Vergleicht man die Abweichungen bei der Preisentwicklung von Gold und Silber, so deutet alles auf ein Ende der Korrektur. Der säkulare Edelmetallbullenmarkt ist weiterhin vollumfänglich intakt
James Turk, FGMR.com, 30.05.2011
Bullenmärkte bewegen sich nicht gleichförmig, dasselbe gilt auch für den Gold- und Silberpreis. Den Preisanstiegen bei Edelmetallen folgt eine Verschnaufpause, bei der die zuvor gemachten Zugewinne „korrigiert“ werden. Die letzten 4 Wochen haben Gold und Silber eine solche Periode der Preiskorrektur durchgemacht.
Während dieser Korrekturen werden auch die Stützungslinien getestet. Hält eine Stützungslinie, so klettert der Edelmetallpreis letztendlich wieder nach oben. Der Preisanstieg macht die Tiefs, die während des Tests der Stützungslinie und der Korrektur zu verzeichnen waren, dann also wieder wett.
Dieses Auf und Ab-Muster konnten wir in den vergangenen 10 Jahren ein ums andere Mal beobachten. Jedes Mal kam es bei Gold und Silber im Nachgang zu spektakulären Zugewinnen. Einige Korrekturen dauerten lange und waren einschneidend, beispielsweise die nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers, andere waren hingegen nur kurz und von seichter Natur.
Von besonderer Bedeutung ist darüberhinaus, dass Gold und Silber vielversprechende Abweichungen aufweisen. Was ich damit meine: Normalerweise verläuft die Preisentwicklung bei Gold und Silber gleichmäßig. Beide steigen oder fallen im Preis. Interessant ist, wenn ein Metall in eine bestimmte Richtung marschiert, um auf einen neuen Preis zu klettern, während diese Kursbewegung vom anderen Metall nicht bestätigt wird.
Wenn Gold beispielsweise auf ein neues Hoch klettert und Silber dieses Hoch nicht bestätigt, so entsteht dadurch eine negativ zu bewertende Abweichung, die ein Hinweis darauf sein kann, dass die Preisrally vorbei ist und eine Preiskorrektur einsetzt.
Im Gegensatz dazu ist es jedoch so, dass eine positiv zu bewertende Abweichung entsteht, wenn ein Metall ein neues Korrekturtief erreicht und dieses Tief vom anderen Metall nicht bestätigt wird. Diese sehr positiv zu bewertende Abweichung kann ein Hinweis auf das Ende der Korrektur sein.
Wenn wir die nachfolgenden zwei Grafiken miteinander vergleichen, so lassen sich dadurch die Abweichungen bei Gold und Silber erkennen, die sich innerhalb der vergangenen Wochen gebildet haben. Die Grafiken weisen das Tageshoch, das Tagestief und den Tagesschlusskurs von Gold und Silber in den vergangenen paar Monaten aus. Die gestrichelte Linie ist der Schlusspreis vom Freitag vergangener Woche.
Anhand der Charts kann man folgende Beobachtungen machen:
1. Seit ihren Tiefstständen im Januar dieses Jahres hatten sich Gold und Silber mehr oder weniger gleichmäßig entwickelt.
2. Die Korrektur setzte bei beiden Edelmetallen am selben Tag ein. Nachdem die Korrektur einsetzte, erreichte Gold am 05.05.2011 seinen Tiefpunkt, während Silber jedoch stärker fiel und seinen ersten Tiefpunkt am 06.05.2011 erreichte. Dies war eine kleine, positiv zu bewertende Abweichung, da Gold das neue Tief bei Silber nicht bestätigte. Beide Metalle kletterten daraufhin auch wieder nach oben.
3. Die Edelmetalle testeten danach die zuvor erreichten Tiefstände. Silber fiel am 12.05.2011 auf ein neues Tief, Gold bestätigte dies jedoch nicht. Hier hatten wir die zweite positiv zu bewertende Abweichung vorliegen, die auch wichtiger war als die erste Abweichung ein paar Tage zuvor, ganz einfach deshalb, weil das erste Tief bei Gold im weiteren Kursverlauf hielt und nicht noch einmal durchbrochen wurde.
