Griechenland pokert hoch im Ringen um mehr Geld aus Europa. Großbritannien intensiviert unterdessen seine Notfallpläne, um sich auf einen Austritt Griechenlands aus dem Euro vorzubereiten

Michael Snyder, The Economic Collapse, 08.02.2015

Diese Woche wird über das Schicksal der Eurozone entschieden. Diese Woche werden sich die griechischen Führer mit den Vertretern der Europäischen Union treffen, um darüber zu reden, wie es mit Griechenland weitergeht.

Der neue griechische Premierminister Alexis Tsipras hat bereits erklärt, dass er eine Verlängerung des bisherigen Rettungspakets ablehnt. Die Vertreter der anderen Euroländer haben bereits verlautbart, dass sie von Griechenland erwarten, dass es sich an die aktuellen Kreditvereinbarungen hält. Im Grunde werden wir hier also gerade Zeugen eines gigantischen finanziellen Showdowns. Was das Drama noch stärker befeuert, ist die Tatsache, dass der griechischen Regierung derzeit immer schneller das Geld ausgeht.

Laut dem Wall Street Journal

„geht Griechenland innerhalb der nächsten Wochen das Geld aus, sollte es nicht Zugang zu zusätzlichen Krediten erhalten, während es im Grunde riskiert, von Deutschland und seinen anderen europäischen Geldgebern fallengelassen zu werden und aus dem Euro zu fliegen.“

Wir haben im Rahmen der Griechenlandkrise ja schon einiges erlebt, aber heute liegen die Dinge anders, denn die neue griechische Regierung wird jetzt von radikalen Linken gelenkt, deren Wahlkampf ausschließlich darauf beruht, der Austerität in Griechenland, die dem Land von den restlichen europäischen Ländern auferlegt wurde, ein Ende zu bereiten. Sollte sich die griechische Regierung den Forderungen der europäischen Finanz-Herren beugen, ist ihre Glaubwürdigkeit dahin und Syriza wäre dann in der griechischen Politik im Grunde erledigt.

Sollte die griechische Regierung aber nicht einlenken, könnte Griechenland gezwungen sein, die Eurozone zu verlassen, und das könnte wohlmöglich zu einem echten europäischen „Finanz-Armageddon“ werden. Wenn keine der beiden Verhandlungspartner einlenkt, wird die Eurozone auseinanderfallen. Der Euro wird kollabieren und dann stehen Billionen an Dollars an Finanzderivaten auf dem Spiel.

Laut der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich gibt es aktuell USD 26,45 Billionen an Währungsderivaten, die direkt mit dem Wert des Euros in Zusammenhang stehen.

Über diese Zahl sollten wir hier ruhig noch einmal nachdenken.

Um das Ganze mal in Perspektive zu setzen, sollten wir uns hier vielleicht noch einmal in Erinnerung rufen, dass sich die Gesamtausgaben der US-Regierung auf weniger als USD 4 Billionen pro Jahr belaufen.

Die gesamte US-Staatsverschuldung liegt gerade einmal bei rund USD 18 Billionen.

USD 26 Billionen – das ist also eine praktisch unvorstellbar große Menge an Geld. Und natürlich ist hier nur von den Finanzderivaten die Rede, die direkt an den Euro gekoppelt sind. Die globale Finanzderivateblase beläuft sich auf über USD 700 Billionen.

In den letzten paar Jahrzehnten hat sich das globale Finanzsystem in das größte Casino der Menschheitsgeschichte verwandelt. Und wenn die Lage stabil ist, funktionieren die von den Banken genutzten Computer-Algorithmen auch ziemlich gut und sie machen dann riesige Mengen an Gewinn. Doch treten unerwartete Ereignisse ein, die an den Märkten für Panik sorgen, können die Finanzinstitutionen, die mit diesen Derivaten Zocken, in kürzester Zeit sehr große Mengen an Geld verlieren. Das sahen wir ja in 2008, und wir könnten nun kurz davor stehen, eine Wiederauflage dieser Ereignisse zu sehen.

Sollte keine Vereinbarung erzielt werden und Griechenland die Eurozone verlassen, dürfte der Euro über die Klippe springen.

Und wenn das passiert, würden einige Leute da draußen eine unglaubliche Menge an Geld verlieren.

