Die Probleme der Eurozone sind alle völlig übertrieben und aufgebauscht. Die restliche Welt erliegt bereits dem Taumel gigantischer Wachstumsraten, nur die Schwarzmaler und Weltuntergangspropheten Kontinentaleuropas und Großbritanniens haben noch nicht mitbekommen, dass nun alles wieder gut ist

The Daily Bell, 01.02.2011

„Die Probleme der Eurozone werden aufgebauscht – es wird nicht das Zentrum der nächsten globalen Krise sein…

Fast 27 Monate sind seit dem Zusammenbruch von Lehman Brothers vergangen. Aber wenn ich das so einschätze, was ich jeden Tag so zu hören bekomme, dann ist die britische Öffentlichkeit bezüglich der wirtschaftlichen Zukunft des Landes immer noch in einem Zustand äußerster Angst.

In Folge der Kreditkrise war das verständlich – aber nun braucht diese Stimmung nicht länger anzuhalten. Die Zahl der Länder mit fortbestehenden Kreditüberhängen geht immer weiter zurück. Die Weltwirtschaft wuchs in 2010 um fast 5%. Und in diesem Jahr könnte es ähnlich sein.

Es gibt Grund zur Hoffnung. Im Zentrum der globalen Nachkrisenstory stehen China und seine Verbraucher. Die düstereren unter den Kommentatoren spielen ständig auf die Tatsache an, dass der chinesische Verbraucher gerade einmal 35% des Gesamtbruttosozialprodukts des Landes stellt…Tatsache ist, dass andere Teile der Wirtschaft bereits die letzten 10 Jahre boomen. Es ist schwer, den Umfang dieses Booms erfassen zu können.“

– UK Telegraph, 31.01.2011, „Großbritannien wird sich die Belohnungen von Chinas Boom einheimsen“

Vorherrschendes gesellschaftliches Thema: Ehrlich gesagt ist die Situation bei Weitem nicht so schlimm, wie sie zu sein scheint. Wir sollten einfach mal in Ruhe tief durchatmen.

Freimarktanalyse: Jim O´Neill, der Autor oben stehenden Artikels, ist der Vorsitzende von Goldman Sachs Asset Management. Er ist der Meinung, dass die Eurozone gesund genug sei, um so wie bisher weiterbestehen zu können. Das stellt für uns ein vorherrschendes gesellschaftliches Thema dar.

Die angloamerikanische Elite, die bei der Schaffung der EU mithalf und das gesamte Projekt solidarisch unterstützte, ist nicht gewillt, dieses Projekt einfach sterben zu lassen. Daher gibt es nun offenkundig verstärkte und konzentrierte Bemühungen, die Aussichten der EU „schönzureden“.

O´Neill gehört mit Sicherheit zu den standardmäßigen Interessenvertretern der Elite, und es scheint so, als würde er diesbezüglich auch sein Bestes geben. In diesem Artikel werden wir seine Auffassung untersuchen.

Fangen wir an mit O´Neills Optimismus im Hinblick auf China – den wir auch als ein Gedankenkonstrukt der Elite erachten.

Hier bei The Daily Bell gehen wir davon aus, dass Chinas kundgetane Sorgen bezüglich der Probleme der Europäischen Union in Wirklichkeit ein Bestandteil einer größeren, geheimen Absprache mit den westlichen Eliten sind, um eine engere globale Kooperation herbeizuführen.

Teil dieser Zusammenarbeit ist sicherzustellen, dass die EU nicht zusammen- und auseinanderbricht. Daher hat sich China auch angeboten, die Schulden notleidender – scheiternder – europäischer Länder aufzukaufen.

China ist in der Tat bestens gerüstet, um als westlicher Bündnispartner zu fungieren. Seine Herrscher scheinen sich an eine spezielle Verfassung zu halten (oder zumindest ist jene, die aktuell in Kraft ist, ziemlich biegsam) und können so ziemlich alles tun und lassen, was sie für richtig erachten – alles innerhalb bestimmter schwammig definierter Grenzen.

Die gesellschaftspolitische Herrschaft der chinesischen Führung basiert weniger auf einem besonderen, schriftlich niedergelegten Pakt mit der Bevölkerung, sondern vielmehr auf einer generellen Übereinkunft bezüglich vager Grenzen, die seitens der chinesischen Regierung in der Vergangenheit überschritten wurden und die sie in Zukunft nicht wieder zu überschreiten beabsichtigt.

So gesehen, ist die chinesische Regierung nun „liberalisiert“ – dem durchschnittlichen Chinesen ist es jetzt erlaubt, seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ja sogar reich zu werden, solange er nicht die Macht der Regierung gefährdet.

