Anleger & Sparer sollten auf der Hut sein, denn der anhaltende und sich nun weiter intensivierende globale Währungskrieg kann zu einer Vielzahl von Verwerfungen führen

JT Long, The Gold Report, 02.02.2015

Der Kollateralschaden des Währungskriegs in Europa, Japan und Russland könnte dazu führen, dass politische Führer gestürzt werden, Banken pleitegehen und Eigenheimbesitzer auf die Straße gesetzt werden. Darüber hinaus könnte er auch in Ihrem Portfolio für Verwüstung sorgen. Das ist der Grund, warum The Gold Report mit John Mauldin von Mauldin Economics sprach und ihn bat, unseren Lesern Empfehlungen zu geben, wie sie sich vor davor schützen und vielleicht sogar daran verdienen können.

The Gold Report: Anfang 2015 war eine sehr volatile Phase, was die weltweiten Währungen anbelangt, beispielsweise hat die Schweizerische Nationalbank (SNB) ihr Bindung des Schweizer Frankens an den Euro aufgegeben. Was ging dem eigentlich voraus und was hat das für den Schweizer Franken gegenüber den anderen Währungen zu bedeuten?

John Mauldin: Die SNB hatte ihre Bilanz bereits auf 80% des BIP aufgebläht, um die Währungsbindung an den Euro aufrechtzuhalten und sie hätte noch mehr Euros aufkaufen müssen, wenn sich der Euro noch stärker abgeschwächt hätte. Das wäre so, als hätte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) eine Bilanz in Höhe von USD 13 Billionen.

Und in der Woche vor diesem Schritt erklärten der Vorsitzende und der stellvertretende Vorsitzende der SNB öffentlich, dass die Währungsbindung ein sehr wichtiges geldpolitisches Instrument sei und die Bank diese Bindung aufrechterhalten würde. Als dann klar wurde, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ein sehr großes quantitatives Lockerungsprogramm (QE) auflegen würde, änderte sich plötzlich alles.

Heute wissen wir, dass sich das europäische Anleiheaufkaufprogramm auf EUR 1,1 Billionen belaufen könnte – und das ist eine echte Hausnummer, und es gilt unbefristet, wobei geplant ist, dass monatlich Anleihen im Wert von EUR 60 Milliarden aufgekauft werden, bis die Inflation die Marke von 2% erreicht hat. Angesichts des deflationären Drucks in Europa könnte das ziemlich lange dauern.

Schauen wir uns nur die riesigen QE-Maßnahmen an, die Japan jahrzehntelang durchgeführt hat – dennoch liegt das japanische BIP heute ungefähr dort, wo es vor 25 Jahren lag. Das Land hat bisher überhaupt keine Inflation erlebt, es ist also gar nicht klar, ob Europa mit diesem Schritt überhaupt Inflation erzeugen kann.

Die SNB hat das erkannt und ist zu dem Schluss gekommen, dass sie weitere USD 150 Milliarden an Verlusten machen könnte und ihre Bilanz weiter ausweiten müsste. Eine Zentralbank kann aber nur ein bestimmtes Ausmaß an Verlusten verschmerzen. Deswegen ist die SNB aus diesem Euro-Chaos ausgestiegen. Und das hat die Märkte schockiert, denn die schweizerischen Notenbanker wollten die Menschen nicht vorwarnen und keine Informationen dazu durchsickern lassen. Sie trafen den Entschluss, es einfach durchzuziehen auch auf die Gefahr hin, dass sie von Einigen dieses Jahr keine Weihnachtsgrüße mehr bekommen werden.

TGR: Ist das nur der Anfang der geldpolitischen Maßnahmen der Schweiz?

JM: Die Schweiz hat ihre Zinsen bereits gesenkt und erklärt, dass sie bereit ist, sie sogar noch stärker zu senken. Es würde mich nicht überraschen, wenn die SNB den Leitzins künftig auf -1,5% oder -2% senkt, um zu zeigen, dass massive Geldzuflüsse nicht erwünscht sind. Im Grunde verlangt sie jetzt Geld dafür, dass man Schweizer Franken hält.