Genauso wie in 2008, also die großen Finanzinstitutionen damit begannen, in die Pleite abzurutschen, besteht auch heute wieder die Gefahr, dass sie den gesamten Planeten in eine neue große Finanzkrise hineinreißen.

Daher ist es gegenwärtig auch so wichtig, dass Griechenland und der Rest der Eurozone einen gemeinsamen Nenner finden.

Leider könnte es aber durchaus sein, dass das nicht passieren wird. Der neue griechische Premierminister hört sich jedenfalls nicht so an, als sei er in der Stimmung, Kompromisse zu machen. Businessinsider.com meldet dazu:

„Der neue linke Premierminister Griechenlands, Alexis Tsipras, erklärte am Sonntag, dass er eine Verlängerung des aktuellen Rettungspakets nicht akzeptieren würde, wodurch er einen Zusammenstoß mit den EU-Führern vorprogrammiert, die von ihm auf dem Gipfel am Donnerstag genau das verlangen werden.

Darüber hinaus versprach Tsipras, dass seine Regierung die ´Wunden` der Austerität heilen und an den Wahlkampfversprechen festhalten würde, all jene, die besonders zu leiden hätten, mit kostenlosen Lebensmitteln und Energie zu versorgen und die im Rahmen des Kreditprogramms gefeuerten Beamten wiedereinzustellen.“

Die Finanzminister der Eurozone werden sich am Mittwoch, einen Tag vor dem Gipfel, noch einmal zusammenfinden, um darüber zu sprechen, was nun zu tun sei. Sollten die Treffen am Mittwoch und Donnerstag nicht gut laufen, könnte es sein, dass uns großer Ärger bevorsteht. Fakt ist, dass Griechenland bereits gewarnt wurde, dass es nur bis zum 16.02.2015 Zeit hat, um eine Verlängerung des aktuellen Kreditprogramms zu beantragen. Reuters schrieb dazu:

„Der Vorsitzende der Finanzminister [Jeroen Dijsselbloem] sagte, dass das darauffolgende Treffen der Eurogruppe am 16.02. Griechenlands letzte Chance wäre, um eine Verlängerung des Rettungspakets zu beantragen, da einige Euroländer noch ihre Parlamente hierüber abstimmen lassen müssten.“

Jeroen Dijsselbloem wies darauf hin, dass die Zeit extrem knapp würde, sollten die Griechen nicht bis spätestens zu diesem Zeitpunkt eine Verlängerung des griechischen Rettungspakets beantragen. Die Deadline läuft am 28.02. ab – und ohne weitere Gelder wäre das Land im Grunde pleite.

Ich hatte ja eingangs bereits erwähnt, dass Griechenland nun immer schneller das Geld ausgeht.

Die meisten Analysten glauben, dass eine der beiden Seiten letztlich nachgeben wird, da hier derart viel auf dem Spiel steht.

Aber was passiert, wenn keiner nachgibt?

Ich persönlich glaube ja, dass die Eurozone in ihrer heutigen Form zum Scheitern verdammt ist und es daher nur noch eine Frage der Zeit ist, bevor der Euro auseinanderbricht.

Und damit stehe ich nicht alleine da. Nehmen wir beispielsweise das, was der einstige Fed-Vorsitzende Alan Greenspan zum Euro zu sagen hat:

„Herr Greenspan, der Vorsitzende der Federal Reserve von 1987 bis 2006, sagte: ´Ich glaube, dass Griechenland letztlich aus der Eurozone austreten wird. Ich glaube nicht, dass es ihnen oder dem Rest der Eurozone hilft – es ist nur eine Frage der Zeit, bevor alle begreifen, dass der Austritt die beste Strategie ist.

Das Problem ist, dass ich mir überhaupt nicht vorstellen kann, wie der Euro weitergeführt werden könnte, außer es werden alle Euroländer politisch integriert – denn in Wahrheit wäre selbst die fiskalische Integration dafür nicht ausreichend.`“

Die Griechen nutzen all das zu ihrem Vorteil. Sie wissen, dass die gesamte Währungsunion auseinanderbrechen könnte, wenn sie aus dem Euro austreten würden. Das gibt ihnen natürlich einen unglaublichen Hebel im Rahmen ihrer Verhandlungen. Der griechische Finanzminister Yanis Varoufakis ging sogar soweit, die Eurozone mit einem Kartenhaus zu vergleichen, so Businessinsider.com:

„´Der Euro ist fragil, er ist wie ein Kartenhaus – zieht man die griechische Karte heraus, stürzen auch die anderen ein`, so Varoufakis laut einem vorab veröffentlichten italienischen Interview-Protokoll von RAI.

