Die Entwicklungsaussichten von Silber sind glänzend, ganz egal, ob die Weltwirtschaft nun prosperiert oder das globale Finanzsystem in Schutt und Asche gelegt wird. Eine Monsterdrückung des Silberpreises, wie wir sie zu Beginn der Finanzkrise im Jahre 2008 miterlebt haben, dürfte bei der nächsten Krisenwelle kaum noch zu bewerkstelligen sein
Ted Butler, Butler Research, 25.07.2011
Seit über 25 Jahren studiere ich die Angebots- und Nachfragesituation bei Silber und die Struktur des Silbermarkts an sich. Zuvor hatte ich fast 15 Jahre lang als Rohstoff- und Aktienhändler Silber gemeinsam mit anderen Rohstoffen gehandelt. Und in all diesen 40 Jahren habe ich immer versucht, Silber nicht aus der Perspektive heraus zu analysieren, dass es sich dabei im Rahmen einer Weltfinanzkrise um den letzten Rettungsanker handeln würde.
Ich tat dies nicht, weil es sich bei Silber nicht um einen solchen Rettungsanker handelt, sondern weil dieser Aspekt des weißen Metalls immer weitgehend akzeptiert und ohnehin stets sehr viel darüber geschrieben wurde. Es hätte nach meinem Dafürhalten also überhaupt nichts gebracht, über etwas zu schreiben, das ohnehin bereits bekannt war.
Heute möchte ich dennoch auf ein paar Sorgen bezüglich der allgemeinen globalen Finanzsituation im Zusammenhang mit Silber aufmerksam machen, die mich in jüngster Zeit beschäftigt haben. Bevor ich hierzu weitergehende Ausführungen mache, möchte ich Ihnen jedoch versichern, dass ich im Hinblick auf eine Vielzahl aktueller Finanzprobleme in den USA und der Welt immer noch recht positiv gestimmt bin und davon ausgehe, dass diese auf mehr oder weniger vernünftige Art und Weise gelöst werden.
Ich gehe zwar nicht davon aus, dass die Lösung dieser Probleme leicht sein wird oder ohne irgendwelche Schrecken zu bewerkstelligen ist, genausowenig bin ich jedoch überzeugt davon, dass das Worst-Case-Szenario möglich ist.
Noch wichtiger ist aber, dass ich hier nicht den Eindruck erwecken möchte, man sollte Silber nur deshalb halten, weil die Welt gerade zur Hölle fährt. Wenn man sich die Fakten anschaut, wird deutlich, dass sich Silber so oder so gut entwickeln dürfte, völlig ungeachtet der finanziellen Ereignisse, deren Zeugen wir vielleicht noch werden.
Eines der Probleme, das mir am meisten Sorgen bereitet, ist die überall anzutreffende Schuldenexplosion, besonders auf Regierungsebene. Jedes Mal, wenn die Menge irgendeiner Sache stark zunimmt, sinkt ihr Wert. Die weltweite Gesamtverschuldung ist gegenüber der Fähigkeit der Welt, diese Schulden zu bedienen, unverhältnismäßig stark angewachsen, und das stellt ein ernsthaftes Problem dar.
Das schwache Wirtschaftswachstum in der westlichen Welt schränkt die Entscheidungsspielräume bezüglich der Reduzierung dieser Schuldenlast ein und macht die ganze Sache noch schwieriger. Selbst wenn alle gemeinsam große Opfer erbringen, wird die Schuldenabhängigkeit nicht einfach so von jetzt auf gleich verschwinden.
Und da es sich bei fast allen Regierungsschulden im Grunde genommen um nichts weiter als um Papierversprechen handelt – die durch die Kreditwürdigkeit und eben nicht durch reale Kreditsicherheiten wie Eigentum gedeckt sind – könnten all diese Papier-Verbindlichkeiten in einer Finanzkrise suspekt werden.
