Gerhard Spannbauer, Krisenvorsorge.com, 03.02.2011

Es hilft kein leises Klagen, es helfen keine lauten Hilfeschreie: Die Rufe der Bürgermeister verhallen bisher ungehört, den deutschen Städten droht der finanzielle Kollaps, doch keiner will oder kann was unternehmen. Deutschlands Städte siechen auf dem Sterbebett dahin. Die kommunalen Haushalte sind mit mehr als 38 Milliarden Euro verschuldet, alleine in Nordrhein-Westfalen sind mehr als 130 Kommunen dem Not-Haushaltsrecht unterworfen. Schuld an der erdrückenden Schuldenlast sind vor allem die sozialstaatlichen Leistungen: Die Städte können die auf sie abgewälzten Leistungen kaum mehr finanzieren.

Gerade in Nordrhein-Westfalen ist das Darben der Städte besonders gut zu erkennen: Viele Kommunen sind in hohem Grade abhängig von den Entscheidungen aus ihrer Landeshauptstadt Düsseldorf. Listen mit Ausgabevorschlägen werden eingereicht, um dann entscheiden zu lassen, was tatsächlich finanziert wird. Viele Städte haben mittlerweile ihre finanzielle Selbstbestimmung komplett aufgeben müssen.

Die deutschen Kommunen leiden. In diesem Jahr erwartet der Deutsche Städte- und Gemeindebund ein Rekorddefizit von elf Milliarden Euro. Der DStGB vertritt zwar nur die kleinen Städte und Gemeinden, das Problem gilt aber für alle Kommunen in Deutschland. „Der wirtschaftliche Aufschwung kommt in den Kassen der Kommunen nicht an“, klagt der Präsident der Kommunalvereinigung, Roland Schäfer. Die Gemeinden seien chronisch unterfinanziert und wegen der steigenden Sozialkosten am Rande ihrer Leistungsfähigkeit. Schäfer sieht einen Grundpfeiler unserer Gesellschaft gefährdet, ein Urteil, das uns alarmieren sollte: „Das Vertrauen der Bürger in die lokale Demokratie ist in Gefahr.“

Das vergangene Jahr hat viele Gemeinden an den Rand ihrer Leistungsfähigkeit gebracht: Stetig wachsende Sozialausgaben bei gleichzeitig sinkenden Steuereinnahmen konnten viele Gemeinden nicht mehr verkraften. In vielen Orten ist eine akute Haushaltsnotlage festzustellen. Die kommunalen Kassenkredite sind rapide angestiegen.

Die explodierenden Kosten ergeben sich nicht aus dem Betrieb öffentlicher Einrichtungen wie Schwimmbäder, Museen oder Bibliotheken, sondern resultieren vor allem aus den stark gestiegenen Sozialausgaben. „Allein diese Ausgaben belasten die kommunalen Haushalte 2010 mit über 41 Milliarden Euro“, sagte Schäfer. Mittlerweile sind die Bürgermeister deutscher Städte mit 38 Milliarden Euro verschuldet. Das entspricht dem dreifachen Jahresgewinn der Dax-Konzerne Daimler, Siemens und Telekom im Jahr 2010.

Nordrhein-Westfalen ist laut einem Zeitungsbericht besonders hart getroffen vom finanziellen Niedergang seiner Städte und Gemeinden. 130 Kommunen sind dort in einer akuten finanziellen Notlage und müssen jede Ausgabe genehmigen lassen. Doch auch bundesweit scheint sich diese Entwicklung mehr und mehr zu realisieren: In Kiel steigt die Sorge, angesichts der hohen Kassenkredite den laufenden Betrieb der Stadt nicht mehr lange aufrecht erhalten zu können.

Der finanzielle Kollaps droht vielen Städten. Stimmen, die einen „Solidarpakt für die Kommunen“ fordern, werden immer lauter. Und 2011 droht sich die Lage weiter zu verschlechtern, denn durch Basel III müssen die Banken mehr Eigenkapital vorhalten. Experten meine, dass sich dies direkt auf die Kreditvergabe der Pfandbriefbanken niederschlagen wird – die Kommunen werden dann nur noch zu deutlich schlechteren Konditionen an Geld kommen, wodurch natürlich auch die Löcher in den Kassen noch mal vergrößert werden.

Sollte der Bund also nicht bald schon etwas einfallen lassen, um die Kommunen zu entlasten, droht in vielen Städten der schleichende Verfall sich zu beschleunigen. Gerade die sozialstaatlichen Aufgaben dürfen nicht in vollem Umfang auf den Kassen der Städte abgeladen werden. Doch in Berlin herrscht bisher Zaudern und Zögern, niemand kann sich so richtig entschließen, diesem Mangel, und sei er noch so akut, entgegenzuwirken. Viele Stadträte und Bürgermeister sind daher hochgradig verunsichert und besorgt um die Zukunft ihrer Kommunen. Die Städte und Gemeinden in Deutschland verfallen zunehmend – und dieser Verfall betrifft auch den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, denn weniger geteilte öffentliche Räume können die Solidarität untereinander sinken lassen.

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