Martin Armstrong, Armstrongeconomics.com, 15.12.2014

Also, wohin flüchten wir nun eigentlich? Es sieht jetzt immer stärker danach aus, als sollten wir einfach irgendwo an einen Strand gehen und uns dort von der Natur ernähren – zumindest solange, bis der Staat kommt und damit anfängt, Naturalien zu besteuern, so wie es auch im Römischen Reich der Fall war.

Jeder, dessen Gehirn auch nur zu 10% funktioniert, beginnt langsam damit, eins und eins zusammenzuzählen. Wir können derzeit beobachten, wie sich der große ab Herbst nächsten Jahres (2015,75) einsetzende Staatsschulden Big Bang Schritt für Schritt vor unser aller Augen entfaltet. Die Banken-Stresstests sind reine Märchen, da davon ausgegangen wird, dass die Banken überleben werden, wenn sie mit steigenden Zinssätzen, einem einbrechenden Immobilienmarkt und erhöhter Volatilität an den Aktienmärkten konfrontiert werden.

Während eines solchen Wirtschaftszusammenbruchs besteht die Lösung gewöhnlich darin, in Staatsanleihen zu flüchten. Doch bei jeder zweiten 51,6-Jahres-Welle ist es der Staat, der mit dem Zusammenbruch an der Reihe ist. Also: Was passiert, wenn die die Staatsanleihen, in die die Banken eigentlich flüchten sollen, ebenfalls zusammenbrechen?

Das Bankwesen war früher mal eine Branche, in der Gewinne gemacht wurden, indem man Gelder langfristig verlieh und zu niedrigeren Zinssätzen kurzfristige Kredite aufnahm. Das war das grundlegende Geschäftsmodell. Die erste Zentralbank der Welt befand sich in Amsterdam und sie scheiterte, weil der Staat nach den Geldern der Bankkunden griff.

1609 wurde in Amsterdam die Wisselbank gegründet, um den Handel zu erleichtern. Da die Geldversorgung des Staats sehr instabil war, waren internationale Transaktionen ohne eine vermittelnde Bank – die die Qualität des zur Begleichung eines Vertrags bereitgestellten Geldes garantieren würde – praktisch unmöglich. Und die Gründung der Wisselbank war auch der Grund dafür, dass Amsterdam zum Zentrum der internationalen Zahlungsabwicklung wurde.

Die Wisselbank war in Wahrheit auch das Modell, auf dem dann später die Bank von England beruhte. Die Geschichte der Wisselbank veranschaulicht das Problem, mit dem wir heute konfrontiert sind. Ursprünglich bestätigte die Bank lediglich die Qualität des Geldes. Im Laufe der Zeit wurde es aber immer bequemer, das Geld einfach bei der Wisselbank zu lassen; man begann, mit den Einlagebelegen zu handeln, da man so nicht jede einzelne Münze prüfen musste, um sicherzustellen, dass sie echt war und nicht entwertet wurde.

Der Apollontempel von Delos erfüllte im antiken Griechenland genau dieselbe Funktion, die Überprüfung der Qualität des Geldes, was dann später von den Römern übernommen wurde. Delos ist der einzige Ort auf dem Planeten, wo die gesamte Insel eine archäologische Stätte ist! Der Apollontempel von Delos war die Zentralbank der Antike.

Physisches Geld verfügt über ein weiteres riesiges Problem – selbst wenn wir zu einem Goldstandard zurückkehren würden, würden schnell wieder Banknoten entstehen, die dann als Geld in Umlauf gelangen. Sind die Münzen echt? In der Menschheitsgeschichte konnte immer wieder beobachtet werden, dass Banknoten wertvoller wurden als Edelmetalle. Das saubere, zertifizierte Geld wurde dann mit einem Aufpreis als „Bankgeld“ gehandelt – doch aufgrund der Gier des Staats wurde dieses Konzept ein ums andere Mal zunichte gemacht. Und der Wisselbank widerfuhr dasselbe Schicksal.

Der Staat ist nie in der Lage, seine Finger still zu halten und sich nicht an den Geldern der Menschen zu bedienen. Und somit kommen dann auch immer wieder Staatsschulden ins Spiel – Kredite an den Staat, die die gesamten Abläufe im Bankwesen korrumpieren.

Die Tatsache, dass der Staat stets unersättlich ist und seine Schulden auf lange Sicht auch nie zurückzahlt, ist auch die Ursache dafür, dass die Wisselbank – die ja als unabhängiger Mittler zwischen den Vertragsparteien agierte – ihre Grundfunktion aufgab und stattdessen damit begann, das Geld anderer Leute zu nutzen.

