JT Long, The Gold Report, 04.02.2015

Aus technischer Sicht müsste Gold aktuell unter USD 1.040 pro Unze notieren, doch stattdessen ist es in jüngster Zeit gemeinsam mit dem US-Dollar gestiegen. In diesem Interview mit The Gold Report führen Pamela Aden und Mary Anne Aden, die Autoren des The Aden Forecast, aus, warum Gold und Silber ihrer Auffassung nach über Gewinnpotenzial verfügen und wie ihre eigene Strategie aussieht, um mögliche Aufwärtsbewegungen bei den Rohstoffen zu nutzen.

The Gold Report: Wir haben in diesem Jahr erst einen Monat hinter uns gebracht und trotzdem sind die wirtschaftlichen News bisher recht dramatisch gewesen. Die Schweiz hat den Schweizer Franken vom Euro abgekoppelt. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat bekanntgegeben, quantitative Lockerungsmaßnahmen (QE) einzuleiten. Der Russische Rubel bricht gemeinsam mit dem Ölpreis ein und die US-Aktienmärkte scheinen weiter nach oben zu jagen. Was sind die Indikatoren, die Sie im Blick haben, und womit rechnen Sie für die Weltwirtschaft in diesem Jahr?

Pamela Aden: Ja, die Welt kommt wohl nie zur Ruhe. Der größte Nutznießer all dieser Verwerfungen ist der US-Dollar gewesen. Der US-Dollar-Index notiert aktuell auf einem 10-Jahreshoch. Unterdessen sind der Euro und der Kanadische Dollar von einem Deflationszyklus erfasst worden, und zwar gemeinsam mit Öl und den Rohstoffen.

Mary Anne Aden: Wir behalten die Wechselkurse im Blick. Die Stärke des US-Dollars ist von entscheidender Bedeutung, denn der Dollar ist weltweit zum beliebtesten sicheren Hafen in unsicheren Zeiten avanciert. Jeder macht sich Sorgen darüber, was als nächstes kommt. Und dank der erneuten Liquidität, die von der Europäischen Zentralbank und der Bank von Japan kommt, der Abkopplung des Schweizer Frankens und des Zusammenbruchs des Ölpreises haben Fundamentaldaten wie das Bruttoinlandsprodukt und die Schuldenniveaus in jüngster Zeit praktisch kaum eine Rolle mehr gespielt. Die wilden Ereignisse an den Währungsmärkten haben natürlich auch massive Auswirkungen auf die Aktienmärkte.

PA: Und sie haben auch Auswirkungen auf den Anleihemarkt. Vor einem Jahr begannen die Anleihemärkte zu steigen. Das war im Grunde die größte Investmentüberraschung von 2014. Selbst das Ende der QE-Maßnahmen in den USA im Oktober vergangenen Jahres bereitete den Anstiegen bei den Anleihen kein Ende. Und wir glauben, dass sich diese Anstiege bei den Anleihen dieses Jahr weiter fortsetzen werden. Und angesichts all der Liquidität, die sich im System befindet, dürften sich auch die Anstiege am Aktienmarkt weiter fortsetzen.

Ein weiterer Schock war, dass zu dem Zeitpunkt, wo die Dollar-Rally richtig an Fahrt aufnahm, auch Gold sein Tief ausbildete. Aus technischer Sicht war Gold eigentlich dazu verdammt, unter sein Novembertief – also die Marke von USD 1.040 pro Unze – zu fallen, aber das tat es nicht. Gold konnte sich halten und begann das neue Jahr sogar mit einem drastischen Anstieg, da es gemeinsam mit dem US-Dollar als sicherer Hafen fungierte. Die Goldminenaktien folgten dem Goldpreis und Silber folgte ebenfalls.

Wir glauben, dass 2015 sehr wahrscheinlich zu dem Jahr werden könnte, wo wir bei diesem Bärenmarkt das Tief sehen werden, aber mit diesem starken Anstieg gleich zu Beginn des Jahres hatten wir nicht gerechnet. Aktuell sieht es auf alle Fälle ziemlich gut aus.

