutende politische Fehler gemacht, und die Welt rückt dem Deflations-Crash nun immer näher.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass der Aktienmarkt seine Hochs gesehen hat, und ich rechne damit, dass die Rückgänge schnell und steil ausfallen werden. Die Rohstoffe werden in den kommenden Wochen und Monaten ebenfalls drastisch einbrechen. Der Ölpreis wird unter die Marke von USD 50 und Erdgas auf unter USD 2 fallen. Der Kupferpreis wird sich halbieren.

Gold ist bei seinem zyklischen Rückgang schon ein kleines Stück weiter und daher auch näher an seinem Tief. Gold hat jetzt die finale Phase seines Rückgangs eingeleitet und könnte Ende dieses Jahres oder Anfang nächsten Jahres sein finales Tief erreichen. Hier zeichnet sich eine großartige Kaufgelegenheit bei Edelmetallen ab, da sie den nächsten Marktzyklus anführen werden.

Bis auf weiteres sollten sich die Anleger aber auf die Risiken konzentrieren. Ein kurzer und heftiger Deflationszyklus erwartet uns, und er wird massive Auswirkungen haben.

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