James Rickards, der Autor des Buches „Currency Wars“, im Gespräch mit Peter Schiff

Peter Schiff, Europacmetals.com, 07.02.2012

Peter Schiff: Sie beschreiben die jüngere Geldgeschichte als eine Serie von Währungskriegen. Der erste fand von 1921 – 1936 statt, der zweite von 1967 – 1987 und den dritten erleben wir gerade. Ich kann dem nur zustimmen. Mein Vater begann, sich mit Wirtschaft zu beschäftigen, nachdem er in den 60er Jahren die Folgen dessen sah, was Sie Währungskrieg II nennen würden. Was unterscheidet diese Kriege und was ist das Besondere am aktuellen Währungskrieg?

James Rickards: Währungskriege sind auf Wettbewerbsfähigkeit abzielende schrittweise Entwertungen, die von den großen Wirtschaften bei ihren Währungen gegenüber den anderen Währungen ihrer Handelspartner mit dem Ziel durchgeführt werden, ihnen einen Teil ihres Wachstums zu stehlen.

Während alle Währungskriege über sehr viele Gemeinsamkeiten verfügen, können sie unter unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen stattfinden und unterschiedliche Verläufe nehmen. Im Ersten Währungskrieg (1921 – 1936) dominierte eine deflationäre Dynamik, während im Zweiten Währungskrieg (1967 – 1987) die Inflation die vorherrschende Kraft war.

Auch endete der Erste Währungskrieg in der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs, während der Zweite Währungskrieg nach einem sehr holprigen Verlauf dann doch recht einvernehmlich mit dem Plaza Akkord im Jahre 1985 und dem Louvre Akkord im Jahre 1987 beigelegt wurde.

Was beide Währungskriege gemeinsam hatten – sieht man einmal von der Währungsentwertung ab – war die Zerstörung von Vermögen, verursacht durch einen Mangel an Preisstabilität oder einer Art wirtschaftlichen Ankers.

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass es sich beim Dritten Währungskrieg, der im Jahre 2010 seinen Anfang nahm, um einen echten Stellungskrieg zwischen der natürlich einsetzenden Deflation – die von der Depression herrührt, die 2007 begann – und der durch die Lockerungsmaßnahmen der US-Notenbank Federal Reserve politisch induzierten Inflation handelt.

Die deflationären und inflationären Vektoren bekämpfen sich gegenseitig, und zurzeit gibt es hier einen Waffengleichstand. Die Situation ist aber höchst instabil, früher oder später wird das Ganze auf die eine oder andere Seite kippen.

Dass es zu einer an die Grenze der Hyperinflation heranreichenden Inflation kommt, scheint momentan der wahrscheinlichere Ausgang zu sein, was mit der „koste es, was es wolle“-Einstellung der Fed bezüglich ihrer Gelddruckmaßnahmen zusammenhängt. Sollte die Fed angesichts der politischen Opposition aber das Handtuch werfen, kann auch eine Deflation nicht ausgeschlossen werden.

Schiff: Wir sind uns ja dahingehend einig, dass der Dollar gerade ruiniert wird, und wir haben auch beide einige dramatische Prognosen abgegeben, wie die Maßnahmen der Regierung aussehen könnten, wenn sie mit dem Zusammenbruch des Dollars konfrontiert ist. Wie würde dieses Szenario nach Ihrem Dafürhalten ablaufen?

Rickards: Der Dollar befindet sich nicht zwangsläufig und unabwendbar auf dem Weg in den Untergang, aber zurzeit sieht es ganz danach aus. Es ist immer noch Zeit, um ihn vom Abgrund zurückzuholen, doch dafür bedarf es einer ganz bestimmten Politik: Der Zerschlagung der Großbanken, des Verbots von Finanzderivaten, der Erhöhung der Leitzinsen, damit die USA wieder Kapital anziehen, der Beschneidung von Regierungsausgaben, der Abschaffung von Kapitalertrags- und Unternehmenssteuern und des Übergangs in Richtung einer Einheitssteuer sowie der Reduzierung der Vorschriften für Unternehmen, die Arbeitsplätze schaffen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine derartige Politik umgesetzt wird, scheint jedoch sehr gering zu sein, weshalb das Szenario eines Dollarzusammenbruchs auch in Erwägung gezogen werden muss.

Nur wenige Amerikaner sind sich im Klaren darüber, dass der International Economic Emergency Powers Act (IEEPA) … jedem US-Präsidenten diktatorische Befugnisse verleiht, mit denen er Konten einfrieren, Vermögenswerte beschlagnahmen, Banken verstaatlichen und andere radikale Maßnahmen einleiten kann, um einen Wirtschaftszusammenbruch im Namen der nationalen Sicherheit zu bekämpfen.