Die Eurozone ist mit der Gefahr der Fragmentierung und des ´Rückbaus` konfrontiert, sollte sie nicht der Tatsache ins Auge sehen, dass Griechenland, und nicht nur Griechenland, nicht in der Lage ist, seine Schulden unter den jetzigen Vereinbarungen zurückzuzahlen, so Varoufakis.

´Ich würde jeden warnen, der darüber nachdenkt, Griechenland strategisch aus Europa herauszulösen, denn das ist sehr gefährlich … Wer kommt nach uns? Portugal? Was wird geschehen, wenn Italien herausfindet, dass es unmöglich ist, innerhalb der Austeritäts-Zwangsjacke zu verbleiben?`“

Nach all dem, was bisher geschehen ist, nach all den zahlreichen Rettungspaketen haben wir nun den Tag der Abrechnung erreicht.

Es besteht die sehr reale Möglichkeit, dass Griechenland die Eurozone innerhalb von Monaten verlassen könnte, und die Elite ist sich im Klaren darüber.

Das ist auch der Grund, warum sie sich auf diese Eventualität bereits vorbereiten. Das Folgende stammt vom Wall Street Journal:

„Die britische Regierung intensiviert ihre Notfallpläne, um sich auf einem möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone und die Markinstabilitäten, die mit einem solchen Schritt einhergingen, vorzubereiten, so der britische Finanzminister George Osborne am Sonntag.

Eine Sprecherin des britischen Finanzministeriums lehnte es jedoch ab, über Details zu diesen Notfallplänen zu sprechen.

Die britische Regierung sagte, dass das Tauziehen zwischen Griechenlands neuer Anti-Austeritäts-Regierung und der Eurozone die Weltwirtschaft und die britische Wirtschaft in zunehmendem Maße gefährde.

´Das ist der Grund, warum ich morgen bei der G-20 unsere Partner dazu ermutigen werde, diese Krise zu lösen. Das ist der Grund, warum wir unsere Notfallpläne hier zu Hause intensivieren`, so Osborne gegenüber der BBC in einem Interview. ´Wir müssen sicherstellen, dass wir zu diesem entscheidenden Zeitpunkt, wo Großbritannien ebenfalls vor einer wichtigen Entscheidung steht, zu der ausländischen Instabilität nicht auch noch Instabilität aus dem Inland mit hinzubringen.“

Sollte Griechenland die Eurozone verlassen, wird das an den Finanzmärkten zu einer Finanzpanik führen, da sich alle fragen werden, welches Land wohl als nächstes aus dem Euro aussteigt.

Italien, Spanien und Portugal befinden sich alle in einer ähnlichen Lage. Jedes dieser Länder könnte sich rasch in „das nächste Griechenland“ verwandeln.

Noch größere Sorge bereitet jedoch die Frage, was ein „Grexit“ beim Euro anrichten würde. Sollte der Euro unter US-Dollar-Parität absinken, würden die Verluste bei den Finanzderivaten absolut atemberaubend ausfallen. Und in Verbindung mit dem Zusammenbruch des Ölpreises könnte es durchaus sein, dass uns hier in nicht allzu ferner Zukunft extreme Finanzinstabilitäten bevorstehen.

Wenn die Großbanken kollabieren, passiert das nicht über Nacht. Aber oftmals erfahren wir es ganz plötzlich.

Erinnern wir uns nur an Lehman Brothers zurück. Ihre Probleme entwickelten sich über einen längeren Zeitraum hinweg, doch das ganze Ausmaß ihrer Schwierigkeiten erfuhren wir erst an dem sehr beunruhigenden Tag in 2008, der die Welt auf immer veränderte.

Während Sie diese Zeilen hier lesen, brauen sich im Hintergrund gerade enorme Finanzprobleme zusammen. Und an irgendeinem Punkt werden diese Probleme an die Oberfläche drängen. Und wenn das passiert, wird die ganze Welt schockiert sein.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner