Das europäische Staatsschuldendebakel ist im Kern immer noch eine waschechte Bankenkrise. Die Gefahr von Bank-Runs schwebt wie ein Damoklesschwert über dem Banken-System der Eurozone. Für Sparer, die sich vor dieser gewaltigen Banken- und Staatsschuldenkrise schützen wollen, gibt es nur eine Alternative: Gold & Silber

Eric Sprott & David Baker, Sprott Asset Management, 02.08.2011

Für wohlhabende europäische Sparer stellt sich heutzutage in der Tat die Frage, was sie mit ihrem Geld eigentlich machen sollen. Sollen sie das Geld tatsächlich weiter auf den Konten griechischer oder italienischer Banken lassen?

Diese Fragestellung betrifft zurzeit praktisch alle europäischen Bankkunden – heben sie ihr Geld ab oder verwahren sie es weiterhin auf dem Bankkonto und lassen es drauf ankommen. Die Reaktion der europäischen Sparer auf diese Fragestellung wird sich für die finanzielle Zukunft der Eurozone als schicksalhaft erweisen.

Dank der staatlichen Rettungsmaßnahmen der EU hat sich die ursprüngliche Bankenkrise mittlerweile in eine vollumfängliche Staatsschuldenkrise verwandelt. Bisher ist die Europäische Zentralbank (EZB) immer noch in der Lage gewesen, dass Bankensystem der Eurozone über Wasser zu halten, doch die fortwährende Gefahr, dass die Bankkunden die Banken stürmen, um ihr Geld abzuheben, sorgt dafür, dass die Zukunft der Eurozone mit extremen Unsicherheiten behaftet ist.

Ein Bank-Run auf die Einlagen zwingt die Banken, ihre Vermögensbestände zu liquidieren, um an frische Gelder zu kommen. Die Regierungen und Zentralbanken werden alles in ihrer Macht stehende tun, um ein solches Szenario zu vermeiden, da eine Liquidierung der Vermögensbestände deren reale Werte offenbaren würde – und diese sind aller Vorausschau nach bedeutend geringer als die Werte, die aktuell in den Bilanzen der Banken stehen .

Europa wird bereits seit 3 Jahren von Bank-Runs heimgesucht. In Island erfolgte ein Bank-Run auf die die zweitgrößte Bank des Landes, Landesbanki, was zur Folge hatte, dass Anfang Oktober 2008 über 300.000 britische Kontoinhaber nicht mehr an ihre Konten der Onlinebank Icesave herankamen.

Da die Angst vor dem Verlust der Bankeinlagen immer stärker um sich griff, sah sich die britische Regierung gezwungen, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen und die Vermögensbestände der Landesbanki mit einem Schlag einzufrieren, wodurch der Kapitalfluss in Island praktisch zum Erliegen kam.

Zu dieser Zeit war man also gut beraten, kein isländisches Bankkonto zu besitzen – besonders wenn man noch die Tatsache mitberücksichtigt, dass die isländische Krone bis Ende November 2008 58% ihres Werts eingebüßt hatte.

In Irland waren es Einlagenabhebungen in Höhe von fast EUR 4 Milliarden in weniger als 3 Wochen, welche die irische Regierung im Januar 2009 dazu veranlassten, die Anglo Irish Bank zu verstaatlichen. Große Bankkunden verloren das Vertrauen in die Einlagen-Garantie der irischen Regierung und fingen in Massen damit an, ihr Geld aus den irischen Banken abzuziehen. Zu jener Zeit wurde ein Professor vom Trinity College in Dublin mit den Worten zitiert:

„Für die [irische] Regierung ist es ein absolutes Albtraum-Szenario…sie sind nicht in der Lage, weitere Abhebungen bei der Bank zu verhindern, außer wir schließen die Grenzen und verwandeln uns in Kuba.“

Ende 2010 kam es in Irland zu einem zweiten Bank-Run – alleine im Oktober 2010 wurden mehr als EUR 67 Milliarden aus in Irland ansässigen Finanzinstitutionen abgezogen. Die 6 größten inländischen Banken, von denen zurzeit zwei liquidiert werden, haben seit Beginn der Krise in 2008 über EUR 90 Milliarden an gewerblichen Bankeinlagen verloren.

Und die Abhebungen halten weiter an – im Mai 2011 wurde gemeldet, dass die Einlagen des irischen Privatsektors innerhalb der vergangenen 12 Monate um 8,7% zurückgegangen sind. Die Einlagen nicht-irischer Bewohner der Eurozone gingen im selben Zeitraum um 9,7% zurück, während die Einlagen von nicht in der Eurozone lebenden Kunden um 28,2% zurückgegangen sein sollen.