Angesichts dieser Befugnisse könnte man sich auch ein Maßnahmenpaket vorstellen, zu dem auch die Beschlagnahmung der 6.000 Tonnen an ausländischen Goldbeständen gehört, die zurzeit in der Federal Reserve Bank of New York gelagert werden. Nimmt man hier noch die Goldbestände von Washington in Höhe von 8.000 Tonnen hinzu, wären die USA auf einmal eine Gold-Supermacht und in der Lage, Form und Aussehen des künftigen internationalen Geldsystems aufzudiktieren, so wie es bereits im Jahre 1944 auf der Bretton Woods Konferenz getan wurde.

Schiff: In Ihrem Buch schreiben Sie, es sei denkbar, dass US-Präsident Obama eine Rückkehr zu einem Pseudo-Goldstandard in Erwägung ziehen wird. Das scheint mir doch sehr weit hergeholt. Warum sollte sich ein Haufen pro-inflationärer Keynesianer in Washington freiwillig ihre Fähigkeit des Gelddruckens beschneiden? Würde es ein solches Programm nicht notwendig machen, dass die Regierung auf US-Staatsanleihen zunächst einmal die Zahlungsunfähigkeit erklärt?

Rickards: Meine Prognose bezieht sich nicht speziell auf Präsident Obama, sondern auf jeden Präsidenten, der mit einer Wirtschaftskatastrophe konfrontiert wird. Ja, ich gebe Ihnen recht, dass eine typisch keynesianische Administration nicht einfach so oder freiwillig zu einem Goldstandard gehen.

Das Einzige, was ich damit sagen will, ist, dass sie angesichts eines vollständigen Zusammenbruchs des Vertrauens in den Dollar vielleicht gar keine andere Wahl haben werden, als einen Goldstandard einzuführen. Der Goldstandard wäre also das allerletzte Mittel – und zu einem bedeutend höheren Goldpreis, vielleicht USD 7.000 pro Unze oder noch höher.

Das wäre ungefähr so, wie das, was Präsident Roosevelt 1933 getan hat, als er den privaten Goldbesitz für illegal erklärte und dann inmitten der schlimmsten anhaltenden Deflationsperiode der USA damit fortfuhr, den Goldpreis um 75% aufzuwerten.

Schiff: Sie schreiben auch, dass Sie vom US-Verteidigungsministerium gebeten worden sind, zu erklären, wie man andere Länder mithilfe der Geldpolitik attackiert. Glauben Sie, dass es Absicht ist, dass wir gerade so viele Staatsschulden als möglich machen – besonders bei den Chinesen – um dann strategisch mithilfe der Inflation die Zahlungsunfähigkeit zu erklären?

Rickards: Ja, ich glaube, es gibt einen absichtsvollen Plan, Schulden zu machen, um darauf dann aus strategischen Gründen die Zahlungsunfähigkeit zu erklären, doch ist hierzu anzumerken, dass ein solcher Ausgang ohnehin unvermeidlich wäre.

Die landläufige Meinung ist doch, dass China die USA in der Tasche hat, da die Chinesen über USD 2 Billionen an in Dollar denominierten Schulden halten, die sie jederzeit auf den Markt werfen könnten. Die Wahrheit ist aber, dass die USA die Chinesen in der Tasche haben, weil die USA die chinesischen Konten bei jedem Versuch, diese Papiere abzustoßen, einfach einfrieren können und darüber hinaus über die Möglichkeit verfügen, den Wert des Geldes, das wir den Chinesen schulden, substantiell abzusenken.

Die Chinesen haben eine ganze Weile gebraucht, bis sie das begriffen haben. Im Nachhinein wird es sich als ihr größter Fehler herausstellen, dass sie darauf vertraut haben, dass die USA den Wert ihrer Währung aufrechterhalten würden.

Schiff: In Ihrem Buch beschreiben Sie mögliche Ausgänge, die der aktuelle Währungskrieg zeitigen könnte. Würden sie diese Szenarien bitte kurz anreißen und erklären, welcher Ausgang nach Ihrem Dafürhalten am wahrscheinlichsten ist und warum?

Rickards: Ich beschreibe vier Szenarien und nenne sie „die vier Reiter der Dollar-Apokalypse“.

Im ersten Fall haben wir eine Welt mit einer Vielzahl einzelner Reservewährungen, wobei der Dollar nur eine unter mehreren sein wird. Unter Akademikern gilt diese Lösung als die beste. Ich nenne sie die „Kumbaya-Lösung“, weil man dabei davon ausgeht, dass alle Währungen miteinander ein prima Auskommen haben werden. Die Wahrheit ist aber, dass – anstatt dass wir nur eine Zentralbank haben, die sich schlecht verhält – es auf einmal eine Vielzahl von Zentralbanken sein wird.