Für Russen macht das Halten von Franken unglaublich viel Sinn. Man kann 0,75% beim Schweizer Franken verlieren oder 25% bis 30% beim Russischen Rubel. Schweizer Franken sind besser als Euros, und US-Dollars stehen den Russen nicht zur Verfügung.

Andere Länder könnten folgen. Dänemark hat seinen Zinssatz weiter in den negativen Bereich abgesenkt, nachdem die EZB ihr QE-Programm ankündigte, und dann hat es direkt am nächsten Tag noch einmal eine weitere Absenkung durchgeführt. Die Dänen wollen nicht, dass die Dänische Krone die nächste Währung wird, in die alle flüchten. Die negativen Zinssätze sind mittlerweile in sechs europäischen Ländern angekommen – also bei den Staatsanleihen mit 4- bis 5-jähriger Laufzeit.

TGR: Wird die EZB in der Lage sein, zeitlich unbefristet Staatsanleihen zu kaufen?

JM: Ja sicher. Die Japaner haben ja auch ein Schippchen oben draufgelegt. In einer Entscheidung vom Oktober, die auch als Halloween-Überraschung bezeichnet wird, verkündete die Bank von Japan, dass man nun zeitlich unbegrenzt quantitative Lockerungsmaßnahmen durchführen würde, bis die Inflation bei 2% liegt, woraufhin der Yen gegenüber dem Euro deutlich einbrach. Nach der jüngsten QE-Erklärung der EZB, erholte sich der Yen wieder gegenüber dem Euro und stieg auf das ursprüngliche Niveau – und mittlerweile notiert der Yen sogar noch fester also vorher!

Das ist genau das, was die Deutschen wollen, weil Japan der größte Konkurrent ist, was die Maschinen-, Roboter- und Automationstechnik anbelangt. Wir haben es hier mit einem Währungskrieg zu tun. Und bei Währungskriegen geht es richtig zur Sache; es könnte richtig hässlich werden.

TGR: Wird es aufgrund des Währungskriegs zu noch mehr Kollateralschäden kommen?

JM: Auf alle Fälle. An irgendeinem Punkt wird Korea das Handtuch werfen und seine Währungsbindung an den Yen aufgeben. Und auch die Chinesen werden es zulassen, dass ihre Währung gegenüber dem US-Dollar abwertet, was einige US-Senatoren in Aufregung versetzen wird.

TGR: Was ist mit den Unternehmen, die mit Währungen Geschäfte machen? Wir haben ja erlebt, dass einige dieser Trading-Häuser über Nacht pleitegingen. Wird es bei den Banken, die beim Schweizer Franken short sind, oder bei den Franken-Hypotheken weitere Schockwellen geben?

JM: Ich bin mir sicher, dass hier und da ein paar weitere Banken verschwinden werden. Banken gehen immer wieder pleite. Und wir werden mit Sicherheit auch ein paar Währungs-Broker verlieren. Darüber hinaus werden auch ein paar Hedge-Fonds verschwinden, die auf der falschen Seite des Trades standen.

TGR: Der Preiseinbruch bei Öl hat ebenfalls für Schockwellen gesorgt. Das hat auch Auswirkungen auf die weltweiten Währungen, darunter auch den Russischen Rubel und den Kanadischen Dollar. Was könnte passieren, wenn der Ölpreis weiterhin unter der Marke von USD 50 pro Barrel verharrt?

JM: Es würde mich nicht überraschen, wenn der Ölpreis noch auf USD 30 pro Barrel fällt, bevor das Ganze vorbei ist. Bisher ist er um 60% gefallen. Das ist ein massiver Preisrückgang. Ich glaube nicht, dass Öl auf diesem niedrigen Niveau bleiben wird. Die Produktionskosten liegen wahrscheinlich bei USD 60 pro Barrel, ich würde also davon ausgehen, dass der Ölpreis irgendwann in den nächsten 12 bis 18 Monaten wieder auf dieses Niveau steigt – aber Öl wird nicht mehr auf USD 80 oder USD 90 pro Barrel steigen. Öl wird nicht mehr auf das Niveau steigen, auf dem es viele Länder gerne sehen würden. Ich glaube, dass Saudi-Arabien sehr gut damit leben kann, Öl für USD 70 pro Barrel zu verkaufen, während es gleichzeitig Marktanteile gewinnt.