Aber die Regierungsmacht bleibt weiterhin stabil. Die Chinesen besitzen ihre Immobilien nicht selbst, sondern mieten diese von der Regierung. Und die Regierung zensiert nach Gutdünken, wofür sie ein gigantisches Heer an Mitarbeitern einsetzt, das das Internet bezüglich regierungsfeindlicher Auffassungen überwacht. Auch scheint es so zu sein, dass die chinesische Regierung den größten Teil, wenn nicht gar alle der großen Finanz- und Industriefirmen des Landes besitzt, oftmals verdeckt.

Der wirkliche freie Markt ist jedoch viel eher auf der Straße anzutreffen, wo chinesische Unternehmer mit anderen Einzelhändlern im Wettbewerb stehen. Die chinesischen Kommunisten bewahren sich somit ihre Kontrolle über die Produktionsmittel, wozu auch die chinesische Zentralbank gehört. Nur durch das sorgsame Überwachen der Parameter, ist es der chinesischen Wirtschaft möglich, wettbewerbsfähig zu sein.

Das ähnelt dann tatsächlich auch in vielerlei Hinsicht dem immer weiter anwachsenden EU-Superstaat, und auf gewisse Weise entwickelt sich auch Amerika in diese Richtung.

O´Neill verwendet diverse Zahlen, um seine Argumente zu untermauern. Er erklärt, dass er vor 9 Jahren den Begriff ´BRIC` erfand und der Gesamtwert der Wirtschaft Chinas seit jener Zeit um USD 4,5 Billionen anstieg. Im Vergleich dazu hätte Großbritanniens Wirtschaft einen Gesamtwert von USD 1,5 Billionen, was gerade einmal dem aktuellen Wert der chinesischen Verbraucher in Höhe von USD 1,6 Billionen entsprechen würde.

O´Neill fügt hinzu, dass China mit dieser Entwicklung nicht alleine dastünde. Die Verbraucher anderer BRIC-Wirtschaften sind weitere USD 2 Billionen wert. Insgesamt beläuft sich der Wert der BRIC-Verbraucher auf USD 4 Billionen, mit einer 20%igen Wachstumsrate.

Um was für Summen geht es hier? O´Neill führt aus, dass es um einen weltweiten Verbrauch geht, der sich jedes Jahrzehnt auf USD 800 Billionen beläuft. Bis 2020 würde der Gesamtwert der BRIC-Verbraucher den der USA eingeholt haben.

Und dennoch…trotz dieser optimistischen Analyse, gibt es ganz offenkundig Probleme. Indien und Brasilien leiden bereits jetzt unter einer bedeutenden Preisinflation, worauf wir in der Vergangenheit bereits hingewiesen haben. China scheint es jedoch am allerschlimmsten getroffen zu haben.

Gestern berichtete die britische Zeitung Telegraph über ein weiteres beunruhigendes Zeichen – Chinas boomende unterirdischen Städte.

Diese Städte unter Tage sind offensichtlich das direkte Ergebnis des völlig überhitzten chinesischen Immobilienmarkts über Tage. In Peking, so der Telegraph, wo sich das durchschnittliche Monatsgehalt auf 4.000 Yuan beläuft, bräuchte ein gewöhnlicher Bürger 50 Jahre, um sich eine Eigentumswohnung zu kaufen – unter der Prämisse, dass jeder Cent seines Gehalts auch zum Kauf derselbigen aufgewendet würde. Die chinesische Arbeiterklasse senkt den Blick, anstatt erhoben Hauptes in die Zukunft zu schauen.

„Dort, in dem riesigen Netzwerk nicht genutzter Luftschutzbunker der Stadt, leben bis zu 1 Million Menschen in kleinen fensterlosen Räumen, die sie für GBP 30 bis GBP 50 pro Monat anmieten, einen Betrag, den sich die Massen der Armee der Wanderarbeiter der Stadt leisten können. In einer Pekinger Vorstadt, unterhalb tausender gesichtsloser Wohnblocks, welche die Ränder der Stadt aufgrund eines jahrzehntelangen Baubooms bedecken, befindet sich einer von Pekings sogenannten ´Luftschutzbunker-Hoteliers`, der zustimmte, uns sein Angebot zu zeigen.

Wir gehen unter einem grünen Schild mit der Aufschrift ´Luftschutzkeller` entlang und Herr Zhao führt uns zwei Fluchttreppen hinunter in das Netzwerk aus Korridoren und Räumen, die geschaffen wurden, um im Falle einer Kriegskatastrophe Zuflucht zu bieten. ´Wir haben zwei unterschiedlich große Räume.` sagt er, während er über Häufchen von Habseligkeiten der Bewohner schreitet, die meisten von ihnen arbeiten im nahe gelegenen Großmarkt. ´Die kleinen [1,80m x 2,70m] kosten 300 Yuan [GBP 30], die großen [4,5m x 1,80m] 500 Yuan.´“

Man geht davon aus, dass es in Peking rund 78 Millionen Quadratkilometer an Tunneln und Kellern gibt, so die Zeitung weiter. Das maoistische Regime baute die Anlagen nach der Sino-Sowjet-Spaltung 1969 zum Schutz vor Raketenangriffen der Sowjets. Der größte Teil wurde jedoch erst später als Notfallrückzugsraum errichtet.

