Ron Paul, Campaign For Liberty, 12.12.2009
Der Abgeordnete des US-Repräsentantenhauses Ron Paul in einer Stellungnahme vor dem Ausschuss für Auswärtige Angelegenheiten am 10.12.2009:
Herr Vorsitzender, vielen Dank für die Durchführung dieser wichtigen Anhörungen bezüglich der US-Politik in Afghanistan. Ich würde gerne die Zeugen, den Botschafter Karl W. Eikenberry und General Stanley A. McChrystal, begrüßen und ihnen für das Erscheinen vor diesem Ausschuss danken.
Ich habe jedoch ernste Bedenken über die Entscheidung des Präsidenten rund 30.000 weitere Truppen und eine zusätzliche bisher noch unbekannte Zahl an zivilem Personal zu entsenden um die Operation in Afghanistan auszuweiten. Diese „Aufstockung“ wird die Stärke der US-Truppen ungefähr auf das Niveau der Sowjets ansteigen lassen, als diese in den 8oer Jahren Afghanistan mit desaströsem Ergebnis besetzten. Ich habe die Befürchtung, dass die US-Militärbesetzung von Afghanistan ebenso erfolglos enden könnte.
Zum Ende des Jahres 1986 teilten die Kommandeure der Sowjettruppen dem damaligen Generalsekretär der Sowjetunion, Michail Gorbatschow, mit, „dass die militärischen Aktionen in Afghanistan bald sieben Jahre anhalten. Es gibt keinen einzigen Landesteil, welcher nicht von einem Sowjetsoldaten besetzt worden ist. Ungeachtet dessen verbleibt die Mehrheit des Landes in der Hand der Rebellen.“ Kurz darauf fing Gorbatschow mit dem Rückzug der Sowjets aus der afghanischen Misere an. Auf beiden Seiten gab es tausende von Toten und dennoch schaffte es die Besatzung nicht eine stabile afghanische Nationalregierung zu schaffen.
Acht Jahre nach unserem eigenen Krieg in Afghanistan kommen uns die Worte der Sowjetkommandeure unheimlich vertraut vor. Ein Teil des Problems begründet sich durch ein fundamentales Missverständnis der Situation. Es ist unsere Anwesenheit als Besatzer, welche den Aufstand anfeuert. Das wäre ebenso der Fall, wenn wir angegriffen und besetzt würden. Die unterschiedlichen Gruppierungen würden ihre Meinungsverschiedenheiten hintenanstellen und sich gegen die ausländische Besatzung verbünden. Des Weiteren dient die Aufstockung der US-Truppen nur Jenen die Kämpfer anwerben um unsere Soldaten anzugreifen und Jenen, welche die US-Besatzung dazu benutzen die Dörfer zu überzeugen mit den Taliban zu koalieren.
Die Befürworter der Ausweitung in Afghanistan durch den Präsidenten führen an, dass eine erfolgreiche „Aufstockung“ im Irak der Beweis dafür ist, dass eine zweite Erhöhung ähnliche Ergebnisse zeitigen wird. Ich befürchte sie könnten im Hinblick auf dieselben Ergebnisse richtig liegen, aber ich bezweifle die Erfolgspropaganda über den Irak. Tatsache ist, dass die Gewalt im Irak zurückging, nachdem die ethnischen Säuberungen in den schiitischen und sunnitischen Vierteln, wie auch den Nachbarschaftsvierteln der Christen, abgeschlossen wurden. Mit Geld und Waffen der USA war es ein Leichtes jene noch verbliebenen sunnitischen Kämpfer gegen die Anwesenheit ausländischer Al-Qaeda-Kämpfer aufzubringen. In zunehmendem Maße sehen wir nun, wie dieser „Erfolg“ in sich zusammenbricht: Sektiererische Gewalt flammt auf und dieses Mal sind die unterschiedlichen Gruppen durch die von den USA gestellten Waffen besser ausgerüstet. Auch sind die Aufständischen, die von den USA bezahlt wurden um die Angriffe zu beenden, nun zunehmend beunruhigt darüber, dass die irakische Regierung keine regelmäßigen Schmiergelder mehr zahlt. Ich bin also skeptisch über die Erfolgsberichte der Truppenerhöhung im Irak.
