Die offengelegten und geheimen Käufe der chinesischen Regierung sind atemberaubend. Dieser Kaufrausch wird sich in den kommenden Jahren aller Vorausschau nach weiter fortsetzen und beschleunigen. Die westlichen Verbraucher, Sparer und Anleger dürften künftig von enormen Preissteigerungen überrascht werden, während sie auf entwertendem Papiergeld sitzen und Verluste einfahren

Neeraj Chaudhary, Europac.net, 22.03.2012

Es steht außer Frage, dass seit dem Crash des Jahres 2008 bei der Stimmung der Investoren eine maßgebliche Veränderung stattfand. Der 50%ige Einbruch bei den Aktienpreisen zwischen 2008 und 2009, die Rettungsmaßnahmen des Finanzsektors, der „Blitz-Einbruch“ in 2010 und die anhaltende Dämonisierung der führenden Finanzmarktinstitutionen haben das öffentliche Vertrauen in Wall Street erschüttert.

Und während sich die US-amerikanischen Aktienmärkte die vergangenen 13 Jahre im Grunde seitwärts bewegten (trotz gelegentlicher und heftigster Kursschwankungen), haben sich zahlreiche Investoren dafür entschieden, dass langfristige Aktieninvestments das damit einhergehende Risiko nicht mehr wert sind.

Es ist jedoch von entscheidender Bedeutung, dass wir uns im Klaren darüber sind, dass eine solche Einstellung nicht überall auf der Welt anzutreffen ist. Auf der anderen Seite des Planeten zeigen die Chinesen keinerlei Zurückhaltung, vielmehr gibt es immer mehr Hinweise darauf, dass sich die chinesische Regierung zurzeit inmitten eines massiven Shopping-Rauschs befindet, wo sie aktiv produktive Vermögenswerte auf dem ganzen Planeten abgreift. Und, was wissen die Chinesen, was wir nicht wissen?

Die Daten zeigen, dass die US-Investoren die vergangenen Jahre immer mehr Geld aus den Aktien und Aktienmarktfonds abgezogen haben und es stattdessen in Vermögenswerte wie Anleihen und Geldmarktinstrumente steckten, die ihnen weniger riskant erschienen.

Angesichts der großen ungelösten Probleme, die zurzeit über dem Markt thronen – nehmen wir nur die griechischen Schuldenverhandlungen, die US-Wahlen und die anhaltenden Probleme im Nahen Osten – sind die Bedenken, die dazu führen, dass das Geld einfach geparkt wird, durchaus ernst zu nehmen.

Und obwohl diese Investoren durch die Markt-Volatilität etwas verschreckt zu sein scheinen, gehen ihre Schutzvorkehrungen mit einem sehr hohen Preis einher. Da der Leitzins aktuell bei fast 0% liegt, verlieren die Anleger aufgrund der Inflation fortwährend an Vermögen. Die weltweiten Zentralbanker – angeführt von der US-Notenbank Federal Reserve – haben eine Finanzlandschaft kreiert, wo die wackeligen Grundfeste des Aktienmarkts mit einem Treibsand aus sich zusehends entwertendem Papiergeld umgeben wurden. Die Investoren haben keine Fluchtmöglichkeit mehr, was die Chinesen jedoch keineswegs abzuschrecken scheint.

Es ist gerade einmal zehn Jahre her, als China der Welthandelsorganisation beitrat und sein Aufstieg auf der wirtschaftlichen Weltbühne seinen Anfang nahm. Obwohl China heute über USD 3 Billionen an Devisenreserven hält, lagen die ausländischen Geldbestände der Chinesen im Jahre 2001 gerade einmal bei lächerlichen USD 200 Milliarden.

China hat diese Gelder anhäufen können, indem es seine Währung billig hielt und die Handelsüberschüsse, die sich auf hunderte Milliarden Dollar pro Jahr beliefen, beiseite legte. Und obwohl die Devisenbestände heute immer noch steigen, geben sich die Chinesen nicht mehr damit zufrieden, einfach nur auf einem riesigen Berg Geld zu hocken.

