Die weltweite Ölproduktion legt kontinuierlich zu, während die globale Nachfrage nach dem schwarzen Gold rückläufig ist – ein weiterer Rückgang des Ölpreises ist denkbar
Art Berman, Artberman.com, 14.06.2015
Der Rohölpreis ist in jüngster Zeit wieder gestiegen, und das obwohl er eigentlich hätte fallen müssen. Anfang dieses Monats beschloss die OPEC ihre Ölproduktion nicht abzusenken, während die zwei großen Energieagenturen meldeten, dass die globale Überversorgung mit Rohöl derzeit schlimmer wird. Unterdessen verteuerten sich die Rohöl-Futures der Marke Brent von USD 62 auf USD 65 pro Barrel. Schlechte Meldungen sind jetzt gute Meldungen.
Die am Freitag den 05.06.2015 verkündete schlechte Meldung – also dass OPEC seine Produktion nicht zurückfahren wird – wurde sorgsam in positiven Erklärungen versteckt, dass man mit einer steigenden globalen Ölnachfrage rechne. Am Montag den 08.06.2015 gingen die Brent-Futures dann mit USD 62,69 pro Barrel in den Handel und stiegen innerhalb von 2 Tagen auf USD 65,70 pro Barrel.
Am Dienstag den 10.06.2015 veröffentlichte die US-Energie-Informations-Behörde (EIA) ihren monatlichen Short-Term Energy Outlook (STEO), der zeigte, dass die Rohölüberschüsse – die für den niedrigen Ölpreis verantwortlich sind – im Mai um fast 3 Millionen Barrel pro Tag (bpd) zugelegt hatten.
Die Ölproduktion war zwar um 106.000 bpd gefallen, aber der Ölverbrauch ging mit 156.000 bpd noch stärker zurück. Und weil das ja so tolle Neuigkeiten waren, stieg der Ölpreis daraufhin um USD 2,19 pro Barrel.
Am Donnerstag den 11.06.2015 veröffentlichte die Internationale Energieagentur (IEA) dann ihren Ölmarktbericht. Auch darin fand sich die gleiche Botschaft: Der Produktionsüberschuss des ersten Quartals dieses Jahres war mit 1,85 Millionen Barrel pro Tag so hoch wie seit 10 Jahren nicht mehr und der höchste Überschuss, seit die Ölpreiskrise im Juni letzten Jahres ihren Anfang nahm.
Die Ölpreiskrise setzte ein, weil die Ölversorgung (Produktion) die Nachfrage (Verbrauch) ab dem ersten Quartal 2014 überstieg. Diese Situation hält bis heute an. Im ersten Quartal 2015 lag die Ölversorgung ungefähr auf demselben Niveau wie im vierten Quartal 2014, aber der Ölverbrauch fiel geringer aus, was nicht gut ist.
Es gibt Optimismus im Hinblick auf die Ölnachfrage, doch wie begründet sich dieser Optimismus? Dieser Optimismus basiert auf der Zunahme der in den USA mit Kraftfahrzeugen gefahrenen Meilen. Ja sicher, das ist ein gutes Zeichen – aber die USA sind nicht die gesamte Welt.
Darüber hinaus gibt es Optimismus, weil die Zahl der Ölförderanlagen in den USA rückläufig ist – aber die US-Ölproduktion legt unterdessen weiter zu …
Und es gibt Optimismus weil die Lagerbestände in den USA zurückgegangen sind – aber das passiert jedes Mal zu dieser Jahreszeit.
Ich stimme ja all diesem Optimismus zu, aber im Grunde handelt es sich dabei lediglich um eine gut informierte Stimmung. Die harten Daten zeigen nämlich, dass wir weltweit ein Produktionsüberschuss haben, der sich derzeit weiter verschlimmert und nicht verbessert – außer die Daten der IEA und EIA sind irgendwie nicht vertrauenswürdig.
Märkte verhalten sich nicht immer rational. Der Ölpreis spiegelt nicht immer die Fundamentaldaten von Angebot und Nachfrage wider. Im Laufe der Zeit kommt es zwischen den Märkten und den Fundamentaldaten jedoch zu einem Ausgleich. Aktuell ist der Ölpreis im Verhältnis zu den Fundamentaldaten massiv aus dem Gleichgewicht geraten. Sie sollten daher mit einer Korrektur rechnen.