TGR: Hätte das nicht politische Auswirkungen auf Länder wie Russland und Venezuela?

Mauldin: Sicher, und ich habe auch nichts dagegen, wenn es diese Bande erwischt. Ich bin nicht sonderlich besorgt darüber, dass ihnen schwere Zeiten bevorstehen.

TGR: Was ist mit den Auswirkungen, die das Ganze auf Kanada haben wird, das ja ebenfalls ein großer Ölexporteur ist?

JM: Der Kanadische Dollar hat seine Parität zum US-Dollar bereits eingebüßt und die geldpolitischen Führer machen sich nun Sorgen, dass sich die Wirtschaft des Landes abschwächen könnte. Das ist auch der Grund, warum die Bank von Kanada ihren Leitzins in einer Überraschungsentscheidung bereits zu Beginn dieses Jahres abgesenkt hat. Die Wirtschaft Kanadas schwächt sich ab, und das sorgt genau für die Handlungen, die man von einer Zentralbank auch erwarten würde.

TGR: Sollten wir uns auf noch mehr derartige Überraschungs-Ankündigungen einstellen?

JM: Gewöhnlich machen Zentralbanken etwas nicht bloß einmal. Wir befinden uns hier am Anfang eines Zyklus niedrigerer Zinssätze.

TGR: Angesichts all der Probleme in Europa und China, was stützt da eigentlich den US-Dollar und die Anstiege am US-Aktienmarkt sowie die Erwartungen, dass es in den USA zu Zinserhöhungen kommen könnte?

JM: Währungen machen lange Zyklen durch. Vor nicht allzu langer Zeit war der US-Dollar noch irrational schwach, und vor drei Jahren – als der Dollar fiel und Einige behaupteten, der Yuan würde die nächste Reservewährung – sagte ich voraus, dass der Dollar weiterhin die stärkste Währung der Welt bleiben würde. Die Leute lachten nur und schüttelten mit dem Kopf, heute schüttelt niemand mehr mit dem Kopf.

Und der Dollar wird noch wesentlich stärker werden. Die Ölproduktion in den USA gehört mit zu diesem Anstieg des Dollars. Wir behalten heute mehr unserer Petrodollars für uns. Wenn Öl wieder auf USD 65 pro Barrel steigt, werden die Leute überrascht sein, wie stark die Produktion bei der Schieferölgewinnung wieder hochgefahren wird. Die Kosten, um das Öl aus dem Boden zu holen, fallen Quartal für Quartal. Die fallende Nachfrage sorgt für Preisrückgänge bei den Ölförderanlagen und die Gehälter fallen auch wieder auf ein normales Niveau. Es wird billiger werden. Es gibt Lichtblicke beim Rückgang des Ölpreises, da sich hier neue Möglichkeiten eröffnen. Es gibt noch viel mehr Öl da draußen, und bei USD 65 pro Barrel wird die Förderung auch profitabel sein.

TGR: Wenn der Ölpreis zwischen USD 30 und USD 70 pro Barrel schwanken sollte, kann der US-Aktienmarkt dann weiter steigen oder haben wir es hier mit einer Blase zu tun, die nur darauf wartet zu platzen?

JM: Nein, der US-Aktienmarkt ist in keiner Blase. Wir haben keine lächerlich hohen Bewertungen. Sicher, es könnte zu einer Korrektur kommen, das wäre aber eine ganz normale Kursbewegung, und solange es nicht zu einer Rezession kommt, wird es nichts im Vergleich zu dem sein, was wir 2008 oder 2001 sahen. Ich glaube, dass die nächste Rezession auch das Ende des säkularen Bärenmarkts sein wird, aber man kann nie genau sagen, was die Märkte als nächstes tun werden. Der Markt wird immer alles in seiner Macht stehende tun, um der größtmöglichen Menge an Marktteilnehmern den größtmöglichen Schaden zuzufügen.

TGR: Was hat das alles für Gold zu bedeuten?