Die Wisselbank verlieh also heimlich Geld an den Staat, ohne den Einlegern Zinsen zu zahlen – ja die Bankkunden wussten noch nicht einmal davon und hatten dem auch nicht zugestimmt. Fakt ist, dass die Wisselbank die Gelder der Einleger an den Staat – also die Stadt von Amsterdam – und die staatlich finanzierte Niederländische Ostindien-Kompanie verlieh. Diese Informationen gelangten 1790 an die Öffentlichkeit, was für eine echte Panik sorgte. Die Wisselbank musste 1791 von der Stadt von Amsterdam übernommen werden und 1819 schließen.

Das Konzept, von einer Bank Zinsen zu bekommen, entstand also im Grunde aus einem Betrug heraus. Anstatt dass die Bank ein Ort war, um Geld zu verwahren, begannen die Banken damit, die Gelder hinter dem Rücken der Anleger gegen Zinsen zu verleihen. Am Ende fingen sie dann damit an, den Einlegern Zinsen für das Privileg zu zahlen, die Gelder weiter zu verleihen.

Die Pleite der Wisselbank war ein sehr weitreichendes Ereignis. Als die Wisselbank in die Pleite abrutschte – weil sie die Gelder an den schlimmsten Schuldner der Geschichte der Menschheit, den Staat, verliehen hatte –, verloren die Bankkunden ihre Ersparnisse. Und diese Geschichte wiederholt sich immer wieder, weil sich Staaten niemals ändern. Die Wisselbank war die erste staatlich gerettete Bank seit dem Niedergang Roms.

Die Banken – bei denen es sich zunächst nur um einen sicheren Ort handelte, um sein Geld zu parken – verwandelten sich also in Institutionen, die einfach die Einlagengelder nutzten. Wenn Sie ein Bankkonto eröffnen, wird Ihnen nicht erklärt, was die Banken mit Ihrem Geld machen können. Es wird einfach vorausgesetzt, dass sie es für die Kreditvergabe nutzen können. Der von der Wisselbank durchgeführte Betrug hat sich also in die Standard-Operation verwandelt, auf der heute das gesamte Bankwesen beruht.

Die Wisselbank war eine staatliche Institution, die mit den vermögenden Familienbanken wie den Fuggers aus Deutschland in Wettbewerb treten sollte. Auch die Goldschmiede akzeptierten Einlagen und gaben Quittungen aus, die dann oft als Wechsel für internationale Zahlungen akzeptiert wurden.

Doch überall dort, wo Kredite an den Staat und reiche Händler flossen, um die Transaktionen zu finanzieren, gab es eine weitere Gruppe, die sich während dieser Zeit um die Kredite kümmerte – und das waren die Pfandhäuser. Diese Pfandhäuser existierten bereits in der Antike und tauchten dann als erstes wieder in Italien auf. Die Zinsen auf diese besicherten Kredite lagen in der Regel zwischen 12% und 15%.

Die erste Staatsbank war natürlich die Bank von Venedig. Sie wurde 1157 eröffnet. Wie alles andere in Venedig war natürlich auch die Bank von Venedig ein Staatsmonopol. Es war die Wiedergeburt des Giro-Bankwesens. Mit anderen Worten: Man konnte einen Scheck ausstellen und das Geld zwischen zwei Konten transferieren, ohne dass dafür Bargeld fließen musste.

Um das Jahr 1550 wurden von den „Montes Pietatis“ Einlagen akzeptiert, die dafür 5% Zinsen zahlten. Ursprünglich handelte es sich bei den „Montes Pietatis“ um gemeinnützige Institutionen, die zu niedrigen Zinsen oder zinsfrei Kredite vergaben und dafür im Gegenzug Sicherheiten verlangten, die als Pfand hinterlegt wurden – es waren also Pfandleihhäuser.

Ursprünglich war der Sinn dahinter, die Menschen vor Wucherern (Geldverleihern) zu schützen. Und als gemeinnützige Einrichtungen, verliehen sie die Gelder nur an Menschen, die die Kredite brauchten, um eine Finanzkrise zu überstehen wie beispielsweise eine allgemeine Nahrungsmittelknappheit, Unglücksfälle usw. Diese Pfandhäuser zielten ursprünglich also nicht darauf ab, Gewinne zu generieren, sondern es war vielmehr so, dass alle Gewinne, die entstanden, für die Bezahlung der Angestellten und die Ausweitung der gemeinnützigen Arbeit aufgewandt wurden.

Der gemeinnützige Aspekt dieser Einrichtungen verschwand aber ziemlich schnell – das Einzige, was übrig blieb, war ihr Name, um das religiöse Bild und das Vertrauen aufrecht zu erhalten. Im Laufe der Zeit wurden die Montes Pietatis dann von den staatlichen Behörden eröffnet, um besicherte Kredite zu vergeben. Die Zinsen stiegen auf 8% bis 10% und waren nicht mehr länger gemeinnütziger Natur.