Der zweite Fall ist eine Weltwährung, die in Form von Sonderziehungsrechten (SDRs) daherkommt. Das ist die Lösung, die seitens der globalen Eliten vorgezogen wird. Dieser Entwicklung ist bereits umfänglich der Boden bereitet worden. Der Internationale Währungsfonds (IWF) würde unter einer dubiosen Kontrolle der G20-Länder über seine eigene Druckerpresse verfügen. Dies würde die Rolle des Dollars auf eine lokale Währung reduzieren, da alle wichtigen internationalen Transfers nur noch mit SDRs abgewickelt würden.

Der dritte Fall ist eine Rückkehr zum Goldstandard. Dies würde natürlich mit einem bedeutend höheren Goldpreis einhergehen, um den deflationären Schnitzer der 20er Jahre zu vermeiden. Damals, als die Nationen zum Goldstandard zurückkehrten, verwandten sie das alte Wechselkursverhältnis, das aber überhaupt nicht zu halten war, ohne dabei eine massive Deflation vom Zaum zu reißen, was schlicht auf den Umstand zurückzuführen war, dass die Länder in der Zwischenzeit jede Menge neues Geld gedruckt hatten. Als neues Wechselkursverhältnis würde ich einen Goldpreis von USD 7.000 pro Unze vorschlagen.

Der letzte Fall ist reines Chaos. Die Regierungen ziehen sich in diesem Szenario auf ihre Notstandsgesetze zurück. Ich halte diesen Fall für am wahrscheinlichsten, da wir bei den Geld-Eliten mit einer Kombination aus Leugnungen, Verzögerungen und Wunschvorstellungen zu tun haben.

Schiff: Wie sieht Washingtons Endspiel für den aktuellen Währungskrieg aus? Was ist Washingtons Best-Case-Szenario?

Washingtons Best-Case-Szenario ist, dass die Banken mithilfe fremdkapitalfinanzierter Gewinne, die sie aus der Spanne zwischen niedrig verzinsten Einlagen und sicheren Staatsanleihen generieren, sukzessive wieder gesunden. Diese Profite dienen dann als Schutzpolster, um die Verluste bei den Giftmüllwerten zu kompensieren. Am Ende ist das System dann wieder gesund und das Kreditvergabe- und Ausgabenspiel kann wieder von neuem beginnen.

Nach meinem Dafürhalten ist das unwahrscheinlich, da der Schuldenstand so groß ist, dafür derart viel Zeit benötigt wird und die deflationären Kräfte so stark sind, dass sich die Banken garnicht erholen können, bevor die Notwendigkeit des Gelddruckens das System bereits in den Abgrund gestürzt hat. Das geschieht über einen Vertrauensverlust in den US-Dollar und andere Papierwährungen.

Schiff: Ja, ich halte dieses Szenario der Regierung ebenfalls für unwahrscheinlich. Die Regierung sagt ja, dass es zum Vorteil der amerikanischen Wirtschaft sei, all diese Zombiebanken, die zum Überleben auf Unterstützung angewiesen sind, durchzuschleifen. Wäre es nicht besser, wenn man die Giftmüllpapiere und die Giftmüllbanken einfach scheitern lässt?

Rickards: Ja, dem kann ich nur zustimmen. Es gibt ja ein Modell dafür, nämlich die Depression von 1919 – 1920. Damals hatte die US-Regierung sogar einen ausgeglichen Regierungshaushalt und sie überließ es der Privatwirtschaft, den Saustall wieder in Ordnung zu bringen. Nach 18 Monaten war die Depression vorbei und die USA legten in der Folge eines der stärksten Wachstumsjahrzehnte ihrer Geschichte hin.

Im Gegensatz dazu haben wir heute eine Regierung, die überall interveniert, mit dem Ergebnis, dass wir besser davon ausgehen sollten, dass die aktuelle Depression noch Jahre anhalten wird, vielleicht sogar ein ganzes Jahrzehnt.

Schiff: Was glauben Sie, wie lange der Dritte Währungskrieg noch anhalten wird?

Rickards: Die Geschichte zeigt, dass der Erste Währungskrieg 15 Jahre dauerte und der Zweite Währungskrieg über 20 Jahre anhielt. Es gibt also keinen Grund anzunehmen, dass der Dritte Währungskrieg kurz sein wird. Es ist schwierig zu sagen, aber er dürfte wenigsten fünf Jahre, wohlmöglich aber bedeutend länger dauern.