Genauso wurde uns erzählt, dass wir in Afghanistan „siegen“ müssen, so dass Al-Qaeda das afghanische Territorium nicht zur Planung weiterer Angriffe auf die USA nutzen kann. Wir sollten uns daran erinnern, dass der am 11. September 2001 stattgefundene Angriff auf die Vereinigten Staaten gemäß des Berichts der 9/11 Kommission zu weiten Teilen durch Terroristen in den USA (und in Deutschland) geplant wurde, die sich legal in unserem Land aufhielten. Gemäß dieser Logik könnte man zu Gunsten von US-Luftangriffen auf einige US-Bundesstaaten und Deutschland plädieren! Das macht keinen Sinn. Die Taliban erlaubten Al-Qaeda in Afghanistan zu bleiben, weil beide mit Unterstützung der USA in den Kampf gegen die Sowjetunion verwickelt waren.
Nichtsdestotrotz sagte der Nationale Sicherheitsberater des Präsidenten, General a. D. James Jones, United States Marine Corp, kürzlich in einem Interview, dass in Afghanistan weniger als 100 Al-Qaeda-Kämpfer geblieben sind und die Wahrscheinlichkeit, dass sie dort wieder eine bedeutende Präsenz aufbauen würden, nur gering ist. Sollen wir glauben, dass 30.000 weitere Truppen gebraucht werden um 100 Al-Qaeda-Kämpfer zu besiegen? Ich befürchte, dass es einen zunehmenden Druck für die USA geben wird Pakistan anzugreifen, wohin viele Taliban und Al-Qaeda-Kämpfer geflüchtet sind. Drohnenangriffe der CIA in Pakistan haben dieses Land bereits destabilisiert und unzählige Unschuldiger wurden dabei getötet, was zu starken anti-amerikanische Gefühle und Forderungen nach Vergeltung führt. Ich kann nicht erkennen, dass dies ein Beitrag zu unserer nationalen Sicherheit ist.
Der Spitzenberater des Präsidenten für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, sagte kürzlich: „Zur Bestimmung des Erfolges in Afghanistan und Pakistan würde ich folgendes sagen. Einfach gesagt ist es so, wie bei einer Untersuchung durch den Obersten Gerichtshof, wir werden es wissen, wenn wir es sehen.“ Das erweckt nicht sonderlich viel Vertrauen.
Unterstützer der Aufstockung behaupten, dass wir die afghanische Nationalarmee trainieren müssen, damit sie übernehmen kann und dass wir die Herrschaft und Autorität Kabuls stärken müssen. Experten haben jedoch angemerkt, dass sich große Teile der afghanischen Nationalarmee zunehmend aus der tadschikischen Minderheit zu Lasten der paschtunischen Mehrheit rekrutieren. Der US Diplomat Matthew Hoh, der als Senior Zivilrepräsentant für die Provinz Zabul zurücktrat, schrieb in seinem Rücktrittschreiben, dass er „nicht in der Lage ist den Wert fortwährender US-Opfer oder Aufwendungen an Ressourcen zur Unterstützung der afghanischen Regierung bei etwas zu erkennen, bei dem es sich in Wirklichkeit um einen 35 Jahre alten Zivilkrieg handelt.“ Herr Hoh schrieb weiter: „Wie die Sowjets halten wir daran fest einen gescheiterten Staat zu unterstützen und zu ermutigen sowie eine Ideologie und ein Regierungssystem zu anzuregen, dass den afghanischen Menschen nicht bekannt ist und von ihnen auch nicht gewünscht wird.“
Ich habe mich immer gegen die Staatsbildung wegen ihrer Verfassungswidrigkeit und Wirkungslosigkeit ausgesprochen. Bei Afghanistan ist das auch nicht anders. Ohne eine wirkliche Strategie in Afghanistan, ohne eine Vision darüber, wie ein Sieg aussehen soll, werden wir mit der leeren Phrase der Vorgängerregierung allein gelassen, dass, „wenn das afghanische Volk sich behauptet, die USA abtreten wird.“ Ich befürchte, die einzige Lösung für den Schlamassel in Afghanistan ist ein schneller und vollständiger US-Abzug aus diesem Land und der Region. Wir können es uns nicht leisten dieses Imperium aufrecht zu erhalten und unsere Besatzung dieser ausländischen Territorien macht uns auch kein bisschen sicherer. Es ist Zeit Afghanistan zu verlassen.