TGR: Ist die Tatsache, dass der Goldpreis jüngst wieder mit der Marke von USD 1.300 pro Unze geflirtet hat, aus langfristiger Sicht ein gutes Zeichen?

PM: Als Gold die Marke von USD 1.300 pro Unze berührte, waren alle begeistert. Wir beobachten ganz genau, ob sich Gold in den kommenden paar Monaten über USD 1.265 pro Unze halten kann. Das wäre ein Hinweis auf eine solide Bodenbildung und eine bullische Trendumkehr. Idealerweise würden wir Gold gerne deutlich über der Marke von USD 1.300 pro Unze sehen, und dann bräuchten wir eine starke Bestätigung, bei der der Goldpreis über das Hoch vom März letzten Jahres steigt, das bei rund USD 1.380 pro Unze liegt. Bisher sieht es ja recht gut aus. Es wird auf alle Fälle ein interessantes Jahr werden.

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TGR: Wie sehen die Fundamentaldaten für eine solche Stützung des Goldpreises aus? Sind es die Goldkäufe aus China, die Zentralbanken?

PA: Ja das ist lustig. 2013 kam es zum größten Goldpreisrückgang des aktuellen Bärenmarkts, was damit begann, dass es bei den börsennotierten Goldfonds zu Abflüssen kam, während die Käufe von Anlagebarren und Anlagemünzen zulegten. Heute ist der Goldpreis relativ niedrig und es lässt sich beobachten, dass die Chinesen und die Russen Gold kaufen. Russland kauft bereits seit 9 Monaten in Folge Gold – und das trotz des niedrigen Ölpreises. Es gibt viele Zentralbanken, die Gold kaufen, wenn der Goldpreis niedrig ist. Und dann haben wir noch die Nachfrage nach Gold als sicherem Hafen.

TGR: Was ist mit der Angebotsseite? Wird weniger Gold gefördert, weil die Minenfirmen das Metall zurückhalten, wenn der Preis so niedrig ist?

PA: Ja, das Angebot ist nicht so hoch, wie es sein könnte. Das reicht aber schon Jahre zurück, da die Minenfirmen damit begannen, ihre Goldproduktion so stark zu hedgen, dass die Preisrückgänge im Grunde nie mit voller Härte durchschlugen. Aber im Allgemeinen zieht der niedrige Goldpreis die Minenbranche immer noch nach unten.

TGR: Wir haben über Gold gesprochen, aber nicht alle Rohstoffe verhalten sich gleich. Was verraten Ihnen die Kursmuster bei Gold und Silber, wenn Sie diese der Entwicklung des US-Dollars gegenüberstellen?

PA: Bei Gold und Silber sieht es aktuell recht gut aus. Gold hat sich seit Anfang dieses Jahres ein klein wenig besser entwickelt als Silber, aber auch Silber macht einen guten Eindruck. Sollte es bei Kupfer ausgehend von seinem schrecklich niedrigen Niveau zu einer kleinen Erholung kommen, könnte es sein, dass sich der Silberpreis bedeutend besser entwickeln wird als der Goldpreis – aber gegenwärtig ist Gold stärker als Silber. Wir mögen beide Metalle.

Wir glauben, dass Silber in den nächsten paar Jahren über ein erhebliches Aufwärtspotenzial verfügt. 2015 ist das Jahr, wo man Silber auf den Tiefs kauft, um das Metall langfristig zu halten. Den Anlegern, die heute immer noch in Silber investiert sind, würden wir empfehlen, aktuell nicht zu verkaufen. Wir würden es aussitzen, weil wir der Auffassung sind, dass wir uns langsam dem Ende des Bärenmarkts nähern. Es könnte sein, dass wir das Tief bereits gesehen haben – aber das bleibt abzuwarten. Wir haben die Edelmetallgewichtung in unserem Portfolio jüngst auf 15% erhöht und wir werden die Gewichtung wahrscheinlich noch weiter erhöhen, sollten Gold und Silber künftig weiter steigen.

TGR: Sie haben Goldminen kürzlich als den am meisten gehassten Markt bezeichnet. Rick Rule, der Geschäftsführer von Sprott US Holdings, würde wohl sagen, dass das jetzt ein guter Kaufzeitpunkt ist. Wie halten Sie das mit Ihren Edelmetallpositionen im Portfolio?