Bei dieser Art von Krediten fielen die Zinssätze in Antwerpen 1536 auf ihr Tief von 4% bis 6%, schossen dann jedoch bis 1546 auf ein Hoch von 13%, da sich in Spanien gerade eine Finanzkrise zusammenbraute. Die Zinsen fielen erst wieder nach der Staatsschuldenkrise von 1557, also nach der Staatspleite Spaniens. Bis 1560 waren sie auf 7% bis 8% gesunken.

Nach den Zahlungsausfällen in Spanien befanden sich auch die Fugger in Deutschland in Schwierigkeiten und mussten bis 1563 in Spanien in der Spitze bis zu 22% und in Antwerpen bis zu 30% Zinsen zahlen. In Lyon wurde der Handel von florentinischen Banken beherrscht; die Zinsen für französische und spanische Staatsanleihen stiegen dort von ihrem Tief von 5% bis 8% in 1542 bis 1557 auf 12%.

1515 bekam man in Norddeutschland für Einlagen bereits 5% Zinsen. Bis 1600 war dieser Einlagenzinssatz auf 6,25% gestiegen. Bei den Montes Pietatis lag der Einlagenzins bei 4% bis 6%. Die Fugger zahlten 1527 aufgrund ihrer Reputation als vermögende Familie zwischen 2% und 3% Zinsen. 1546 lag der Zinssatz der Fugger bereits bei 4,5% bis 5%, da die Geldnachfrage seitens verschiedener Staaten anstieg. Diese Unterschiede an den europäischen Kapitalmärkten werden auch gut durch die Tatsache veranschaulicht, dass das Bankenhaus Haug in Augsburg auf besonders große Einlagen 7% Zinsen zahlte.

Durch das Aufkommen des marxistischen Keynesianismus verwandelten sich die Zinsen aber in ein Mittel der Manipulation; die Zinsen wurden nicht mehr allein durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Die dahinter stehende Annahme (also die Theorie) ist, dass der Staat durch Interventionen bei den Zinssätzen in der Lage ist, Wirtschaftsstürme zu meistern.

Das Problem, mit dem wir es heute zu tun haben, ist klar: Diese Theorie der staatlichen Zinssatzmanipulation hat sich als entsetzlicher Reinfall herausgestellt, weil die Staaten in Wahrheit die größten Schuldner sind und nie auch nur irgendetwas davon wieder zurückzahlen. Die Eigeninteressen des Staats verwandeln diese Theorie der Wirtschaftssteuerung zum Wohle des Volkes in ein reines haushaltspolitisches Affentheater. Das Problem ist, dass diese Theorie nicht ein einziges Mal funktioniert hat.

Und bei aller Fairness den heutigen Großbanken gegenüber – sie haben sich mittlerweile buchstäblich im Kongress eingemietet, um ihn so zu manipulieren, dass sie Profite erwirtschaften können. Ich war gegen die Aufhebung der Glass Steagall Gesetzgebung; die Banken haben sich dadurch in Trader verwandelt, und dass obwohl sie historisch gesehen die schlechtesten Trader aller Zeiten sind. Sie sind kurzfristig orientiert und nicht in der Lage, zu erkennen, wenn Wirtschaftsstürme aufziehen. Daher macht das heutige Bankenmodell mit seinen negativen Zinssätzen auch überhaupt keinen Sinn. Heute muss man die Banken dafür bezahlen, dass man ihnen Geld leiht, mit dem sie dann traden. Mein teilt also ihr Risiko, hat vom Gewinn aber rein gar nichts.

Wenn wir uns der „Göttlichen Komödie“ des in Florenz geborenen Dante Alighieri (1265 – 1321) zuwenden – seinem berühmten Buch, das ein Meilenstein seiner Zeit war – worin er seine Auffassungen zur Hölle zusammenträgt, stellen wir fest, dass er den Geldverleihern in Canto XVII einen speziell für sie reservierten Platz in der Hölle zuweist. Vielleicht hatte er nach all der Zeit ja doch Recht.

Es sieht so aus, dass der Schulden Big Bang sogar noch größer ausfallen könnte, als ich ursprünglich im Jahr 1985 angenommen hatte. Wir befinden uns hier ganz eindeutig auf einer sehr spannenden Reise – und das Endziel dieser Reise sieht nicht sonderlich schön aus. Die Regierungen stopfen sich mit den Geldern der Banken die Taschen voll, während die Banken wieder mit dem Trading beginnen und die Blase nun kurz vor dem Platzen steht. Es stellt sich die Frage, wohin wir flüchten, wenn die Krise bei den Staatsanleihen stattfindet.

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