JM: Wenn man in Japan oder Europa lebt, wird man vielleicht geneigt sein, Gold zu kaufen, weil sich Gold in diesen Währungen in einem Bullenmarkt befindet.

Ich persönlich bin nie Gold-Investor gewesen. Ich kaufe Gold, weil ich an Gold als Versicherung glaube. Ich bin der Meinung, dass man im Portfolio etwas Gold als Zentralbank-Versicherung haben sollte. Es wird der Tag kommen, an dem der Dollar wieder eine Trendwende einleiten wird und die Fed damit beginnen wird, ein neues QE-Programm aufzulegen, weil es genau das ist, was Zentralbanken machen. Dann werden wir auch wieder einen Bullenmarkt-Run bei Gold haben und es wird eine Neubewertung bei Gold geben. Und wissen Sie, was ich dann mit meinem Gold machen werde? Gar nichts! Dann wird es immer noch rumliegen und Staub fangen.

Der Punkt ist der: Falls ich mein Gold jemals brauchen sollte, wäre das für mich kein gutes Zeichen. Denn es bedeutet, dass entweder etwas sehr schlimmes in meinem Leben passiert ist und ich etwas brauche, das ich in Bargeld umwandeln kann, oder dass die Welt zur Hölle fährt. Meine große Hoffnung ist, dass ich mein Gold an meine Enkelkinder weitergebe und sie mich anschauen und mich fragen, was diese glänzenden Münzen zu bedeuten haben, denn das würde bedeuten, dass sich die Dinge in der Welt zum Guten gewendet haben. Aber ich mag diese Versicherung, nur für den Fall, dass es in die andere Richtung geht.

TGR: Was ist mit den anderen Rohstoffen?

JM: Die anderen Rohstoffe verraten uns, dass die Welt eine zu große Produktionskapazität aufgebaut hat und wir uns jetzt in einer deflationären Welt befinden. Fast alle Metalle sind im Preis gefallen. Kupfer ist richtig abgestürzt – und das ist ein Hinweis darauf, dass es in 2015 ein geringeres weltweites Wachstum geben wird.

TGR: Welche alternativen Investments mögen Sie?

JM: Mein größter Gewinner der letzten zwei Jahre waren die Short-Yen-Trades. Im Grunde habe ich meine Hypothek genommen und diese mit Put-Optionen auf 10-jährige japanische Staatsanleihen gehebelt. Damit haben ich und einige Fonds, die im Grunde die japanische Regierung shorten, ein Vermögen gemacht – aber es geht hier nicht um japanische Aktien, die mag ich!

TGR: Als wir das letzte Mal sprachen, waren Sie auch von Biotech-Aktien begeistert.

JM: Ich bin ein großer Fan von der Biotechnologie. Ich glaube, dass wir erleben werden, wie einige dieser Biotech-Aktien atemberaubend durch die Decke schießen werden. Nun, es wird natürlich noch mehr Titel geben, die auf null fallen werden, man muss hier also sehr wählerisch und bedacht vorgehen.

TGR: Haben Sie noch abschließende Worte für unsere Leser – Anleger, die versuchen herauszufinden, wie sie sich angesichts dieser Währungskriege am besten schützen können?

JM: Langfristiges Wachstum im Portfolio kommt nur durch langfristiges Wachstum der weltweiten Märkte. Japan, Europa, China und die Schwellenmärkte werden innerhalb der nächsten 5 Jahre alle eine Krise erleben. In den USA werden wir 2016 vor der Frage stehen, wie wir unser Land strukturieren wollen. Die Debatte wird um Fragen kreisen wie: Wie sollen unsere Steuern aussehen? Wie sollen unsere regulatorischen Rahmenbedingungen aussehen? Wir werden da als Land eine Entscheidung treffen. Das könnte unglaublich bullisch sein oder auch nicht.

Strategisch muss man so positioniert sein, dass man von der Volatilität profitiert. Wie kann man aus diesen anhaltenden und wiederkehrenden Krisen Profit schlagen? Man muss also auf eine Strategie abzielen, mit der man long und short gehen kann, mit der man in Märkte ein- und wieder aussteigen kann. Und bezüglich des weltweiten Wachstums sollte man long sein.

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