MAA: Noch vor einem Monat war das vielleicht der am meisten gehasste Markt überhaupt. Edelmetallminenaktien wurden komplett ignoriert. Sie sind weit stärker gefallen als irgendein anderer Markt, und jetzt, wo Gold wieder steigt, sehen auch die Goldminenaktien viel besser aus.

PA: Wenn man nach guten Werten sucht, dann stimmen wir mit Rick völlig überein. Es gibt einige Firmen, die wirklich gute Werte sind und aktuell zu Schnäppchenpreisen angeboten werden. Und auch bei den Energieunternehmen herrscht derzeit Ausverkaufsstimmung. Da gibt es einige gute Werte, die man einsammeln kann, aber wir sind gegenwärtig noch etwas zurückhaltend, solange wir kein eindeutiges Tief gesehen haben.

MAA: Ich bin mir sicher, dass 2015 ein sehr gutes Jahr sein wird, um qualitativ hochwertige Titel zu kaufen.

TGR: Was Platin und Palladium betrifft, wie sieht da der Angebots- und Nachfrageausblick für dieses Jahr aus?

MAA: Palladium hat sich dem Trend bei den Edelmetallen die letzten paar Jahre entgegengestemmt und ist gestiegen. Palladium hat sich gemeinsam mit der Autobranche entwickelt, da das Metall ein wichtiger Bestandteil bei den Katalysatoren ist. Die weltweit gestiegenen Autoverkäufe haben dem Metall Auftrieb verliehen, doch die Abschwächung des weltweiten Wachstums könnte diesem Aufwärtstrend ein Ende bereiten, zumindest im Vergleich zu den anderen Metallen.

Platin scheint auch wieder aufzuwachen, aber bisher ist das noch nicht überzeugend. Platin war ja bis 2008 der Liebling des Bullenmarkts, musste dann jedoch wieder in die zweite Reihe und hat sich bis heute nicht wieder richtig erholt. Platin notiert immer noch unter seinem Tief von 2008 und ist eher ein lahmes Metall, wenn man es mit Gold und Silber vergleicht. Bei Platin muss es erst zu weiteren Verbesserungen kommen, bevor wir über Käufe nachdenken würden.

TGR: Haben Sie noch irgendwelche Ratschläge für den Rohstoffsektor im Hinblick auf das aktuelle Jahr?

MAA: Ja, behalten Sie Dr. Kupfer im Auge. Kupfer ist in den letzten Monaten gemeinsam mit Öl gefallen. Würde Kupfer ein Tief ausbilden, würde das unzweideutig auf Wachstum in China und dem Rest der Welt hinweisen. Wir würden Rohstoffe meiden, solange es bei Kupfer und Öl nicht wenigstens zu einer kleinen Erholung kommt.

TGR: Stimmen Sie dem zu Pamela?

PA: Die Leute fragen uns die ganze Zeit: Seid ihr euch bei allem einig? Gewöhnlich ja. Und wenn wir nicht einer Meinung sind, dann ist es meistens im Hinblick auf den Rohstoffsektor. Aus wertorientierter Sicht gibt es derzeit keinen Rohstoff, der einen attraktiven Eindruck macht.

MAA: Das Problem ist, dass ein Markt sehr lange, über mehrere Jahre hinweg, ausgebombt sein kann. Und da sind sich Pam und ich nicht einig. Ja, es gibt gute Werte bei den Rohstoffen, aber das könnte sich auch erst in einem Jahr manifestieren und angesichts des deflationären Drucks, der derzeit auf der Weltwirtschaft lastet, würde ich nicht allzu schnell auf den Zug aufspringen.

Das ist ja auch der Grund, warum ich Kupfer im Auge behalten. Sollte das Metall etwas Leben zeigen und wieder an Stärke gewinnen, wäre das ein guter Hinweis darauf, dass uns weltweites Wirtschaftswachstum bevorsteht. Für den Rohstoffsektor wäre das ein richtig gutes Signal.

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