China ist in den letzen Jahren einer der führenden weltweiten Investoren gewesen. Die Chinesen haben internationale Vermögenswerte akquiriert, die mit ihren eigenen Wachstumsplänen in Einklang stehen, und es gibt jeden Grund zu der Annahme, dass sich dieser Trend in Zukunft weiter fortsetzen und sogar noch beschleunigen wird.

Die ersten Jahre nach dem Beitritt zur Welthandelsorganisation war China bereits damit zufrieden, Devisen anzuhäufen, und zwar indem es US-Staatsanleihen und US-Behördenanleihen (Fannie und Freddie usw.) kaufte. Die Chinesen, die sich selbst als wenig risikobereit erachten, gingen davon aus, dass diese Investments die sichersten Vermögenswerte der Welt seien, und sie waren zufrieden damit, für diese Investments nur geringe Renditen zu erhalten.

In den letzten paar Jahren hat China jedoch begriffen, dass ihre Ersparnisse real an Wert verlieren. Seit 2007 haben die Chinesen die strategische Entscheidung getroffen, sich vor der Inflation zu schützen, indem sie sich immer stärker von in US-Dollar denominierten Vermögenswerten abwenden und stattdessen in harte Vermögenswerte investieren, die das Land ohnehin braucht, um auf seinem Wachstumspfad zu bleiben.

Die Geschäftsvolumina sind einfach nur atemberaubend und wachsen stetig weiter an. Laut der Heritage Foundation – die einzige Organisation, die überhaupt öffentlich zugängliche und umfassende Daten zu den großen chinesischen Investments und Verträgen veröffentlicht, die über US-Staatsanleihen hinausgehen – kennen die Chinesen bei ihren Auslandsinvestments kein Halten mehr:

  • In 2007 haben chinesische Staatsfonds und staatseigene Unternehmen Unternehmensanteile oder langfristige Verträge mit mindestens 35 verschiedenen Firmen getätigt. Die Gesamtinvestitionen beliefen sich auf knapp USD 43 Milliarden.
  • In 2008 haben die Chinesen mindestens 57 Verträge im Gesamtwert von fast USD 74 Milliarden unterzeichnet.
  • In 2009, also nach der Finanzkrise, wo praktisch jeder Investor auf dem Planeten sein Geld aus den Märkten abzog und auf Bargeldbeständen hockte, schloss China weitere 76 Vereinbarungen im Wert von USD 76 Milliarden ab.
  • 2010, dem vom Volumen her bisher größten Jahr, wurden 98 unterschiedliche Transaktionen im Gesamtwert von USD 110 Milliarden getätigt.
  • In 2011 wurde die höchste Zahl an Vereinbarungen erzielt. Insgesamt wurden 111 Investments in Höhe von USD 94 Milliarden getätigt.

Die Chinesen haben also in den vergangenen paar Jahren in fast 400 unterschiedliche Unternehmungen auf jedem Kontinent des Planeten USD 443 Milliarden investiert. Eine einfache Analyse dieser Investments offenbart jedoch, dass es sich in Wirklichkeit um extrem konzentrierte Portfoliobestände handelt. Wenn man die Chinesen nach ihren Taten beurteilt, so ist glasklar, welche Prioritäten sie verfolgen. In den letzten paar Jahren flossen 80% aller chinesischen Investments in:

  • Energie – USD 172 Milliarden oder 39% aller Investments,
  • Metalle – USD 85 Milliarden oder 19% aller Investments,
  • Transport – USD 60 Milliarden oder 14% aller Investments,
  • Elektrizität – USD 38 Milliarden oder knapp 9% aller Investments.