Die Ereignisse in Irland machen eine Sache unmissverständlich deutlich: Wenn die Bankkunden Gefahr wittern und es ihnen freisteht, mit ihren Geldern woanders hinzugehen, dann tun sie dies gewöhnlich auch.

Die Einlagenabhebungen haben dafür gesorgt, dass sich die irischen Banken unter den Schutzschirm der EZB begeben mussten, die das Land im November 2010 großzügig rettete und den irischen Banken bis einschließlich Juni 2011 bereits über EUR 103 Milliarden geliehen hat.

Und diese Gelder sind – gemeinsam mit weiteren EUR 55,7 Milliarden, die die irischen Banken von der irischen Zentralbank erhielten – erstaunlicherweise immer noch nicht ausreichend, um das irische Bankensystem zu rekapitalisieren, das schon in Kürze weitere EUR 24 Milliarden benötigen wird, um weiter zahlungsfähig zu bleiben.

In Griechenland hatten die Abhebungen ebenso gravierende Folgen. In 2011 wurden bisher 8% aller Einlagen in griechischen Banken abgezogen, wobei es im Mai und Juni zu einer weiteren Beschleunigung dieser Geldabflüsse kam.

Die Kreditratingagentur Moody´s warnte, dass derartige Geldabflüsse eine „ernsthafte Liquiditätsverknappung [zur Folge haben können], sollten sie schnell die Marke von 35% übersteigen.“ Das EUR 109 Milliarden schwere Rettungspaket von vergangener Woche deutet jedoch darauf hin, dass dies bereits passiert sein könnte.

Und genauso wie bei Irland werden auch die griechischen Banken durch die EZB über Wasser gehalten. Alleine in 2010 finanzierte die EZB griechische Banken mit fast EUR 100 Milliarden, im bisherigen Jahresverlauf kamen weitere EUR 103 Milliarden hinzu. Obwohl die jüngste Griechenlandrettung den Griechen etwas Zeit verschafft haben dürfte, könnten die Einlagenabhebungen, sollten sie sich unkontrolliert fortsetzen, die Bemühungen der EZB immer noch zunichte machen.

Zu Spanien oder Italien liegen uns zwar keine Daten vor, dennoch ist es uns nicht entgangen, dass sich die Regierungen dieser Länder absolut im Klaren darüber sind, welche Auswirkungen Bank-Runs auf ihre fiskalische Stabilität haben könnten.

Italien ist ein bedeutend größerer Fisch als Irland oder Griechenland. Die italienischen Staatsschulden, die sich auf EUR 1,8 Billionen belaufen, sind höher als die Schulden von Griechenland, Spanien, Portugal und Irland zusammengenommen. Italien und Spanien sind nicht nur zu groß, um zu scheitern, sie sind auch zu groß, als dass sie gerettet werden könnten. Die Zukunft der Eurozone stünde auf dem Spiel, sollten italienische und spanische Sparer mit ihren Euros die Flucht antreten.

In diesem Zusammenhang fanden wir auch die Berichte über das neue Regelwerk des Eurozonen-Rettungsfonds, dem EFSF, sehr aufschlussreich, der auch im Rahmen der jüngsten Griechenland-Rettung zum Einsatz kam. Das Regelwerk des EFSF besagt, dass der Rettungsfonds über die Möglichkeiten verfügt, Staatsanleihen am Sekundärmarkt aufzukaufen, den EU-Staaten „vorsorgliche Kreditlinien“ einzuräumen, bevor sie vom Kreditmarkt abgeschnitten werden, und „den Regierungen Geld zu leihen, um ihre Banken zu rekapitalisieren“.

Die Staatsschuldenkrise ist im Kern immer noch eine Bankenkrise. Die Banken halten Unmengen an Staatschulden der Mitgliedsländer der Eurozone. Sollten die Bankkunden ihr Kapital abziehen, wären diese Banken gezwungen, einen Teil dieser Staatsanleihen zu verkaufen, um solvent zu bleiben.

Die Regelungen des EFSF sind so ausgelegt worden, dass die Banken vom Fonds die benötigte Liquidität erhalten, um die Einlagenabhebungen zu überleben. Die Frage ist nur, was passiert, sollten dem EFSF die Gelder ausgehen.

Unseres Erachtens verdienen die Bankkunden, die sich dazu entschlossen haben, ihr Geld von den Banken der Eurozone abzuheben, Anerkennung, da sie „geschnallt haben“, was los ist. Die EU-Banken sind immer noch die Wurzel des Problems, und die Bankkunden haben Recht, wenn sie die Sicherheit ihrer dort gehaltenen Einlagen hinterfragen.

Wir haben immer erklärt, dass das wirkliche Problem unseres Finanzsystems die viel zu hohe Fremdkapitalfinanzierung der Banken ist. Durch die allwöchentliche Veröffentlichung der jüngsten US-Bankenpleiten wird uns diese Tatsache immer wieder aufs Neue in Erinnerung gerufen.