Vermögenswerte, die ihren Wert völlig unabhängig von der Fähigkeit des Kreditors, seinen Forderungen nachzukommen, bewahren können, werden im Rahmen derartiger Krisen grundsätzlich wertvoller.
Wenn Papiervermögenswerte abgestoßen werden, steigt die Nachfrage nach harten Vermögenswerten wie Silber. Im Verlaufe dieses Artikels werde ich versuchen darzulegen, warum Silber der beste harte Vermögenswert sein könnte, auf den man sich im Rahmen einer Finanzkrise zurückziehen kann.
Die weltweite Schuldenzunahme hat zu einer gigantischen Explosion von Finanzderivaten wie Kreditausfallversicherungen (CDSs) geführt, was die möglichen negativen Auswirkungen einer Finanzkrise zusätzlich verschärft. Genau solche Derivate waren es – speziell die von AIG – welche die Welt im Jahre 2008 finanziell auf die Knie zwangen.
Zu jener Zeit brach auch der Silberpreis drastisch ein, was, im Rückblick betrachtet, auf die zunehmend offenkundiger werdenden Manipulationen großer New Yorker Banken zurückzuführen ist, die damals mit riesigen Mengen an Silber-Shorts auf fallende Preise spekulierten. Die Wiederholung einer solchen Manipulation dürfte sich jedoch als sehr schwierig herausstellen, vielmehr dürfte Silber in Zukunft auf jede neue Finanzkrise mit starken Preisausschlägen reagieren.
Eine andere bedeutende Sorge, die mich beschäftigt, sind die Anfeindungen zwischen den politischen Parteien in den USA, die mittlerweile bereits ein beängstigendes Ausmaß angenommen und ein Niveau erreicht haben, wie es von mir während meines gesamten Lebens noch nicht beobachtet wurde. Ich habe die politische Stimmung des Landes stets im Auge behalten, obwohl ich immer versuchte, politisch neutral zu bleiben.
Was ich heute beobachten muss, ist jedoch höchst besorgniserregend. Es ist völlig egal, um welches Thema es auch gehen mag, heutzutage wird, so scheint es, alles automatisch und kategorisch abgelehnt, sollte das jeweilige Thema nicht exakt der Parteilinie entsprechen. Angesichts der wirtschaftlichen Situation, in der sich die Vereinigten Staaten zurzeit befinden, kann diese Art politischen Starrsinns jedoch kaum als konstruktiv erachtet werden.
Und wenn man hier noch die Schuldenniveaus und die mit diesen Schulden in Zusammenhang stehenden Finanzderivate-Kreationen sowie die schwache Wirtschaft mit ihrem hohen Arbeitslosenniveau hinzunimmt, dann erhöht diese politische Wadenbeißerei nur noch die Chancen darauf, dass es zu Fehleinschätzungen und einem Finanzdesaster kommt.
Meines Erachtens haben die europäische Schuldenkrise und die heftigen Auseinandersetzungen über die US-Schuldenobergrenze und das US-Haushaltsdefizit unbeabsichtigt dazu geführt, dass sich in den Köpfen zahlreicher Menschen nun Zweifel breitmachen, und zwar bei Menschen, für die derartige Zweifel völlig neu sind. Ja, mit dem Vertrauen ist das so eine Sache – es ist schwer, Vertrauen zu gewinnen, aber unglaublich einfach, es zu verlieren.
Vielleicht hätten sich die Menschen ja bedeutend früher Gedanken über die Schulden und die Finanzprobleme machen sollen. Zumindest hätten sie sich in letzter Zeit darüber Gedanken machen können, als diese Themen zunehmend in die Schlagzeilen gerieten. Die ganze Situation unterstreicht jedoch nur, dass Vertrauen ein entscheidender Aspekt ist, wenn es darum geht, Papierverbindlichkeiten zu kaufen und zu halten.