In Peking leben also Millionen Menschen unter Tage, da sie sich die Millionen leer stehenden Wohnungen über Tage nicht leisten können, die im Rahmen blühender Spekulationsgeschäfte gekauft wurden. Die chinesischen Führer bekommen die Immobilienspekulation nicht unter Kontrolle, ganz egal wie stark sie sich auch darum bemühen.

Tatsache ist, dass die Preise in China trotz immer stärkerer Preiskontrollen und anderer drakonischer Maßnahmen nicht nur im Immobilienmarkt sondern auch bei Nahrungsmitteln steigen. Inflation ist ein geldpolitisches Phänomen; aber anstatt zu versuchen, aus dem System Yuan abzuziehen, legen die Chinesen den Immobilienverkäufern Beschränkungen auf. Dadurch wird der inflationäre Druck jedoch lediglich verlagert, ohne dass dieser dadurch reduziert würde.

Und dann gibt es da noch Irland – unserer Meinung nach der Leitindikator für die Europäische Union und den Euro. Und obwohl der Telegraph die optimistische Einschätzung O´Neills bezüglich der EU verbreitete, veröffentlichten sie in derselben Ausgabe die Meldung, dass die irischen Zentralbanker jetzt nur noch von einem halb so starken Wachstum als dem ursprünglich angenommenen ausgehen würden.

Und das alles trotz der „Austeritäts“-Anstrengungen der Regierung, zu denen riesige Haushaltseinschnitte und Steuererhöhungen gehören. Die irische Regierung plant, die Steuern alleine in 2011 um rund EUR 6 Milliarden zu erhöhen.

Es sollte hier angemerkt werden, dass Island die Fürsorge des Internationalen Währungsfonds ablehnte und seine angeschlagenen Banken pleite gehen lies. Im Ergebnis scheint es so zu sein, dass Island gerade auf dem Weg sein könnte, sich aus der schrecklichen aber gnädigerweise „kurzen“ Rezession zu befreien.

Irland, ein angesehenes Mitglied der EU, hat die Allheilmittel des Internationalen Währungsfonds hingegen störrisch akzeptiert, die unvermeidlich zu Lasten des arbeitenden Volks gehen und dem Wohle der Banken dienen, welche durch die „Austerität“ der Iren wieder liquide gemacht werden.

Das Bruttosozialprodukt der Iren wird dieses Jahr wahrscheinlich um 1% anstatt um 2,4% zulegen, so wie im Oktober ursprünglich prognostiziert wurde. Der Telegraph meldete, dass sich die Wirtschaftsaussichten in den vergangenen Monaten weiter verschlechtert hätten und der Konsum immer weiter zurückgehen würde:

„Die Oktoberprognose beruhte auf einem Haushaltspaket in Höhe von EUR 3 Milliarden. Der Finanzminister Brian Lenihan gab härtere Austeritätsmaßnahmen als Teil eines EUR 85 Milliarden Rettungspakets der Europäischen Union und des Internationalen Währungsfonds bekannt.

Die Regierung beabsichtigt, das Haushaltsdefizit des vergangenen Jahres in Höhe von 12% bis 2014 unter die EU-Grenze von 3% des BSP abzusenken. In 2010 belief es sich das Defizit mitsamt den Bankenrettungen auf 32% des BSP.“

Das Internet hat den Menschen einen Einblick in die weltweiten Machenschaften der Elite gewährt. In Europa kam es bereits zu ersten Austeritätsaufständen und man kann davon ausgehen, dass diese im Frühjahr weitergehen werden.

Werbeverheißungen, wie die von O´Neill kommunizierten, bedürfen der zusätzlichen Untermauerung durch andere angemessene Manipulationsmaßnahmen. Das wird jedoch sehr schwer werden.

Schlussfolgerung: Es fällt der angloamerikanischen Machtelite aus verschiedenen Gründen immer schwerer, Einfluss auf die Ereignisse zu nehmen. Wahrscheinlich ging es darum, die westlichen Gesellschaften zu destabilisieren, um die Weltregierung voranzutreiben.

Im Zeitalter des Internets sind derartige Destabilisierungsversuche jedoch immer gefährlicher, und ihre Resultate sind unvorhersehbar. O´Neill bringt seine Argumente vor und untermauert sie mit Zahlenwerk – es könnte aber durchaus sein, dass diese Rechnung nicht aufgeht.

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