Vergleicht man die Vermögensbestände der Pleitebanken mit den Geldern, die der US-Einlagensicherungsfonds FDIC den Kunden auszahlt, dann wird offenbar, dass es das Eigenkapital der Pleitebanken in der Regel gleich mehrfach auslöscht.

Das Entscheidende, worauf an dieser Stelle nochmals hingewiesen werden sollte, ist, dass die Banken unser Geld verleihen, während sie nur einen sehr kleinen Reservebetrag zurückhalten. Wenn wir davon ausgehen, dass die Banken 5 Cent einbehalten und 95 Cent weiterverleihen, dann würde eine 25%ige „implizite Abschreibung“ [Implied Write-Down] in der nachfolgenden Tabelle im Grunde genommen bedeuten, dass die Bank das Sechsfache ihres Eigenkapitals verloren hat.

Und die europäischen Banken befinden sich exakt in derselben Situation. Die EU-Banken arbeiten ebenfalls mit einem sehr hohen Fremdkapitalhebel, wobei die Lage noch dadurch verkompliziert wird, dass die einst liquidesten und sichersten Vermögenswerte in den Bilanzen europäischer Banken – die Staatsschulden – heute nicht mehr länger liquide und sicher sind.

Dies hat zur Folge, dass die EU-Banken heutzutage extrem anfällig gegenüber Einlagenabhebungen sind, da diese sie zwingen, an die EZB heranzutreten, um Liquiditätshilfen zu erhalten. Die EZB hat jedoch nur einen gewissen Handlungsspielraum und dann ist Schluss.

Sollte ein wirklicher „Liquiditäts-Zwischenfall“ eintreten, kann man davon ausgehen, dass für die Unmengen an notleidenden Vermögenswerten, die sich aktuell in den Beständen der europäischen Banken befinden – seien es nun Staatsanleihen oder andere Werte – mit Sicherheit keine Käufer gefunden werden.

Wir berichten diesen Monat über die EU-Bankenkrise, um jeden daran zu erinnern, dass wir erst vor kurzem zwei Ereignisse durchlebt haben, bei denen es beinahe zum Zusammenbruch des gesamten Finanzsystems gekommen wäre. Der erste derartige Vorfall fand während des Crash-Höhepunkts im Jahre 2008 statt. Das zweite Mal, als die Welt am Zusammenbruch des Finanzsystems vorbeischrammte, war im Mai 2010, als die EZB mit ihrem USD 1 Billionen Rettungspaket einsprang, um die Katastrophe abzuwenden.

Alle bisher aufgelegten Rettungspakete zielten darauf ab zu verhindern, dass der erste Dominostein zu fallen beginnt. Sie wurden aufgelegt, um die Ansteckung zu verhindern – also einen kompletten Finanzzusammenbruch, der praktisch das gesamte weltweite Bankensystem in eine isländische Geldfalle verwandeln würde – wo die Geldzuflüsse und Geldabflüsse gänzlich zum Erliegen kommen.

Wir wissen nicht, ob der Finanzzusammenbruch Europas verhindert werden kann, da die Investoren und Sparer im Hinblick auf die Realität nicht komplett beschränkt sind. Die Störungen im Finanzsystem halten weiter an und werden durch die fortwährend durchgeführten perversen Finanz-Intrigen nicht verhindert werden.

Sollten die Sparer der Eurozone ihre Einlagen aus den Banken abziehen, werden weitere Rettungspakete nötig, was eine Erhöhung der Staatsverschuldung zur Folge haben wird und die augenscheinlich hoffnungslose Situation zusätzlich noch bedeutend verschlimmern dürfte.

Wir gehen davon aus, dass zurzeit eine zunehmende Zahl europäischer Bankkunden ihre Gelder aus den EU-Banken herausholt und viele von ihnen ihr Kapital in Gold und Silber umschichten, um es zu schützen. Es überrascht uns überhaupt nicht, dass Gold auf Dollar- und Eurobasis aktuell wieder neue Allzeitrekorde verzeichnet.

An dieser Stelle sollte noch einmal herausgestrichen werden, dass jene isländischen und irischen Investoren, die über den Weitblick verfügten, ihr Geld noch vor Beginn der Bank-Runs in diesen Ländern in Gold umzuwandeln, nominell wie real einen extrem guten Schnitt gemacht haben.

Wir sind der Meinung, dass Gold und Silber die ultimativen Alternativen zu einem Girokonto darstellen, ganz gleich, ob die EZB nun mehr Euros druckt oder am Ende selbst in die Pleite abrutscht – beide Resultate werden die ohnehin bereits robuste Nachfrage nach Edelmetallen als alternativen Währungen zusätzlich weiter anheizen.

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