Vielleicht schwindet dieses Vertrauen nicht über Nacht, Fakt ist jedoch, dass es schrittweise zusammenbricht, was die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass es an irgendeinem Punkt zu einer Panik kommt. Ich kann mir kaum vorstellen, dass sich die Menschen während einer echten Finanzpanik nicht harten Vermögenswerten, speziell Edelmetallen, zuwenden werden.
Natürlich ist mir bewusst, dass ich hier lediglich die beliebtesten Argumente angeführt habe, warum man Gold und Silber besitzen sollte – nämlich als Versicherung gegen Inflation und finanzielle Verwerfungen. Jahrzehntelang habe ich mich stets darum bemüht, diese Argumente nicht anzuführen, nicht etwa, weil sie nicht stimmen würden, sondern weil sie in der Vergangenheit bereits hinlänglich verbreitet wurden.
Das Argument, dass Edelmetalle ein Rettungsanker sind, habe ich immer als Bonus angesehen und nicht als zentralen Grund, warum man Silber besitzen sollte. Und auch heute bin ich immer noch dieser Meinung, obwohl mich die jüngsten Ereignisse in der Finanzwelt bedeutend sensibler gemacht haben.
Mir kommt es jedenfalls so vor, dass umso mehr Menschen nun tagein, tagaus all die Berichte über den Kampf gegen die weltweite Verschuldung und die politischen Streitereien in den USA zu hören bekommen, desto mehr gelangen auch zu der Einsicht, dass man von den Papierversprechen weggehen und in Vermögenswerte diversifizieren sollte, die nicht auf die Versprechen anderer angewiesen sind. Die Preisanstiege bei den Edelmetallen werden mit Sicherheit dafür sorgen, dass sich dieser Prozess in Zukunft noch weiter verfestigen wird.
Bei Gold und Silber handelt es sich natürlich um Vermögenswerte ohne Ausfallrisiko. Als solche sind sie das perfekte Gegenmittel in einer Welt, wo das Adressenausfallrisiko zunehmend Sorge bereitet. Das großartige an Edelmetallen ist ja gerade, dass sie sich so stark von konventionellen Papierfinanzwerten unterscheiden, was alleine schon anhand ihrer physischen Charakteristika unzweideutig zum Ausdruck kommt.
Ich erinnere mich noch, wie ich vor Jahren einmal schrieb, dass Silber in eine gänzlich andere Kategorie als die gewöhnlichen Finanzwerte fallen würde. Die meisten Finanzberater rieten zur Diversifikation, da dies eine Methode sei, die Sicherheit des Portfolios zu erhöhen. Sie rieten, das Investment auf verschiedene Aktien, Anleihen und andere Wertpapiere zu verteilen.
Doch lässt sich überhaupt eine wirkliche Diversifikation durchführen, ohne dass man Vermögenswerte hinzufügt, die aus einer ganz anderen Vermögensklasse, namentlich der Klasse der Edelmetalle, stammen?
Sie können jeden Gold- und Silberinvestor fragen, welche Ängste ihm durch den Kopf schießen, wenn er an die mit einer Finanzkrise in Zusammenhang stehenden Gefahren denkt – ich garantiere Ihnen, das letzte, worüber sich ein Edelmetallinvestor Sorgen macht, ist um die von ihm gehaltenen Edelmetalle. Alleine dieses beruhigende Gefühl ist es schon wert, dass man sein reines Papierportfolio in Richtung Gold und Silber diversifiziert.
In der heutigen Welt muss man meines Erachtens kein Genie sein, um zu der Erkenntnis zu gelangen, dass man einem reinen Papierportfolio auch Edelmetalle hinzufügen sollte, und zwar alleine schon aufgrund der Tatsache, dass Gold und Silber innerhalb der vergangenen 5 oder 10 Jahre praktisch jedes andere Papierinvestment hinter sich ließen. Die Hemmungen, sich dazu durchzuringen, schwinden, umso mehr man sich objektiv mit der Thematik auseinandersetzt.
Und umso mehr Zeit man damit verbringt, sich mit den Vorteilen von Gold und Silber auseinanderzusetzen, desto leichter fällt es einem dann auch, sich für Silber zu entscheiden, worauf ich im Folgenden eingehen werde.
In den weltweiten Lägern gibt es zurzeit weniger physische Silberbestände als Goldbestände. Aktuell sind rund 1 Milliarde Unzen Silber verfügbar, dem 3 Milliarden Unzen Gold gegenüberstehen. Der gesunde Menschenverstand sagt einem bereits, dass sich die Tatsache, dass eine Sache seltener anzutreffen ist als eine andere, normalerweise auch im Preis widerspiegeln müsste.
Und obwohl Silber Gold innerhalb der vergangenen 10 Jahre in der Preisentwicklung hinter sich ließ, sind die geringen physischen Silberbestände überhaupt noch nicht eingepreist, was heißt, dass das Metall unterbewertet ist.
Ich würde einmal schätzen, dass sich unter 1 Million Erdenbürger vielleicht eine Person befindet, die sich darüber vollständig im Klaren ist. Ja selbst unter der Gruppe derer, die darüber Bescheid wissen, wie selten Silber im Vergleich zu Gold ist, wird diese Tatsache nur von den allerwenigsten wirklich akzeptiert. Und umso mehr Menschen diese verblüffende Tatsache zur Kenntnis nehmen, desto mehr werden sie sich ganz zwangsläufig für Silber als Investment entscheiden.
Natürlich wird jedes Jahr bedeutend mehr Silber gefördert als Gold, doch erhält man ein völlig anderes Bild, wenn man berücksichtigt, dass es sich bei Silber im Gegensatz zu Gold um einen bedeutenden Industrierohstoff handelt. Zieht man bei Gold und Silber den industriellen und fertigungsbedingten Verbrauch ab und ermittelt die jährlich für Investments übrig bleibenden Beträge, wird sofort deutlich, warum Silber so attraktiv ist.
Wen schert es schon, dass mehr Silber produziert wird, wenn der überwiegende Teil der jährlichen Silberproduktion ohnehin für die Industrie und den Fertigungsbereich bestimmt ist? Nur sehr wenige betrachten Silber aus diesem Blickwinkel, doch im Laufe der Zeit werden sich immer mehr Menschen diese Perspektive zu Eigen machen.
Der jedoch wichtigste Aspekt bei der Fragestellung, ob man in Gold oder Silber investiert, ist der Preis der Metalle. Aufgrund der Tatsache, dass Gold um so vieles teurer ist als Silber, sind die in US-Dollar denominierten Preise der beiden Metalle völlig verzerrt. Bei den gegenwärtigen Preisniveaus und den weltweiten physischen Gold- und Silberbeständen gibt es auf Dollarbasis aktuell 120 Mal mehr Gold als Silber.
Das heißt auch, dass man bedeutend mehr Gold braucht, um den Goldmarkt in eine Richtung zu bewegen, als dies beim Silberpreis der Fall ist. Das ist wahrscheinlich auch der entscheidende Grund dafür, warum Silber das gelbe Metall bei der Preisentwicklung ausgestochen hat, und aktuell gibt es keinerlei Hinweise, die darauf hindeuten, dass sich dies in nächster Zeit ändern wird.
Da nun immer mehr Menschen den tagtäglichen Berichten über die Notlage der Finanzwelt und die politischen Anfeindungen ausgesetzt sind, treiben ihre Gedanken ganz selbstverständlich immer stärker in die Richtung von Vermögenswerten, die von diesen finanziellen und politischen Problemen nicht nachteilig beeinflusst werden. Und da immer mehr Menschen Kenntnis über die Seltenheit und den Wert von Silber im Vergleich zu Gold erlangen, werden sie sich auch zunehmend dafür entscheiden, Silber zu kaufen und zu halten. Der Trick besteht wie üblich darin, der Masse einen Schritt voraus zu sein.