Die britische Regierung könnte die Befugnisse Personen „anzuhalten und zu durchsuchen“ vollständig aufgeben

Steve Watson, Infowars.net, 01.07.2010

Der Europäische Menschenrechtshof hat die der britischen Polizei unter den Terrorismusgesetzen eingeräumten Befugnisse Personen „anzuhalten und zu durchsuchen“ nun zum zweiten Mal offiziell für illegal erklärt, nachdem die britische Regierung in Berufung ging.

Gemäß Abschnitt 44 des Gesetzes mit dem Titel „Terrorism Act 2000“ ist es der Polizei erlaubt jede Person ohne begründeten Verdacht anzuhalten und zu durchsuchen.

Der Oberste Gerichtshof Großbritanniens und das Berufungsgericht hatten zunächst in Entscheidungen erklärt, dass die Befugnisse angesichts des Terrorismusrisikos in London legitim seien.

Im Januar dieses Jahres wurden diese Befugnisse der Polizei durch den Europäische Gerichtshof jedoch für illegal erklärt, eine Entscheidung, die Demonstranten, Fotografen und gewöhnlichen Bürgern den Weg frei machte sich gegen die massiven Verstöße ihrer Privatsphäre zur Wehr zu setzen.

Die Regierung versuchte die Entscheidung anzufechten, wobei dies vom Gericht jedoch nicht akzeptiert wurde. Der Europäische Gerichtshof erklärte auch, dass jegliche künftige Anfechtungen hinsichtlich dieses Sachverhalts nicht anerkannt würden.

Das Straßburger Gericht erklärte die Befugnisse Personen anzuhalten und zu durchsuchen als „mit dem Recht nicht in Einklang stehend“ und als eine Verletzung von Artikel 8 der europäischen Menschenrechtskonvention, dem Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.

In Artikel 8 heißt es:

Jede Person hat das Recht auf die Achtung ihres Privat- und Familienlebens…“ und weiter „Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechts nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer.“

Die Richter merkten an, dass es keine Gründe dafür gäbe, die Befugnisse als „notwendig“ zu erachten und dass diese höchstens „zweckdienlich“ seien, während sie hinzufügten, dass es ein „eindeutiges Risiko von Willkür bei der Gewährung solch weitreichender Ermessensspielräume“ für Polizeibeamte gäbe.

Ferner erklärte das Gericht, dass die Durchsuchung der Kleidung und Habseligkeiten in das Recht auf Privatsphäre eingreife und ein Elemente der Erniedrigung und Verlegenheit beinhalte.

Die Anwendung derartiger Befugnisse und deren Bewilligung ist bei der Terrorismus-Gesetzgebung Großbritanniens „weder ausreichend beschrieben noch unterliegen sie angemessenen rechtlichen Schutzmaßnahmen gegen Missbrauch.“

Das Gericht betonte auch den Mangel juristischer Kontrolle und führte aus:

„Das Fehlen jedweder Verpflichtung auf Seiten des Beamten einen begründeten Verdacht vorzuweisen, macht es nahezu unmöglich zu beweisen, dass die Befugnisse nicht ordnungsgemäß angewendet wurden.“

Trotz dieser Erkenntnisse hatte das britische Innenministerium, das Home Office, wie auch der Verband der britischen Polizeichefs, die Association of Chief Police Officers, erklärt, dass Abschnitt 44 des „Terrorism Act 2000“ weiterhin Anwendung finden würde.

Die Ablehnung der von der britischen Regierung im April vorgebrachten Anfechtung (das Schreiben des Gerichts findet sich am Ende des Artikels) macht nun den Weg dafür frei Druck auszuüben, damit diese Befugnisse vollständig rückgängig gemacht werden, besonders vor dem Hintergrund des Versprechens der neuen Koalitionsregierung einen „Großen Aufhebungsgesetzentwurf“ einzubringen, der auf unnötige Gesetzte abzielt, die eine Bedrohung für die Bürgerrechte darstellen.

Enthüllungen im Juni 2010, dass seit 2001 14 verschiedene Polizeidienststellen in Großbritannien die Befugnisse Personen anzuhalten und zu durchsuchen in über 40 Operationen widerrechtlich angewandt hatten, sorgen zusätzlich für einen perfekten Vorwand diese Regelungen vollständig zu verwerfen.

Ein Sprecher des britischen Innenministeriums erklärte:

„Die Regierung hat bereits zugesagt die Terrorismusbekämpfungsgesetzgebung einer Überprüfung zu unterziehen, worunter auch die Maßnahmen des in Abschnitt 44 geregelten Anhaltens und Durchsuchens fallen. Die Gerichtsentscheidung und ihre Auswirkungen werden von uns gegenwärtig einer umfänglichen Prüfung unterzogen.“

Die Entscheidung des Menschrechtshofs bezog sich auf einen Fall von Kevin Gillan und Pennie Quinton, die im September 2003 in London wegen einer Teilnahme an einer Demonstration vor Europas größter Waffenmesse verhaftet wurden.

Nach einem über sechs Jahre lang anhaltenden Rechtsstreit wurde dem Paar schließlich Recht zugesprochen und sie erhielten EUR 33.850 an Aufwendungserstattungen. Den vollständigen Richterspruch können Sie hier einsehen.

Gillan und Quinton, die es wie viele Andere auch einfach darauf hätten beruhen lassen können, sollten für ihre Bemühungen die Freiheit in Großbritannien zu verteidigen als Helden angesehen werden.

Die Anti-Terrorgesetze zielen auf die Anwendung gegenüber der allgemeinen Bevölkerung ab, das war von Anfang an der Fall gewesen, und nun erleben wir, wie die verfaulten Früchte der anhaltenden blinden Akzeptanz jeden Bereich der Gesellschaft in diesem Land verseucht haben.

Gillan und Quinton haben den Weg für Andere, die ebenfalls Opfer des Missbrauchs dieser drakonischen Terrorismusgesetze geworden sind, freigemacht um zurückzuschlagen und dabei mitzuhelfen derartigen Missbräuchen von Befugnissen eine vollständige Abfuhr zu erteilen.

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