Seit 1984 ist Gold unterbewertet. Im Sommer dieses Jahres lag der tatsächliche Preis von Gold gerade einmal bei 13% seines Fair Value – ein Zustand, der nicht ewig aufrechterhalten werden kann

James Turk, King World News, 24.10.2011

Es gibt einen entscheidenden Aspekt, der Gold von anderen Vermögenswerten unterscheidet. Gold kauft man, wenn es unterbewertet ist, und verkauft es, wenn das Gegenteil eintritt, also wenn es immer überbewerteter wird. Daher ist es für ein solides Portfolio-Management auch von essentieller Bedeutung, den Wert des Goldes korrekt zu ermitteln.

Da Gold Geld ist, lässt sich sein Wert nicht mit herkömmlichen Standardmethoden ermitteln, die sonst zur Bewertung von Investments herangezogen werden. Gold ist kein Investment, da es keinen Cash-Flow generiert. Es handelt sich bei Gold also um einen sterilen Vermögenswert. Demzufolge wird durch Gold genausowenig Vermögen geschaffen, wie durch irgendeine Nationalwährung Vermögen geschaffen wird.

Währungen in all ihren Formen – ob nun Fiatgeld oder Gold – sind nichts weiter als Vermögen in Form von zurückgehaltender Kaufkraft. Die Funktion des Werterhalts ist eine der wichtigsten Aufgaben einer Währung.

Wenn der Goldpreis steigt, wird das Vermögen schlicht von denjenigen, die Nationalwährungen halten, in Richtung derer, die Gold besitzen, transferiert. Das ist es, was der Goldpreis widerspiegelt. Das Vermögen wird ganz einfach umverteilt – oder wie ich zu sagen pflege – es geht in die Hände seiner rechtmäßigen Besitzer über, also in die Hände derjenigen, die sich im Rahmen der Absicherung ihrer Liquiditätsbedürfnisse sorgsam und weise für eine der zur Wahl stehenden Währungen entschieden haben.

Die sorgsame Entscheidung, in welcher Währung man seine Liquidität hält, ist schlicht eine Frage des Erkennens, welche der Währungen überbewertet und welche unterbewertet sind. Clevere Investoren besitzen Währungen der letztgenannten Gruppe und vermeiden Währungen, die überbewertet sind.

Eines der vertrauenswürdigsten Modelle, die ich zur Ermittlung des Goldwerts verwende, ist mein Angst-Index, über den ich in der Vergangenheit bereits ausführlich geschrieben habe. Ein weiteres aussagekräftiges Modell ist mein Goldgeld-Index, wo Gold basierend auf seiner historischen Rolle als internationaler Währung und globalem Wertmaßstab bewertet wird. Hier ist die Formel:

In der unten stehenden Grafik – welche die Nützlichkeit des Goldgeld-Indexes veranschaulicht – finden sich zwei verschiedene Goldpreise: Zum einen der tatsächliche Goldpreis und zum anderen der „Fair Value“, also der angemessene Marktpreis, der sich aus der oben genannten Formel ergibt.

Zu Beginn der 60er Jahre, als der Dollar immer noch als „so gut wie Gold“ erachtet wurde, lag der tatsächliche Goldpreis in Wirklichkeit über seinem Fair Value. Mit anderen Worten: Die Zentralbanken verfügten im Vergleich zur Menge der von ihnen gehaltenen Dollars und anderen im internationalen Handel benötigten Landeswährungen über ausreichende Mengen an Goldreserven.

Dieses Verhältnis begann sich seit Ende der 60er Jahre jedoch zu verändern. Aufgrund der Dollarentwertung stieg der angemessene Preis von Gold über seinen tatsächlichen Preis, was bedeutet, dass Gold zu jener Zeit unterbewertet war. Gold war also mehr wert als die damals gültige feste Umtauschrate in Höhe von USD 35 pro Unze.

Dieser Preis von USD 35 pro Unze konnte dann auch nicht mehr lange aufrechterhalten werden, da der Dollar zu stark entwertet worden und daher überbewertet war. Die Folge des Ganzen war, dass die formelle Goldpreisbindung im August des Jahres 1971 letztendlich aufgegeben werden musste.

Nach diesem Zeitpunkt kam es zu einem Anstieg des Goldpreises, wobei der angemessene Preis von Gold, sein Fair Value bis 1974 immer über dem tatsächlichen Goldpreis lag. Ab 1974 war Gold dann wieder überbewertet, da sein tatsächlicher Preis über seinem Fair Value lag. Mit diesem Hoch hatte Gold seinen ersten entscheidenden Punkt im Bullenmarkt der 70er Jahre erreicht.