Schauen wir auf die regionale Verteilung, so stellen wir fest, dass die Chinesen vornehmlich in ihrem eigenen Hinterhof eingekauft haben. Die Chinesen haben in Asien Vermögenswerte in Höhe von USD 115 Milliarden erworben. Danach haben sie sich dafür entschieden, die ganzen Nettigkeiten internationaler Sanktionen außer Acht zu lassen, und ihre Aufmerksamkeit auf Afrika und den Nahen Osten gerichtet, wohin mindestens USD 111 Milliarden an Kapital flossen. In die Übergangsgebiete zur westlichen Hemisphäre haben sie USD 88 Milliarden investiert. In Europa investierten sie USD 52 Milliarden, und Australien ist die Nation, die mit USD 43 Milliarden (10% aller Gesamtinvestments) die meisten Investitionen erhielt.

Und die Chinesen sind noch lange nicht fertig. Laut jüngster Medienberichte planen die Chinesen aktuell weitere USD 300 Milliarden an „aggressiven“ Investments. Der Trend ist überdeutlich. Während sich im Westen einige Investoren abwartend verhalten und versuchen, den besten Einstiegspunkt zu erwischen, kaufen die Chinesen alles auf, was sie kriegen können.

Noch interessanter dürfte jedoch sein, was sich hinter den Kulissen abspielt und von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommen wird, weil es im Privaten geschieht. Neben seinen riesigen offengelegten Investments hat China auch eine parallele Strategie ins Leben gerufen, die sich jedoch völlig im Geheimen abspielt.

Im Hinblick auf Gold hat China seine größten Kaufprogramme beispielsweise ganze fünf Jahre geheim gehalten, bis die für Devisengeschäfte verantwortliche Behörde (SAFE) dann in 2009 offiziell bekanntgab, das sie die letzten fünf Jahre fortwährend in kleinen Tranchen Gold gekauft hatte. Im April desselben Jahres wurde dann bekanntgegeben, dass diese Behörde insgesamt 500 Tonnen Gold gekauft hatte, um es dann an die chinesische Zentralbank weiterzureichen. Beim aktuellen Goldpreis beläuft sich alleine diese eine Transaktion auf fast USD 28 Milliarden.

Eine der bedeutendsten Fragen, die sich jeder Investor stellen sollte, ist, in welche Bereiche die Chinesen in Zukunft ihre beträchtlichen Geldmengen investieren werden, während sie sich zunehmend aus den Schuldeninstrumenten zurückziehen. Es gibt Grund zu der Annahme, dass die die Preise von Vermögenswerten in dem jeweiligen Sektor, den die Chinesen ins Fadenkreuz nehmen, erheblich gestützt werden.

Sollte dieser Trend öffentlich bekannter und geheimer chinesischer Transaktionen weiter anhalten und andere Schwellenmärkte, die ebenfalls Berge der bei ihnen nicht minder unbeliebten US-Staatsanleihen halten, diesem Prozedere folgen, könnte die Welt schon bald vor einer viel intensiveren Erschütterung stehen, als die vergangenen Jahre zu beobachten war – nämlich dass die Preise im Agrarbereich, für Energie und Edelmetalle fortwährend steigen, während die Investoren, die sich in die vermeintliche Sicherheit des US-Dollars flüchteten, in Wirklichkeit reale Vermögensverluste eingefahren haben werden.

Anstatt auf der Suche nach Sicherheit Aktien und rohstoffbasierten Vermögenswerten den Rücken zu kehren – wie es US-amerikanische Investoren tun – sollte man vielmehr auf die Aktivitäten all jener Länder achten, die die weltweiten Märkte in den kommenden Jahren maßgeblich beeinflussen werden. China bereitet sich gerade auf etwas vor, von dem sie hoffen, dass es sich als langanhaltende Periode wirtschaftlicher Expansion herausstellen wird. Amerikanische Investoren sind gut beraten, sich dieser Tatsache bewusst zu werden.

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