Schiff: Was einen Währungskrieg an sich meines Erachtens so einzigartig macht, ist, dass das Ziel darin besteht, sich selbst Schaden zuzufügen, und das Land, das oftmals als Gewinner dargestellt wird, in Wirklichkeit der größte Verlierer ist, da es seine Währung ja am stärksten entwertet hat. Was glauben Sie, welche Währung wird am Ende am stärksten aus diesem Währungskrieg hervorgehen?

Rickards: Ich gehe davon aus, dass Europa und der Euro am stärksten aus dem Währungskrieg hervorgehen werden, da sie die stärksten Maßnahmen ergreifen werden, um den Wert ihrer Währung zu stützen, während sie sich auf die wirtschaftlichen Fundamentaldaten konzentrieren, anstatt zu versuchen, durch Währungsabwertungen kurzfristig Lösungen zu erzielen.

Und es hängt damit zusammen, dass es sich bei den USA und China um Währungsmanipulanten handelt, die darauf aus sind, den Wert ihrer eigenen Währungen zu reduzieren. In der Nullsummenwelt der Währungskriege muss der Euro ganz zwangsläufig steigen, wenn der Dollar und der Yuan vor sich hindümpeln. Das ist auch der Grund, warum der Euro den Markterwartungen eines Zusammenbruchs bisher nicht gefolgt ist.

Der andere Grund, warum der Euro stark ist und noch stärker werden wird, ist, dass er über eine Golddeckung in Höhe von 10.000 Tonnen verfügt – also sogar eine stärkere Golddeckung aufweist als der US-Dollar. Das ist eine weitere Ursache für die Stärke des Euros.

Schiff: Sie und ich haben beide die Dollar-Druckmaßnahmen der Fed mit den jüngsten Revolutionen im Nahen Osten in Zusammenhang gebracht, da die so ins Ausland exportierte Dollarinflation die Nahrungsmittel- und Benzinpreise in den Dritte-Welt-Ländern anheizt. Was glauben Sie wird in den USA passieren, wenn die Inflation hier erst einmal richtig aufschlägt?

Rickards: Die Fed wird die Zunahme der Inflation zulassen, da dies die einzige Möglichkeit ist, sich von den nicht rückzahlbaren Schulden zu befreien.

Am Anfang werden die amerikanischen Investoren glücklich darüber sein, weil die Inflation auch mit steigenden Aktienkursen einhergehen wird. Im Laufe der Zeit wird dann jedoch die vermögensvernichtende Natur der Inflation offenbar werden – die Märkte werden dann kollabieren. Das wird dann wie eine Wiederholung der 70er Jahre anmuten.

Schiff: Was glauben Sie, wie lange sich die chinesischen Eliten die inflationäre Agenda der US-Notenbank noch mit ansehen werden, bevor sie damit beginnen, ihre Dollarbestände über Bord zu werfen?

Rickards: Die Chinesen werden ihre Bestände niemals „über Bord“ werfen, da dies zur Folge haben könnte, dass die USA ihre Konten einfrieren. Die Chinesen werden aber die Fälligkeitsstruktur dieser Anleihen verändern und deren Laufzeiten verkürzen, um die Volatilität zu reduzieren. Bei ihren neuen Reserven werden sie diversifizieren und in Richtung in Euro und Yen denominierter Vermögenswerte gehen, ihre Goldbestände ausbauen sowie Direktinvestitionen in harte Vermögenswerte wie Minen, Ackerland, Eisenbahnstrecken und Ähnliches tätigen. All diese Entwicklungen finden heute bereits statt und werden sich künftig noch weiter beschleunigen.

Schiff: Was ist nach ihrem Dafürhalten die beste Methode, um sich vor dieser Krise zu schützen?

Rickards: Meine Empfehlung für das Portfolio lautet 20% Gold, 5% Silber, 20% unbebautes Land in bester Lage mit Entwicklungspotenzial, 15% hochwertige Kunst und 40% Bargeld. Das Bargeld ist keine langfristige Position, sondern gibt dem Investor die Möglichkeit, sein Vermögen kurzfristig zu erhalten, während er zur selben Zeit in der Lage ist, es bei Gelegenheit in andere Vermögensklassen zu investieren.

Schiff: Gibt es für die USA überhaupt noch einen Hoffnungsschimmer?

Rickards: Ich glaube weiterhin an den demokratischen Prozess und die Weisheit des amerikanischen Volks. Durch die Wahlen sind wir vielleicht in der Lage, die politische Führung auszutauschen und eine neue Politik zu implementieren, bevor es zu spät ist. Scheitern wir jedoch dabei, dürften die schlimmsten Entwicklungen zur Zwangsläufigkeit werden.

WordPress Cookie Plugin von Real Cookie Banner