Bei dem damaligen Goldallzeithoch im Januar 1980 lag der tatsächliche Preis wieder über dem Fair Value, wie aus der oben stehenden Grafik deutlich hervorgeht. Die Überbewertung war in ihrem Umfang so stark angewachsen, dass sie selbstverständlich nicht allzu lange aufrechterhalten werden konnte. Der Goldpreis sank erneut, blieb bis 1984 aber immer über dem Fair Value.

Wie aus der nachfolgenden Grafik hervorgeht, ist Gold seit 1984 unterbewertet. In dieser Grafik werden die Daten des ersten Charts dazu genutzt, das Ausmaß der relativen Bewertung zu veranschaulichen. Mit anderen Worten: Diese Grafik weist das prozentuale Verhältnis zwischen dem tatsächlichen Goldpreis und seinem Fair Value aus (tatsächlicher Preis/Fair Value).

Anhand der oben stehenden Grafik lässt sich leicht das Ausmaß der Unterbewertung von Gold erkennen. Mit Stand zum 30.07.2011 lag der tatsächliche Preis von Gold gerade einmal bei 13% seines Fair Value, also gerade einmal knapp über seinem Allzeittief in Höhe von 10,3%, das im Jahre 2008 erreicht wurde.

Alternativ ließe sich noch behaupten, dass diese Grafik darauf hinweist, dass Gold heutzutage kein Geld mehr ist und meine Bewertungsmethode daher wertlos. Eine dieser beiden Varianten muss jedoch richtig sein, da es für diese riesige Differenz zwischen dem tatsächlichen Goldpreis und dem angemessenen Marktpreis von Gold ansonsten keine weitere Erklärung gibt. Ich bin der Meinung, dass die erste Variante die richtige ist.

Gold hat über 5.000 Jahre lang die Aufgabe der internationalen Währung übernommen, während das gelbe Metall in den vergangenen 40 Jahren aufgrund von staatlichen Zwangsmaßnahmen durch Fiatwährungen ersetzt wurde. Dieses noch junge Experiment mit Fiatwährungen läuft jedoch nicht besonders gut, was anhand der wachsenden weltweiten Ungleichgewichte, der völlig unkontrollierten Vermehrung von Schulden und Finanzderivaten, der anhaltenden Kaufkraftentwertung von Währungen und der sich verschlimmernden geldpolitischen Verwerfungen unschwer zu erkennen ist.

Zum Glück sind die Eigenschaften, die Gold überhaupt erst zu Geld machen, nicht verschwunden oder verlorengegangen, sondern wurden lediglich ignoriert oder schlicht vergessen – mit der Folge, dass die einzigartige Nützlichkeit von Gold als Geld nach wie vor Bestand hat. Diese Nützlichkeit wird nun zunehmend wiederentdeckt, wie der im letzten Jahrzehnt gestiegene Goldpreis beweist.

Und trotz des bemerkenswerten Goldpreisanstiegs, den wir seit dem Jahre 2000 beobachten können, hat sich an der Unterbewertung während dieses Zeitraums – wie aus der oben stehenden Grafik hervorgeht – praktisch nichts geändert, vielmehr wurde nur eine Seitwärtsbewegung hingelegt.

Diese Tatsache ist natürlich auf die Ausweitung der seitens der Zentralbanken gehaltenen Geldmenge (den Zähler des Goldgeld-Indexes) zurückzuführen, da die Geldmengenerhöhung ungefähr mit derselben Rate zulegt, wie der Wert des von den Zentralbanken gehaltenen Goldes (der Nenner des Goldgeld-Indexes). Gold bleibt also nach wie vor massiv unterbewertet.

Die Logik des Goldgeld-Indexes beruht auf einem grundlegenden Prinzip, nämlich dass Gold auch heutzutage immer noch Geld ist.

Dinge verfügen über Wert, weil sie nützlich sind, und der Wert des Goldes ergibt sich aus seiner Nützlichkeit als Geld. Gold ist Geld, weil der freie Markt es zu Geld macht. Die Regierungen sind daher weder in der Lage zu verhindern, dass Gold ein Wert beigemessen wird, noch können sie verhindern, dass sich das gelbe Metall von seiner gegenwärtigen Unterbewertung in Richtung seines Fair Value aufmacht, der gegenwärtig bei USD 11.000 pro Unze liegt.

Genauso wie wir heutzutage selbstgefällig auf die „Tulpenmanie“, die „Mississippi-Spekulation“ und die „Südseeblase“ zurückblicken und uns amüsiert die Frage stellen, wie die Menschen zu jener Zeit so dumm sein konnten, werden auch künftige Generationen auf die jetzige Ära staatlich ausgegebener Fiatwährung zurückblicken und sich dieselbe Frage stellen.

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