4. Ein paar Tage später testeten die Edelmetalle ihre Tiefstände erneut. Am 17.05.2011 sank Gold unter sein Tief vom 12.05.2011, durchbrach jedoch nicht das ursprüngliche Tief vom 05.05.2011, welches im Verlaufe der gesamten Korrektur nicht unterschritten wurde. Silber brach unter sein Tief vom 06.05.2011, aber nicht unter das Tief vom 12.05.2011. Es war die dritte positiv zu bewertende Abweichung, und dieser Test und der darauffolgende erneute Test der Stützungslinie deuten darauf hin, dass es sich hierbei tatsächlich um solide Preisniveaus handelt. Gold und Silber stiegen von dort aus weiter und setzen ihre Preisrally aktuell fort.
Die Edelmetalle haben also vielversprechende Abweichungen entwickelt, die darauf hindeuten, dass die Korrektur nun bald zu Ende sein könnte. Man kann es auch so sehen: Der Abverkauf während der Edelmetallkorrektur kann auch mit einem Preisboxer verglichen werden, der sich am Ende eines ermüdenden Kampfes befindet. Er wurde schwer zusammengeschlagen und ist kaum noch in der Lage, den Kampf weiter fortzusetzen. Und eine Abweichung deutet genau auf diesen Aspekt. Im Grunde genommen, wird dadurch angezeigt, dass die Abwärtsbewegung am Ende ist, da die Verkäufer nicht mehr über genügend Schlagkraft verfügen.
Es gibt noch etwas anderes bezüglich der oben stehenden Grafiken, was auf eine sehr positive Preisentwicklung hindeutet: Wenn wir uns noch einmal den Umfang der Silberkorrektur ansehen und ihn mit der von Gold vergleichen, stellen wir fest, dass Silber mehr als die Hälfte seiner seit dem Tief im Januar 2011 gemachten Zugewinne abgeben musste, während bei Gold kaum Verluste zu verzeichnen waren. Darüberhinaus ist Gold nur einen Wimpernschlag von einem neuen Allzeithoch entfernt. Diese relative Kursentwicklung ist an sich schon eine sehr positiv zu bewertende Abweichung.
Alles in allem gibt es also deutliche Signale, die dafür sprechen, dass die Korrektur bei Gold und Silber vorbei ist. Mit anderen Worten: Die Tiefs, die bei Gold und Silber im Verlaufe dieses Monats erzielt worden sind, stellen auch die Tiefststände dieser Korrektur dar.
Es könnte durchaus noch weitere Stützungstests rund um die Marken USD 1.500 pro Unze und USD 35 pro Unze geben. Dies wäre überhaupt nicht ungewöhnlich. Es könnte sogar noch zu weiteren positiven Abweichungen bei der Preisentwicklung von Gold und Silber kommen. Man sollte sich jedenfalls über die bisher bereits eingetretenen Abweichungen freuen, da sie im Grunde darauf hinweisen, dass die Korrektur nun zu Ende sein könnte, und noch wichtiger, der säkulare Edelmetallbullenmarkt weiter intakt ist.
Abschließend sei hier noch angemerkt, dass die aufmerksamen Beobachter unter Ihnen sicherlich auch die negativ zu bewertende Abweichung auf beiden Grafiken gesehen haben werden. Gold erzielte am 29.04.2011 ein neues Hoch, was von Silber nicht bestätigt wurde. In der darauffolgenden Woche kam es dann auch zu einer heftigen Korrektur.
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es sehr zielführend sein kann, auf derartige Abweichungen zu achten. Abweichungen sind, wie alles andere im Markt, aber nicht zu 100%ig zuverlässig. Nichtsdestotrotz sind sie eine nützliche Analysetechnik, die jeder nutzen kann, der die Preistrends in einem Bullenmarkt im Auge behalten möchte.